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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.08.2011 20:12
Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Der Kommentar von Frank Jansen, mit dem ich mich in diesem Artikel auseinandersetze, ist repräsentativ für einen in Deutschland weitverbreiteten Stil politischen Kommentierens: Man bedauert eine Situation und schließt daran ein beherztes "Dagegen muß doch etwas getan werden!" an.

Aber erstens kann man oft nichts tun, auch wenn ein Regime mit blutiger Brutalität vorgeht. Und zweitens ist dann, wenn man etwas tut, oft durchaus offen, ob man damit denn wirklich etwas Gutes tut.

Stratfor unterstellt in dem Artikel, auf den ich mich zum Teil stütze, humanitäre Motive für das militärische Eingreifen in Libyen. Vielleicht; vielleicht ging es auch eher um die Machtinteressen Frankreichs im Mittelmeerraum. Falls es nur um Humanitäres gegangen sein sollte, ist zu fragen, ob denn dieses Eingreifen wirklich, am Ende des Tages, irgendetwas Gutes erreicht haben wird.

C. Offline




Beiträge: 2.639

04.08.2011 16:43
#2 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Solange die arabische Liga, die OIC, China und Russland zu Assad stehen, gibt es nur die Möglichkeit die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen abzubrechen. Jegliches militärische Eingreifen birgt die Gefahr eines dritten Weltkriegs, wenn wir uns nicht schon bereits in ihm befinden. Auch in Libyen kann sich die Stimmung bei der Opposition jederzeit gegen die Nato-Truppen wenden, sie wird es mit Sicherheit, wenn Gaddafi gestürzt ist.

http://www.iceagenow.com/ Cooling is the New Warming

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

04.08.2011 17:52
#3 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Zitat von C.
Jegliches militärische Eingreifen birgt die Gefahr eines dritten Weltkriegs, wenn wir uns nicht schon bereits in ihm befinden.


So schlimm sehe ich das nicht. Keiner der heutigen Großmächte kann in einem Weltkrieg etwas gewinnen. Aggressive Ideologien, wie vor dem 2. Weltkrieg in Deutschland, Japan und Russland geherrscht haben, gibt es heute allenfalls in rückständigen Diktaturen wie Nordkorea und in islamistischen Terrororganisationen.
Wer sollte in Syrien militärisch intervenieren? Israel dürfte sich im Moment von Syrien nicht bedroht fühlen. Und, vom anderen mächtigen Nachbarn, der Türkei, erwarte ich mir ebenfalls keine Intervention.
Die USA haben in Libyen schon gezeigt, dass sie zwar nichts Neues mehr starten wollen, aber dann doch wertvolle Unterstützung gegeben haben.
Von den europäische Ländern haben die meisten schon in Libyen ihr teures Arsenal verpulvert, mit zweifelhaften Nutzen.


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.08.2011 17:52
#4 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Zitat von C.
Solange die arabische Liga, die OIC, China und Russland zu Assad stehen, gibt es nur die Möglichkeit die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen abzubrechen. Jegliches militärische Eingreifen birgt die Gefahr eines dritten Weltkriegs, wenn wir uns nicht schon bereits in ihm befinden. Auch in Libyen kann sich die Stimmung bei der Opposition jederzeit gegen die Nato-Truppen wenden, sie wird es mit Sicherheit, wenn Gaddafi gestürzt ist.

Danke für diesen Hinweis, dear C. Ich bin auch der Meinung, daß man die jetzige Lage in Syrien im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Arabien und dem einstigen Ostblock sehen muß.

Nach dem Sturz von Ben Ali und Mubarak ist Syrien neben dem Jemen und Libyen das letzte Land, in dem noch der Arabische Sozialismus herrscht.

Der Arabische Sozialismus war weitgehend dem Sowjetsystem nachgebildet, enthielt aber von Land zu Land unterschiedlich eigene Elemente. Saddam Hussein und Assad sen. waren säkulare Diktatoren; ihre Systeme glichen von der Einheitspartei über die Geheimpolizei bis zur weitgehenden staatlichen Kontrolle der Wirtschaft aufs Haar dem System der UdSSR. In Ägypten war das durch den Nasserismus überlagert, in Tunesien durch dessen vorausgehende demokratische Tradition der Neo Destour, in Libyen durch Gaddafis islamische Frömmigkeit, im Jemen durch die Verschiedenheit der beiden Landesteile und den langen Guerrillakrieg in Aden, in Algerien durch den vorausgehenden Kampf der FLN gegen Frankreich.

Überall herrschten aber in zwei Punkten ähnliche Verhältnisse: Im Inneren die Sozialismus-typische Kombination aus Armut, Unterdrückung und Ausbeutung durch eine dünne Funktionärsschicht; außenpolitisch die Orientierung an der UdSSR. Wenn Mubarak heute als "westlich orientiert" dargestellt wird, dann ist das relativ zu sehen. Auch Ägypten war Jahrzehnte, seit dem Bau des Assuan-Staudamms, im Fahrwasser der Sowjets.

Von daher sieht auch das heutige Rußland den arabischen Raum noch als potentielles Einflußgebiet an. Nicht zufällig hat Putin seinerzeit heftig Front gegen den Irakkrieg gemacht.

Chinas Sicht auf die Lage im Nahen Osten ist mir unklar; vielleicht gibt es dazu demnächst etwas bei

Zitat
Stratfor

zu erfahren. China arbeitet seit buchstäblich Jahrzehnten daran, Afrika für sich zu gewinnen, das es einerseits wegen seiner Rohstoffe braucht und das andererseits ein idealer Absatzmarkt für billige chinesische Waren ist. In den arabischen Raum ist es bisher weniger vorgedrungen.

Herzlich, Zettel

isildur Offline



Beiträge: 366

05.08.2011 10:15
#5 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Würde Assad sich dieses Vorgehen gegen sein Volk überhaupt erlauben, wenn nebenan größere Kontingente der US Armee stehen würden? Gewalt ist doch meistens eine Reaktion auf Angst und Angst folgt aus Chaos und das herrscht dort ja gerade überall. Mit einem relativ stabilen Irak auf dem Weg zur Demokratie und der Gewissheit, dass die US das Land so lange wie nötig stützen wären in Syrien doch vielleicht schon viel früher mit ein wenig Diplomatie Reformen möglich gewesen und man hätte diese Eskalation vermeiden können?!

Gibt es eigentlich Analysen über den Einfluss des Irans auf das dortige Geschehen?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.08.2011 00:22
#6 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Zitat von isildur
Gibt es eigentlich Analysen über den Einfluss des Irans auf das dortige Geschehen?

Stratfor hat dazu heute einen Artikel (nur Abonnenten zugänglich). Der wesentliche Inhalt:

Assad ist ein für den Iran nahezu unverzichtbarer Verbündeter. Zum einen, weil die Hilfe des Iran für die Hisbollah und inzwischen auch die Hamas überwiegend über den Iran abgewickelt wird. Zweitens, weil ein Sturz Assads in dem überwiegend sunnitischen Syrien dort Sunniten an die Macht bringen würde. Das hätte erstens Auswirkungen auf die Position des Iran im benachbarten Irak, dessen Sunniten dadurch gestärkt würden. Zweitens würde es den Saudis erlauben, zu einem Machtfaktor in Syrien zu werden. Das ist von Bedeutung, weil es immer deutlicher wird, daß nach dem Abzug der USA die Region vom Machtkampf zwischen dem Iran und Saudi-Arabien beherrscht werden wird.

Es gibt Berichte, wonach deshalb der Iran alles tut, um Assad zu stützen; einschließlich des Einsatzes des iranischen Geheimdienstens und von iranischen Kräften der "Revolutionswächter" in Syrien. Auch die Hisbollah setzt Teheran zur Stützung des Assad-Regimes ein.

Die Saudis scheinen noch zu zögern, wie sie sich gegenüber der Lage in Syrien verhalten sollen. Einerseits könnten sie aus einem Sturz Assads und der damit einhergehenden Schwächung des Iran Vorteile ziehen; andererseits drohen dann Anarchie und Bürgerkrieg in Syrien, mit ungewissem Ausgang. Aus demselben Grund verhalten sich auch die Türkei und Ägypten sehr vorsichtig.

Bisher scheint niemand im Nahen Osten wirklich auf einen Sturz Assads hinzuarbeiten.



Soweit Stratfor. Mich wundert es etwas, daß bei solchen Analysen Israel oft unberücksichtigt bleibt. Es versucht sich offenkundig aus dem ganzen "Arabischen Frühling" so weit wie möglich herauszuhalten, jedenfalls offiziell. Eine überzeugende Analyse der Interessenlage Israels in Bezug auf diese Unruhen habe ich noch nicht gelesen; sie dürfte jedenfalls komplex sein.

Einerseits ist dadurch gegenwärtig die arabische Welt von einer Einheitsfront gegen Israel so weit entfernt wie selten; andererseits können überall dort, wo es Unruhen gibt, auch extremistische Israelfeinde an die Macht gelangen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.08.2011 01:49
#7 RE: Aufruhr in Arabien (19): Assad gewähren lassen? Antworten

Zitat von Zettel
Aber erstens kann man oft nichts tun, auch wenn ein Regime mit blutiger Brutalität vorgeht. Und zweitens ist dann, wenn man etwas tut, oft durchaus offen, ob man damit denn wirklich etwas Gutes tut.

Dazu hat die New York Times jetzt einen Artikel von drei Reportern, die aus Libyen berichten.

Sie konzentrieren sich auf Stammeskonflikte innerhalb der Rebellenarmee. Nimmt man die ideologischen Konflikte zwischen den Islamisten und den eher westlich orientierten Kräften hinzu, dann gewinnt man eine Vorstellung davon, wie ungünstig die Situation nach einem Sturz Gaddafis sein würde oder vielleicht sein wird.

Mit seiner Parteinahme ist der Westen in einen Krieg hineingestolpert, den er bisher nicht wie versprochen unterdrückt, sondern mit seinem Eingreifen im Gegenteil angefacht hat.

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