"Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder den USA", sagt Ursula von der Leyen. Das Ziel der meisten Deutschen ist das aber nicht. Was folgt daraus?
Zitat von Zettel"Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder den USA", sagt Ursula von der Leyen. Das Ziel der meisten Deutschen ist das aber nicht. Was folgt daraus?
Lass mich raten. Die VSE sind "alternativlos". Außerdem ist in Deutschland noch nicht einmal in Ansätzen eine Partei zu erkennen, die sich diesem Ansatz ernsthaft widersetzt.
Zitat von ZettelDiese Entwicklung von einem "Europa von unten" hin zu Europa als einem den Völkern verordneten Elitenprojekt ist allerdings schon älter. Sie begann spätestens, als im Frühjahr 2005 erst die Franzosen und dann auch die Holländer die Europäische Verfassung abgelehnt hatten. Man müsse Europa dann eben ohne, notfalls gegen die Völker schaffen; das war der Tenor zahlreicher Äußerungen europäischer Verantwortlicher aus dieser Zeit. Sie finden sie hier zusammengestellt: Arroganz der Macht: Wie man in Europas politischer Führung über die Öffentliche Meinung denkt; ZR vom 22. 6. 2008.
So sehe ich das auch. Einer Trotzreaktion aus gekränkter Eitelkeit ähnlich, wird jetzt nach dem Verfassungsratifizierungsdesaster von oben durchgesetzt, was unten keine Mehrheit hatte. Die Konsequenz aus der breiten Missachtung von Verträgen durch die EU-Länder ist, das es keine mehr braucht. Konferenzen und Absprachen werden die europäische Politik bestimmen. Solch ein, sich der Kontrolle entziehender, Zentralstaat muss m.E. abgelehnt werden. Er entfernt sich vom Souverän und handelt willkürlich. Und er ist nicht mehr aufzuhalten, der Bundestag wird so oder so den Rettungsschirmen zustimmen. Von Beginn dieser für die Demokratie in Europa schädlichen Entwicklung an, hat sich Frank Schäffler argumentativ entgegengestellt. Soll keiner irgendwann sagen, "das" hätte man nicht vorhersehen können. Gerd Held hat bei der Welt einen sehr treffenden Artikel dazu geschrieben.
Ich empfehle jedem, der bei Facebook ist, die Pinnwand von Herr Polenz. Seine Postings und die von ihm verlinkten Artikel transportieren immer die Botschaft: Deutschland profitiert von Europa, Kritiker der Europapolitik sind europafeindlich, Isolationisten und Protektionisten. Auf die eigentlichen Kritikpunkte geht er nicht ein, selbst als Banken und Versicherungen die Rettungspakete nutzten, um aus den Griechenlandanleihen auszusteigen (wie vorausgesagt wurde), fuhr er stur weiter seine Schiene. Polenz ist ein reiner Zentralist, Subsidiarität kommt in seinem Wortschatz nicht vor. Mir graut vor der Vorstellung, das seine Einstellung auf die meisten Politiker zutrifft.
Zitat von PopeyePolenz ist ein reiner Zentralist, Subsidiarität kommt in seinem Wortschatz nicht vor. Mir graut vor der Vorstellung, das seine Einstellung auf die meisten Politiker zutrifft.
Das Seltsame, lieber Popeye, ist ja, daß diese Politiker damit ihre eigene Macht unterhöhlen wollen.
Ich war einmal ein wenig kommunalpolitisch aktiv, als eine der "Eingemeindungswellen" rollte. Die meisten betroffenen Gemeinden wehrten sich gegen die Eingemeindung; vor allem die kreisfreien Städte wehrten sich gegen die Einkreisung.
Jetzt wollen unsere Spitzenpolitiker - naja, sagen wir etliche - die Eingemeindung Deutschlands in einen europäischen Bundesstaat. Was treibt sie? Drei Hypothesen:
-- Sie wissen, daß diese Vereinigten Staaten von Europa von Deutschland als der Hegemonialmacht beherrscht werden würden, handeln also im nationalen und im eigenen Interesse; sagen wir, wie der Preuße Bismarck 1871 die Reichsgründung betrieb.
-- Sie sehen keinen anderen Ausweg. "Alternativlos"; siehe den Beitrag von C.
-- Ihre Loyalität gilt gar nicht Deutschland. Sie wollen es in Europa aufgehen lassen, weil sie von einem deutschen Nationalstaat nichts halten.
Herzlich, Zettel
PS: Ich habe mich gefreut, lieber Popeye, wieder einmal etwas von Ihnen zu lesen.
Zitat von Zettel Jetzt wollen unsere Spitzenpolitiker - naja, sagen wir etliche - die Eingemeindung Deutschlands in einen europäischen Bundesstaat. Was treibt sie? Drei Hypothesen:
-- Sie wissen, daß diese Vereinigten Staaten von Europa von Deutschland als der Hegemonialmacht beherrscht werden würden, handeln also im nationalen und im eigenen Interesse; sagen wir, wie der Preuße Bismarck 1871 die Reichsgründung betrieb.
-- Sie sehen keinen anderen Ausweg. "Alternativlos"; siehe den Beitrag von C.
-- Ihre Loyalität gilt gar nicht Deutschland. Sie wollen es in Europa aufgehen lassen, weil sie von einem deutschen Nationalstaat nichts halten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass alle drei Hypothesen im Bundestag vertreten sind und sich manch einer gleich zwei zu eigen gemacht hat.
Die mit der Hegemonialhypothese werden wohl nicht weit kommen, wenn andere Länder die Gefolgschaft verweigern. Der positive Nebeneffekt wäre eine Stärkung der Demokratie. Die Alternativlosen und die Illoyalen aber lassen sich treiben oder vertreten einen Nihilismus der zur Destruktion führt. In ihnen sehe ich die größte Gefahr für die Demokratie.
Mit diesen Hypothesen als Auswahl steht m.E. die Politik der Kanzlerin in einem zugegebenermaßen weniger negativen Licht. Das haben sie, lieber Zettel, bisher noch nicht bei mir hervorrufen können. Allerdings ändert das ja nichts an der Verschleppung der strukturellen Probleme der Staatsfinanzen im Zusammenhang mit dem deutschen/europäischen Bankensystem, das weniger staatlichen Einfluss nötig hat statt mehr.
Zitat von GansguoterBin überzeugt, dass Hypothese 3 der Wahrheit am nächsten kommt.
Ich weiß es nicht, lieber Gansguoter.
Im Ausland dürfte man Hyothese 1 (deutsches Hegemonialstreben) für die wahrscheinlichste halten. Die Stratfor-Leute zum Beispiel sind davon überzeugt, daß die deutsche Europapolitik reine deutsche Interessenpolitik ist mit dem Ziel, die eigene wirtschaftliche Überlegenheit durch politische Dominanz in Europa zu ergänzen.
Und geopolitisch ist auch Hypothese 2 - keine Alternative - nicht von der Hand zu weisen. In wenigen Jahren wird China die Weltmacht Nummer eins sein. Die USA werden, wenn Obama noch einmal gewählt werden sollte, sich als Supermacht verabschieden und einen isolationistischen Kurs einschlagen. Schon jetzt kümmert sich ja Obama kaum noch um Europa.
Die einzige militärisch ernstzunehmende Macht im geografischen Europa wird dann Rußland sein, von dem wir auch noch, dank Ausstieg, für unsere Energieversorgung abhängen werden. Die Bundeswehr ist nicht die Spur eines Gegengewichts zur Roten Armee.
Wir werden also auf den Schutz durch die Force de Frappe angewiesen sein. Kein Land Europas wird sich allein auch auf der weltpolitischen Bühne gegen China, dann bald Indien, gegen Rußland und gegen die verbleibende Macht der USA behaupten können.
Insofern könnte es schon sein, daß ein vereinigtes Europa alternativlos ist. Allerdings darf es aus meiner Sicht nicht gegen die Völker Europas, sondern nur mit ihnen errichtet werden; sonst wird es ein Vielvölkerstaat, der zerbricht wie die Sowjetunion. Und es kann nach meinem Dafürhalten nur ein Europa der Vaterländer sein, in dem lediglich die Außen- und die Verteidigungspolitik in Brüssel gemacht werden; Wirtschafts- und Finanzpolitik nur, soweit unbedingt erforderlich. Alle anderen Kompetenzen sollten - mehr als jetzt - allein Sache der Staaten selbst sein.
Es ist doch grotesk, daß die Staaten Europas bereits heute mehr von Brüssel gegängelt werden als die Staaten der USA von Washington. Dort käme niemand auf den Gedanken, USA-weit eine einheitliche Regelung für Seilbahnen einzuführen.
Man kann aus dieser Umfrage nur eines folgern. Nämlich dass das Umfrage-Design grottenschlecht ist.
Die eine Frage haben Sie ja schon zu recht zerpflückt. Aber auch die Antwort-Möglichkeiten entsprechen keinem sinnvollen Standard.
Zum Beispiel:
Frage 2: Sollten die Mitgliedstaaten ihre nationale Unabhängikeit (...) an Regierung und Parlament der "Vereinigten Staaten von Europa" abgeben? Antwortmöglichkeiten: a) Ja, wenn Regierung und Parlament demokratisch legitimiert sind b) Nein, das sollte allein Aufgabe der nationalen Parlamente und Regierungen bleiben c) Ich weiß nicht
Es ist eine unprofessionelle Unsitte, die Antwortmöglichkeiten "aufzublasen". Besser und klarer wäre einfach "a) Ja, b) Nein" gewesen. Sobald man die Antworten wie hier "aufbläst" erhöht sich die Gefahr, dass sich jemand in keiner der Kategorien widerfindet, weil die Kategorien dann keine sich gegenseitig ausschließenden Gegensatzpaare mehr sind.
Nehmen wir mal an, jemand möchte zwar eine europäische Regierung, will allerdings NICHT, dass diese "demokratisch legitimiert" ist (aus welchen Gründen auch immer, vielleicht weil er Monarchist ist oder weil er Kommunist ist und eine Räteherrschaft präferiert. Vielleicht will er auch einfach dieser Ebene keine zu hohe Legitimierung geben und diese lieber nur bei nationalen Parlamenten belassen). Was soll er dann ankreuzen?
Hypothese 4: Die VSE werden ein Europa der Exekutivorgane, in dem die Legislative nichts zu sagen hat. Deswegen wollen es die Regierenden. Das Parlament macht mit, weil a) die klügsten Parlamentarier der Regierungsfraktionen in die Regierung eingebunden sind b) die anderen Parlamentarier abgängig von der Partei sind, deren Spitze in der Regierung sitzt. Die linke Opposition macht dagegen aus ideologischen Gründen mit (wenn erstmal alles gleich und eingeebnet ist werden alle Brüder und es herrscht die allgemeine Vernunft)
Hypothese 5: Eitelkeit. Politiker brauchen Visionen und Taten um in die Geschichte einzugehen. Mit bloßem Verwalten kommt man da nicht weit.
Hypothese 6: Von Natur aus denken Politiker nicht an dezentrale, spontane Ordnungen sondern immer an den großen Staats und Gesellschaftsentwurf. Und der geht eben einfacher im großen Stil. Sonst könnte es ja sein, dass ein kleines attraktives Land Konkurrenz macht. (Hmm, wann wird dann die Schweiz einverleibt?)
Zitat von dirkHypothese 4: Die VSE werden ein Europa der Exekutivorgane, in dem die Legislative nichts zu sagen hat. Deswegen wollen es die Regierenden. Das Parlament macht mit, weil a) die klügsten Parlamentarier der Regierungsfraktionen in die Regierung eingebunden sind b) die anderen Parlamentarier abgängig von der Partei sind, deren Spitze in der Regierung sitzt. Die linke Opposition macht dagegen aus ideologischen Gründen mit (wenn erstmal alles gleich und eingeebnet ist werden alle Brüder und es herrscht die allgemeine Vernunft)
Hypothese 5: Eitelkeit. Politiker brauchen Visionen und Taten um in die Geschichte einzugehen. Mit bloßem Verwalten kommt man da nicht weit.
Hypothese 6: Von Natur aus denken Politiker nicht an dezentrale, spontane Ordnungen sondern immer an den großen Staats und Gesellschaftsentwurf. Und der geht eben einfacher im großen Stil. Sonst könnte es ja sein, dass ein kleines attraktives Land Konkurrenz macht. (Hmm, wann wird dann die Schweiz einverleibt?)
Ich tendiere zu Hypothese 4, füge aber noch eine weitere hinzu:
Hypothese 7: Es ist eine Jobmaschine für Bürokraten und willfährige Parteimitglieder.
Zitat von ZettelUnd es kann nach meinem Dafürhalten nur ein Europa der Vaterländer sein, in dem lediglich die Außen- und die Verteidigungspolitik in Brüssel gemacht werden; Wirtschafts- und Finanzpolitik nur, soweit unbedingt erforderlich.
Derzeit ist eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik kaum erkennbar. Europa ist in der Frage der Anerkennung eines Palästinenserstaates zerstritten und zeigt auch bei Herausforderungen an eine gemeinsame Vorgehensweise zur Sicherung des freien Zugangs zu Rohstoffquellen nur begrenzt Fortschritte (als Fortschritt betrachte ich die "Rückkehr" Frankreichs in die NATO). Was müsste sich ihrer Meinung nach, lieber Zettel, ändern, um das Maß an Gemeinsamkeiten zu erreichen, welches es für die Länder Europas attraktiv macht auf eine eigene Außen- und Verteidigungspolitik weitestgehend zu verzichten?
Zitat von GansguoterBin überzeugt, dass Hypothese 3 der Wahrheit am nächsten kommt.
Ich weiß es nicht, lieber Gansguoter.
Ich weiß es auch nicht. Aber ist das nicht erschreckend? Deutschland verschenkt hunderte Milliarden und Teile der nationalen Souveränität ans Ausland - und wir stochern hier im Nebel um irgendwie die Gründe zu herauszufinden?
Zitat von ZettelIm Ausland dürfte man Hyothese 1 (deutsches Hegemonialstreben) für die wahrscheinlichste halten. Die Stratfor-Leute zum Beispiel sind davon überzeugt, daß die deutsche Europapolitik reine deutsche Interessenpolitik ist mit dem Ziel, die eigene wirtschaftliche Überlegenheit durch politische Dominanz in Europa zu ergänzen.
Für Hyothese 1 habe ich in den letzten Jahren nur einen (noch dazu ziemlich schwachen) Hinweis gefunden. Für Hyothese 3 jeden Tag so viele, dass es einen graust. Wenn die Stratfor-Leute an Variante 1 glauben, wäre interessant zu erfahren, wie die denken über den alltäglichen Wahnsinn: 1. Förderung der Masseneinwanderung ausländischer, bildungsunfähiger, deutschlandfeindlicher Unterschichten, einschl. der damit einhergehenden institutionalisierten Aushebelung des Rechtsstaats 2. Schaffung von No-go-Areas für Deutsche 3. Zerstörung des einstmals für seinen Erfolg weltweit geschätzten Bildungssystems 4. Familienzerstörung 5. Gendermainstreaming 6. Entwaffnung Deutschlands 7. Islamisierung 8. konzertiertes medial/staatliches Vorgehen gegen Abweichler 9. Aufblähung der Staatsquote, Subventionsexzesse 10. Ausstieg aus Hochtechnologien 11. weitgehend einheitlich medial verzerrte Darstellung der Realität, an der die Politiker direkt (über die ÖR) oder indirekt (über die Zuweisung von Steuermillionen an die diverse Agitprop-Gruppen) aktiv mitwirken.
Ich glaube eher, dass Stratfor diese Erscheinungen (sicher von Punkt zu Punkt unterschiedlich) nur unzureichend wahrnimmt. Der näher an der Praxis lebende Wolfram Weimar sieht die Tendenz realistisch: Wie Versailles – nur ohne Krieg Würde Deutschland auf die genannten Maßnahmen verzichten, bräuchte das Land nicht um eine Führungsrolle zu kämpfen. Sie würde uns in den Schoß fallen.
Zitat von Zettel"Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder den USA", sagt Ursula von der Leyen. Das Ziel der meisten Deutschen ist das aber nicht. Was folgt daraus?
Lass mich raten. Die VSE sind "alternativlos". Außerdem ist in Deutschland noch nicht einmal in Ansätzen eine Partei zu erkennen, die sich diesem Ansatz ernsthaft widersetzt.
Den find' ich hier ziemlich passend. Die Leyen ist wirklich eine "würdige" Nachfolgerin von Genossin Merkelova.....
Jede Hypothese, die auf irgendein strategisches Kalkül abstellt, führt in die Irre. Die europäische Einigung hat in der deutschen Politik und in der deutschen Öffentlichkeit nämlich seit einigen Jahren nur noch den Charakter eines elften Gebots:
"Du sollst immer mehr Europa wollen!"
Bei Geboten kalkuliert man nicht, wozu sie gut (oder auch schlecht) sind. Sie sind nicht einmal "alternativlos", denn der Begriff unterstellt ja, dass man nach Alternativen suchen könnte, bislang bloß noch keine gefunden hat.
Die Gebote sind wie sie sind. Jedes Kind hat sie zu lernen. Daran zu zweifeln ist Häresie. Dagegen zu verstoßen ist Sünde.
Das war natürlich nicht immer so. Helmut Kohl und seine Vorgänger betrieben die europäische Einigung ganz bewusst mit dem Blick auf strategische Interessen Deutschlands, so wie sich diese jeweils zu ihrer Zeit und aus ihrer Sicht darstellten.
Heute ist dazu aber anscheinend nicht einmal mehr der Außenminister in der Lage. Die FAZ hat vor ein paar Tagen in einem Kommentar sehr schön herausgearbeitet, warum Westerwelle so ein miserabler Diplomat ist: Nicht nur wegen seines berüchtigten Auftretens, sondern weil er nicht willens und nicht fähig ist, Außenpolitik konzeptionell zu denken http://www.faz.net/artikel/C30089/abstur...t-30495393.html
Die alten Europapolitiker - zuletzt insbesondere Helmut Kohl - haben immer alles getan, um ihren Kurs möglichst unumkehrbar zu machen. Der Erfolg ist, dass die Deutschen in der Europapolitik ihre Fähigkeit verloren haben, sich selbst und ihre Maximen überhaupt noch zu reflektieren. Statt dessen regieren die Bauchgefühle: Schuld, Angst, Eitelkeit, Gier nach wirtschaftlichem Vorteil und das Bedürfnis, gemocht zu werden, enttäuschte Liebe und Fluchtinstinkte.
Wie passend, dass sich jetzt die Super-Nanny von der Leyen einschaltet und mal ansagt, was gut für uns ist.
Darf ich auch meine Hypothese beitragen, die den Hang unserer "Eliten" erklären soll, die Bundesrepublik in "Europa" aufzulösen?
Es ist eine Hypothese, die auf die, sagen wir, geistige Grundstimmung unserer "Eliten" abhebt. Unsere "Eliten" sind heute das, was deutsche "Eliten" immer gewesen sind - gelehrige Schüler G.W.F. Hegels.
Hegel, der vom Staat als "Wirklichkeit der sittlichen Idee" sprach, als "Gang Gottes in der Welt". Und der es als "höchste Pflicht" des Einzelnen ansah, "Mitglied des Staats zu sein".
Wer das Hauptwerk des Liberalen Karl Poppers gelesen hat, weiß, dass Hegel der Vordenker und, wenn man so will, ideologische Begründer des totalitär-kollektivistischen Denkens in der Moderne ist.
Und was wäre stimmiger, als zu behaupten, dass solch ein Denker fundamentalen Anklang gefunden haben muss, in einem Volk, das es fertig gebracht hat, an beiden totalitär-kollektivistischen Wahnsystemen des 20. Jahrhunderts aktiv und jeweils an vorderster Front teilzunehmen?
So wie Marx Hegelianer war, der von der geschichtlichen Gewissheit ausging, dass der "bessere" Sozialismus die "überholte" liberale Wirtschaftsweise ablösen muss und ablösen wird; so wie die Nationalisten der Bismarckzeit (und darüber hinaus) davon ausgingen, dass der deutsche Nationalstaat "natürlich" ein geschichtlicher Fortschritt gegenüber der deutschen "Kleinstaaterei" gewesen sei, so gehen unsere heutigen Politiker davon aus, dass in einer "globalisierten" Welt das "bessere" "Europa" die "überholten "Nationalstaaten ablösen muss und ablösen wird. Als Frage bleibt damit nur, wie man dieses "Europa" gestalten soll, eher sozial- oder eher christdemokratisch... Einig aber ist man sich darin, dass "Europa" immer mehr Machtbefugnisse bekommen muss und dabei vor allem der Idee einer europäischen Solidarität verpflichtet sein muss.
Und so treffen sie sich wieder, die beiden Ur-Ideale der Deutschen: autoritärer Machtstaat und oktroyierte Solidarität, oder um Oswald Spengler zu bemühen: Europatum und Sozialismus.
Zitat von Am_RandeDarf ich auch meine Hypothese beitragen, die den Hang unserer "Eliten" erklären soll, die Bundesrepublik in "Europa" aufzulösen?
Danke, lieber Am Rande, für diese Analyse, die ich völlig teile.
Es führt ein Weg von Hegel über Marx nicht nur zum Kommunismus, sondern auch zu der Nazi-Variante des Sozialismus. Was übrigens der zwar verbohrte, aber hochintelligente Horst Mahler erkannt hat, der von Marx zurück zu Hegel und von diesem dann wieder nach vorn zu Hitler "gekommen" ist; siehe Horst Mahler - ein deutscher Denker, ein deutscher Täter: Ein Rückblick auf Hegel und Marx; ZR vom 9. 11. 2007.
Es ist ein Denken, das - insofern auch auf Rousseau zurückgehend - die Gemeinschaft vor den Einzelnen stellt; ein unpragmatisches, auf "das Ganze" gerichtetes, in seiner Überheblichkeit irrationales Denken (also ein totalitäres). Seine vorerst letzte Eruption war die kollektive Besoffenheit des "Ausstiegs".
Ich stimme ihnen zu, für Zettels Theorie #1 wäre ihre Erklärung aber auch passend. Karl Poppers Verweis in "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" auf "Der Rote Preuße" von Leopold Schwarzschild ist in diesem Zusammenhang auch eine Erwähnung wert, finde ich.
Zitat von UrlauberWürde Deutschland auf die genannten Maßnahmen verzichten, bräuchte das Land nicht um eine Führungsrolle zu kämpfen. Sie würde uns in den Schoß fallen.
Aber wäre sie den wünschenswert, lieber Urlauber?
Der Rest Europas hat nun einmal begründete Angst vor einer deutschen Übermacht. Wer derart gehaust hat wie Deutschland im Zweiten Weltkrieg, der wird als eine Gefahr angesehen werden und darf sich nicht darüber beklagen.
Vor der Wiedervereinigung gab es im freien Teil Europas ein Gleichgewicht, weil die Bundesrepublik annähernd gleich stark war wie Frankreich und Großbritannien. Diese haben die Wiedervereinigung ja nicht zu Unrecht gefürchtet.
Denn jetzt hat Deutschland wieder das, was Sebastian Haffner seine "unschickliche Größe" nannte - größer als alle Nachbarn, aber nicht groß genug, um Weltmacht sein zu können.
Es ist eine schwierige Lage. Ich sehe nicht, daß es einen einfachen Ausweg gäbe. Ein Deutschland, das wieder die Muskeln spielen läßt, wäre verheerend für Europa. Die Kanzlerin, die eine rationale Frau ohne Machtgelüste ist, wird das nicht tun. Aber was kommt nach ihr? Was wird sein, wenn Großkotze wie Gabriel und Trittin die deutsche Politik maßgeblich bestimmen?
Zitat von ZettelEs ist ein Denken, das - insofern auch auf Rousseau zurückgehend - die Gemeinschaft vor den Einzelnen stellt; ein unpragmatisches, auf "das Ganze" gerichtetes, in seiner Überheblichkeit irrationales Denken (also ein totalitäres). Seine vorerst letzte Eruption war die kollektive Besoffenheit des "Ausstiegs".
Passend dazu auch das Gespräch zwischen Alan Posener und Götz Aly in der Welt:
"Die christlichen Deutschen hätten sich immer ins Kollektiv geflüchtet. Sozialismus und Nationalismus seien eben beide „homogenisierende Ideen“. Freiheit habe man in Deutschland immer als Freiheit gegen andere missverstanden." ... "..., dass die kollektivistischen Instinkte der Deutschen nicht überwunden sind und sich – sollten bestimmte Wohlfahrtsversprechen nicht erfüllt werden – auch gegen andere geltend machen könnten."
Zitat Es ist eine schwierige Lage. Ich sehe nicht, daß es einen einfachen Ausweg gäbe. Ein Deutschland, das wieder die Muskeln spielen läßt, wäre verheerend für Europa.
Ganz recht.
Und dies ist übrigens ein weiterer Grund, warum die derzeitigen Euro-Diskussionen so gefährlich sind.
Derzeit lautet die offizielle Linie ja ungefähr wie folgt:
A. Deutschland muss Griechenland, Portugal et al mit hohen Milliardenbeträgen retten - das ist alternativlos, will man nicht die Zukunft Europas gefährden. B. Diese Zahlungen darf es für Griechenland et al aber nicht zum Nulltarif geben. Diese Länder müssen harte Sanierungsschritte machen und diese müssen von Deutschland kontrolliert und initiiert werden.
Punkt A und B sind in dieser Lesart zwei Seiten einer Medaille: Beide Seiten müssen eben Opfer bringen.
Diese beiden Punkte werden aber das Euro-Regime in ganz Europa verhasst machen. Die Nordeuropäer werden die vielen Milliarden verfluchen, die in den Süden fließen (und sie werden die Südeuropäer dafür verachten). Die Südeuropäer werden die harten Sanierungsschritte, die ihnen von den Nordeuroäern oktoryiert werden verfluchen - und sie werden die Nordeuropäer dafür hassen.
Diese Richtung ist daher nicht nur ökonomisch desaströs, sondern auch politisch auf mittlere Frist für Europa fatal.
Dabei gäbe es ja durchaus einen Ausweg: Man beendet die derzeitige Währungsunion. Entweder, indem Griechenland et.al aussteigen. Oder indem Deutschland et.al aussteigen. Die letztgenannte Variante, wäre vermutlich sogar die schmerzlosere. Denn wenn Griechenland et al aussteigen, folgt für diese Länder zwangsläufig der Staatsbankrott (weil die deren Verschuldung ja in Euro lautet, der Euro gegenüber der neuen Drachme stark aufwerten wird und somit die Verschuldung noch einmal massiv ansteigt). Ein Ausstieg Deutschlands würde hingegen die neue Mark gegenüber dem Euro aufwerten lassen. Die deutsche Staatsverschuldung würde dadurch sogar deutlich sinken.
"Disziplinierungsmaßnahmen" müsste dann auch nicht der (dann bald verhasste) Zuchtmeister Deutschland anordnen. Sondern sie wären ein ganz natürliches Marktergebnis. Damit kann Griechenland aber umgehen - eine beständige Abwertung der Drachme war für Griechenland jahrzehntelang Normalität. Zu Volksaufständen hat das nie geführt (obwohl eine Abwertung der eigenen Währung ja eine versteckte Gehaltskürzung darstellt).
Zitat Denn wenn Griechenland et al aussteigen, folgt für diese Länder zwangsläufig der Staatsbankrott (weil die deren Verschuldung ja in Euro lautet, der Euro gegenüber der neuen Drachme stark aufwerten wird und somit die Verschuldung noch einmal massiv ansteigt).
am 1. 1. 1999 wurde in allen Euro-Staaten einseitig verkündet, daß die Altschulden der Staaten ab sofort in Euro getilgt werden. Das wurde universell als zulässig erachtet. Warum? Das war nicht von allgmeinem Vorteil bzw. auf jeden Fall eine einseitge Vertragsänderung. Die DM-Schuldner hatten ja durchaus einen Nachteil zu erwarten, denn spätestens heute ist klar, daß die DM weit höher stehen würde als der Euro. Trotzdem wurde das nirgendwo als Defaultevent markiert. Daher muß es umgekehrt möglich sein, daß die Staatsschulden wieder zurückdenominiert werden. Im Falle Griechenlands ist das bei ca. 90% auf jeden Fall problemlos möglich, denn die sind unter griechischem Recht begeben und das darf das lokale Parlament ja problemlos ändern. Aber auch der Rest, der unter britischem Recht begeben wurde, müsste sich auf den Präzendenzfall Euro stützen lassen. Sicher gilt das für alle alten Anleihen, die schon vor 1999 begeben wurden und ja schon damals auf Drachme lauteten. Das gleiche gilt für alle anderen Staaten.
Also die Staatsschulden sind die geringere Sorge. Das Problem ist eher der Bank Run, der ja heute schon stattfindet. Schon jetzt sind in Deutschland mindestens 300 Mrd. € im Umlauf, die da nicht hingehören. Die wurden von Griechen, Iren und Spaniern auf Konten von Banken in Deutschland transferiert, weil die Eigner eben den Zerfall der Währungsunion fürchten. Der Grieche bekommt dann zwar sein Gehalt in Drachme, die Sparbücher in Athener Banken werden auf Drachmen umgerubelt aber das in Deutschland in Sicherheit gebrachte Guthaben bleibt in Euro. Würde man einen Austritt dann tatsächlich einmal verkünden, dann würde der stille Bank Run zu einer Massenpanik führen. Wenn, dann müsste man das in einer Nacht und Nebel - Aktion durchführen und da zur Vorsicht gleich das Militär auffahren lassen.
Zitat Ein Ausstieg Deutschlands würde hingegen die neue Mark gegenüber dem Euro aufwerten lassen. Die deutsche Staatsverschuldung würde dadurch sogar deutlich sinken.
Deutschland hat - über Banken und Versicherungen - ungefähr 1.500 Mrd. € im Euro-Ausland angelegt. Die Verluste bei einer Aufwertung der DM II ggü dem Euro kann man damit auf einige hundert Mrd. Euro schätzen (oder DM, ist bei dieser Größenordnung auch schon egal)
Zitat von FlorianDiese beiden Punkte werden aber das Euro-Regime in ganz Europa verhasst machen.
Sehr wichtiger Punkt!
Gerade wenn man mehr europäisches Miteinander will, muß man die aktuellen "Rettungspakete" ablehnen.
Zitat Dabei gäbe es ja durchaus einen Ausweg: Man beendet die derzeitige Währungsunion.
Das wäre kein wirklicher Ausweg. Erstens würde es die bestehenden Schuldenprobleme überhaupt nicht lösen. Zeitgleich zur ohnehin schwierigen Währungsumstellungsphase bekämen wir dann noch diverse Staatspleiten - oder noch schlimmer, den Rückfall in Einzelwährungen plus Einführung von Finanztransfers. Und zweitens ist ja nicht die Währung schuld an den Schulden. Man muß nur den Euro-Vertrag so einhalten, wie er abgeschlossen wurde, d.h. jeder Staat ist für seine eigenen Schulden verantwortlich. Es gibt weder Hilfszahlungen von anderen Staaten noch EZB-Unterstützung. Eine sortierte Staatspleite von Griechenland würde die Krise im wesentlichen lösen.
Zitat von Johann Grabneram 1. 1. 1999 wurde in allen Euro-Staaten einseitig verkündet, daß die Altschulden der Staaten ab sofort in Euro getilgt werden. Das wurde universell als zulässig erachtet. Warum?
Weil die alten Währungen nicht mehr existierten. Ohne eine solche Überleitungsbestimmung hätten die Schuldner ja gar keine Möglichkeit mehr gehabt, ihre Verpflichtungen zu bedienen.
Wenn man nun den Euro komplett abschaffen und durch neue (alte) Währungen ersetzen würde, müßte es wieder eine solche Übergangsbestimmung geben. Wobei das eine sehr komplexe Operation sein würde, weil es ja keine "deutschen" Euros gibt, die man in neue Mark o. ä. überführen könnte - jeder Euro müßte durch einen Korb an Nachfolgewährungen abgelöst werden.
Auch ein "Ausstieg" z. B. Griechenlands wäre analog zu organisieren, da würde dann z. B. jeder "alte" Euro (in der ganzen Euro-Zone!) durch 99 neue Euro-Cent und eine neue Drachme abgelöst (mal angenommen, man würde Griechenland mit einem Gewicht von 1% im Korb bewerten).
Zitat Daher muß es umgekehrt möglich sein, daß die Staatsschulden wieder zurückdenominiert werden. Im Falle Griechenlands ist das bei ca. 90% auf jeden Fall problemlos möglich, denn die sind unter griechischem Recht begeben und das darf das lokale Parlament ja problemlos ändern.
Ob das so problemlos ginge, kann ich nicht beurteilen. Aber das würde auch nur den einfachen Fall lösen - mit dem griechischen Staat als Schuldner. Was macht man aber mit den ganzen anderen Verbindlichkeiten? Werden Kredite automatisch umgestellt, wenn der Schuldner eine Firma/Bank mit Sitz in Griechenland ist? Wenn der Schuldner eine Privatperson mit griechischem Paß oder mit Wohnsitz in Griechenland ist? Oder gilt das nur für Gelder, die auf griechischen Konten angelegt sind?
Egal wie man es zu regeln versucht, es gibt einen Rattenschwanz von Folgeproblemen.
Zitat Die wurden von Griechen, Iren und Spaniern auf Konten von Banken in Deutschland transferiert, weil die Eigner eben den Zerfall der Währungsunion fürchten. Der Grieche bekommt dann zwar sein Gehalt in Drachme, die Sparbücher in Athener Banken werden auf Drachmen umgerubelt aber das in Deutschland in Sicherheit gebrachte Guthaben bleibt in Euro.
Völlig richtig, bei solchen Fragen wird es problematisch. Egal wie man es zu lösen versucht - die Leute werden sich darauf einstellen und ihr Geld vorher verschieben. Und wenn man versucht das zu verhindern, hat man den Finanzmarkt Europa für längere Zeit lahm gelegt ...
Zitat Ein Ausstieg Deutschlands würde hingegen die neue Mark gegenüber dem Euro aufwerten lassen.
Dann hätte man aber im Prinzip genau die gleichen Probleme, nur in anderer Richtung. Egal wie die neue Währungsstruktur aussieht - die Auflösung einer Währungsunion ist eine hochkomplexe Geschichte.
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