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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 721 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.10.2011 17:00
Marginalie: Putins "Eurasische Föderation" Antworten

Putin bereitet seine neue Präsidentschaft vor - mit einem Paukenschlag.

In der Marginalie gehe ich auch - älteren Lesern nichts Neues - auf das Geschichtsbild des einflußreichen Moskauer Politologen Prof. Igor Maximytschew ein. Als ich nachsehen wollte, ob er noch seine Funktion als Chef der Abteilung für Europäische Sicherheit am Europa-Institut der Akademie der Wissenschaften hat, bin ich auf ein aktuelles Interview mit Maximytschew im "Neuen Deutschland" gestoßen; publiziert am 22. Juni dieses Jahres.

Es ist ein kurzes Interview, und nur an einer Stelle geht Maximytschew auf aktuelle Politik ein: "Die russische Öffentlichkeit schätzt die Position, die Deutschland im Falle Libyen einnahm".

Ein alter, mit allen Wassern gewaschener Diplomat wie Maximytschew sagt so etwas nicht eben so dahin.

Seine Äußerung ist ein Indiz - natürlich kein Beweis - für die Richtigkeit der Vermutung, daß bei der deutschen Libyenpolitik auch die Rücksicht auf Rußland eine Rolle spielte; das Land, auf dessen Energielieferungen wir als Aussteigernation künftig angewiesen sein werden (siehe Guido Westerwelle sollte seinen Hut nehmen. Aber nicht wegen Libyen; ZR vom 29. 8. 2011).

Jorge Arprin Offline



Beiträge: 73

06.10.2011 22:07
#2 RE: Marginalie: Putins "Eurasische Föderation" Antworten

Hier ist noch ein weiterer Artikel zum Thema:

http://www.welt.de/debatte/article134274...owjetunion.html

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

06.10.2011 23:43
#3 RE: Marginalie: Putins "Eurasische Föderation" Antworten

Zitat von Jorge Arprin
Hier ist noch ein weiterer Artikel zum Thema:

http://www.welt.de/debatte/article134274...owjetunion.html


In der Tat, solche Statements lassen es an Klarheit nicht mangeln:

Zitat von Die Welt
Und jetzt wird es spannend. Wladimir Putin weiß, was auf dem Spiel steht: Eine gemeinsame (Zoll-)Union, verkündete er im Mai, werde „die geopolitischen Umrisse des gesamten eurasischen Raums grundsätzlich ändern“.


Hinzu kommt die schwierige geopolitische Lage Griechenlands, seine und die europäische Finanzkrise. Da kann man schnell zur leichten Beute werden. Samuel Huntington war in "The Clash of Civilisations" ohnehin der Ansicht, dass Griechenland, Bulgarien und Zypern eher zum russischen Einflussgebiet gehören, vor allem wegen der in diesen Ländern religionsbestimmenden christlichen Orthodoxie.
Europa schaffe sich mit der Integration dieser Staaten Schwierigkeiten, sagte er voraus.
Dies ist nun eingetreten und wäre eigentlich ein guter Grund etwas realistischer das eigene ökonomische und militärische Potential zu sehen, wenn man über eine weitere Ausdehnung der EU nach Serbien und der Ukraine nachdenkt, und sich endlich der dringend notwendigen Konsolidierung zuzuwenden. Mich würde interessieren ob die Kanzlerin bei den von ihr geäußerten Kriegsängsten hinsichtlich eines Auseinanderbrechens der EU, an Putin und seine grundsätzlichen Änderungswünsche der geopolitischen Umrisse des gesamten eurasischen Raums gedacht hat.

Viele Grüße, Erling Plaethe

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

09.10.2011 11:18
#4 RE: Marginalie: Putins "Eurasische Föderation" Antworten

Der politische Begriff „Eurasia“ ist wesentlich älter als Orwells Roman. Er entstammt Karl Haushofers Geopolitik und gehört in das Umfeld imperialer Theorien, Konzepte und Ordnungsvorstellungen, wie sie beginnend mit dem letzten Drittel des 19.Jahrhunderts von verschiedenen Autoren entwickelt worden sind und lange Zeit populär waren. Hierher gehört auch zB das Konzept der völkerrechtlichen Großraumordnung.

Eurasia wird dabei in erster Linie verstanden als Bezeichnung für einen geographisch-politischen Großraum als Gegenpart zum weltumspannenden Imperialismus der angelsächsischen Seemächte und ist als deutsches Konzept 1945 untergegangen. Danach wurde es - soweit ich das überblicke - hauptsächlich von der französischen Nouvelle Droite aufgegriffen, ebenfalls mit antiamerikanischer Stoßrichtung. In dieser Tradition steht Dugin mit seiner Idee, zumal zumindest Anfang der 90er Jahre nähere Kontakte bestanden, die aber von seiten der französischen Neuen Rechten abgebrochen wurden, weil sie in Dugins Ideen lediglich eine Umkehrung der amerikanischen Weltmachtstellung sahen, nur eben mit Rußland an der Spitze.


My two cents:

Putin dürfte zu sehr nüchterner Machtmensch sein, um tatsächlich einer Ideologie anzuhängen. Ebensowenig wird er an eine Wiederherstellung der UdSSR glauben oder diese wünschen (dazu kennt er ihre Mängel zu gut). Wenn er die Auflösung der UdSSR als größte geopolitische Katastrophe des 20.Jhdts bezeichnet, sieht er das aus russischer Sicht. Aus kontinentaleuropäischer Sicht ist dies die Besetzung und Teilung Europas durch USA und UdSSR 1945. Aktuell ist Rußland (grob) auf die Grenzen von 1700 zurückgeworfen. Wenn Putin also von Eurasien spricht, verfolgt er nichts anderes als die klassische russische Außenpolitik, wie sie seit Peter dem Großen besteht. Die geostrategische Lage ist unveränderlich, ob die expansive Politik vom Zaren, von der UdSSR oder von Putin betrieben wird. Europäer und Amerikaner täten deshalb gut daran, sich wieder ausführlich mit den Gedanken früherer europäischer Militärs und Politiker zur russischen Expansion beschäftigen.


Von Putins Ankündigung bis zur Umsetzung ist es freilich ein sehr weiter Weg. Ankündigen ist einfach, umsetzen sehr schwer. Denn die russische Stärke beruht nicht auf überlegener Wirtschaftskraft oder der Leistungsfähigkeit der Streitkräfte, sondern auf der Schwäche der potentiellen Opfer und Gegenspieler. Rußland ist von einem Kordon junger Staaten umgeben, die teilweise instabil und wirtschaftlich schwach, jedenfalls aber alle militärisch unterlegen sind. Von den drei potentiellen Gegenspielern ist China augenblicklich keiner, die USA sind nach Bush und unter Obama an Geostrategie offenbar nicht mehr so interessiert wie nötig, und Europa ist nicht nur uneins, mit sich selbst beschäftigt und militärisch schwach, sondern begibt sich (D!) sogar freiwillig in eine Abhängigkeit von russischen Rohstoffen.

Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß Putin eine gewisse Zeit Erfolg haben kann und wohl auch haben wird.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

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