Eigentlich sollte ja nach dem Willen Nobels mit diesem Preis geehrt werden, wer im jeweiligen Jahr am meisten für Frieden und Abrüstung getan hat. Aber inzwischen sieht man das in Oslo lockerer; auch dieses Jahr wieder.
Nachtrag: Ich hatte zuerst "aus Westafrika" geschrieben; aber eine kommt aus dem Jemen. Ob sie wirklich Bürgerrechtlerinnen sind, scheint nach den jetzt hinzukommenden Informationen auch nicht ganz klar zu sein; also habe ich das ebenfalls gestrichen.
Ich bin ja schon immer der Meinung, dass die Stellung der Frau ein guter Parameter ist für die Beurteilung von Gesellschaften. Etwas überspitzt habe ich das mal so formuliert, dass das beste Kriterium sei, ob sich die Frau gegen den Willen des Mannes scheiden lassen könne. Da fallen natürlich die Staaten des real-existierenden Sozialismus durch den Rost, die die familieninterne Ausbeutung der Frau durch die gesellschaftliche ersetzt haben...
Aber generell finde ich es eben gut, dass es diesmal Frauenrechtlerinnen getroffen hat. Vor allem solche, die ihre Tätigkeit nicht als Beamte ausüben.
Leider hat der Friedensnobelpreis keine allzu gute Performance. Zu viele der Preisträger scheiterten bzw. erwiesen sich als unwürdig. Wer würde z.B. heute, wo es nicht mehr ausreicht, nicht Bush zu sein, noch diesen Preis an Obama verleihen?
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Zitat von RaysonAber generell finde ich es eben gut, dass es diesmal Frauenrechtlerinnen getroffen hat. Vor allem solche, die ihre Tätigkeit nicht als Beamte ausüben.
Ich war, lieber Rayson, jetzt länger offline und habe mir noch nicht ansehen können, wer diese drei Frauen sind.
Aber haben sie tatsächlich etwas für den Frieden getan; so wie das Alfred Nobel wollte? Also für die eendigung Verhinderung von Kriegen, vor allem für die Abrüstung?
Ich habe da meine Zweifel; aber wie gesagt, ich muß mich noch kundig machen.
Herzlich, Zettel
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07.10.2011 22:54
#4 RE: Marginalie: Friedensnobelpreis für drei Frauen
Zitat von RaysonVor allem solche, die ihre Tätigkeit nicht als Beamte ausüben.
Alice Schwarzer ist nicht verbeamtet. So toll finde ich die trotzdem nicht.
Die Auswahlkommission für den Friedensnobelpreis, ein Komitee des norwegischen Parlaments, ist seit schon lange ziemlich schmerzfrei. Vor 20 Jahren erfuhr die von Rigoberta Menchu, einer Dame mit beeindruckendem Lebenslauf. Geboren in einer bettelarmen Indio-Familie, aus Armut keine Schule besucht, zwei ihrer Brüder verhungert, der Rest der Familie vor ihren Augen von der bösen guatemaltekischen Regierung ermordet, weil diese die armen Indios ausrotten wollte. Die Geschichte so schön politisch korrekt, dass sich die Plausibilitätsprüfung (bei einer Bevölkerungszusammensetzung von nur 5% reinrassigen Weißen, ca. 50% reinrassigen Indios und ca. 45% Mestizen ist Menchús Gesülze einfach nur absurd) erübrigt. Trotzdem hat die Kommission sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sämtliche eine Quelle und die vielen eine Zeugin (RM) wurden gründlichst überprüft. 1992 war es dann so weit. Wir antirassistischen MenschInnen haben gejauchzt vor Freude. Die beste Friedensin des Jahres weiblich (toll) und nichtweiß (toll, toll), das ist so schön wie Ostern und Weihnachten an einem Tag.
Später hat der Anthropologe David Stoll Menchús Angaben überprüft und das Ergebnis in seinem Buch "Rigoberta Menchú und die Geschichte all der armen Guatemalteken" veröffentlicht. Selbst der dem heldinnenhaften antipatriarchalischen und dem antirassistischen Befreiungskampf durchaus zugeneigte SPIEGEL kam nicht umhin zuzugeben, dass die von der Gutsten aufgetischten Geschichten nicht ganz mit der Realität fluchten
Zitat von SPIEGEL 28.12.1998, Rigobertas RetuschenBei ihr sind die Parzellen, die Vater Vicente Menchú gerodet und nutzbar gemacht hat, ständig von weißen Großgrundbesitzern bedroht, die korrupte Regierungsbeamte oder brutale Pistoleros gegen die Menchú-Familie hetzen. In Wahrheit wurde dieser Kampf um ein Grundstück von 155 Hektar geführt, und bei den landgierigen Nachbarn handelte es sich um Indios aus dem eigenen Stamm. […] In einer der bewegendsten Passagen ihrer Biographie stirbt 1967 vor Rigobertas Augen ein jüngerer Bruder namens Nicolás an Unterernährung; der wahre Nicolás indessen ist durchaus am Leben, zehn Jahre älter als seine Schwester und hat von seinem toten Bruder und Namensvetter nie gehört. Einen weiteren Bruder namens Petrocinio schildert Rigoberta in ihrem Buch als Opfer der guatemaltekischen Armee; deren Schergen hätten ihn (zusammen mit anderen jungen Indios) mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt. Auch in Wirklichkeit wurde Petrocinio ermordet - allerdings erschossen.
Zum Glück bleibt das Komitee standhaft. Wegen dieser Nebensache wird man ja nicht gleich seine Entscheidung korrigieren. Denn an der Hauptsache (weiblich und nichtweiß) hat sich nichts geändert.
Heuer haben wir nicht nur einen, sondern gleich drei Friedensnobelpreise. Wir antirassistischen MenschInnen jauchzen vor Freude. Die Gewinnerinnen sind weiblich (toll) und nichtweiß (toll, toll), das ist so schön wie drei Ostern und drei Weihnachten an einem Tag.
Übrigens wollte sich Menchú 2007 zur guatemaltekischen Präsidentin wählen lassen. Leider hat Sie die absolute Mehrheit knapp verfehlt – mit ihren 3%. Man sollte die Präsidentin des mittelamerikanischen Landes besser vom norwegischen Parlament bestimmen lassen.
Nur: warum musste mit der Aktivistin Tawakul Karman aus dem Jemen ausgerechnet eine Frau geehrt werden, die Mitglied der islamistischen, den Muslimbrüdern nahestehenden, Islah Partei ist?
Islah is not comprised of one single Islamic school of thought, instead it accommodates a wide variety of traditions – the usually conflicting zaydi and wahhabi sects are also represented within the party. The Yemeni offshoot of the Muslim Brotherhood dates back to the 1930s and constitutes a large component of the Islah. Until the late 1970s, its leader was Shaykh Abdalmajid al-Zindani, who was educated in Egypt and has spent much time in Saudi Arabia, where he developed connections with the Saudi Wahabi movement and received financial backing.
Den Chef der Islah Partei verdächtigt die UN enge Kontakte mit den Taliban zu unterhalten. Und zur Frauenfrage äußert er sich so: “Zindani (…) has said women can participate in government — so long as female parliamentarians attend sessions in separate rooms.”
Und die New York Times meldet:
Sheik Abdul Majid al-Zindani (is) a revered spiritual leader, theological adviser to Osama bin Laden and co-founder of the main Yemeni opposition party, Islah. In 2004, the United States Treasury put Mr. Zindani on a list of “specially designated global terrorists” for suspected fund-raising for Al Qaeda and other terrorist groups.
Zitat von FrankNur: warum musste mit der Aktivistin Tawakul Karman aus dem Jemen ausgerechnet eine Frau geehrt werden, die Mitglied der islamistischen, den Muslimbrüdern nahestehenden, Islah Partei ist?
Zitat von FAZ 08. Oktober 2011, Die Vorkämpferin aus dem "Zelt der WürdeIhr Vater hatte in mehreren Regierungen als Minister für rechtliche und parlamentarische Angelegenheiten gedient. In der Öffentlichkeit und zu Hause kritisierte er das Regime, das er von innen kannte.
Bitterstes Unrecht, dass der Karman-Clan im Staat nur die zweite Geige spielt - wo ihm doch die erste zusteht.
Die USA setzen auch auf den Dialog. Da ist Obama ja wahrscheinlich ganz groß!
U.S. met with Egypt Islamists - U.S. diplomat By Edmund Blair CAIRO | Sun Oct 2, 2011 3:55pm IST (Reuters) - U.S. officials met members of the Muslim Brotherhood's political party, a U.S. diplomat said, after Washington announced it would have direct contacts with Egypt's biggest Islamist group whose role has grown since U.S. ally Hosni Mubarak was ousted.
Zitat von ZettelAber haben sie tatsächlich etwas für den Frieden getan; so wie das Alfred Nobel wollte? Also für die eendigung Verhinderung von Kriegen, vor allem für die Abrüstung?
Ungefähr soviel wie Mutter Teresa, schätze ich.
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09.10.2011 13:11
#9 RE: Marginalie: Friedensnobelpreis für drei Frauen
Malte Lehming hat sich mit der dreifach verdienten (weiblich, nichtweiß, moslemisch) Gewinnerin beschäftigt
Zitat von Tagesspiegel 08.10.2011, Ehrung für eine IslamistinEher am Rande wurde vermerkt, dass Tawakkul Karman ein hochrangiges Mitglied der Al-Islah-Partei ist, dem jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft. Die Muslimbrüder billigen Selbstmordattentate der Palästinenser gegen Israel, halten Homosexualität für eine Abartigkeit, die ebenso hart bestraft werden muss wie außerehelicher Geschlechtsverkehr, und sie befürworten die Todesstrafe bei einer „Abkehr vom Islam“. […]
Vor einer Woche, wenige Tage vor der Entscheidung des Nobelpreiskomitees, berichtete der britische „Guardian“ von einer anderen jungen jemenitischen Frau, auch sie eine Frauenrechtlerin. Ihren Namen will sie aus Angst vor Verfolgung nicht nennen - der „Guardian“ nennt sie „Sara“. Laut ihrer Aussage sind es nicht die Schergen von Präsident Saleh, die ihr nach dem Leben trachten, sondern Mitglieder der Opposition. Von denen würden einige der übelsten Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen. Sara ist aus ihrem Land geflohen. Ihre Verfolger, sagt sie, hätten allesamt enge Verbindungen zur Al-Islah-Partei – jener Gruppe, zu der die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman gehört.
Leider setzt Lehming keinen Link zum Guardian-Artikel. Vermutlich meint er diesen.
Zitat Augezeichnet mit dem Nobelpreis, vor Abwahl in Liberia
Weltweit wurde die Auszeichnung von Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf mit dem Friedensnobelpreis begrüßt - in ihrer Heimat aber wurde heftige Kritik an der Entscheidung des Osloer Nobel-Komitees laut. "Inakzeptabel", „unverdient", „eine Provokation" sei die Auszeichnung, empörte sich die Opposition. Kein Wunder: Die Ehrung Sirleafs wurde ausgerechnet vier Tage vor der Präsidentschaftswahl in Liberia verkündet, bei der die 72-Jährige am Dienstag für eine zweite Amtszeit kandidiert.
...
Vor allem aber wird Sirleaf vorgeworfen, zu wenig für die Versöhnung des Landes nach dem 2003 beendeten Bürgerkrieg getan zu haben. Wenige Kriegsverbrecher wurden belangt, immer wieder kommt es in dem Land zu gewaltsamen ethnischen Auseinandersetzungen. Sirleaf hängt zudem noch an, dass sie in den 90er Jahren den damaligen Warlord Charles Taylor finanziell unterstützte, bevor dieser von 1997 bis 2003 Liberias Staatschef wurde.
Den Preis an eine Person zu vergeben, die kurz vor einer nationalen Wahl steht, ist wirklich eine Provokation und undemokratisch. Aber dieses Jahr sollten die Preisträger wohl unbedingt Frauen aus der Dritten Welt sein.
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