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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.10.2011 08:32
Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

In diesem Artikel entwirft George Friedman das Bild einer Region, in der es zahlreiche Wechselwirkungen gibt. Es hat jetzt eine Dynamik eingesetzt, deren auslösende Faktoren der Rückzug der USA aus dem Irak und demnächst auch aus Afghanistan sind.

Friedman analysiert wie immer brillant und überzeugend, räumt aber auch frühere Fehleinschätzungen ein und weist auf die vielen Unbekannten hin (Wird sich Assad halten? Wird das Militärregime in Ägypten überleben?).

Aus Friedmans Sicht sind zwei aktuelle Ereignisse Ausdruck dieser sich entwickelnden Dynamik: Das behauptete Mordkomplott in den USA und der Gefangenenaustausch vor einigen Tagen.

Als er den Artikel publizierte, hatte die Militäraktion der Türkei im Nordirak noch nicht begonnen; auch sie kann man wohl in diesen Zusammenhang stellen. Die Türkei sigenalisiert damit ihre Entschlossenheit, sich an dem jetzt beginnenden Machtpoker zu beteiligen.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

20.10.2011 11:01
#2 RE: Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

Es spricht für Friedman, daß er frühere Fehleinschätzungen einräumt. Man muß sich eben erneut daran erinnern, daß auch seine Lagebeurteilungen nur ein Mosaikstein sind. Was ich in dem Artikel vermisse, sind Überlegungen, inwieweit das iranische Regime angesichts seiner wirtschaftlichen Schwäche und militärischen Unzulänglichkeiten überhaupt stark genug ist, die geschilderten Einflußmöglichkeiten und Optionen umzusetzen.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

20.10.2011 12:25
#3 RE: Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

Zitat von JeffDavis
Was ich in dem Artikel vermisse, sind Überlegungen, inwieweit das iranische Regime angesichts seiner wirtschaftlichen Schwäche und militärischen Unzulänglichkeiten überhaupt stark genug ist, die geschilderten Einflußmöglichkeiten und Optionen umzusetzen.


Ist der Iran denn wirklich so schwach und unzulänglich? Zumindest wenn man ihn mit seinen Nachbarn vergleicht? Immerhin hat er mehr Öl als Syrien... Und ein Faktor völlig jenseits von Wirtschaft und Militär ist natürlich, dass er die natürliche Schutz- und Führungsmacht für schiitische Minderheiten etwa im Irak ist.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

patzer Offline



Beiträge: 359

20.10.2011 13:15
#4 RE: Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

Zur wirtschaftlichen Lage.Aus Erzählungen beteiligter Ingenieure weiss ich zu berichten,dass alles in Richtung Kommandowirtschaft läuft.So hat ein weltweit tätiger Anlagenbauer ein supermodernes Gaskraftwerk (Gas ist ei Abfallprodukt de Ölforderung und wird normalerweise abgefackelt)schlüsselfertig in die Einöde gestellt.Nicht nur völlig überdimensioniert(auf ausdrücklichen Wunsch der Auftraggeber),sondern auch ohne Anschluss an Gaspipelines.Diese bereitzustellen wird ein anderes Unternehmen ungefähr 10 Jahre kosten.In dieser Zeit wird das Kraftwerk mangels fachgerechter Wartung zur Ruine geworden sein.Eines von mehreren Beispielen für das Organisationsgeschick der revolutionären Garden.Aber immerhin:Die Zahlungsmoral ist bisher gut.
Gruß patzer

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.10.2011 13:26
#5 RE: Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von JeffDavis
Was ich in dem Artikel vermisse, sind Überlegungen, inwieweit das iranische Regime angesichts seiner wirtschaftlichen Schwäche und militärischen Unzulänglichkeiten überhaupt stark genug ist, die geschilderten Einflußmöglichkeiten und Optionen umzusetzen.


Ist der Iran denn wirklich so schwach und unzulänglich? Zumindest wenn man ihn mit seinen Nachbarn vergleicht? Immerhin hat er mehr Öl als Syrien... Und ein Faktor völlig jenseits von Wirtschaft und Militär ist natürlich, dass er die natürliche Schutz- und Führungsmacht für schiitische Minderheiten etwa im Irak ist.


Und daß er demnächst eine Nuklearmacht sei wird. Die Nuklearrüstung des Iran ist ja nicht nur gegen Israel gerichtet, sondern wird, sobald er die Bombe hat, ein entscheidender Faktor im Machtkampf mit Saudi-Arabien sein.



Ein anderer Punkt: Aus Friedmans Analyse geht hervor, wie entscheidend für die jetzige Entwicklung die Rückzugspolitik Obamas war und ist. Diesen Satz gegen Ende des Artikels muß man sich auf der Zunge zergehen lassen:

Zitat
The United States has put some chips on the table, but not any big ones. But the fact that Obama did use rhetoric more intense than he usually does is significant in itself

Rhetorik als Waffe gegen das Vordringen des Iran! Da werden die Perser aber schwer beeindruckt sein, und die Pakistanis.

Stratfor hält sich grundsätzlich aus der amerikanischen Innenpolitik heraus; schon gar nicht nimmt es Partei für oder gegen einen Präsidenten. Aber mir scheint in diesem Satz der Sarkasmus Friedmans doch unverkennbar zu sein.

In den vergangenen Monaten haben die USA versucht, eine Verlängerung für ein paar tausend Soldaten im Irak auszuhandeln; soweit ich informiert bin, ohne Erfolg.

Denn die Weichen wurden ja längst gestellt. Entscheidend war die Signalwirkung, als Obama sein Amt antrat: Er hatte als Senator und Wahlkämpfer auf dem bedingungslosen Rückzug aus dem Irak bestanden; und er kündigte an, das werde jetzt umgesetzt.

Der Irak begann sich auf die Lage einzustellen und nach Persien hin zu orientieren. Wenn jetzt, nachdem das Kind im Brunnen ist, es Obama wieder in schon mumifiziertem Zustand herausziehen will, dann zeigt das wieder einmal, was von diesem Präsidenten zu halten ist.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

20.10.2011 17:38
#6 RE: Stratfors Analyse: Die Dynamik nach dem Ruckzug der USA Antworten

Ich habe etwas recherchiert, um Informationen über die aktuellen militärischen Fähigkeiten des Iran zu finden. Zu meinen regelmäßig aufgesuchten Seiten gehört dafür http://csis.org

Kurz zusammengefaßt: Die Stärken des Iran liegen derzeit bei der Palette asymmetrischer Kriegführung, also ua. Drohungen und Einschüchterungen; Unterstützung von Terrorgruppen und politischen Radikalen in Form von Ausbildung, Waffen, Material, Propaganda; Unterstützung schiitischer Minderheiten gegen deren Regierungen; Aufbau eines Bedrohungspotentials gegen die Straße von Hormuz und die Ölförder- und Meerwasserentsalzungsanlagen der Golfstaaten; Schüren von Proxy-Konflikten und dergl.

Die konventionellen Streitkräfte sind den USA und ihren Verbündeten dagegen nicht gewachsen, insbesondere die Luftwaffe und die Luftabwehr sind schwach. So sind derzeit etwa 40-60& der iranischen Flugzeuge nicht einsatzbereit. Das Heer beherrscht den Kampf mit verbundenen Waffen und die Zusammenarbeit mit der Luftwaffe nicht. Die Rivalität mit den verschiedenen religiösen Milizen um die begrenzten Ressourcen schwächt es weiter. Die Marine ist leistungstärker, aber den USA nicht gewachsen.

Die Nuklearrüstung und der gleichzeitige Aufbau von Raketentruppen hat für die iranische Führung allergrößte Bedeutung, verschlingt den Löwenanteil des Rüstungsbudgets und trocknet die anderen Teilstreitkräfte finanziell aus. Daher der Schwerpunkt auf leichte und billig zu beschaffende Waffen für die asymmetrische Kriegführung. Die Nuklearrüstung ist - abgesehen von den politischen Wirkungen des Bedrohungspotentials - auch defensiv zu verstehen, weil man annimmt, die USA würden einen nuklear gerüsteten Iran nicht mehr angreifen können.


Wie so oft, ist die Schwäche des einen Gegners zugleich die Stärke des anderen. Die Infrastruktur der Golfstaaten ist sehr anfällig für eine asymmetrische Kriegführung, zumal große Schäden nur zeitraubend und mit erheblichem Aufwand zu beseitigen sind. Zugleich steigt die Bedeutung des Öls und der Transportwege durch den Golf. Die politischen Verhältnisse in den Golfstaaten sind ebenfalls ein Schwachpunkt. Der Iran tut gut daran, eine Auseinandersetzung nicht über eine niedrige Schwelle hinaus anzufachen, denn wenn es zu einem konventionellen Krieg käme, hätte er derzeit schlechte Karten. Das dürfte auch die iranische Führung so sehen. Eine vollendete nukleare Rüstung kann allerdings diese Unterlegenheit schon im Vorfeld neutralisieren.

Andererseits ist auch der Iran anfällig für die asymmetrische Kriegführung, denn er ist eine religiöse Diktatur (siehe die letzten Unruhen, die Volksmudschaheddin oder die Kurden). Durch seinen religiösen Fanatismus bringt er automatisch alle Anrainer per se gegen sich in Stellung. Dadurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten den Iran zu schwächen. Seine eigenen Anlagen der Öl- und Nuklearindustre sind dazu anfällig für Luftangriffe, wo sich dann die unzulängliche Luftabwehr bemerkbar macht.

Es zeigt sich erneut, was für ein schwerer Fehler der Angriff auf den Irak gewesen war, mit dem Bush den gefährlichsten Gegner des Iran beseitigt und dem Mullah-Regime direkt zugearbeitet hat. In einem CSIS-Papier werden die konventionellen Streitkräfte des Irak und des Iran 2003 und 2011 verglichen und man sieht deutlich, daß der 2003 noch für den Iran gefährliche Irak kein Bedrohungspotential mehr darstellt. Mit Unterstützung der USA und ihrer Verbündeten hätte SH, der den Iran stets als seinen gefährlichsten Gegner angesehen hat, diesen ganz anders in Schach halten können als dies heute möglich ist. Mit seinen konventionellen Streitkräften konnte er den Iran offensiv bedrohen. Die Iraner wären mehr mit einer Verteidigung gegen den Irak beschäftigt gewesen als mit Israel oder den Golfstaaten. Verglichen mit diesem strategischen Fehler von Bush nimmt sich die Obamasche Inkompetenz dagegen bescheiden aus, zumal die gefährlichsten Schwachpunkte der iranischen Gegner nicht die Folge von Obamas Politk sind.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

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