Na sowas! Die Intervention der Nato in Libyen beruhte auf "Menschenrechtsrhetorik". Ulrich Ladurner von der "Zeit", dem ich übrigens schon einmal einen Kommentar gewidment habe, entdeckt, daß der Kaiser nackt ist.
Dieses Zitat des Tages basiert, wie so viele Artikel in ZR, wesentlich auf Hinweisen aus dem kleinen Zimmer; diesmal von C. und von C.K. Dank dafür!
Ulrich Ladurner ist Südtiroler. Südtirol ist wohl die einzige Gegend im demokratischen Europa, wo eine Partei (die Südtiroler Volkspartei) seit 1945 ununterbrochen mit absoluter Mehrheit regiert. In Villnöß, der Heimatgemeinde von Reinhold Messner, erhielt die SVP bei den Kommunalwahlen 2010 100%. http://www.gemeindewahlen.bz.it/8451/list_ld_vg.htm
Die wenigen nicht SVP-orientierten Menschen wandern also aus. Ladurner geht nach Wien zur linken Arbeiterzeitung. Messner auf den Mt. Everest.
P.S.: Ladurners Anti-Berlusconi-Einstellung: Alle Südtiroler sind seit 1919 eigentlich gegen Italien, aber als Linker darf man das nicht sein. Also schreibt man nur gegen Berlusconi.
Zitat Die "humanitäre Intervention" hat durch die Intervention in Libyen einen bleibenden Schaden gekommen. Wenn nämlich in Zukunft wieder davon die Rede sein sollte, werden uns die Bilder des erlegten Diktators Gadhafi in den Sinn kommen. Und diese Bilder tragen eine überraschende Wahrheit in sich: Die selbst ernannten Menschenrechtler können ganz schön grausam sein.
Letzten Endes ist Gaddafi Gerechtigkeit widerfahren, wenn auch aus den falschen Gründen [edit: und ohne Rücksicht auf die Folgen zu nehmen]. Meiner Ansicht nach hätte er hätte schon vor Jahrzehnten unter die Erde gehört, und zwar ganz einfach weil dieser Terrorist sich zu unserem Feind gemacht hat und unsere Leute umgebracht hat. Ladurner wäre aber der letzte gewesen, der diese ganz und gar unzynische Einstellung unterstützt hätte. Er würde auch nicht von "wir" und "uns" sprechen, weil er wie alle Radikalen automatisch die antiwestliche Position einnimmt.
Ladurner hat damals endlos gegen Bush und den Regimewechsel im Irak gewettert und dabei gelogen, dass sich die Balken biegen. Man fragt sich ob es irgendeinen Diktator gibt, dem er nicht nachweint?
Zitat Mit Gadhafi ist ein Kumpane getötet worden, der nicht mehr im Spiel war.
Diese Botschaft wird übrigens in Syrien, in Bahrein, in Saudi-Arabien und im Iran sehr wohl vernommen werden. Alle autoritären Herrscher – Freunde oder Feinde des Westens – werden sich jetzt tiefer eingraben. Wenn sie das Wort Menschenrechte hören, dann werden sie sofort die Waffe durchladen – noch entschlossener als vorher.
Noch entschlossener als vorher? Was für ein niederträchtiges Gewäsch. Das ist Ladurners Art, dem Westen schon mal die Schuld an der (lange bekannten) Grausamkeit dieser Regimes zuzuschreiben. Somit wird er wird jedes Vorgehen des Westens gegen sie natürlich verurteilen, egal wie es begründet ist.
Zitat von WFILetzten Endes ist Gaddafi Gerechtigkeit widerfahren, wenn auch aus den falschen Gründen [edit: und ohne Rücksicht auf die Folgen zu nehmen]. Meiner Ansicht nach hätte er hätte schon vor Jahrzehnten unter die Erde gehört, und zwar ganz einfach weil dieser Terrorist sich zu unserem Feind gemacht hat und unsere Leute umgebracht hat. Ladurner wäre aber der letzte gewesen, der diese ganz und gar unzynische Einstellung unterstützt hätte. Er würde auch nicht von "wir" und "uns" sprechen, weil er wie alle Radikalen automatisch die antiwestliche Position einnimmt.
WFI,
Sie wären also eher bei denen gestanden, die vor öffentlich Jahren unzynisch zur Ermordung Gaddafis aufgerufen hätten? Und einer der das Gegenteil macht ist ein Idiot? Das erinnert mich irgendwie an die Aufrufe zur Ermordung Rushdy's, u.a. 'unliebigen' Zeitgenossen, aber sehr zivilisiert erscheint es mir nicht. Zivil wäre es m.E., dem Ladurner seine Meinung zu lassen, und sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen.
Kraftausdrücke machen Ihre Argumentation nicht überzeugender, lieber WFI; sondern sie haben - jedenfalls in diesem Forum - die gegenteilige Wirkung. Sie sehen das an der berechtigten Reaktion von Martin.
Interessant finde ich auch den "Kumpanei"-Vorwurf. Den konstruieren Linke häufig nach dem Sturz eines Diktators - bei Saddam war das ganz augenfällig. Jede pragmatisch nötige begrenzte Zusammenarbeit des Westens mit dem Herrscher eines Landes wird nachträglich so dargestellt, als wäre dieser auf Wunsch und Weisung des Westens tätig gewesen und als wären seine Untaten damit indirekt auch dem Westen anzulasten.
Zitat Das erinnert mich irgendwie an die Aufrufe zur Ermordung Rushdy's, u.a. 'unliebigen' Zeitgenossen, aber sehr zivilisiert erscheint es mir nicht. Zivil wäre es m.E., dem Ladurner seine Meinung zu lassen, und sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen.
Rushdie war nicht für Terroranschläge im Ausland und Pogrome im eigenen Land verantwortlich. Der Vergleich macht für mich keinen Sinn.
Es ist zivilisierter, einen erklärten Feind auszuschalten als mit ihm erst mal jahrzehntelang Geschäfte zu machen und ihn dann auszuschalten. Ich halte es zumindest für denkbar, dass eine Menge Menschen noch leben würden, hätten die amerikanischen Bomben damals getroffen. Genau so wie viel Elend erspart geblieben wäre, wenn man Saddam schon 1991 entfernt hätte.
Man vergisst auch gerne, dass Gaddafis Einlenken bei seinem Atomwaffenprogramm (und anderen Dingen) viel mit dem "unzivilisierten" Regimewechsel im Irak zu tun hatte, den die Ladurners dieser Welt lautstark und ziemlich haßerfüllt beklagten (ich habe ein langes Gedächtnis). Dass die Beseitigung Gaddafis möglicherweise heute nicht alternativlos war, mag also auch damit zu tun haben, das nicht jeder Ihre Vorstellung von Zivilisiertheit teilt.
Letztlich ging es mir darum, dass der Zynismus eines Herrn Ladurner auf seine Art dem der jeweiligen Regierungschefs in nichts nachsteht, auch wenn er natürlich weniger Konsequenzen hat.
Zitat von WFIMan vergisst auch gerne, dass Gaddafis Einlenken bei seinem Atomwaffenprogramm (und anderen Dingen) viel mit dem "unzivilisierten" Regimewechsel im Irak zu tun hatte, den die Ladurners dieser Welt lautstark und ziemlich haßerfüllt beklagten
So ist es. Und es ist eine Ironie der Geschichte, daß Gaddafi nun dennoch das Schicksal Saddams ereilte.
Gaddafi war, soweit ich das beurteilen kann, weder ein Verrückter noch ein Sadist à la Saddam, der ja schon in jungen Jahren als Killer berüchtigt gewesen war. Über Saddams Herrschaftsmethode habe ich hier einmal dies berichtet:
Zitat In einer kritischen Phase des irakisch- iranischen Kriegs bat Saddam in einer Kabinettssitzung die Minister, offen ihre Meinung zu sagen. Nach einigem Zögern meldete sich der Gesundheitsminister Riyadh Ibrahim und schlug vor, daß Saddam sich vielleicht vorübergehend aus der Staatsführung zurückziehen könnte, bis ein Frieden geschlossen sei, und dann in sein Amt zurückkehren.
Am nächsten Tag wurden Teile der zerstückelten Leiche dieses Ministers an seine Frau übergeben.
So etwas ist von Gaddafi nicht bekannt. Er glich eher Diktatoren wie Fidel Castro, die sich einbilden, ihr Volk würde sie verehren.
Es gab für seinen gewaltsamen Sturz mit dem Ergebnis des Chaos, das jetzt über Libyen hereinbrechen wird, weder hinreichende Gründe noch gar einen zwingenden Anlaß. Gaddafi hat damals nachgegeben, als Saddam gestürzt worden war. Er hätte auch jetzt vermutlich einer vernünftige Nachfolgeregelung zugestimmt; Seif al-Islam Gaddafi bereitete sich ja schon auf die Nachfolge vor und trat als Diplomat hervor, gab Interviews usw.
Ladurner scheint jetzt aus allen Wolken zu fallen, weil er offenbar tatsächlich die (übrigens vor allem von Bernard-Henri Lévy lancierten) Mär vom Genocid geglaubt hatte, mit der Sarkozy sein Eingreifen rechtfertigte.
Auf dem Spiel stand aber nicht das Schicksal der Libyer, sondern das des Kandidaten Nicolas Sarkozy.
Zitat von WFIRushdie war nicht für Terroranschläge im Ausland und Pogrome im eigenen Land verantwortlich. Der Vergleich macht für mich keinen Sinn.
Der Sinn eines Mordaufrufs ist wohl immer subjektiv, und der Aufrufende wird wohl immer eine für ihn gültige Begründung finden. Aber Mordaufruf bleibt Mordaufruf.
Zitat Es ist zivilisierter, einen erklärten Feind auszuschalten als mit ihm erst mal jahrzehntelang Geschäfte zu machen und ihn dann auszuschalten. Ich halte es zumindest für denkbar, dass eine Menge Menschen noch leben würden, hätten die amerikanischen Bomben damals getroffen. Genau so wie viel Elend erspart geblieben wäre, wenn man Saddam schon 1991 entfernt hätte.
In einer zivilisierten Welt müssen wir es zu einem hohen Grad hinnehmen, nicht auf Vermutung hin Eingriffe in die nationalen Souveränitäten oder gar auf Menschenleben vorzunehmen. Diktatoren haben es da tatsächlich etwas einfacher. Abgesehen davon, dass die Vorhersagbarkeit für das alternative Szenario sehr begrenzt ist.
Ich kann ja nachvollziehen, dass man gerne Gott spielen würde um die Welt in seine persönliche Richtung zu bewegen, aber wenn allzu viele Gott spielen wollen, dann steht am Ende Chaos.
Zitat von WFI Zitat:Es ist zivilisierter, einen erklärten Feind auszuschalten als mit ihm erst mal jahrzehntelang Geschäfte zu machen und ihn dann auszuschalten. Ich halte es zumindest für denkbar, dass eine Menge Menschen noch leben würden, hätten die amerikanischen Bomben damals getroffen. Genau so wie viel Elend erspart geblieben wäre, wenn man Saddam schon 1991 entfernt hätte.
Ich kann ja nachvollziehen, dass man gerne Gott spielen würde um die Welt in seine persönliche Richtung zu bewegen, aber wenn allzu viele Gott spielen wollen, dann steht am Ende Chaos.
Sehr richtig. Ich finde es besonders humorig, wenn Personen, die sonst überzeugte Vertreter eines demokratischen Rechtsstaats sind und empört auf staatliche Willkür reagieren, keinerlei Hemmungen haben, willkürlich "erklärte Feinde auszuschalten", und das auch noch als "zivilisiert" bezeichnen. Dabei wird immer übersehen, daß das nur funktioniert, solange man der Stärkere ist. Mal abwarten, was dieselben Personen sagen, wenn beispielsweise Putin oder die Chinesen einen westlichen Politiker als "erklärten Feind ausschalten".
Es spielt außenpolitisch für den Westen keine Rolle, ob SH oder G ihre Landsleute massakrieren. Interessant wird es allein, wenn wir betroffen sind. Ob man zB. G nach den Terroranschlägen auf den Westen heftig auf die Finger hätte klopfen oder sonstwie beseitigen müssen, oder ob man weiter Geschäfte mit ihm macht und später abserviert, wäre nach der aktuellen Lage und den westlichen Interessen zu entscheiden, aber nicht nach seinem Verhalten gegenüber seinen Untertanen.
Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.
Zitat Ich finde es besonders humorig, wenn Personen, die sonst überzeugte Vertreter eines demokratischen Rechtsstaats sind und empört auf staatliche Willkür reagieren, keinerlei Hemmungen haben, willkürlich "erklärte Feinde auszuschalten", und das auch noch als "zivilisiert" bezeichnen.
Deutschland ist ein demokratischer Rechtsstaat. Die Welt ist es nicht.
Zitat Dabei wird immer übersehen, daß das nur funktioniert, solange man der Stärkere ist.
Richtig.
Zitat Mal abwarten, was dieselben Personen sagen, wenn beispielsweise Putin oder die Chinesen einen westlichen Politiker als "erklärten Feind ausschalten".
Ganz einfach. Wenn die Kosten-Nutzen-Abwägung dieser Mächte eine solche Aktion nahelegt, dann würde ich ihnen so eine Tat auch zutrauen. Und ich würde dazu sagen: Selber Schuld. Es liegt nur an uns, die Kosten-Nutzen-Bilanz zu unseren Gunsten zu verschieben. Sollten wir sicherstellen, dass wir stärker bleiben, oder darauf hoffen, dass man uns als Dank für unsere Schwäche schont?
Zitat Der Sinn eines Mordaufrufs ist wohl immer subjektiv, und der Aufrufende wird wohl immer eine für ihn gültige Begründung finden. Aber Mordaufruf bleibt Mordaufruf.
Ich bestehe einfach auf meine Urteilsfähigkeit. Ich werde sie jedenfalls nicht zu Gunsten gutgemeinter Prinzipien ausschalten. Gaddafi hier, Rushdie da - es ist wirklich nicht schwer.
Zitat Es gab für seinen gewaltsamen Sturz mit dem Ergebnis des Chaos, das jetzt über Libyen hereinbrechen wird, weder hinreichende Gründe noch gar einen zwingenden Anlaß. (...) Auf dem Spiel stand aber nicht das Schicksal der Libyer, sondern das des Kandidaten Nicolas Sarkozy.
Hier bin ich übrigens völlig Ihrer Meinung. Unter den gegebenen Umständen hätte man sich heute anders verhalten müssen. Falscher Zeitpunkt, falsche Gründe - es ist nichts gewonnen, soweit man das sehen kann. Ladurner halte ich trotzdem für scheinheilig, und isoliert betrachtet hat Gaddafi sein Schicksal verdient, aber die eine Meinung schließt die andere nicht aus.
Zitat Ich finde es besonders humorig, wenn Personen, die sonst überzeugte Vertreter eines demokratischen Rechtsstaats sind und empört auf staatliche Willkür reagieren, keinerlei Hemmungen haben, willkürlich "erklärte Feinde auszuschalten", und das auch noch als "zivilisiert" bezeichnen.
Deutschland ist ein demokratischer Rechtsstaat. Die Welt ist es nicht.
Die ganze restliche Welt? Oder nur die Staaten, die nach Ihrer Lesart kein DRS sind? Wer bestimmt eigentlich, was noch ein DRS ist und was nicht? Dürfen die UN-Vollversammlung oder ein Ethikrat darüber abstimmen, oder bestimmen Sie das allein?
Ein DRS darf also die rechtswidrigen und undemokratischen Mittel Willkür und Gewalt bis hin zum Mord als Mittel nutzen. Und bleibt trotzdem ein DRS, denn er gehört zu den Guten, und das ändert sich nie nicht! Während ein Staat, der kein DRS ist, dieselben Mittel aber nicht benutzen darf, weil er ein ganz Pöhser ist.
Ich kann mir nicht helfen, aber ich lache immer noch über diese schräge Logik und den skurrilen Humor.
Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.
Zitat von JeffDavisEin DRS darf also die rechtswidrigen und undemokratischen Mittel Willkür und Gewalt bis hin zum Mord als Mittel nutzen. Und bleibt trotzdem ein DRS, denn er gehört zu den Guten, und das ändert sich nie nicht! Während ein Staat, der kein DRS ist, dieselben Mittel aber nicht benutzen darf, weil er ein ganz Pöhser ist.
Werter JeffDavis, erlauben Sie mir, bei diesem Gedanken einzusteigen. „Oberst“ Gaddafi war ja nun seinerseits kein Unschuldslamm. Gestehen Sie den USA nach den Anschlägen in Lockerbie und auf „La Belle“ oder dem französischen Staat nach dem Attentat auf die UTA-Maschine, die alle von Gaddafi zumindest gutgeheißen, wenn nicht angeordnet wurden, kein Recht auf Selbstverteidigung zu? Zählt für Sie hier das Rechtsstaatlichkeitsgebot mehr als das Ausschalten eines Feindes? Gibt es eine Grenze, ab der sich das ändert – beispielsweise bei Osama bin Laden?
(Damit kein falscher Eindruck entsteht: das sind ernstgemeinte Fragen, keine Verbalattacken. Ich konnte kein Statement Ihrer Sicht zu der Tötung von ObL finden, daher meine Fragen nach der Abgrenzung.)
1. Das Recht gilt für alle gleichermaßen. Das ist eine Binsenweisheit und unabdingbar, wenn man überhaupt von Recht sprechen will. Auch wenn es im Einzelfall mal sehr schwer fällt (siehe auch den Fall Gäfgen). Es ist daher absurd zu vertreten, Staaten dürften rechtswidrig vorgehen, weil sie DRS sind.
2. Das Recht ist nicht das einzige Mittel zur Konfliktlösung. In D wird fast immer vergessen, daß Politik (einschl. der Anwendung militärischer Gewalt) gleichberechtigt und eigenständig ist. Man kann sich durchaus sein eigenes Völkerrecht schaffen, den Irak angreifen oder ObL liquidieren, wenn man dafür stark genug und das politisch zweckmäßig und sinnvoll ist.
3. Das Recht zur „Selbstverteidigung“ ist, unabhängig von der völkerrechtlichen Seite, eines der Mittel, mit dem die USA ihren weltumspannenden Herrschaftsanspruch durchsetzen. Das läßt sich in der Diplomatiegeschichte gut nachvollziehen, von der Monroe-Doktrin bis hin zum Kellog-Pakt und der Stimson-Doktrin und dem Völkerbund bzw den UN in der ursprünglichen Konzeption. Die USA führen ihre Kriege immer irgendwie zur Selbstverteidigung, sogar den eindeutig völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak 2003.
Prinzipiell sind Ihre Fragen in Bezug auf G im Völkerrecht geregelt. Bei der Liquidierung ObL ist es leider nicht so einfach.
Die libyschen Attentate sind völkerrechtlich „armed attacks“ iSv. Art.51 UN-Charta und berechtigen die betroffenen Staaten zu Gegenmaßnahmen im Rahmen der Selbstverteidigung, die zumindest im Falle der USA auch umgehend erfolgt sind. Das ist - soweit ich feststellen konnte - auch unstreitig. Gedeckt sind aber nur zeitnahe Maßnahmen. Ein „Abservieren“ im Jahre 2011 für Ereignisse aus den 80er oder 90er Jahren ist eindeutig unzulässig. Erst recht, wenn man in der Zwischenzeit mit dem Aggressor völkerrechtliche Vereinbarungen über die Entschädigung etcpp wegen der alten Vorkommnisse getroffen hat.
Bei ObL stößt das Völkerrecht derzeit an seine Grenzen, denn zum einen gelten für ihn als Privatmann die Regeln für die Zulässigkeit bewaffneter Handlungen zwischen Staaten nicht, zum anderen sind globale terroristische Handlungen durch Al Kaida und ObL rechtlich schwer zu fassen. Auch fehlen uns wichtige Fakten, die aber für eine Beurteilung entscheidend sind. Ob ObL sich gewehrt hat, ob das US- Kommando ihn festnehmen oder von Anfang an liquidieren wollte, ob und inwieweit er noch in die Führung von Al Kaida involviert war, ist unbekannt oder nicht eindeutig geklärt. Ob und inwieweit Pakistan ihn unterstützt hat, ist ebenfalls umstritten. Das sind aber alles Punkte, die rechtlich von Bedeutung sind.
Beispiel: Nach 9/11 griffen die USA umgehend Afghanistan als Gaststaat des ObL an und beriefen sich dabei auf das Recht zur Selbstverteidigung. Ich habe mich damit im Rahmen der umfangreichen Diskussion um die Rechtmäßigkeit des Irakkrieges 2003 näher beschäftigt und festgestellt, daß die Völkerrechtler und die UN selbst fast einhellig bestätigen, daß der Angriff von Art.51 UN-Charta gedeckt war, auch wenn nicht Afghanistan, sondern ObL den Angriff auf die USA geführt hat. Alle akzeptierten aber, daß Afghanistan den Terrorismus gedeckt und zugelassen hat, daß ObL von afghanischem Territorium aus die USA angreift. Einer solcher Einhelligkeit begegnet man im Völkerrecht nur sehr selten.
Ganz anders sieht es mit der Liquidierung ObL 2011 aus, wobei sich die USA wieder auf das Recht zur Selbstverteidigung berufen haben. Das wäre aber nur zulässig, wenn Pakistan ihn so unterstützt hätte wie 2001 Afghanistan. Sonst liegt eine klare Verletzung der pakistanischen Souveränität vor. Weiter ist umstritten, ob ObL als Kriegsgegner oder als gewöhnlicher Krimineller zu beurteilen ist. Wenn der Mann zB von Frankreich oder Deutschland aus Al Kaida gesteuert hätte, wäre ein polizeilicher Zugriff erfolgt, und die völkerrechtlichen Fragen hätten sich so überhaupt nicht gestellt.
Ich finde, man sollte eingestehen, daß derzeit das Völkerrecht (noch) nicht in der Lage ist, diese komplexen Fragen zu beantworten. Deshalb habe ich kein Problem damit, wenn die USA die Frage unter dem Gesichtspunkt ihres nationalen Interesses beurteilen und ObL in der geschehenen Weise liquidieren. Hätte er zB in der VRC Unterschlupf gefunden, wären die USA mit Sicherheit anders vorgegangen.
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