Umso bedeutsamer sind die heutigen Wahlen, mit denen ich mich in dieser Folge der Serie befasse. Sie könnten ein erfolgreicher erster Schritt in die Demokratie sein. Ausgemacht aber ist das keineswegs.
Urlauber
(
gelöscht
)
Beiträge:
23.10.2011 12:11
#2 RE: Aufruhr in Arabien (22): Wahlen in Tunesien
Zitat von ZettelZwar wurde die unter Ben Ali herrschende sozialistische RCD (Rassemblement Constitutionel Démocratique; ungefähr "Vereinigte demokratische Verfassungspartei") am 6. Februar verboten.
Die RCD hat in diesem Jahr einige Niederlagen hinnehmen müssen. Nicht nur dass sie in Tunesien verboten wurde. Bereits drei Wochen vorher wurde sie aus der Sozialistischen Internationale ausgeschlossen. Ein Trost aber bleibt der RCD. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Die ägyptische Schwesterpartei NDP hat wenige Tage später das gleiche Unglück ereilt.
------------------------------------------------------------------------ Editiert: Die Partei heißt natürlich NDP (und nicht wie erst geschrieben NPD)
Zitat von ZettelUmso bedeutsamer sind die heutigen Wahlen, mit denen ich mich in dieser Folge der Serie befasse. Sie könnten ein erfolgreicher erster Schritt in die Demokratie sein. Ausgemacht aber ist das keineswegs.
Das Wahlergebnis wird nach einigen Quellen noch heute, nach anderen erst morgen erwartet.
Erste Ergebnisse laufen jetzt ein; man kann sie sich zum Beispiel beim französischsprachigen tunesischen Sender Radio Mosaique ansehen.
Natürlich sind das Einzelergebnisse aus Wahllokalen, in keiner Weise repräsentativ. Aber sie deuten doch bereits auf einen großen Sieg der Al-Nahda (dort als Ennahdha transkribiert) hin.
Die in den Ergebnislisten erwähnte Partei L'Initiative ist identisch mit der in meinem Artikel genannten Al Mubadara, einer Nachfolgepartei der RCD.
Zitat von ZettelErste Ergebnisse laufen jetzt ein; man kann sie sich zum Beispiel beim französischsprachigen tunesischen Sender Radio Mosaique ansehen.
Ich habe jetzt eine englischsprachige WebSite gefunden, die diese Resultate fortlaufend auswählt: Tunesia-live.net.
Dort hat man die bisher durchgesickerten Resultate zusammengefaßt. So wenig repräsentativ sie noch sind - es zeichnet sich ab, daß Al Nahda eher bei 40 bis 50 als bei den prognostizierten 20 bis 30 Prozent liegen dürfte. Absolute Mehrheit nicht ausgeschlossen.
Zitat von ZettelUmso bedeutsamer sind die heutigen Wahlen, mit denen ich mich in dieser Folge der Serie befasse. Sie könnten ein erfolgreicher erster Schritt in die Demokratie sein. Ausgemacht aber ist das keineswegs.
Die Informationen über die Quellen, aus denen man sich über den Fortgang der Auszählung informieren kann und die ich schon in diesem Thread genannt habe, sind jetzt in dieser Marginalie zusammengestellt.
Falls Sie vorhin die "heute"-Sendung aufmerksam verfolgt haben, dann sollten Sie eigentlich über die Behauptung gestolpert sein, "mehr als neunzig Prozent" der Wahlberechtigten hätten gesten abgestimmt.
Und auch bei SpOn ist die arabische Dämmerung eingekehrt:"Den Arabischen Frühling hatten sich viele anders vorgestellt."
Ja, es ist Herbst und die Islamisten fahren erwartungsgemäß die Ernte ein. Es gibt tatsächlich auch in Nordafrika Wähler, die weder facebook noch Twitter kennen und trotzdem ihr Kreuzchen machen. Eigentlich sollte das schon seit den Wahlen in Algerien im Winter 1991 bekannt sein, auch wenn diese vor dem Internetzeitalter lagen. Es soll allerdings auch in Deutschland noch Menschen, vornehmlich in Politik und Medien, geben, die Moscheen als Gotteshäuser vergleichbar mit den christlichen Kirchen sehen.
Erdogan:"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen bis wir am Ziel sind." und zitiert Ziya Gökalp: "Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten".
Nachtrag: Bei aller Freude über den arabische Frühlinsputz wurde die Türkei völlig aus den Augen verloren. Daniel Pipes holt das nach:
Zitat von Daniel PipesDas ist der Grund, dass ich die fehlgeleitete Türkei – zusammen mit iranischen Atomwaffen – als die größte Bedrohung der Region betrachte.
Die Entwicklungen in Tunesien Und Libyen passen zum allgemeinen Trend, bei aller Freude über den Sturz Gaddafis.
Eine erste Analyse auf der Grundlage der Ergebnisse der Auslands-Tunesier und der bisher durchgesickerten Ergebnisse aus Tunesien selbst.
Diese Analyse steht unter dem Vorbehalt, daß eine absolute Mehrheit der Ennahda derzeit noch keineswegs ausgeschlossen ist.
In Tunesien werden die Sitza auf der Basis der Wahlbezirke vergeben; vergleich den Landeslisten bei Bundestagswahlen. Die Wahlbezirke sind aber weitaus kleiner als unsere Bundesländer, was zu Verzerrungseffekten führen kann. Die Ennahda könnte in der Verfassungsgebenden Versammlung die absolute Mehrheit erreichen, auch wenn sei bei den Stimmen unter 50 Prozent bleibt. Dabei spielt auch eine Rolle, daß zahllose Mini-Parteien angetreten sind, deren Stimmen bei der Vergabe der Sitze unter den Tisch fallen.
Halten wir fest: Von den Auslandstunesiern (größtenteils im Westen wohnhaft) haben knapp 50% die Islamisten gewählt! Ein weiterer Teil der Stimmen ging an eine der größten islamistischen Partei nahestehende kleinere Partei, vermutlich ebenfalls Islamisten, sie konnten mehrere der 18 Sitze erringen.
Auch der eine in Deutschland zu vergebende Sitz ging an die Islamisten. Es gab unter den Tunesiern in Deutschland also zumindest eine relative Mehrheit für die Islamisten.
Durch die Tunesier im Ausland, die größtenteils in einer westlich, liberalen und säkularen Umgebung lebten, vielleicht sogar aufwuchsen, wurden somit mehr als die Hälfte der Sitze an Islamisten vergeben!
Zitat von ZettelDie Ennahda könnte in der Verfassungsgebenden Versammlung die absolute Mehrheit erreichen, auch wenn sei bei den Stimmen unter 50 Prozent bleibt.
Sollte es dazu kommen und das Wahlverhalten der Auslandstunesier unterscheidet sich nicht von dem der in Tunesien wählen gegangenen Stimmberechtigten, stellt sich für mich die Frage nach dem Warum? Ist es die auch im Westen bekannte Sehnsucht nach dem Wohlfartsstaat? Immerhin ist ein wichtiges Markenzeichen islamistischer Organisationen die Sozialarbeit. Oder ist es einfach nur die Größe und der Einfluss islamistischer Organisationen die durch finanzielle Hilfe aus dem Ausland eine viel bessere Außenwirkung herstellen können? Beschränkt sich der Wunsch nach mehr Freiheit auf ein Regimewechsel wenn der Despot nach Jahrzehnten beginnt Größenwahnsinnig zu werden? Oder liegt es an der mangelnden wirtschaftlichen Freiheit die diese Menschen erfolgreich daran hindert auch persönlich frei zu werden und sich nicht freiwillig die nächste Diktatur zu wählen? Warum beschreiten so wenig Menschen den Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit?
Zitat von ZettelFalls Sie vorhin die "heute"-Sendung aufmerksam verfolgt haben, dann sollten Sie eigentlich über die Behauptung gestolpert sein, "mehr als neunzig Prozent" der Wahlberechtigten hätten gesten abgestimmt.
Zitat von ZettelEine erste Analyse auf der Grundlage der Ergebnisse der Auslands-Tunesier und der bisher durchgesickerten Ergebnisse aus Tunesien selbst.
Inzwischen liegen auch die endgültigen Ergebnisse aus einigen Wahlbezirken in Tunesien selbst vor. Danach erlangt die Ennahda 16 von 33 bisher vergebenen Sitzen. Rechnet man die Partei Aridha Chaabia des ehemaligen Ennahda-Manns Hechmi Hamdi hinzu, die unerwartet stark abschnitt, dann haben die Islamisten 20 von 33 bisher vergebenen Mandaten gewonnen.
Zitat von lukasHerzlichen Glückwunsch, Zettel, Sie sind im Bildblog verlinkt.
Ja, lieber Lukas, ich habe das gemerkt, als die Zugriffszahlen sprunghaft stiegen.
Solche Links haben den Vorteil, daß potentielle Leser auch außerhalb der liberalen Blogosphäre auf ZR aufmerksam werden. Erfahrungsgemäß ist es so, daß dann an dem betreffenden Tag die Zahl der Leser steil ansteigt - wie auch anders - und danach wieder zurückgeht, aber auf ein höheres Niveau als zuvor. Ein Teil der so Gewonnenen bleibt sozusagen hängen.
Um das ein wenig zu befördern habe ich jetzt an den Artikel Hinweise auf die anderen Beiträge zu den Wahlen in Tunesien und auf die Serie "Aufruhr in Arabien" angefügt.
Zitat von Erling PlaetheWarum beschreiten so wenig Menschen den Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit?
Ja, das ist die Frage aller Fragen.
Vielleicht sollte man sie umgekehrt formulieren: Warum haben das so viele Menschen in Europa und Amerika vom Ende des 16. Jahrhunderts an getan, als das Dreigestirn Galilei, Descartes und Francis Bacon die Grundlagen für die Aufklärung legte?
Dieses Streben nach dem Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit ist ja eine historische Singularität; mit einer Parallele allenfalls in der griechischen Aufklärung des 5. und 4. vorchristlichen Jahrhunderts.
Ich fürchte, wir mißverstehen revolutionäre Bewegungen in anderen Kulturen, wenn wir sie in diese Tradition stellen. Der "arabische Frühling" war und ist ein Aufbegehren gegen den Sozialismus; dh die verkrusteten Spätformen des Arabischen Sozialismus. Also ein Aufbegehren gegen Armut und Unterdrückung.
Aber ich sehe wenig Streben nach Freiheit im Sinn der Aufklärung. Eine islamische Republik, in der es "gerecht" zugeht (wenn auch nach der Scharia) und in der man wegen Meckerei nicht gleich ins Gefängnis kommt; in der vor allem der Wohlstand wächst - ich könnte mir denken, daß es dies ist, was die meisten wollen. Sie schauen mit Neid und Ehrfurcht auf die Türkei Erdogans.
Pluralismus, Toleranz auch und gerade für Andersdenkende, die Autonomie des Individuums - ich glaube nicht, daß Ali der Basarhändler oder Aladin der Volksschullehrer damit viel anfangen können.
Nebenbei: Wie viele in Deutschland finden das wohl wichtig?
Die Aussage im vorletzten Satz ist aber auch etwas mißverständlich, da ja eben auch nicht-registrierte Wahlberechtigte an der Wahl teilgenommen haben könnten, wodurch sich eine höhere Wahlbeteiligung als 50-55% aller Wahlberechtigten ergeben würde.
Inzwischen liegt eine erste Projektion von Al Jazeera vor, nach der nun doch mit einer absoluten Mehrheit der Ennahda bei den Mandaten zu rechnen ist.
Die nächste Übergangsregierung wird demnach islamistisch geführt sein. Die Verfassung, die jetzt augearbeitet wird, dürfte die einer Islamischen Republik Tunesien werden.
Edit: Ich hatte zunächst eine falschen Text abgeschickt.
Nebenbei: Wie viele in Deutschland finden das wohl wichtig?
Genau darauf wollte ich hinaus. Aufzeigen dass die Unterschiede gar nicht so groß sind und deshalb so viele Tunesier im Westen wählen wie ihre Landsleute daheim. Der Sozialismus hat viele Gesichter und er macht abhängig. So viele Verbrecher haben schon mit sozialen Wohltaten Menschen "gekauft". Pablo Escobar war auch so ein "Wohltäter".
Die Aussage im vorletzten Satz ist aber auch etwas mißverständlich, da ja eben auch nicht-registrierte Wahlberechtigte an der Wahl teilgenommen haben könnten, wodurch sich eine höhere Wahlbeteiligung als 50-55% aller Wahlberechtigten ergeben würde.
Sie haben Recht: Vielleicht mißverständlich. Die beiden letzten Absätze lauten:
Zitat In die Wahllisten eingetragen nun haben sich 4,1 Millionen der über 7 Millionen Wahlberechtigten. Von diesen - und nicht von den Wahlberechtigten - haben rund 90 Prozent gestern abgestimmt; also ungefähr 3,7 Millionen von mehr als 7 Millionen wahlberechtigten Tunesiern.
Die Wahlbeteiligung lag folglich bei zwischen 50 und 55 Prozent. Nicht bei "mehr als 90 Prozent", wie es die "heute"-Sendung ihren Zuschauern weismachen wollte.
Das "folglich" sollte sich auf die Angabe der Wahlkommission beziehen, die 90 Prozent genannt hatte - aber eben der Registrierten, nicht der Wahlberechtigten.
Ob eine nennenswerte Zahl von nicht Registrierten von der Möglichkeit des Wählens Gebrauch gemacht hat, ist bisher nicht bekannt. Wenn ja, könnte die Wahlbeteiligung in der Tat höher ausfallen als 50 bis 55 Prozent; aber sie wird keinesfalls bei den vom ZDF behaupteten 90 Prozent liegen.
Wir werden das heute erfahren. Die Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses war für 16.00 Uhr Ortszeit, also 17.00 MEZ angekündigt. Es gibt aber Hinweise darauf, daß die Auszählung noch bis in den Abend hinein andauern könnte.
Zitat von ZettelDie Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses war für 16.00 Uhr Ortszeit, also 17.00 MEZ angekündigt. Es gibt aber Hinweise darauf, daß die Auszählung noch bis in den Abend hinein andauern könnte.
Wenn nicht noch länger.
Mit einer Stunde Verspätung, um 18.00 MEZ, hat in Tunis die Verkündung des Wahlergebnisses begonnen.
Vor dem Gebäude, in dem die Wahlkommission ISIE zur Pressekonferenz geladen hat, gibt es Proteste; unter anderem, weil Einschränkungen, was die Wahlpropaganda angeht, von bestimmten Parteien nicht befolgt worden seien.
Die ISIE hat klargestellt, daß solche Verstöße, sollte es sie gegeben haben, nicht zur Annulierung von Stimmen führen würden, sondern allenfalls zu anderen Sanktionen.
Von einem vorläufigen amtlichen Endergebnis ist man offenbar noch weit entfernt. Bisher sind 67 der 217 Mandate vergeben. Davon hat die Ennahda 29 errungen, die Menschenrechtspartei CPR 11 und die sozialdemokratische Ettakatol sowie die den Islamisten nahestehende Partei Aridha Chaabia je 8. Der Rest entfällt auf kleine Parteien.
Die lberale PDP, die vor den Wahlen als die zweitstärkste Kraft nach der Ennahda eingeschätzt worden war, hat bisher 3 Sitze gewonnen.
Über die Wahlbeteiligung scheint die ISIE noch keine Angaben gemacht zu haben.
tunesia-live.net nennt die Pressekonferenz "ziemliche enttäuschend".
Zitat von ZettelAber ich sehe wenig Streben nach Freiheit im Sinn der Aufklärung. Eine islamische Republik, in der es "gerecht" zugeht (wenn auch nach der Scharia) und in der man wegen Meckerei nicht gleich ins Gefängnis kommt; in der vor allem der Wohlstand wächst - ich könnte mir denken, daß es dies ist, was die meisten wollen. Sie schauen mit Neid und Ehrfurcht auf die Türkei Erdogans.
Pluralismus, Toleranz auch und gerade für Andersdenkende, die Autonomie des Individuums - ich glaube nicht, daß Ali der Basarhändler oder Aladin der Volksschullehrer damit viel anfangen können.
Lieber Zettel, nach meiner Meinung triffst du damit den Nagel auf den Kopf. Nehmen wir mal einen SPON-Artikel, der erkennbar vor allem die Aufgabe hat, alle "Arabischer Frühling"-Romantiker zu beruhigen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,793957,00.html
Darin können wir folgendes lesen:
Zitat von SPONDer Erfolg von Nahda ist auch eine Ohrfeige für die westlich geprägte tunesische Elite - ihre säkularen, linksliberalen Parteien erzielten teils verheerende Wahlergebnisse. Sie mussten feststellen, dass sie keinen Draht zur einfachen Landbevölkerung fanden, während Nahda in diesen Gebieten gewaltige Siege verzeichnete. Das lag zwar auch an der überlegenen Organisation und Finanzkraft von Nahda, die im ganzen Land Zehntausende von Mitgliedern hat und als einzige Partei Beobachter in alle Wahllokale entsenden konnte.
Das alleine sollte eigentlich schon ausreichen, sämtliche Mythen über diesen "arabischen Frühling" ad acta zu legen. Es ist völlig wurscht, wer protestiert hat, wenn die Entscheidung über das zukünftige Leben bei anderen liegt. Das haben die DDR-Bürgerrechtler erfahren müssen, und das lernt jetzt auch die "links-liberale" Bildungselite in den arabischen Ländern.
Und weiter:
Zitat von SPONUnd es ist gewiss: Der Islam wird in Tunesien in Zukunft größeres Gewicht erhalten. Schon seit der Revolution sieht man überall Kopftücher und Bärte, es gibt Berichte von Imamen, die aus der Moschee verjagt wurden, weil sie als zu liberal galten. Und als ein Privatsender eine Woche vor der Wahl den Zeichentrickfilm "Persepolis" zeigte, in dem Allah entgegen der islamischen Gebote als alter Mann zu sehen ist, kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.
'Nuff said? Nicht für politisch korrekte deutsche Qualitätsjournalisten:
Zitat von SPONAber Tunesien ist auch immer noch ein vergleichsweise liberales islamisches Land, seine Bevölkerung ist mehrheitlich konservativ, aber auch nicht streng gläubig und durchaus auch westlich beeinflusst. Es ist auch auf Touristen und Investoren angewiesen. Es kann sich nicht leisten, sie zu vergraulen.
Wer dieser Logik, die uns seit der iranischen Revolution nur allzu bekannt vorkommt, noch glaubt, der erhebe hier in "Zettels kleinem Zimmer" die Hand. Viele werden es wohl nicht sein.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Gerade habe ich mal die deutsche Zeitungslandschaft überflogen. Die Wahlen in Tunesien sind kein Thema! Mein heimisches Printmedium wiegelt ab: Islam sei nicht Islamismus...und Islamismus sei kein Fundamentalismus...
Die "Regierungs"parteien üben derweil den Dialog mit den Islamisten, ob Iran, ob Hamas, ob Muslimbrüder aus Ägypten Herr Stirner und Herr Polenz reden mit den "Partnern"
Die Sozialdemokraten wechseln auch ihre Partner. Statt Ben Ali und Mubarak (beide Parteien waren bis Januar 2011 in der Sozialistischen Internationale") wird halt die Fatah zum Freund (neben Sandinisten und Italiens Ex-KPI bzw. PDS)
Der SPD-Partner in Israel, Meretz (3%-Partei) ist allerdings auch Partner der LINKE, wird meistens von "unseren" GEZ-Auslandskorrespondenten als "liberal" bezeichnet.
Zitat von Zetteltunesia-live.net nennt die Pressekonferenz "ziemliche enttäuschend".
Auch am dritten Tag nach den Wahlen ist noch kein Ergebnis in Sicht; oder auch nur eine exakte Angabe über die Wahlbeteiligung.
Gegenwärtig sind laut tunisia-live.net 136 Sitze vergeben. Davon hat die Ennahda 56 bekommen.
Im Augenblick hat sie also nicht die absolute Mehrheit. Aber die fehlenden Stimmbezirke dürften überwiegend auf dem Land liegen, wo die Ennahda besonders stark ist. Es kann also immer noch zu einer absoluten Mehrheit reichen.
Zu der Partei Aridha Chaabia, dem Überraschungssieger, gibt es neue Informationen:
Ihr Gründer und starker Mann, der TV-Mogul Mohamed Hechmi Hamdi, gehörte zwar der Ennahda an; aber seiner Partei wird jetzt Nähe zum Regime von Ben Ali nachgesagt.
Ihr wird inzwischen auch eine Verletzung des Wahlrechts vorgeworfen. Etwas die Parteienfinanzierung Betreffendes; Genaueres scheint noch nicht bekannt zu sein. "Trouble appears to be brewing for Aridha Chaabia", meint tunesia-live.net; für diese Partei braue sich Ärger zusammen.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.