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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 11 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.11.2011 16:55
Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Wieder hat Erdogan bestätigt, wie er die Lage sieht: Es ist nicht so, daß Türken nach Deutschland einwandern, um, wie alle Einwanderer, die Identität ihrer neuen Heimat anzunehmen; wenn meist auch erst im Lauf von Generationen.

Sondern Erdogans Konzept ist das einer türkischen Besiedlung Deutschlands.

Er bezieht sich auf eine "sprachwissenschaftliche Erkenntnis". Allerdings gibt es in den USA die (unbewiesene) Theorie, daß die Kinder hispanischer Einwanderer besser Englisch lernen, wenn sie zunächst das Spanische beherrschen.

Aber das gilt eben für die Generation der Einwanderer und ihre Kinder. Langfristig ist es selbstverständlich auch in den USA das Ziel, daß jeder Amerikaner Englisch als Muttersprache hat.

lukas Offline



Beiträge: 261

02.11.2011 17:32
#2 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Kann man in ein Wort soviel hineininterpretieren, zumal in ein Wort, das wahrscheinlich von einem Übersetzer geschrieben wurde (oder gibt der türkische Ministerpräsident Interviews auf Deutsch?) Man muss kein Freund Erdoğans sein, um diese Exegese für fraglich zu halten.

Zumal Erdoğan sich in dem Interview noch ganz anderes leistet: Der Frage etwa, welche Fehler die türkischen Zuwanderer gemacht haben, weicht er schlicht aus (auch auf Nachfragen hin) und kritisiert dann munter die deutsche Politik und Gesellschaft weiter, als wäre die Frage nicht gestellt worden.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.11.2011 17:58
#3 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von lukas
Kann man in ein Wort soviel hineininterpretieren, zumal in ein Wort, das wahrscheinlich von einem Übersetzer geschrieben wurde (oder gibt der türkische Ministerpräsident Interviews auf Deutsch?)



Kontextlos nicht. In Kenntnis bisheriger Äußerungen Erdogans schon.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.11.2011 21:10
#4 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von lukas
Kann man in ein Wort soviel hineininterpretieren, zumal in ein Wort, das wahrscheinlich von einem Übersetzer geschrieben wurde (oder gibt der türkische Ministerpräsident Interviews auf Deutsch?) Man muss kein Freund ErdoÄŸans sein, um diese Exegese für fraglich zu halten.

Könnten Sie das a bisserl erläutern, lieber Lukas?

Mir scheint das, was Erdogan sagt, denkbar klar zu sein: Jedes Kind, dessen Vorfahren einmal aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, hat als Muttersprache Türkisch und soll diese beherrschen, bevor es Deutsch lernt.

Welche anderen Interpretationen des Wortlauts des Interviews sehen Sie?

Und welche andere Interpretation dessen, was Erdogan fordert, sehen Sie, als daß aus seiner Sicht alle Nachfahren türkischer Einwanderer primär eine türkische und erst in zweiter Linie eine deutsche Identität haben?

Herzlich, Zettel

lukas Offline



Beiträge: 261

02.11.2011 21:52
#5 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von Zettel
Mir scheint das, was Erdogan sagt, denkbar klar zu sein: Jedes Kind, dessen Vorfahren einmal aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, hat als Muttersprache Türkisch und soll diese beherrschen, bevor es Deutsch lernt.

Welche anderen Interpretationen des Wortlauts des Interviews sehen Sie?



Folgende: Wenn die Umgangssprache der Eltern und anderer Bezugspersonen Türkisch ist, so wird die Muttersprache, die "eigene Sprache" des Kindes Türkisch sein. Das muss sich nicht durch die Generationen fortpflanzen, denn das Kind kann später à l'américaine in einer deutschsprachigen peer group aufwachsen, Deutsch ebensogut lernen wie ein Muttersprachler, die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen und mit Partner und Nachwuchs Deutsch sprechen. Dann wäre dieser Mensch nicht mehr als Türke zu betrachten, wie Erdoğan ebenfalls zugibt (Ob er das ernsthaft meint, ist eine andere Sache.)

Wie gesagt, das scheint mir noch eine der harmloseren Aussagen in dem Interview zu sein.

C.K. Offline



Beiträge: 149

03.11.2011 13:08
#6 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Erdogan findet ja nun auch, dass es im Hinblick auf Verwandetennachzug angemessen ist von einer Menschenrechtsverletzung zu sprechen, wenn von den Nachziehenden die Kenntnis der deutschen Sprache verlangt wird. Vor diesem Hintergrund scheint mir Zettels Interprätation durchaus angemessen.

C. Offline




Beiträge: 2.639

03.11.2011 13:17
#7 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von C.K.
Erdogan findet ja nun auch, dass es im Hinblick auf Verwandetennachzug angemessen ist von einer Menschenrechtsverletzung zu sprechen, wenn von den Nachziehenden die Kenntnis der deutschen Sprache verlangt wird. Vor diesem Hintergrund scheint mir Zettels Interprätation durchaus angemessen.



Um Erdogans Vorstellung der türkisch-islamischen Kolonie in Deutschland nachhaltig zu gewährleisten, sind Doppelpass und Zuwanderung türkischer Muttersprachler ohne Deutschkenntnisse unbedingt erforderlich. Nur so ist sichergestellt, dass unverwässertes Türkisch als Erstsprache an die nächste Generation weitergegeben werden kann und die türkische Identität in der Kolonie gewahrt wird.

http://iceagenow.info

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.11.2011 13:23
#8 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von C.
Um Erdogans Vorstellung der türkisch-islamischen Kolonie in Deutschland nachhaltig zu gewährleisten, sind Doppelpass und Zuwanderung türkischer Muttersprachler ohne Deutschkenntnisse unbedingt erforderlich. Nur so ist sichergestellt, dass unverwässertes Türkisch als Erstsprache an die nächste Generation weitergegeben werden kann und die türkische Identität in der Kolonie gewahrt wird.

Das Konzept ist ja auch durchaus realistisch.

Erstens gibt es Vorbilder. Im Zarenreich zum Beispiel wurde kein Wert auf die Assimilierung der Untertanen gelegt. Sie sollten Steuern zahlen; das allein interessierte. Also blieben die Wolgadeutschen Deutsche usw. Erst die Kommunisten begannen mit dem Assimilieren.

Ebenso gibt es in Südamerika Länder, die wenig Wert auf Assimilation legen. In Paraguay zum Beispiel gibt es eine Kolonie von Mennoniten, in der seit Jahrhunderten Deutsch gesprochen wird.

Also es gibt Vorbilder. Und zweitens wagt ja in Deutschland kaum jemand, Erdogans Konzept zu kritisieren.

We want it, and we get it.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.11.2011 13:27
#9 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von Zettel
Ebenso gibt es in Südamerika Länder, die wenig Wert auf Assimilation legen. In Paraguay zum Beispiel gibt es eine Kolonie von Mennoniten, in der seit Jahrhunderten Deutsch gesprochen wird.

Nicht ganz. Ich habe jetzt nachgesehen: Fernheim wurde zwischen 1930 und 1932 gegründet.

C. Offline




Beiträge: 2.639

03.11.2011 13:56
#10 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von Zettel

Also es gibt Vorbilder. Und zweitens wagt ja in Deutschland kaum jemand, Erdogans Konzept zu kritisieren. Zitat:



Diesmal ist die gefühlte Qualitätsberichterstattung von WELT bis taz doch kritischer als zu erwarten war, besonders empfehlenswert von Deniz Yücel
Die Liberalisierung der Türkei ist ins Stocken geraten - Der falsche Anwalt für Deutschtürken

Zitat von Deniz Yücel
Erdogan aber hat mit seiner Tirade gegen die Assimilation als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" gezeigt, worum es ihm geht: Nicht die Rechte des Individuums zählen, es zählt die bedingungslose Zugehörigkeit des Einzelnen zu einem Kollektiv, dem "Türkentum", dem Islam, der keinen Austritt aus der Religionsgemeinschaft kennt.

http://iceagenow.info

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

03.11.2011 13:58
#11 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von Zettel
Erstens gibt es Vorbilder. Im Zarenreich zum Beispiel wurde kein Wert auf die Assimilierung der Untertanen gelegt. Sie sollten Steuern zahlen; das allein interessierte.


Mit fremdsprachigen, aber steuerzahlenden "Untertanen" hätte man hierzulande wahrscheinlich auch weniger Probleme (dann wahrscheinlich andere). Nur ist bei Erdogans gewünschten Kolonisten aber nicht zu erwarten, dass sie sich überhaupt selbst unterhalten können, geschweige denn auch noch einen Mehrwert für die Gesellschaft (und Regierung) erbringen.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich diesen ganzen Hype um 50 Jahre Anwerbeabkommen, und auch die bundesdeutsche Hofierung von Erdogan und "seinen" Leuten überhaupt nicht. Die bisherige Leistungsbilanz ist negativ, sie wird so anscheinend schon nicht besser, und sie wird es garantiert nicht, wenn man Erdogan und seiner selbsterklärten Gefolgschaft ständig das Kinn krault.

Beste Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011

C. Offline




Beiträge: 2.639

03.11.2011 16:16
#12 RE: Marginalie: Erdogans Sprache Antworten

Zitat von Calimero
Vor diesem Hintergrund verstehe ich diesen ganzen Hype um 50 Jahre Anwerbeabkommen



Ich verstehe nicht, warum der wikipedia-Artikel Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei bisher von einer kultursensiblen Bearbeitung verschont geblieben ist:

Zitat von wikipedia
Die Initiative zum Abschluss dieses Abkommens ging hierbei von der Türkei aus. Durch die Geldüberweisungen der Gastarbeiter in die Türkei sollte das Handelsbilanzdefizit der Türkei im Handel mit Deutschland durch Überschüsse in der Übertragungsbilanz kompensiert werden, um die türkische Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland gegenüber auszugleichen. ...
Zunächst reagierte die Bundesregierung zurückhaltend auf das Angebot. Arbeitsminister Theodor Blank lehnte das Angebot zunächst ab. Da er die kulturell-religiöse Distanz und mögliche aus dieser resultierende Konflikte als zu groß einschätzte, des Weiteren bestünde zunächst auch kein Bedarf an türkischen Arbeitskräften. da das Potenzial an deutschen Arbeitslosen aus strukturschwachen Regionen noch nicht hinreichend ausgeschöpft sei. ...
Aufgrund des außenpolitischen Drucks der USA, welche nach der geostrategisch motivierten Aufnahme der Türkei in die Nato dieses Land ökonomisch stabilisieren wollte, übernahm das bundesdeutsche Außenministerium, im Gegensatz zum ursprünglich zuständigen Arbeitsministerium die Verhandlungsführung mit der türkischen Republik. Bei Abschluss des Abkommens standen die außenpolitischen Ziele der Nato, sowie die innenpolitischen und wirtschaftlichen Ziele der Türkei im Vordergrund.



Wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann hätten die Feierlichkeiten in Ankara und Washington stattfinden müssen. Ich möchte es allerdings nicht so negativ sehen, denn zumindest wurde damit den Jahrgängen 1896 bis 1908 die Rente gesichert (Anwerbezeit von 1961-1973, Renteneintrittsalter 65 Jahre). Ansonsten scheint man schon damals recht locker mit Verträgen umgegangen zu sein ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen.

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