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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.11.2011 14:51
KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Die Bundesregierung will verstärkt in die Atomtechnologie investieren. Ja, Sie lesen richtig. Nur ist es die Fusionsenergie, die frühestens Mitte des Jahrhunderts serienreif sein wird.

Dann wird man, wenn alles gelingt, weltweit Fusionkraftwerke bauen. In Deutschland kaum, denn wo soll die Aussteigernation dann das Knowhow, wo die wissenschaftliche und technische Basis dafür hernehmen?

isildur Offline



Beiträge: 366

06.11.2011 18:11
#2 RE: KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Naja ganz rausgeworfen ist das Geld nicht, wenn auch wir in Zukunft günstige Energie beziehen können. Es ist für eine Technologie- und Ingenieurnation wie Deutschland natürlich trotzdem peinlich diese Technologie dann von Franzosen oder Japanern kaufen, warten und betreiben lassen zu müssen oder den Strom gleich aus Frankreich zu kaufen.
Vielleicht würde es sich gar lohnen gegen den Strom zu schwimmen und sich als Ingenieur in der Richtung zu vertiefen(die Möglichkeit besteht ja immer noch) aber was macht man bis es vielleicht einmal zu einem Durchbruch der Kernfusion kommt? AKWs zerlegen? Eine notwendige aber jetzt nicht so fesselnde Aufgabe(finde ich zumindest), bleibt wohl nur das Ausland wenn man sich dafür entscheidet und da gehen sie dann die Fachkräfte...


Ich bin mal gespannt wann Deutschland den Ausstieg aus den Verbrennungskraftmaschinen beschließt, irgendwie kriegen wir dieses Land schon kaputt...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.11.2011 18:48
#3 RE: KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Zitat von isildur
Naja ganz rausgeworfen ist das Geld nicht, wenn auch wir in Zukunft günstige Energie beziehen können.

Das stimmt zwar, lieber isildur. Aber da es ja dann die anderen sein werden, die von der Entwicklung der Fusionstechnologie profitieren, sollten sie auch deren Entwicklung bezahlen.

Ein Aspekt des deutschen "Ausstiegs", der meines Erachtens zu wenig gesehen wird, ist dieser: Die sogenannten erneuerbaren Energien sind technisch anspruchslos, verglichen mit der Kernenergie. Man braucht keine neue Grundlagenforschung, um die Dächer mit Sonnenkollektoren zuzupflastern. Auch das Prinzip der Windmühle ist schon längere Zeit bekannt. Aus Getreide Alkohol gewinnen konnte man schon vor zehntausend Jahren.

Das bedeutet, daß in Deutschland mit dem "Ausstieg" ein wichtiger Motor für die Grundlagenforschung abgestellt worden ist. Deutschland war in der Kerntechnik seit Jahrzehnten führend. Jetzt konkurrieren wir mit Ländern, die ebenso gut wie wir Solarpaneele bauen können und bald auch Windräder, von der Gewinnung von Ethanol aus Mais ganz zu schweigen.

Nur können sie es weit billiger als wir. Hinzu kommt, daß wir uns aus einer anderen Branche, die starke Rückwirkungen auf die Grundlagenforschung hat, so gut wie verabschiedet haben, aus der Gentechnologie. Forschung an embryonalen Stammzellen ist in Deutschland auch nur noch unter weit schlechteren Bedingungen möglich als bei vielen unserer Konkurrenten.

So bereitet Deutschland zielsicher Schritt für Schritt seinen Niedergang vor. Und wir können sagen, wir sind dabeigewesen.

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

06.11.2011 19:48
#4 RE: KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Zitat
"Man braucht keine neue Grundlagenforschung, um die Dächer mit Sonnenkollektoren zuzupflastern."

Um effektive PV-Filme zu entwickeln, allerdings schon; es fragt sich allerdings, ob dies in Fragen der Sonnenenergie, die ohne die marktverzerrenden Fehlanreize der Einspeisevergütung in unseren Breiten nur eine Nischentechnologie darstellen kann, von großem Gewicht sein kann.
Bei den avisierten 50 Jahren für die Kernfusion, "bis Strom geliefert werden kann", handelt es sich de facto um optimistische Durchhalteparolen; Zyniker haben schon vor Jahrzehnten angemerkt, daß der Horizont für die Machbarkeit dieser Technologie seit 1958, als die ersten Forschungsprogramme dafür aufgelegt wurden, stets ein halbes Jahrhundert in der Zukunft lag. Bei den letzten Querelen um Standort und Finanzierung des ITER vor einigen Jahren wurde die Mitte des Jahrhunderts als Sichtmarke für die erste stabile, lang laufende Fusionsreaktion gehandelt ("lang" bedeutet hier mehrere Stunden oder Tage; von Jahrzehnten, die für "die Praxis" wohl unabdingbar wären, spricht noch niemand); das erste praktisch nutzbare Kraftwerk auf dieser Basis wurde für das Jahrhundertende avisiert. Dergeichen Zahlen haben im wirklichen Leben nicht den Wert von Kaffeesatzausdeutungen; in der politischen Arena dürfte es nichts als "window dressing" sein, mit dem "1 Experte" eine entsprechende Zeitungsmeldung dekoriert, vergleichbar gefälligen Konterfeis des Politpersonals mit Kindern & Kleintieren.
Es gibt gute Gründe, den Aussichten auf Atomfusion unter irdischen Bedingungen höchst skeptisch gegenüberzustehen. Zwar bringt das Universum Fusionsreaktoren (auch "Sterne" genannt) in astronomischer Zahl hervor; aber dort können die Verantwortlichen auch größere Maßstäbe anlegen: Um einen Stern hervorzubringen, muß nur eine genügende Menge an Gas - zwischen 70-120 Jupitermassen müssen übrigbleiben - unter der eigenen Schwerkraft zusammenfallen, um sich im Inneren auf die nötige Temperatur von 10-20 Millionen Grad zu erhitzen; auf Erden muß diese Temperatur beständig durch Magnetfelder, die das Plasma komprimieren,künstlich erzeugt werden. Außerdem liegt die Zündtemperatur gut 5-10 höher, bei gut 100 Millionen Grad, da die bescheidene Menge des heißen Plasmas keine Neutronen einfängt, die in Sternen nach sehr kurzer Zeit von anderen Kerne absorbiert werden und kaskadenartig die Reaktion weitergeben. Es gibt Durchrechungen, daß sich durch eine etwa 3-prozentige Anreicherung des Zündplasmas mit Wasserstoff-3 (Tritium) diese Temperatur um die Hälfte senken läßt(auf vermutete Tritium-Vorkommen beziehen sich die Vermischten Nachrichten, die seit einiger Zeit über "Wasserstoff auf dem Mond / Energiehoffnung für die Erde" fabulieren). Für die Erprobung der Praxistauglichkeit solcher Varianten braucht man eben Versuchsanordnungen wie den ITER.
Ein weiteres, völlig ungeklärtes Feld ist, wie das Plasma durch das durch die Fusion entstehende Helium "verschmutzt" wird oder die Reaktorwände durch den intensiven Neuronenbeschuß korrodieren - beides dürfte zum Zusammenbruch der Reaktion führen.
Unter diesen Auspizien sind alle Gelder, die in die Fusionsforschung investiert werden, aussmahmslos Grundlagenforschung ohne Aussicht auf eine Rendite. Als politischer "talking point" könnte sich das allerdings ausschlachten lassen: man läuft durch solche Förderungen nicht Gefahr, der bösen Energiewirtschaft irgendwie nützlich zu sein. International ist es auch; zudem ein Großprojekt, das - hoffentlich - einmal photogen ist. Ein vergleichbarer Fall ist die Internationale Raumstation ISS, deren Nutzen ebenfalls auf recht genau Null taxiert werden kann; dass die Baukosten von gut 200 Milliarden €€/$$ zur Hälfte von der ESA (und damit zu gut einem Viertel von Deutschland) aufgebracht worden sind, hat in der öffentlichen Arena noch nie jemanden interessiert. Andereseits sind mittlerweile auch Beiträge von unter einer halben Billion als "peanuts" zu verbuchen.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

06.11.2011 20:27
#5 RE: KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Zitat von Zettel
Die Bundesregierung will verstärkt in die Atomtechnologie investieren. Ja, Sie lesen richtig. Nur ist es die Fusionsenergie, die frühestens Mitte des Jahrhunderts serienreif sein wird.

Dann wird man, wenn alles gelingt, weltweit Fusionkraftwerke bauen. In Deutschland kaum, denn wo soll die Aussteigernation dann das Knowhow, wo die wissenschaftliche und technische Basis dafür hernehmen?



Ehrlich gesagt kann ich hier die Verbindung Kerntechnik-Fusionstechnik nicht ganz nachvollziehen. Zum Bau eines Kernkraftwerks werden völlig andere Talente benötigt als (voraussichtlich!) zur Entwicklung eines Fusionskraftwerks. Nicht umsonst sind die Institute, die daran forschen, auch komplett andere.

Der Kardinalfehler in der Fusionsforschung war sicher die politische Verzögerung der Mittel für den ITER nach dem Bau des JET um etwa 20 Jahre. Das hat uns eine ganze Generation Plasmaphysiker gekostet. Und ehrlich gesagt kann ich es bis heute nicht nachvollziehen, warum es für ITER unbedingt die große internationale Gemeinschaft sein musste. Die Investitionen sind jetzt nicht so dramatisch groß, dass es sich ein Land wie Deutschland nicht hätte leisten können, das selbst durchzuziehen. Im kleinen Maßstab hat man das ja mit dem Wendelstein 7-X auch getan, aber der arbeitet nach einem ganz anderen Prinzip.

Letztlich tendiere ich mittlerweile jedoch auch dazu, die Fusionstechnologie für verzichtbar zu halten. Die Kernspaltungstechnologie hat inzwischen derartige Potenziale offenbart - sowohl was die Lösung des Abfallproblems als auch was die Langfristigkeit des verfügbaren "Brenn"stoffs angeht - dass sie gut genug ist, um die Energieprobleme der Menschheit nachhaltig zu lösen. Und zwar zu Preisen, die Fusionsfans ihrer Technologie eher nicht zutrauen.

Nicht vergessen sollte man auch das Thema "Polywell Fusion". Ich verfolge diese Entwicklung so gut es geht seit vielen Jahren, und man scheint dort stetige Fortschritte zu machen. Technologisch hätte diese Variante viele Vorteile gegenüber dem Tokamak, wo doch noch viele Fragen offen sind.

Gruß,
hubersn

Alreech Offline



Beiträge: 50

07.11.2011 22:28
#6 RE: KKK: Blechen für Iter? Ja, warum denn? Antworten

Zitat von Zettel
Ein Aspekt des deutschen "Ausstiegs", der meines Erachtens zu wenig gesehen wird, ist dieser: Die sogenannten erneuerbaren Energien sind technisch anspruchslos, verglichen mit der Kernenergie. Man braucht keine neue Grundlagenforschung, um die Dächer mit Sonnenkollektoren zuzupflastern. Auch das Prinzip der Windmühle ist schon längere Zeit bekannt. Aus Getreide Alkohol gewinnen konnte man schon vor zehntausend Jahren.


Solarzellen auf Siliziumbasis erreichen momentan unter Laborbedingungen einen Wirkungsgrad von 21%. Dünnschicht-Solarzellen auf Basis von Kupfer-Indium-(Gallium)-Schwefel-Selen erreichen unter Laborbedingungen ähnliche Wirkungsgrade.
Um diese hohen Wirkungsgrade auch ausserhalb des Labors zu erzielen ist durchaus Forschung nötig, und an diesen Forschungen beteiligen sich auch deutsche Institute und Hochschulen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fraunhofer-..._Energiesysteme

Solarzellen auf Siliziumbasis sind teuer. Dünnere Wafer und das Ersetzen der durch Siebdruck aufgebrachten Silberpaste durch dünnere Kontaktfinger aus Kupfer sind viel versprechende Ansätze um diese Bauform billiger zu machen. Neben klassischen Ingenieursaufgaben (Optimierung der Anlagen für dünnere Wafer ) ist hier auch Grundlagenforschung nötig -> Kupferdiffusion im Silizium, Schichtsystem um diese zu verhindern.

Bei Dünnschichtzellen geht es darum die bislang eingesetzte Technologie des Aufdampfens so zu optimieren das hohen Stückzahlen möglich werden oder sie durch andere Technologien - wie Elektrochemische Abscheidung - zu ersetzen.

Natürlich ist es Blödsinn wie in Deutschland die AKWs abgestellt wurden... aber Windkraft und Solarzellen bieten durchaus interessante Marktchancen.
Weniger in Europa, als vielmehr in den Entwicklungsländern in denen es noch keine zuverlässigen Stromnetze gibt.
Wer es sich leisten kann, schafft in diesen Ländern häufig einen mit Diesel oder Benzin betriebenen Generator an.
Bei sinkenden Preisen für Solarmodule sind diese eine Alternative zu Generatoren.

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