Wenn man den dafür geeigneten Charakter hat, dann kann man das, was für jeden auf der Hand liegt, einfach abstreiten. Konsequent, beharrlich; und man kann damit durchkommen. Intelligenz gehört natürlich auch dazu. Reineke hatte beides.
Ich sehe kaum noch Talkshows, bin aber gestern eher zufällig in die von Anne Will geraten. Das war nicht schlecht, weil sich da drei zynische Medienprofis trafen - Jörges, Bolz, Spreng - und Klartext redeten.
Wo außer in diesem schönen Forum könnte man noch einen solchen Vergleich bringen und sich darauf verlassen, daß die meisten Leser "Reineke Fuchs" kennen und damit die Anspielung verstehen?
Guttenberg erinnert mich im Moment eher an den eitlen Raben, der von den Medienfüchsen gebeten wird seine schöne Stimme erklingen zu lassen. Ich verstehe trotzdem auch nach duzenden von Artikeln und Forumsbeiträgen nicht mit welcher Ausdauer KTzG medial verfolgt wird. Er war ein schlechter Minister, aber dass ist offensichtlich nicht der Grund. Mir scheint eher, dass sich die deutsche Elite von links bis rechts darin einig ist, dass eine Promotionsordnung in ihrer Bedeutung höchstens noch mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen ist. Sonst würden ganz andere Politiker durchs mediale Dorf gejagt.
Zitat von R.A.Wo außer in diesem schönen Forum könnte man noch einen solchen Vergleich bringen und sich darauf verlassen, daß die meisten Leser "Reineke Fuchs" kennen und damit die Anspielung verstehen?
Zitat Herr! es ist wahr, man hat mich verklagt, ich werde nicht weichen, Denn ich muß nun hindurch, und also sei es gesprochen: Ist hier einer, der glaubt zu beweisen, so komm er mit Zeugen, Halte sich fest an die Sache und setze gerichtlich zum Pfande Sein Vermögen, sein Ohr, sein Leben, wenn er verlöre, Und ich setze das gleiche dagegen: so hat es zu Rechte Stets gegolten, so halte man's noch, und alle die Sache, Wie man sie für und wider gesprochen, sie werde getreulich Solcherweise geführt und gerichtet; ich darf es verlangen!
Zitat von Jim Er war ein schlechter Minister, aber dass ist offensichtlich nicht der Grund. Mir scheint eher, dass sich die deutsche Elite von links bis rechts darin einig ist, dass eine Promotionsordnung in ihrer Bedeutung höchstens noch mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen ist.
Ich will, lieber Jim, nicht die Motive anderer bewerten, sondern sagen, warum mich selbst das Verhalten Guttenbergs so empört:
Wissenschaft basiert auf Vertrauen. Ich habe Dutzende von Dissertationen betreut und niemals nachgeprüft, ob jemand nicht vielleicht betrogen hat. (In einer Naturwissenschaft wäre das weniger das Plagiat als das schlichte Fälschen oder Erfinden von Daten).
So etwas gibt es einfach nicht; so etwas macht niemand, der einen Funken Anstand hat.
Man muß anderen Menschen vertrauen können. Wer das nicht tut, der ist paranoid. Und wenn dieses Vertrauen mißbraucht wird, dann reagiert man so wie beispielsweise die Professoren der Uni Bayreuth (oder wie gestern bei Anne Will der Professor Norbert Bolz, der seine Empörtheit so wenig verbarg, wie ich das tue).
Guttenberg ließ nun nicht nur durch seine Plagiate jeden Anstand vermissen; sondern er setzt wieder und wieder einen drauf, indem er sich herauszureden versucht. Das steigert die Empörtheit, wie anders.
"Mindestens 80 Datenträger"! Das soll den Eindruck erwecken, der arme Autor sei überfordert gewesen.
Ja, mein erster PC (der Schneider Joyce) hatte auch keine Festplatte, und da füllte jeder längere Text zahlreiche Disketten. Gerade damals war es unabdingbar, Ordnung zu halten. Die Behauptung, daß dadurch versehentliche Plagiate en masse entstanden seien, ist lachhaft.
Das ist alles schon wie bei Reineke Fuchs. Ich möchten Ihnen den wunderbaren Text Goethes empfehlen, auch wenn er etwas lang ist.
Wie Reineke sich immer wieder herauswindet, das ist nicht nur schön zu lesen, weil Goethes Verse so gut sind. Sondern es ist auch lehrreich. Reineke scheint mir so etwas wie ein universaler Typus zu sein. Solche Menschen gibt es eben; es wird sie vermutlich immer geben.
Ihr Erfolg basiert darauf, daß die anderen ihnen die Dreistigkeit nicht zutrauen, mit der sie agieren. Sie kommen deshalb oft durch.
Am Rande bemerkt: Werbeeinschaltung, während ich einen der Beiträge zu Reineke Fuchs las: Jetzt einen Anwalt fragen! Beim nächsten Klick: Fragen sie einen Tierarzt!
Herr von G erinnert mich an gewisse Personen, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe: Aus alten Familien stammend, verstehen sie es, zu glänzen (wenn nötig mit hochpoliertem Tafelsilber aus der Familienschatulle). Es fehlt ihnen an nichts, denn in "ihren Kreisen" empfiehlt man sich gegenseitig weiter, und wenn man noch so wenig qualifiziert ist, und besetzt so Posten, die für wirklich Qualifiziert außerhalb ihrer Kreise nicht offen sind. Zum Schaden der Allgemeinheit.
Herr von G hätte, so er denn Charakter besäße, sich auf Jahre vor Scham aus der Öffentlichkeit halten müssen und im Stillen Buße tun, für das was er getan hat. Er scheint aber mit dem hohen Ross auf ewig verschweißt zu sein.
Zu guter Letzt möchte ich anmerken, dass Herr von G scheinbar wohl auch die Herren Professoren geblendet zu haben scheint. Sie gehörten gefedert und geteert.
Zitat von JimGuttenberg erinnert mich im Moment eher an den eitlen Raben, der von den Medienfüchsen gebeten wird seine schöne Stimme erklingen zu lassen. Ich verstehe trotzdem auch nach duzenden von Artikeln und Forumsbeiträgen nicht mit welcher Ausdauer KTzG medial verfolgt wird.
Zu meinem Verständnis: wird er jetzt medial verfolgt oder gebeten seine schöne Stimme erklingen zu lassen?
Ansonsten beschreibt Guttenberg hervorragend selbst, warum er in der Kritik steht.
Guttenberg: "Wenn ich die Absicht gehabt hätte, zu täuschen, dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt, wie es an einigen Stellen dieser Arbeit der Fall ist."
Frei übersetzt, ich bin im wahren Leben ein Idiot, aber wenn es ums Täuschen geht macht mir niemand was vor. Das ist zwar Realsatire, aber konsequent.
Zitat von C.Ansonsten beschreibt Guttenberg hervorragend selbst, warum er in der Kritik steht.
Guttenberg: "Wenn ich die Absicht gehabt hätte, zu täuschen, dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt, wie es an einigen Stellen dieser Arbeit der Fall ist."
Frei übersetzt, ich bin im wahren Leben ein Idiot, aber wenn es ums Täuschen geht macht mir niemand was vor. Das ist zwar Realsatire, aber konsequent.
Ich will zu Guttenberg nicht wirklich verteidigen, aber seine Äußerung läßt sich auch etwas benevolenter übersetzen:
Zitat von zu Guttenberg, übersetzt von DrNickWenn es mir nur darum gegangen wäre, möglichst schnell promoviert zu werden, ohne dabei ernsthafte Forschung zu betreiben, warum sollte ich wissentlich das Risiko eingehen, bei einem echten Plagiat erwischt zu werden. Ich hätte doch ebenso gut eine normale Pseudo-Dissertation abgeben können, die zu 90% aus langen Paraphrasen und größeren Blockzitaten besteht, keinen einzigen eigenen Gedanken enthält und die von einem wohlwollenden Prüfer trotzdem noch mit "magna cum laude" bewertet wird.
Das ist auch der Grund, warum ich seine Geschichte zumindest nicht für völlig abwegig halte: Wer meint, daß die Plagiate in einer solchen Collage nicht entdeckt werden, muß dumm sein; KTzG ist aber nicht dumm; also muß es sich um ein Versehen handeln.
Zitat von DrNick Wer meint, daß die Plagiate in einer solchen Collage nicht entdeckt werden, muß dumm sein; KTzG ist aber nicht dumm; also muß es sich um ein Versehen handeln.
Gegenargument, lieber DrNick: Er ist aber auch nicht dement. Keinem noch so dummen Studenten würde ich abnehmen, daß er beispielsweise die ersten Absätze seiner Magisterarbeit aus der Zeitung abgeschrieben und das dann vergessen hat. Würden Sie das jemandem abnehmen? Würden Sie ihn nicht hochkant aus dem Büro werfen, weil er so dreist lügt?
Es kann doch nicht sein, daß Guttenberg bei buchstäblich Hunderten von Zitaten vergessen hat, sie als solche zu kennzeichnen. Das ist so wahrscheinlich, wie daß Gregor Gysi nie mit dem MfS zusammengearbeitet hat.
Aber "bitte, beweist mir das Gegenteil". Hat Reineke Fuchs gesagt. Sagen jetzt die beiden. Es ist Chuzpe.
Es gibt aus meiner Sicht nur zwei einigermaßen schlüssige Erklärungen. Die erste lautete, daß Guttenberg einfach nicht damit gerechnet hat, daß irgendwer seine Diss nachprüfen würde. Er hat - nach dieser Erklärung - darauf vertraut, daß man ihm vertrauen würde.
Es ist ja auch lange gutgegangen; es hätte immer gutgehen können. Dreistigkeit basiert darauf, daß der Dreiste von den anderen erwartet, daß sie sich schlicht nicht vorstellen können, daß jemand so dreist ist.
Das würde zu der Art passen, wie Guttenberg sich in den Fällen Kunduz und Gorch Fock verhalten hat. Er hat darauf vertraut, daß man ihm als dem Minister eher glauben würde als den Untergebenen, die er geopfert hat, um sich selbst zu retten. Das war absolut skrupellos, aber es gelang; jedenfalls damals vorerst.
Die zweite Erklärung ist die, die mir nach wie vor am Schlüssigsten erscheint - nur fehlen dafür alle Belege:
Er hat die Dissertation schreiben lassen. Er hat einem Ghostwriter gutes Geld gezahlt und erwartet, daß er dafür Qualität erwirbt. Aber man hat ihm diesen Schrott geliefert.
Zitat von ZettelGegenargument, lieber DrNick: Er ist aber auch nicht dement. Keinem noch so dummen Studenten würde ich abnehmen, daß er beispielsweise die ersten Absätze seiner Magisterarbeit aus der Zeitung abgeschrieben und das dann vergessen hat. Würden Sie das jemandem abnehmen? Würden Sie ihn nicht hochkant aus dem Büro werfen, weil er so dreist lügt?
Allgemein würde ich ich das niemandem abnehmen, lieber Zettel. Mein Problem ist nur, daß ich einen Widerspruch sehe zwischen der Dummdreistigkeit des mutaßlichen Plagiats und der Tatsache, daß KTzG sicher kein dummer Mensch ist. Und ich bin mir nicht sicher, wie man den Widerspruch vernünftig auflösen kann.
Zitat von ZettelEs gibt aus meiner Sicht nur zwei einigermaßen schlüssige Erklärungen. Die erste lautete, daß Guttenberg einfach nicht damit gerechnet hat, daß irgendwer seine Diss nachprüfen würde. Er hat - nach dieser Erklärung - darauf vertraut, daß man ihm vertrauen würde.
Das erscheint mir sehr unwahrscheinlich, weil er seine Dissertation ja zu einer Zeit verfaßt, in der er schon auf eine politische Karriere hingearbeitet hat. Ihm muß doch klar gewesen sein, daß die Dissertationen prominenter Politiker von jemandem, der dem Politiker nicht unbedingt etwas Gutes will, auch einmal gelesen werden (vgl. "Dünnbrettbohrer in Bonn").
Zitat von ZettelDie zweite Erklärung ist die, die mir nach wie vor am Schlüssigsten erscheint - nur fehlen dafür alle Belege:
Er hat die Dissertation schreiben lassen. Er hat einem Ghostwriter gutes Geld gezahlt und erwartet, daß er dafür Qualität erwirbt. Aber man hat ihm diesen Schrott geliefert.
Direkte Belege gibt es dafür in der Tat nicht, aber wir können ja dem Motto eines bekannten Detektivs folgen:
Zitat von Sherlock HolmesHow often have I said to you that when you have eliminated the impossible, whatever remains, however improbable, must be the truth?
Zitat von ZettelGegenargument, lieber DrNick: Er ist aber auch nicht dement. Keinem noch so dummen Studenten würde ich abnehmen, daß er beispielsweise die ersten Absätze seiner Magisterarbeit aus der Zeitung abgeschrieben und das dann vergessen hat. Würden Sie das jemandem abnehmen? Würden Sie ihn nicht hochkant aus dem Büro werfen, weil er so dreist lügt?
Allgemein würde ich ich das niemandem abnehmen, lieber Zettel. Mein Problem ist nur, daß ich einen Widerspruch sehe zwischen der Dummdreistigkeit des mutaßlichen Plagiats und der Tatsache, daß KTzG sicher kein dummer Mensch ist. Und ich bin mir nicht sicher, wie man den Widerspruch vernünftig auflösen kann.
Vielleicht hilft eine Analogie weiter?
Mich hat der Fall Stapel sehr interessiert. Wie konnte jemand so schamlos fälschen? Stapel ist wahrscheinlich nicht dümmer als Guttenberg. Es war abzusehen, daß er irgendwann auffliegen würde.
Dreistigkeit ist vielleicht rational nicht erklärbar. Ich kann mich aus meiner Schulzeit an einen Mitschüler erinnern, der dreist gelogen hat. Er war hochintelligent. Stapel ist nach dem, was bekannt ist, hochintelligent. Was hat ihn zum Betrüger gemacht?
Ähnlich wie Guttenberg jammert er herum. Guttenberg war angeblich überfordert, Stapel war es, wie er behauptet.
Das gehört, so scheint mir, zu diesem Reineke-Fuchs-Syndrom. Auch Reineke stellt sich weinerlich als ein Opfer dar.
Zitat Er hat die Dissertation schreiben lassen. Er hat einem Ghostwriter gutes Geld gezahlt und erwartet, daß er dafür Qualität erwirbt. Aber man hat ihm diesen Schrott geliefert.
Ich glaube diese Geschichte, mit einer etwas anderen Pointe.
Guttenberg hat - soweit ist seine Wahrheit wahr - eine Collage an Sammelstücken gehabt, die einmal eine Diss werden sollte. Nach dem, was ich gelesen habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass selbst eine "richtige" Diss zu diesem Thema der große Wurf geworden wäre. Deswegen konnte auch Guttenberg, offensichtlich ja nicht der beste Student im Seminar, diese Arbeit überhaupt angehen.
Mit diesem Wust an "Ideen" - im Grunde nur schon einmal gedachte Gedanken über die er beim Zeitungslesen gestolpert ist - suchte er sich dann jemanden, der daraus eine Diss zimmert. Er konnte es nicht und würde es auch zeitlich nicht schaffen. Also musste ein Ghostwriter her.
Es konnte aber niemand vom "Markt" sein. Der hätte mit der Geschichte ein Vermögen machen können. Weil er Guttenberg immer mehr für die Arbeit bezahlen lässt oder weil er die ganze Geschichte dem Spiegel steckt.
Also jemand, den Guttenberg ohnehin schon "in der Hand" hatte. Dazu ein Einschub. Im Laufe meiner Studien- und Dissertationszeit bin ich oft darauf gestoßen, dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestags, die Planungsausschüsse und unteren Behördenebenen in Grundsatzpapieren wortwörtlich aus Papieren und Literatur zitierten, die zu meinem Forschungsthema schon geschrieben wurden. Belege fehlten abeer ich konnte meinen Doktorvater in ganzen Absätzen wortwörtlich wieder erkennen.
Also, meine These (und eine wilde Spekulation, freilich), Guttenberg hat sich einen der Juristen aus seinem Umfeld zur Brust genommen und ihm für den "üblichen Preis" seine Ideen zur Diss überlassen. Er konnte sich das leisten weil er wusste, dass man in Bayreuth nicht so genau hinschauen würde (leider ja, die Differenz zwischen einem "cum laude" und dem, was die Arbeit tatsächlich Wert war ist zu groß, als dass man die Uni hier herausnehmen könnte). Er konnte es auch, weil er wusste, dass er den Ghostwriter selbst wenn die Sache auffliegt noch mit in den Abgrund reißen könnte. Und er wusste, dass ein solcher "Auftragsschreiber" selbst ein über das Geld hinausgehendes Interesse hätte, dass die Sache für Guttenberg gut ausgeht.
Am Ende hat Guttenberg die Arbeit noch einmal zurrechtgekarlt, Formulierungen geändert, Sätze begradigt. Er hat abgegeben, den Doktor vor den Namen gesetzt, veröffentlicht und sicher auch gehofft, dass man ihm den Titel "en passant" abnimmt. Wer hätte ernsthaft vor der Affaire gewusst, ob und wann Guttenberg promoviert wurde?
Guttenbergs Henker war Fischer-Locarno, der aus politischem Interesse genauer hinschaute und die Wissenschaftliche Gemeinschaft, die einen solchen Fall nicht durchgehen lässt. Von ersterem hatte er wohl nie etwas gehört und dass sich Guttenberg beim Thema "Wissenschaft" völlig verschätzen konnte, hoffe ich, glaube nicht nur ich.
In der Bundeshauptstadt gewinnt eine Partei mehrere Sitze im Abgeordnetenhaus, die das Urheberrecht und geistiges Eigentum einen "Kampfbegriff der Verwertungsindustrie" nennt und für diese und andere Positionen den Applaus des linksliberalen Mainstreams bekommt. Eine evangelische Bischöfin "erschrickt" über einen "Fehler", tritt nach ein paar Tagen von allen Ämtern zuück und stürmt mit einem Buch die Bestseller-Listen. Sie war alkoholosiert Auto gefahren und dabei erwischt worden. Zum Glück kam bei der Alkoholfahrt niemand zu Schaden! Potentiell aber hätte eine Fahrt mit solch hoher Alkoholkonzentration auch böse enden können. Ab 2012 wird Sie „Botschafterin für das Reformationsjubiläum im Jahre 2017“ der EKD.
Und dann gibt es da einen jungen Abgeordneten, der die Charts der Politik erstürmt hat und dann zurücktreten musste, weil er seine Dissertation schlampig erstellt hatte und fremde Inhalte nicht hinreichend gekennzeichnet hat. Rücktritt, Exil und nun ein Buch darüber.
Zettel mag ich zu Gute halten, dass er erstere ("Die Piraten") lieber in alter seemännischer Tradition an der nächsten Rah aufknöpfen würde (im übertragenen Sinne) und dass er zweiterer das zu Asche kriechen nicht abnimmt und daher seine Kritik an zu Guttenberg authentisch und plausibel ist.
Weil hier bürgerliche über einen adeligen urteilen? Weil die Welt der ehemals Herrschenden (Adel, Klerus, Grossbürgertum aus Geldadel) der heute herrschenden Schicht ('Die Mittelschicht') fremd geblieben ist? Wenn man keinen Klein- oder Wütbürgerlichen Hintergrund hat, wenn man sich nicht über Bildung nach oben gearbeitet hat, braucht man nicht in die Politik gehen?
Die "Ghostwriter" Geschichte erscheint mir nicht plausibel: Meine These ist die "Hauptsache einen Titel" - Story:
In vielen Disziplinen gehört der Titel irgendwie dazu: Jura, Medizin, beratende Berufe. Ob es besonders wissenschaftlich ist, spielt hinterher keine grosse Rolle mehr. Wichtig ist, dass man die zwei Buchstaben auf Visitenkarte und Kanzleitürschild drucken kann. Als Prädikat auch gerne Summ-cum-Laude.
Um die Dissertation herum entsteht also ein Graubereich: Der Kandidat 'bastelt irgendwie' eine Arbeit zusammen: Zu einem Exotenthema (Wie waren die Berichte zur Promotion in Medizingeschichte, welche als Medizinische Promotion durchging?), in kürzester Zeit (in wenigen Monaten, in denen man sich frei nimmt und eine Diss herunterschreibt) oder berufsbegleitend, indem aus der Loseblattsammlung zum Thema etwas entsteht, was halt auch durchgeht.
Die Professoren schauen nicht ganz so genau hin, wollen dem Kandidaten die Karriere nicht mit Kleinigkeiten verbauen oder sind ganz dankbar, wenn Sie ihre Promotionsquote hoch halten können.
Zitat von DagnyIm Tagesspiegel aber die Frage, warum man den ersteren das Verhalten durchgehen lässt, zu Guttenberg aber besonders kritisch sieht:
Überzeugt mich nicht. Bei zu Guttenberg geht es um die inkorrekte Zuschreibung fremder Leistungen als eigene. Bei den Piraten geht es darum, fremde Leistungen zu verwerten, ohne zu bezahlen. Die Piraten wollen ja nicht Musik von irgendwelchen Chartsternchen als ihre eigene ausgeben, sondern sie nur unentgeltlich weiterverbreiten. Während zu Guttenberg nichts raubkopiert hat. Das sind zwei grundverschiedene Gesichtspunkte, die sinnloserweise gemeinsam unter das Urheberrecht fallen.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Jim Ich verstehe trotzdem auch nach duzenden von Artikeln und Forumsbeiträgen nicht mit welcher Ausdauer KTzG medial verfolgt wird.
Der Grund hat ja auch nichts mit der Ursache zu tun. Der Grund ist weil der Mann vorher ein Sympathieträger des Bürgertums war. Mal ehrlich: Diese Titelgläubigkeit ist doch schon seit Jahren nicht mehr so weit verbreitet, ich habe es inzwischen so oft erlebt, dass Menschen nichtmal wissen wie eine Dissertation zustande kommt und was sie bedeutet. Und von der Verwerflichkeit her ist das auch relativ: Natürlich ist in einem Forum, wo Dutzende Promovierte und nicht wenige Habilitierte rumlaufen, die Vewerflichkeit eher mal ein Thema, aber nicht bei der normalen Bevölkerung. Wenn ich gar nicht so genau weiss was eine Diss ist, ist die Verwerflichkeit relativ. Und wenn ich die Verwerflichkeit eines Guttenberg mit der Verwerflichkeit eines Joschka Fischer vergleiche (Steineschmeisser) oder eines Ströbele (Hilfe für die RAF) oder gar eines Cohn-Bendit (Stichwort Grosser Basar), dann fällt es mir selbst als Promoviertem etwas schwer, daraus eine so grosse Sache zu machen. Der Mann hat geklaut, ja. Aber er hat niemanden umgebracht oder niedergeprügelt oder solchen geholfen, die so etwas tun. Da ist ne Menge Platz zwischen ihm und einigen der prominentesten Linken in Deutschland.
Nein, der Grund dieses Kesseltreibens ist die latente Gefahr, dass der Mann nochmal hochkommt. Und das will die Linkspresse mit aller Macht verhindern. Die Promotionsordnung ist denen unterm Strich pupsegal, das sind die selben Leute, die auch schonmal für die Abschaffung aller Titel eintreten.
Zitat von DagnyIm Tagesspiegel aber die Frage, warum man den ersteren das Verhalten durchgehen lässt, zu Guttenberg aber besonders kritisch sieht:
Überzeugt mich nicht. Bei zu Guttenberg geht es um die inkorrekte Zuschreibung fremder Leistungen als eigene. Bei den Piraten geht es darum, fremde Leistungen zu verwerten, ohne zu bezahlen. Die Piraten wollen ja nicht Musik von irgendwelchen Chartsternchen als ihre eigene ausgeben, sondern sie nur unentgeltlich weiterverbreiten. Während zu Guttenberg nichts raubkopiert hat. Das sind zwei grundverschiedene Gesichtspunkte, die sinnloserweise gemeinsam unter das Urheberrecht fallen.
Gut auf den Punkt gebracht.
Wobei es schon beides zum Urheberrecht im weitesten Sinne passt, in dem einen Fall geht es allerdings um ein (wirtschaftliches) exklusives Verwertungsrecht, im anderen um Urheberpersönlichkeitsrechte.
Aber sie haben Recht, das sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge, wenn man mal davon absieht, dass beide, wenn überhaupt, nur dem Urheber originär zustehen.
Was ich nicht verstehe ist, warum zu Guttenberg nicht zusätzlich mit seinem ungekennzeichneten Übernehmen fremder Passagen auch gegen das exklusive Verwertungsrecht verstoßen (raubkopiert) haben soll?
Und was ist mit der öffentlichen Untersuchung seiner Doktorarbeit in einer Wiki? Klar, hier wurde nach der Quelle gesucht und dann angegeben, häufig dürfte der Umfang aber das Zitatrecht gesprenngt haben, auch wenn auf der Wiki die Quelle angegeben wurde (nachdem man sie fand). Und wurden mit dem nicht zusammenkopierten Teil der Doktorarbeit nicht Guttenbergs Urheberrechte durch die Veröffentlichung verletzt?
Kennt sich da jemand besser mit der Rechtslage aus?
Wobei ich mir sicher bin, dass die Piraten auch hinter Remix-Kunst stehen und aus ihrer Sicht sicher alles den entsprechenden Creative-Commons-Kategorien zugehörig sein sollte, welche die Weiterbenutzung und Veränderung erlauben. Insofern ist der Einwand von Dagny schon berechtigt. Nicht in dem Sinne, warum Wissenschaftler das kritisch sehen, sondern warum es seinerzeit eine entsprechende öffentliche Agitation gegeben hat, die KTG zu Fall gebracht hat. Irgendwelche "spinnerten Wissenschaftler" hätten da sicher Jahre zetern können, ohne Konsequenz.
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