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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 11 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.01.2012 09:44
Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Erinnern Sie sich noch? Als die Unruhen begannen, die zum Sturz Mubaraks führten, galt in den meisten westlichen Medien Mohammed ElBaradei als der kommende starke Mann Ägyptens - ein westlich orientierter, nach ägyptischen Maßstäben äußerst liberaler Politiker.

Heute redet niemand mehr von ihm. Nicht die Demokraten haben in Ägypten gesiegt, sondern die Islamisten.

Die "westlichen Beobachter" waren naiv gewesen. Ob sie daraus etwas lernen?

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

08.01.2012 13:33
#2 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Vermutlich ist es noch etwas früh, damit die Leute lernen. Es müssen erst die Gesetze kommen und das ganze für Touristen, Intellektuelle oder bessere Kreise und Ausländer spürbar werden. Ich höre schon in von mir hoffentlich meidbaren Diskussionen das Argument, dass die Muslimbrüder sowas wie CDU und die Salafisten sowas wie die CSU seien...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.01.2012 14:00
#3 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Zitat von Blub
Vermutlich ist es noch etwas früh, damit die Leute lernen. Es müssen erst die Gesetze kommen und das ganze für Touristen, Intellektuelle oder bessere Kreise und Ausländer spürbar werden. Ich höre schon in von mir hoffentlich meidbaren Diskussionen das Argument, dass die Muslimbrüder sowas wie CDU und die Salafisten sowas wie die CSU seien...

Das Seltsame ist, lieber Blub, daß diejenigen, die den islamischen Fundamentalismus so entspannt sehen, sich vor christlichen Konservativen nicht genügend erschrecken können.

So charakterisiert "Spiegel-Online" die republikanischen Präsidentschaftskandidaten in den USA:

Zitat
Da hat die Partei endlich mal einen, der es intellektuell mit US-Präsident Barack Obama aufnehmen könnte. Stattdessen beherrschen Clowns, Klone und Comic-Figuren die Schlagzeilen: ein gelackter Roboter (Mitt Romney), ein "Jesus-Kandidat" ( Rick Santorum), ein Verschwörungstheoretiker (Ron Paul), ein unberechenbarer Demagoge (Newt Gingrich) und ein Texas-Cowboy ( Rick Perry).

(((Nebenher: Der "eine", man kann es sich denken, ist der "Spiegel"-Liebling Huntsman, der geschildert wird, wie er Wahlkampf macht:

Zitat
Während andere Kandidaten in Luxusbussen durch New Hampshire kutschieren, schwingt er sich hinters Steuer eines Miet-SUV. Der schwarze, schlammverkrustete Chevy hat mittlerweile so viele Meilen heruntergerissen, dass die Stoßdämpfer ihren Geist aufgeben.

"Entweder du sitzt in so einem protzigen Bus, mit deinem Bild auf die Seite geklatscht", sagt Huntsman, der republikanische Ex-Gouverneur von Utah, und zieht eine Grimasse, "oder du fährst selber." Also: Er fährt lieber selber.

Huntsman ist Erbe des Milliardärs Jon Huntsman Sr., laut Forbes eines der tausend reichsten Männer der Welt.)))

Und wie berichtet "Spiegel-Online" über das gestrige Wahlergebnis in Ägypten; über den Erdrutsch-Sieg der dortigen Fundamentalisten? Gar nicht. Jedenfalls habe ich auf der Startseite keinen einzigen Hinweis auf einen Bericht oder auch nur eine Meldung gefunden.

Herzlich, Zettel

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

08.01.2012 14:30
#4 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Absolut richtig, wobei man einwänden könnte, dass die USA das mächtige Zentrum der Welt sind und insofern es um einiges relevanter und problematischer ist, wer dort regiert als wer in Ägypten regiert.

Interessant ist es, dass ich das CDU/CSU-Argument auch schon von arabischstämmigen westlich-liberal ausgerichteten Kollegen (nicht liberal im Zettelschen Sinne, eher grünliberal) gehört habe. Ich denke, die halten sich auch noch an den Strohhalm, in der Hoffnung, dass ihre Revolution nicht so total schief geht. Aber dass selbst in gemäßigten Staaten die Islamisten so stark sind, das haben die von ihren eigenen Kreisen her nie im Leben gedacht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.01.2012 00:38
#5 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Zitat von Blub
Absolut richtig, wobei man einwänden könnte, dass die USA das mächtige Zentrum der Welt sind und insofern es um einiges relevanter und problematischer ist, wer dort regiert als wer in Ägypten regiert.

Das stimmt natürlich, lieber Blub. Aber mir scheint, daß dieses Messen mit zweierlei Maß - hier der abscheuliche christliche Fundamentalismus, dort der islamistische Fundamentalismus, für den man doch Verständnis haben muß - damit wenig zu tun hat.

Diejenigen, die mit diesen beiden Meßlatten hantieren, scheinen mir einfach dann etwas nicht so schlimm zu finden, wenn es irgendwie exotisch ist. Je weniger es mit der Kultur des christlichen Abendlands zu tun hat, umso weniger mögen sie es verurteilen. Ich sehe hinter dieser Doppelkognition den Kulturrelativismus hervorgucken. Auch diese seltsame Begeisterung für alles Orientalische, die in den siebziger Jahre Amerikaner und Europäischer scharenweise zu indischen Gurus hat pilgern lassen.

Zitat von Blub
Interessant ist es, dass ich das CDU/CSU-Argument auch schon von arabischstämmigen westlich-liberal ausgerichteten Kollegen (nicht liberal im Zettelschen Sinne, eher grünliberal) gehört habe. Ich denke, die halten sich auch noch an den Strohhalm, in der Hoffnung, dass ihre Revolution nicht so total schief geht. Aber dass selbst in gemäßigten Staaten die Islamisten so stark sind, das haben die von ihren eigenen Kreisen her nie im Leben gedacht.

Und diese Kreise haben wiederum die westlichen Journalisten mit Informationen und Eindrücken bedient.

Es ist ja menschlich-allzumenschlich, aber es ist einfach handwerklich schlechter Journalismus: Man unterhält sich mit Angehörigen einer bestimmten Schicht (Gebildeten, die zB Englisch können) und macht sich aus dem, was man von ihnen hört, sein Bild des Landes.

Ähnlich war es ja mit der DDR-Berichterstattung vor 1989. Ich habe kürzlich Marlis Menge von der "Zeit" erwähnt, die aus der DDR mit freundlichem Verständnis berichtete. Sie verkehrte - das konnte man ihren Artikeln entnehmen, - in Kreisen von DDR-Menschen, die das kommunistische Regime bejahten, aber hier und da die eine oder andere Kritik hatten. Das war ja unter DDR-Intellektuellen weit verbreitet.

Was den Islamismus angeht, gehört Peter Scholl-Latour zu den wenigen Publizisten, die nie Illusionen hatten. Er freilich ist jahrzehntelang als Reporter herumgereist, der sich die Finger und die Stiefel dreckig machte und seine Informationen nicht in Hotellobbies und den Wohnungen von Professoren erwarb.

Herzlich, Zettel

Schwarzhut Offline



Beiträge: 61

09.01.2012 10:31
#6 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Zitat von Zettel
[quote="Blub"]

Was den Islamismus angeht, gehört Peter Scholl-Latour zu den wenigen Publizisten, die nie Illusionen hatten. Er freilich ist jahrzehntelang als Reporter herumgereist, der sich die Finger und die Stiefel dreckig machte und seine Informationen nicht in Hotellobbies und den Wohnungen von Professoren erwarb.

Herzlich, Zettel


Sehr geehrter Zettel,
wenn man die Bücher von Peter Scholl- Latour aufmerksam liest, verwundern vor allem seine fast prophetischen Aussagen zur Entwicklung im Mittleren Osten , Afghanistan, Irak usw.. Man fragt sich, wie unsere Regierungen derartig daneben liegen können, obwohl ihnen eine ungleich größere Zahl von Informationen zur Verfügung stehen muss. Die stürmische Entwicklung in Nordafrika hat auch er nicht vorausgesehen, aber in seiner Einschätzung und Kommentierung war er stets skeptisch und realistisch. Ja er wurde sogar als "Kassandra" verspottet. Dies fiel besonders in zahlreichen Fernsehdiskussionen auf, in denen von scheinbar völlig naiven Zeitgenossen ein westliches Wunschbild einer strahlend, demokratischen Zukunft der nordafrikanischen Revolution gezeichnet wurde und in denen er oft verärgert eine Außenseiterrolle zugewiesen bekam.
Meine zugegeben spärlichen, privaten Informationen aus Ägypten besagten schon damals, dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung auf dem Tahir-Platz den Umsturz forderte. Die Kameras der westlichen Welt waren auf diese eindrucksvollen Bilder fixiert und suggerierten einen landesweiten Aufstand. Völlig ausgeblendet wurde die Angst weiter Bevölkerungsteile vor dem Verlust jeglicher staatlicher Ordnung. Gebiete in Kairo, die zu Mubaraks Zeit sicher und unbesorgt betreten werden konnten, sind Nachts nicht mehr sicher. Bürger schlossen sich zu Bürgerwehren zusammen um ein Minimum an Ordnung wiederherzustellen. Die Polizei, als Schergen Mubaraks verrufen, hatte sich zurückgezogen. Wer, außer einer schon lange bestehenden, gut organisierten politischen Kraft , wie den religiösen Fundamentalisten, hätte in dieser Zeit wohl das Vertrauen der Bevölkerung erhalten sollen.
Verunsicherte Menschen suchen Halt und einfache Antworten und da ist der Koran mit seinen klaren Vorgaben für Viele eine Leitlinie. Wer sollte das verdenken! Leider wird in der Berichterstattung bei uns viel zu schnell von den Äußerungen einer westlich orientierten und durch ihr Studium im Westen geprägten, intellektuellen Schicht auf die gesamte Bevölkerung geschlossen. Der Zweck ist klar, wir sollen uns mit diesen Leuten solidarisieren. Wer hätte dies bei einer realistischen Prognose getan, wenn hinterher religiöse Kräfte die Regierung stellen?

Herzlich
Schwarzhut

uniquolol Offline




Beiträge: 254

14.01.2012 01:14
#7 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Bassam Tibi über den sog. "arabischen Frühling":

"Die Moslembrüder sind eine totalitäre Bewegung"
http://diepresse.com/home/politik/aussen...olitik/index.do

uniquolol Offline




Beiträge: 254

22.01.2012 09:23
#8 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Richard Herzinger - "Ägypten: Mit 70 Prozent für Islamisten in die Demokratie?"
http://freie.welt.de/2012/01/21/agypten-...die-demokratie/

uniquolol Offline




Beiträge: 254

24.01.2012 20:55
#9 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

"Wo die Scharia die Generation Facebook frisst"
http://www.welt.de/debatte/kommentare/ar...ook-frisst.html

uniquolol Offline




Beiträge: 254

05.02.2012 11:03
#10 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

"Der Nahe Osten versinkt in Gewalt und Chaos"
http://www.welt.de/debatte/kommentare/ar...-und-Chaos.html

C. Offline




Beiträge: 2.639

05.02.2012 13:43
#11 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

Zitat von uniquolol
"Der Nahe Osten versinkt in Gewalt und Chaos" http://www.welt.de/debatte/kommentare/ar...-und-Chaos.html



Interessant ist der letzte Abschnitt:

Zitat von Richard Herzinger
Mag der Einfluss des Westens auf die unberechenbare Entwicklung im Nahen Osten aktuell begrenzt sein wie nie zuvor. Die im Westen materialisierten Werte von Freiheit, Menschenrechten und Selbstbestimmung haben ihre langfristige historische Strahlkraft nicht eingebüßt



Gut, dass Richard Herzinger darauf hinweist. Es sind Erosionsprozesse dieser Werte im Westen wahrnehmbar.

http://iceagenow.info

uniquolol Offline




Beiträge: 254

05.02.2012 23:33
#12 RE: Marginalie: Wahlen in Ägypten Antworten

@C.
"...Es sind Erosionsprozesse dieser Werte im Westen wahrnehmbar..."

Klasse Understatement!

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