Man kann so etwas von außen wohl deutlicher wahrnehmen, als wenn man selbst im Land lebt: In den vergangenen Jahren ist Deutschland, was seine Rolle in Europa angeht, ein anderes Land geworden.
Es ist nicht mehr der Erste unter Gleichen, sondern ein Erster ohnegleichen.
Deutschland kann zwar nicht Europa seinen Willen aufzwingen, aber nichts kann mehr gegen den Willen Deutschlands geschehen.
Die zentrale Ursache liegt in der überaus erfolgreichen deutschen Wirtschaftspolitik bereits der letzten Jahre der Großen Koalition, jetzt unter Schwarzgelb fortgesetzt: Geringe Lohnsteigerungen, keine Zunahme der sozialen Lasten, damit eine kostengünstige Produktion.
Damit konnte Deutschland zu günstigen Preisen in die Länder Europas exportieren und profitierte von der Schuldenpolitik von Ländern wie Griechenland. Andererseits gefährdet diese jetzt den Euro und den freien Markt in Europa, also die andere Voraussetzung für den deutschen Exporterfolg.
Das ist es, was Friedman als das deutsche Dilemma herausarbeitet. Und ein Drittes kommt hinzu: Die wachsende deutsche Dominanz hat ja auch eine politische Dimension; siehe dazu den ausgezeichneten Artikel von Kallias Europas Krise (7): Mehr Brüssel; ZR vom 9. 12. 2011.
Tischler
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02.02.2012 20:58
#2 RE: Stratfors Analysen: Die Krise der deutschen Rolle
" Die Eu gehört in die Hände Brüssels" Zitat Kallias
Ist es das, was ich, als Otto-Normal, mir wünsche? Wegen des Wohlstandes der mir versprochen wird und den ich auch wahrnehme? Wegen des Friedens ?
Hätte ich beides nicht mehr ohne EU ?
Ich weiß es nicht. Schon lange hab ich die Fühlung zu dieser EU verloren, oder richtigerweise die zu mir. Nur an den Grenzen kein Geld mehr wechseln zu müssen ist ein bischen wenig. Ich habe keinen Komissar, keinen aus dem Gouverneursrat wählen dürfen, über keine Vefassung abstimmen dürfen. Ständig werden Gesetze über die von mir gewählten Parlamente hinweg bestimmt. Oder sie werden als schlecht informiertes Stimmvieh mißbraucht. Verträge mit denen mir die Eu erklärt und schmackhaft gemacht wurde, werden von heut´auf morgen außer Kraft gesetzt. Der Erhalt der EU scheint mehr ideologisch gewünscht als für die Menschen nutzbringend zu sein. So seh ich das! Und nun geht der ewige Keu wieder los. Deutschland darf sich nicht wegweisend nach vorne drängen. Warum nicht? Weil noch nicht genügend Informationen da sind? Oder weil noch nicht zu ende gedacht wurde? Oder ist die Anwesenheit der Kanzlerin zuerst beim Fußballendspiel notwendig? Nein das alles natürlich nicht. Es ist mal wieder die Geschichte und die damit einhergehende Verantwortung. .....ja aber es ist doch meine Kanzlerin, die zum Wohle des Deutschen Volkes....usw. Wenn nun also Frau Merkel von der Richtigkeit ihrer Gedanken überzeugt ist, sollte sie nicht Eidesbrüchig werden. Ich hoffe nur, daß ihre Gedanken wirklich richtig sind.
Zitat von ZettelGriechenland hat jetzt zwei Optionen: Es kann sich den deutschen Forderungen nach mehr Austerität unterwerfen; ob deren Einhaltung nun formal durch einen Kommissar oder auf andere Weise durchgesetzt wird. Oder es kann den Staatsbankrott erklären, der seine Souveränität retten würde.
Wobei die deutsche Forderung eigentlich zwei Forderungen sind: Griechenland soll nur noch eine Option haben und diese soll nicht mehr die Möglichkeit des Staatsbankrotts sein. Aus dem Papier des deutschen Finanzministerium welches in Davos für einige Aufregung gesorgt hat:
Zitat von Deutsche Mittelstands NachrichtenThis will reassure public and private creditors that the Hellenic Republic will honour its comittments after PSI and will positively influence market access. De facto elimination of the possibility of a default would make the threat of a non-disbursement of a GRC II tranche much more credible. If a future tranche is not disbursed, Greece can not threaten its lenders with a default, but will instead have to accept further cuts in primary expenditures as the only possible consequence of any non-disbursement.
Auch wenn das Vorhaben schnell beiseite geschoben wurde, es hat Deutschland und seiner Führungsrolle schwer geschadet. Für Griechenland ist die Abgabe seiner Souveränität plus die Elimination der Möglichkeit eines Bankrotts, eine schlechtere, um nicht zu sagen die schlechteste Option, als eine der beiden anderen für sich genommen. Und es ist auch für Deutschland die schlechteste.
Zitat Damit konnte Deutschland zu günstigen Preisen in die Länder Europas exportieren und profitierte von der Schuldenpolitik von Ländern wie Griechenland.
Es ist schlicht gesagt, dumm einen solchen Eingriff in die staatliche Souveraenitaet ins Gespraech zu bringen. Vor allem, wenn es um Griechenland geht, wo die staatliche Souveraenitaet immer unter dem Aspekt jahrhundertelanger Fremdherrschaft betrachtet wird.
Aber es ist auch die Januskoepfigkeit der Deutschen. Staatliche Souveraenitaet ist wohl hoeher einzuschaetzten, als die Souveraenitaet einiger Bundeslaender. Deutschland sollte also mindestens auch einen Sparkommissar fuer Bundeslaender wie Bremen oder das Saarland (oder so einige andere) ins Gespraech bringen. Es sieht eben schlecht aus, wenn man von einem souveraenen Nationalstaat etwas erwartet, was man innerstaatlich nicht zu leisten bereit ist.
Tischler
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03.02.2012 01:39
#6 RE: Stratfors Analysen: Die Krise der deutschen Rolle
Werter Thomas, sicher haben wir ausnehmend marode Länderhaushalte. Zu deren Sanierung hatte sich aber bisher keine der griechischen Regierungen angeboten, auch als diese noch kreditwürdig waren.
Zitat von Thomas S.Es ist schlicht gesagt, dumm einen solchen Eingriff in die staatliche Souveraenitaet ins Gespraech zu bringen. Vor allem, wenn es um Griechenland geht, wo die staatliche Souveraenitaet immer unter dem Aspekt jahrhundertelanger Fremdherrschaft betrachtet wird.
Zitat von Thomas S.Aber es ist auch die Januskoepfigkeit der Deutschen. Staatliche Souveraenitaet ist wohl hoeher einzuschaetzten, als die Souveraenitaet einiger Bundeslaender. Deutschland sollte also mindestens auch einen Sparkommissar fuer Bundeslaender wie Bremen oder das Saarland (oder so einige andere) ins Gespraech bringen. Es sieht eben schlecht aus, wenn man von einem souveraenen Nationalstaat etwas erwartet, was man innerstaatlich nicht zu leisten bereit ist.
Das ist eben der Unterschied.
Letztlich ist die Frage, mit wem man so solidarisch ist, daß man für ihn Opfer zu bringen bereit ist. Das ist eine Frage der Identität. Die Bundesrepublik hat den Neuen Ländern mit hunderten von Milliarden geholfen, weil dort eben auch Deutsche leben. Eine europäische Identität, die vergleichbare Opfer begründen könnte, gibt es aber nicht.
Also hilft nur der Kommissar. Ich denke, Friedman hat auch hier wieder Recht: Entweder der Kommissar oder der Staatsbankrott. Daß der Kommissar aus psychologischen Gründen kein Deutscher sein dürfte, versteht sich.
Zitat von R.A.Sehe ich das richtig, daß die Beiden in den zentralen Punkten unterschiedliche Ansichten haben?
Sieht so aus. Ich glaube, dass Oliver hier irrt. Es ist zwar richtig, dass ein dauerhaft großer Exportüberschuss nicht wünschenswert ist, aber Griechenland würde ein weniger wettbewerbsfähiges Deutschland wohl nicht helfen. Es mag sich jeder die Industrien vorstellen, zu denen er Berührungspunkte hat, und sich dann überlegen, mit welchen europäischen Wettbewerbern deutsche Unternehmen im harten Preiskampf stehen.
Es sind IMHO eher die Asiaten, die ähnliche Nischen besetzen und dann vor allem im Preis konkurrieren.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von R.A.Sehe ich das richtig, daß die Beiden in den zentralen Punkten unterschiedliche Ansichten haben?
Sieht so aus. Ich glaube, dass Oliver hier irrt. Es ist zwar richtig, dass ein dauerhaft großer Exportüberschuss nicht wünschenswert ist, aber Griechenland würde ein weniger wettbewerbsfähiges Deutschland wohl nicht helfen. Es mag sich jeder die Industrien vorstellen, zu denen er Berührungspunkte hat, und sich dann überlegen, mit welchen europäischen Wettbewerbern deutsche Unternehmen im harten Preiskampf stehen.
Es sind IMHO eher die Asiaten, die ähnliche Nischen besetzen und dann vor allem im Preis konkurrieren.
Die Griechen und die Bürger in den anderen Defizitländern könnten deutsche Produkte doch gar nicht in dem jetzigen Umfang erwerben, wären die Kreditzinsen nicht so niedrig, die D-Mark stark und z.B. die Drachme schwach. Dann würde Deutschland sicher Marktanteile an die Asiaten verlieren, müsste aber weniger Geld für Rettungsschirme aufwenden. Oder?
Zitat von Erling PlaetheDann würde Deutschland sicher Marktanteile an die Asiaten verlieren, müsste aber weniger Geld für Rettungsschirme aufwenden. Oder?
Warum? Das Defizit der Griechen bleibt dasselbe, egal, gegenüber welchem Land.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat Allerdings, lieber Thomas S., hat Griechenland von seiner Unabhängigkeit an am Tropf Europas gehangen; und schon zweimal in seiner Geschichte war es so bankrott, daß Beauftragte europäischer Mächte seine Finanzdinge übernahmen
Ich halte den Versuch eine "Verschuldungslogik" historisch zu "begruenden" fuer, sagen wir, aeusserst fragwuerdig.
Selbst wenn ich die epochalen Veraenderungen die Europa, in den letzten 200 Jahren, durchgemacht hat weglasse und noch dazu die griechische Sonderrolle als Staat zwischen Europa und Asien nicht beruecksichtige, so sticht doch sofort ins Auge, dass zwischen z.b. einer Ueberschuldung aufgrund des Kampfes fuer Unabhaengigkeit und einer Staatsverschuldung aufgrund eines aufgeblaehten Staatsappartes und eines fuerstlichn Wohlfahrtsstaateses, gepaart mit politischem Unvermoegen, ein ganz wesentlicher unterschied besteht! Ich halte von solchen Herleitungen also leider gar nichts.
Zitat Letztlich ist die Frage, mit wem man so solidarisch ist, daß man für ihn Opfer zu bringen bereit ist. Das ist eine Frage der Identität. Die Bundesrepublik hat den Neuen Ländern mit hunderten von Milliarden geholfen, weil dort eben auch Deutsche leben. Eine europäische Identität, die vergleichbare Opfer begründen könnte, gibt es aber nicht.
Also ich sprach ja nicht umsonst nicht von den Kosten der Wiedervereinigung. Die sind fuer mich ein Sonderfall. Sondern ich sprach eben von Bundeslaendern die praktisch seit ihrer Gruendung nicht lebensfaehig sind. In diesen Faellen handelt es sich, nach meiner Auffassung doch um eine rein politisch suggerierte Solidaritaet. Ich bin mir sehr sicher wie eine Volksbefragung zum Laenderfinanzausgleich in Bayern etwa ausgehen wuerde... Nicht umsonst nimmt die Diskussion um den "Laenderfinanzausgleich" immer mal wieder an Fahrt auf.
Ausserdem wirkt ds Argumet auch in die andere Richtung. Notwendige Reformen und finanzielle Einschnitte werden besser von der Bevoelkerung akzpetiert (wenn denn ueberhaupt) wenn sie NICHT von einem fremden Verwalter beschlossen bzw. gesteuert werden. Dieses Argument wirkt so stark, dass es selbst ein entscheidendes in der innerdeutschen Debatte ist, wann immer es um die Souveraenitaet von Bundeslaendern wie Bremen geht.
Zitat Also hilft nur der Kommissar. Ich denke, Friedman hat auch hier wieder Recht: Entweder der Kommissar oder der Staatsbankrott. Daß der Kommissar aus psychologischen Gründen kein Deutscher sein dürfte, versteht sich.
Und jetzt komme ich auf den Punkt, der vielleicht nicht ganz klar geworden ist.
Ich halte es fuer unmoeglich einen souveraenen Nationalstaat, mittels eines "Sparkommissars", von aussen zu sanieren.
Das halte ich fuer, nicht nur voellig unmoeglich, das halte ich fuer schlicht abwegig.
Der Gedanke an sich ist zwar der richtige, denn ich befuerworte sehr energisch, dass Empfaenger von Transferleistungen auch in ihrem Umgang und vor allem ihrem Bemuehen wieder aus dem Transfer herauszukommen, "ueberwacht" werden, aber ich halte dieses Prinzip fuer nicht anwendbar auf Staaten.
Bankrott zu gehen bzw. sich in den Ruin zu wirtschaften ist Teil staatlicher Souveraenitaet. Das mag sich fuer den einen oder anderen merkwuerdig anhoeren, aber es ist so. Genauso obliegt es seiner Verantwortung sich aus dieser Misere wieder "herauszureformieren". Muss er dafuer die Hilfe anderer in Asnpruch nehmen, so ist es nur recht und billig, dass dafuer Forderungen gestellt werden, die zu erfuellen sind.
Und jetzt kommt mein Punkt: Kann oder will der Pleitestaat diese Foerderungen nicht erfuellen, dann kann die Konsequenz doch nicht sein ihm einen "Babysitter" zur Seite zu stellen. Dann muss die Konsequenz heissen: Es gibt kein Geld.
Bedeutet im konkreten Fall: Griechenland gehoert aus der Eurozone ausgeschlossen, wenn es sich als nicht sanierbar erweist. Aus welchen Gruenden auch immer.
Zitat von Erling PlaetheDann würde Deutschland sicher Marktanteile an die Asiaten verlieren, müsste aber weniger Geld für Rettungsschirme aufwenden. Oder?
Warum? Das Defizit der Griechen bleibt dasselbe, egal, gegenüber welchem Land.
Ja, natürlich. Das war als Vergleich gedacht, nicht als Lösung. Also hätte Deutschland die D-Mark noch usw.
Zitat Die zentrale Ursache liegt in der überaus erfolgreichen deutschen Wirtschaftspolitik bereits der letzten Jahre der Großen Koalition, jetzt unter Schwarzgelb fortgesetzt: Geringe Lohnsteigerungen, keine Zunahme der sozialen Lasten, damit eine kostengünstige Produktion.
Damit konnte Deutschland zu günstigen Preisen in die Länder Europas exportieren und profitierte von der Schuldenpolitik von Ländern wie Griechenland. Andererseits gefährdet diese jetzt den Euro und den freien Markt in Europa, also die andere Voraussetzung für den deutschen Exporterfolg.
Sehr geehrter Zettel, wie hätten wir es denn gerne? In den ersten Jahren nach der Euro-Einführung, zu der Kohl von unseren Europäischen Nachbarn massiv gedrängt werden musste, kritisierten unsere Nachbarn das schlechte Wirtschaftswachstum , drängten auf Reformen , sprachen vom "kranken Mann" in Europa und spotteten über die lahme Konjunktur in Deutschland. Der "Keltische Tiger" wurde als nachahmenswertes Beispiel hervorgehoben, Spanien als Wirtschaftswunderland gelobt, die anglo-amerikanische Finanzwunderwelt als die Wirtschaft der Zukunft vorgeführt. Kanzler Schröder hatte daraufhin, auf dringende Empfehlung vieler in-und ausländischer Fachleute, gegen vielerlei Widerstände, auch in der eigenen Partei, die Gesetzgebung reformiert. Dies war ein entscheidender Grundstein für den jetzigen Erfolg. Jetzt jammern einige Nachbarn, dass Deutschland ganz allein vom Euro profitiert und alle anderen Länder an die Wand spielt. Dabei haben die den Euro doch auch! Allerdings haben sie, genau die bittere Medizin, die sie damals so altklug für Deutschland empfohlen hatten, selbst bisher nicht geschluckt. Die Dominanz Deutschlands ist auch eine Folge der Schwäche der Nachbarn! Es ist sicher nicht die Folge einer " geheimen" Strategie! Frau Merkel hat die Führungsrolle Deutschlands nicht angestrebt, sondern sie wurde hineingedrängt. Frankreich forderte vehement die Rettung Griechenlands ( und der französischen Banken), während Merkel zunächst keinen Handlungsbedarf sah. Hätten unsere südlichen Nachbarn solide gewirtschaftet, würde jede Spekulation auf einen Staatsbankrott ins Leere laufen und Deutschland müsste sich nicht zum "Retter" aufschwingen. Dass jemand, den Alle um Geld bitten hierfür Bedingungen stellt, ist nur recht und billig. Alles andere wäre verantwortungslos gegenüber den Wählern in Deutschland. Bei all der Diskussion wird stets übersehen, dass der starke Export Deutschlands in Nicht-Euroländer, die Außenhandelsbilanz der Eurozone ausgleicht und unseren Nachbarn erst die Einkäufe z.B. in China ermöglicht. Das ist so ähnlich wie in einer Familie, in der Einer das Geld verdient, mit dem die Familie einkauft. Solange eine gemeinsame Interessenlage besteht und ein Ausgleich intern stattfindet, ist das auch in Ordnung. Auch wenn der Filius mal das Familienbudget etwas überstrapaziert, wird in einer harmonischen Familie kein Drama daraus. Schwierig wird es aber, wenn das dauernd der Fall ist, der Filius in Saus und Braus lebt, vom Ernährer stets mehr Geld fordert, ihn dabei beschimpft und verspottet und partout keine eigenen Anstrengungen unternimmt. Auch der geduldigste Vater wird, wenn er verhindern will, dass die ganze Familie ins Unglück stürzt, den Geldhahn zudrehen und die Ausgaben seines Jüngsten genau kontrollieren. Dass Dieser dies nicht gerade mit Begeisterung aufnimmt ist nachvollziehbar . Verliert Deutschland seine internationale Wettbewerbsfähigkeit, leiden unsere Nachbarn mit Sicherheit noch mehr. Wird der Ernährer der Familie arbeitslos, sinkt auch der Wohlstand der übrigen Familienmitglieder. Allerdings ist der Unterschied zwischen den Einzelnen dann nicht mehr so groß. Geteiltes Leid ..... Aus meiner Sicht wäre es falsch, nur damit die Nachbarn Ruhe geben, einen erfolgreichen Weg aufzugeben und sich der Herde auf dem "Holzweg" anzuschließen. Ich weiß, Beispiele hinken immer, aber es veranschaulicht auch den Kern des Problems. Gruß Schwarzhut
Zitat von RaysonIch glaube, dass Oliver hier irrt.
Das beruhigt mich. Generell bin ich skeptisch bei Erklärungsversuchen, die die staatliche Schuldenkrise mit der Wettbewerbsfähigkeit verknüpfen.
Wenn die Firmen eines Landes sich schwer tun mit dem Absatz ihrer Produkte, z. B. weil die Lohnstruktur nicht stimmt oder die Rahmenbedingungen (z. B. Infrastruktur, Regulierung) ungünstig sind - dann ist das natürlich ärgerlich für dieses Land, das wird z. B. Arbeitslosigkeit verursachen und Schwierigkeiten beim Wachstum.
Aber es hat eigentlich überhaupt nichts damit zu tun, daß die Regierung dieses Landes zu hohe Ausgaben tätigt und sich entsprechend verschuldet.
Und die "Eurokrise" ist ja im Kern ausschließlich eine Schuldenkrise. Es ging von Anfang an nur darum, daß gewisse Regierungen Schwierigkeiten bekamen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Es ging eigentlich nie darum, daß irgendwelche Firmen in diesen Ländern wegen Wettbewerbsschwäche pleite gingen.
Zitat Allerdings, lieber Thomas S., hat Griechenland von seiner Unabhängigkeit an am Tropf Europas gehangen; und schon zweimal in seiner Geschichte war es so bankrott, daß Beauftragte europäischer Mächte seine Finanzdinge übernahmen
Ich halte den Versuch eine "Verschuldungslogik" historisch zu "begruenden" fuer, sagen wir, aeusserst fragwuerdig.
Ich auch, lieber Thomas. Es ging ja aber darum, ob die Griechen es schlucken würden, vorübergehend von außen regiert zu werden, oder ob das zu einer nationalen Empörung führen würde.
In diesem Zusammenhang erschien es mir interessant, daß Griechenland in seiner knapp zweihundertjährigen Geschichte als Nationalstaat (in 18 Jahren feiert man das Zweihundertste) bereits zweimal bankrott gegangen ist und jeweils von europäischen Staaten wieder auf die Beine gebracht werden mußte; unter entsprechenden Kontrollen und Auflagen.
Ich zitiere jetzt einfach einmal aus meinem verlinkten Artikel:
Zitat Noch vor der Deklaration der Unabhängigkeit, schon im Jahr 1826, gab es den ersten Bankrott. England, Frankreich und Rußland halfen mit 600 Millionen Francs aus.
Als Gegenleistung verlangten die drei Mächte - das klingt vertraut, nicht wahr? - daß ihre Gesandten in Athen die neu einzusetzende Regierung würden überwachen dürfen. So geschah es, bis 1832 Otto und sein Regent von Armansperg das Land in die Hand nahmen. (...)
Das Osmanische Reich war im Niedergang begriffen. Die Westmächte wollten verhindern, daß Rußland und Österreich-Ungarn sein Erbe in der Region antraten. Nach dem Berliner Kongreß von 1878 schalteten sich England, Frankreich und Deutschland ein und erreichten, daß Griechenland Kredite aus dem Ausland erhielt.
Teils nutzte Griechenland diese Kredite, um - wie von den Westmächten gewünscht - zur Bewahrung seiner Unabhängigkeit aufzurüsten. Vor allem aber versuchte es damit Altschulden zu tilgen. Es half nichts. 1893 war das Land wieder pleite.
Griechenland mußte seine Finanzsouveränität an ein Konsortium von Vertretern aus England, Frankreich, Deutschland, Italien, Rußland und Österreich-Ungarn abtreten. Diese verordneten dem Land eine strikte fiskalische Disziplin. Klingt vertraut, nicht wahr?
Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein wurde Griechenlands Geld- und Fiskalpolitik von diesem Gremium bestimmt; was Fortschritte beispielsweise bei der Haushaltsdisziplin und im Bankwesen mit sich brachte. Aber für die Entwicklung der griechischen Wirtschaft, vor allem der Infrastruktur, wurde wenig getan. Es kamen die Balkankriege, der Erste Weltkrieg, die große Depression der Zwanziger Jahre. Im Jahr 1932 gab es die nächste griechische Staatspleite.
Sie wollen wohl ernsthaft unterstellen es kaeme zu einer Anerkennung auslaendischer Oberhoheit ueber die Finanzen weil vor 120 Jahren soetwas aehnliches schon einmal der Fall gewesen ist?
Allein die Entwicklung der letzten 100 Jahre halte ich fuer so ausserdordenltlich dass man, aus meiner Sicht weder das Regierungssystem von damals, noch die Menatlitaet bzw. das Bewusstsein der Bevoelkerungvon damals und heute vergleichen kann. Auf so eine Idee kaeme hier wohl auch keiner.
Sie wollen wohl ernsthaft unterstellen es kaeme zu einer Anerkennung auslaendischer Oberhoheit ueber die Finanzen weil vor 120 Jahren soetwas aehnliches schon einmal der Fall gewesen ist?
Ich wollte und will gar nichts "unterstellen". Ich habe nur darauf hingewiesen, daß eine solche Situation in der griechischen Geschichte schon mehrfach vorgekommen ist und Griechenland das also kennt.
Darf ich Sie übrigens daran erinnern, daß Sie es waren, der historische Erfahrungen Griechenlands als Argument angeführt hatte? Nur zur Erinnerung hier der Beginn unserer kleinen Diskussion:
Zitat von Zettel
Zitat von Thomas S.Es ist schlicht gesagt, dumm einen solchen Eingriff in die staatliche Souveraenitaet ins Gespraech zu bringen. Vor allem, wenn es um Griechenland geht, wo die staatliche Souveraenitaet immer unter dem Aspekt jahrhundertelanger Fremdherrschaft betrachtet wird.
Zitat von Tischler" Die Eu gehört in die Hände Brüssels" Zitat Kallias
Ist es das, was ich, als Otto-Normal, mir wünsche? Wegen des Wohlstandes der mir versprochen wird und den ich auch wahrnehme? Wegen des Friedens ?
Hätte ich beides nicht mehr ohne EU ?
Die Gemeinschaftseinrichtungen haben den Vorteil, daß sie den gemeinsamen Haß aller Europäer auf sich ziehen und deshalb die Völker nicht gegeneinander hetzen. Ohne die EU würden Gruppen starker Länder einander bekämpfen und die kleinen kujonieren. Leider erleben wir in der jetzigen Krise beides: den bevormundenden Superstaat und rivalisierende ad-hoc-Staatenbünde.
Zitat von TischlerEs ist mal wieder die Geschichte und die damit einhergehende Verantwortung.
Ich glaube nicht, daß es die Geschichte ist. Wäre Merkel good cop und Sarkozy bad cop, würden die Karikaturisten Napoleonshüte statt Hitlerbärtchen zeichnen. Frankreich verfolgt ein strategisches Ziel, während Merkel sich darauf konzentriert, am Morgen nach jedem Gipfel irgendwie gut dazustehen. Entsprechend ist Planlosigkeit ihr Konzept. Sie macht das sehr gut.
Viele Grüße, Kallias
Tischler
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04.02.2012 20:57
#21 RE: Stratfors Analysen: Die Krise der deutschen Rolle
Sie ,werter Kallias, sind der Meinung, daß der Hass aufeinander in den europäischen Völkern brodelt? Die Eu also eine Punchingballfunktion besitzt und das aufeiander Losgehen verhindert? Diese Sichtweise stellt sich mir überhaupt nicht dar. Merkel mit Hitlerbärtchen gab es, meines Wissens, in Athen erst als sie als EU Schwergewicht auftrat. Und damit waren " die Deutschen" im Boot.
Wenn das Stichwort Hass überhaupt in diesen Zusammenhang gehört, dann doch wohl eher in den Umgang von Politiker zu Politiker. Wenn man den Veröffentlichungen des britischen Außenministeriums Glauben schenkt.
Bei dem was so alles derzeit in der Eu geschieht würde ich es genau andersherum formulieren. Die Direktiven mit EU Stempel können ein Auslöser für den Hass der Völker aufeinander werden. Berlusconi schien ja im eigenen Land nicht mehr sehr beliebt zu sein, anders kann ich es mir nicht erklären, daß ein souveränes Volk sich seinen Präsi von den Nachbarn und den Finanzmärkten abschaffen läßt.
Die Eu im Verein mit vielen Länderparlamenten muten mir eher als eine Art Verwaltungsdiktatur an. Schon so miteinander verschmolzen, daß die demokratische Legitimation nicht zu erkennen ist.
Zitat von TischlerSie ,werter Kallias, sind der Meinung, daß der Hass aufeinander in den europäischen Völkern brodelt? Die Eu also eine Punchingballfunktion besitzt und das aufeiander Losgehen verhindert?
Nein. Bei den EU-Einrichtungen fragt niemand nach der Nationalität. War es nicht eine holländische EU-Kommissarin, die uns das Glühlampenverbot eingebrockt hat? Und wenn schon, niemand ist deswegen über Holland oder die Holländer erzürnt. Man setzt die Sache der EU-Bürokratie auf die Rechnung.
Ob die EU-Einrichtungen respektiert, verlacht oder gehasst werden, spielt keine Rolle für das Einvernehmen zwischen den Völkern, solange sie nicht als Instrument eines einzelnen Landes oder einer Gruppe von Ländern gesehen werden.
Zitat von TischlerBei dem was so alles derzeit in der Eu geschieht würde ich es genau andersherum formulieren. Die Direktiven mit EU Stempel können ein Auslöser für den Hass der Völker aufeinander werden.
Wie das?
Zitat von TischlerBerlusconi schien ja im eigenen Land nicht mehr sehr beliebt zu sein, anders kann ich es mir nicht erklären, daß ein souveränes Volk sich seinen Präsi von den Nachbarn und den Finanzmärkten abschaffen läßt.
Das ist nun gerade kein Beispiel für eine Aktion der EU-Institutionen.
Tischler
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05.02.2012 20:51
#23 RE: Stratfors Analysen: Die Krise der deutschen Rolle
Wie ich schon sagte. Merkel wird, so denke ich, in Griechenland letztendlich als Deutsche wahrgenommen. Die Glühlampen sind nun eher lächerlich. Mehr als Kopfschütteln oder Zustimmung hat das nicht ausgelöst. Wenn aber die Griechen einen ordentlichen Teil ihrer staatlichen Souveränität aufgeben sollen, dann ist das schon ein anderes Kaliber, ganz unabhängig davon ob es wirklich Auswirkungen hätte. Wenn`s ans knuten geht, wird man doch lieber von den eigenen Landsleuten geknutet!
Richtig, Berlusconi ist von keiner Institution weggefegt worden, aber schon im Namen der EU, respektive Euro-Staaten.
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