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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 10 Antworten
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 Pro und Contra
Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.02.2012 02:52
Merit-Order-Effekt Antworten

Eine Frage an die Runde:

Kann mir mal jemand den Merit-Order-Effekt erklären?

Ich glaube ich scheine dort etwas nicht ganz zu verstehen. Im Wikipedia-Artikel heißt es:

Zitat

Damit reduziert sich der Deckungsbeitrag der günstigen Grundlastkraftwerke wie z. B. Laufwasser-, Atom- und Braunkohlekraftwerke, die nun bei p2 weniger Überschuss erwirtschaften als bei p1. Der Merit-Order-Effekt kann damit den Börsenpreis für Strom zu Lasten der Kraftwerksbetreiber senken. Eine Nettoentlastung für den Verbraucher kann entstehen, selbst wenn die Vergütung durch das EEG über dem Preisniveau p1 liegt, wenn die durch den Merit-Order-Effekt verursachte Ausgabenreduktion für konventionellen Strom (p1-p2)*N2 insgesamt größer ist als die Ausgaben für den Strom aus erneuerbaren Energien (N1-N2)*(pEEG-p1). In diesem Fall ist die Steigung der Merit-Order-Kurve (p1-p2)/(N1-N2) bei hoher Last recht steil und der Aufpreis für EEG-Strom (pEEG-p1) liegt nur relativ wenig über dem Börsenpreisniveau, wie z.B. an manchen Wintertagen mit mäßigen Winderträgen.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order#Merit-Order-Effekt

Dazu gehört dieses Bild:



Quelle

Sei also pEEG der Preis für die fragliche Erneurbare Energie, p1 der Preis für den konventionellen Strom, der bezahlt werden müsste, gäbe es die EE nicht, p2 der Preis, der bei der Existenz von eingespeisten EE gezahlt werden muss. Der durch die EE gesparte Strompreis für konventionellen Strom beträgt (p1-p2)*N2 , soweit, so klar. Aber müssten die Mehrkosten für die Erneurbaren Energien dann nicht (N1-N2)*(pEEG-p2) sein und nicht (N1-N2)*(pEEG-p1)? Die Differenz zwischen aktuellem, realen Strompreis für konventionellen Strom einerseits und EE andererseits müsste doch steigen, wenn der Preis für konventionellen Strom sinkt, der für EEs aber nicht?

Kann mir das jemand erklären?

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isildur Offline



Beiträge: 366

08.02.2012 09:48
#2 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Die Einleitung des Artikels erklärt das eigentlich ganz gut, finde ich(sofern es stimmt was dort steht). Demnach legt das teuerste Kraftwerk den Strompreis fest, also bekommen alle konventionellen Kraftwerke diesen Betrag den eine kWh aus z.B. einem Gaskraftwerk in Spitzenlastzeiten kostet. Wenn nun EEG dieses Spitzenlastkraftwerk vorübergehend aus dem Netz verdrängt und damit das teuerste konventionelle Kraftwerk(meinetwegen Steinkohle oder genau genommen nach der Grafik ein günstigeres GuD Kraftwerk) dann deutlich günstiger ist als das andere welches sonst die Spitzenlast liefern würde, sinkt der Strompreis für den gesamten konventionell erzeugten Strom.
Wenn diese Senkung jetzt höher ist als die EEG-Umlage "sinkt" der Strompreis.

Es sinkt also der Strompreis für konventionell erzeugten Strom, weil die EEGs außerhalb dieses Merit-Orders gesondert behandelt werden, sonst würden wir bei einer Abnahmeverpflichtung ständig 42c/kWh oder so für die teuerste PV für alle Kraftwerke zahlen.

Unter Kritik stehen auch einige sehr einleuchtende Argumente warum das nicht so toll ist, wie es vielleicht für manche erst einmal klingt(im wesentlichen:Wer ist so doof und hält freiwillig unrentable, weil selten genutzte, aber in bewölkten Flautenzeiten nötige teuere Spitzenlastkraftwerke vor).

Hoffe das stimmt soweit, basiert alles auf dem von Ihnen verlinkten Wikipediaartikel(der mir aber recht unaufgeregt und seriös wirkt).

Gruß,
Isildur

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.02.2012 13:09
#3 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Meine Frage bezog sich eben auf die Höhe genau dieser "EEG-Umlage", die ja ungefähr bei der Differenz zwischen Preis für konventionallen Strom und EE liegt. Müsste diese Differenz nicht steigen und damit statt (pEEG-p1) eben (pEEG-p2) relevant sein?

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

08.02.2012 14:12
#4 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Zitat von Techniknörgler
Meine Frage bgzog sich eben auf die Höhe genau dieser "EEG-Umlage", die ja ungefähr bei der Differenz zwischen Preis für konventionallen Strom und EE liegt. Müsste diese Differenz nicht steigen und damit statt (pEEG-p1) eben (pEEG-p2) relevant sein?

Das kann ich beantworten. Hier wird "EEG-Umlage" und "Einspeisevergütung" verwechselt. Die Vergütung ist der garantierte Preis, den der Netzbetreiber dem EE-Einspeiser zahlen muss (je nach Sorte und Jahr der Erstinstallation).

Die EEG-Umlage berechnet sich aus über ein Jahr hinweg kumulierten Verlusten der Netzbetreiber bei der Abwicklung der Einspeisevergütung, umgelegt auf alle Stromkunden. Die hat aber mit dem Börsenpreis nur bedingt zu tun, da sie nicht auf den Börsenpreis des Stroms erhoben wird. Also der Börsenpreis von EE-Strom ist nicht (Konvostrom plus Umlage).

Es ist ja nicht einmal so, dass es an der Börse zwei Sorten Strom (EE-teuer und Konvi-billig) gibt, sondern einfach einen Strompreis aus Angebot und Nachfrage. Ist viel EE-Strom und wenig Last da, sinkt der Börsenpreis weit unter den Preis der Vergütung. Daraus folgt, dass der Konvi-Strom nicht mehr rentabel ist, und die Konvi-Produzenten fahren die Leistung runter (und zahlen drauf). Allerdings hat das momentan keinen Effekt auf den Börsenpreis, und der Strom wird nicht teurer. Abgesehen davon, dass natürlich die Umlage für die Endverbraucher steigt, je häufiger Börsenpreise und Einspeisevergütung differieren. Und das kann der Merit-Order-Effekt nicht auffangen.

Gruß Petz

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isildur Offline



Beiträge: 366

08.02.2012 15:02
#5 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Oh Entschuldigung, ich hatte die Frage missverstanden. Vielen Dank für die Erwähnung des Themas(war mir bislang noch nicht bekannt und kommt mir gerade sehr gelegen, da ich etwas zu dem Thema ausarbeiten muss) und vielen Dank an Meister Petz für die ausführliche Antwort und Erklärung.

Grüße,
Isildur

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.02.2012 23:38
#6 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Zitat von Meister Petz
Preis weit unter den Preis der Vergütung. Daraus folgt, dass der Konvi-Strom nicht mehr rentabel ist, und die Konvi-Produzenten fahren die Leistung runter (und zahlen drauf). Allerdings hat das momentan keinen Effekt auf den Börsenpreis, und der Strom wird nicht teurer. Abgesehen davon, dass natürlich die Umlage für die Endverbraucher steigt, je häufiger Börsenpreise und Einspeisevergütung differieren. Und das kann der Merit-Order-Effekt nicht auffangen.





Genau das ist ja mein Punkt: pEEG ist die Einspeisevergütung, die Differenz zwischen Marktpreis und pEEG müsste die EEG-Umlage sein, weil das die Mehrkosten sind gegenüber dem Marktpreis. Also müsste die EEG-Umlage doch steigen und nicht (N1-N2)(pEEG-p1) die relevante Differenz zum Vergleich mit N2(p1-p2) sein, sondern (N1-N2)(pEEG-p2). Und (N1-N2)(pEEG-p2) ist größer als N2(p1-p2)!

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

09.02.2012 08:39
#7 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Zitat von Techniknörgler
Genau das ist ja mein Punkt: pEEG ist die Einspeisevergütung, die Differenz zwischen Marktpreis und pEEG müsste die EEG-Umlage sein, weil das die Mehrkosten sind gegenüber dem Marktpreis.

Stimmt aber nicht. Sie vergleichen Haushaltspreise (auf die die EEG-Umlage erhoben wird) und Börsenpreise (auf die die EEG-Umlage nicht erhoben wird). Der Merit-Order-Effekt bezieht sich nur auf die Preisbildung an der Börse! Dass die EEG-Umlage den Merit-Order-Effekt für den Haushaltskunden wieder auffrisst, ist eine andere Geschichte, das bedeutet aber nicht, dass Ihre Formel richtig ist.

Zitat von Techniknörgler
Also müsste die EEG-Umlage doch steigen und nicht (N1-N2)(pEEG-p1) die relevante Differenz zum Vergleich mit N2(p1-p2) sein, sondern (N1-N2)(pEEG-p2).

Nein, denn damit würden Sie nur den veränderten Preis in die Rechnung mit einbeziehen, aber die Veränderung des Angebots (insgesamt mehr Strom da) unterschlagen.

Gruß Petz

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

09.02.2012 09:08
#8 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Noch ein Nachtrag zum Thema EEG-Umlage: Es ist nicht einfach so, dass die EEG-Umlage nur der Unterschied zwischen Börsenpreis und Einspeisevergütung ist, das ist viel komplexer. Denn: Der Börsenpreis variiert (wenn man den Intraday-Handel einberechnet) viertelstündlich, d. h. für unser Thema, dass auch der Merit-Order-Effekt viertelstündlich unterschiedlich ist (die Einspeisevergütung ist ja übers Jahr konstant). Nehmen wir das Beispiel einer extremen Situation: Inversionswetterlage im Winter, keine EEG-Einspeisung bei hoher Last. Ihrer These nach müsste der Strom gerade dann besonders billig sein, weil nur Konvistrom gehandelt wird und keine Einspeisevergütungen gezahlt werden. Ist er aber nicht, er ist teuer, weil das Angebot niedrig ist. Es tritt kein Merit Order-Effekt auf. Bei schwacher Last und hoher EE-Einspeisung wird der Strom billig (bis ins negative hinein). Der MO-Effekt ist extrem hoch. Sie sehen, die EE beeinflussen das Angebot extrem, deshalb stimmt es nicht, p2 als Vergleichsgröße heranzunehmen. Wenn Sie p2 herannehmen, berechnen Sie sozusagen in die Mehrkosten die entgangenen Gewinne der Konvibetreiber ein, wenn die die gleiche Strommenge zum gleichen Preis verkauft hätten.

Gruß Petz

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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

09.02.2012 16:22
#9 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Ah, jetzt habe ich es verstanden, Danke!

Aber langfristig können durch teurere Energieerzeugungsmethoden die Strompreise wohl kaum sinken. Der Effekt basiert dann ja hauptsächlich darauf das mehr Investitionen in Anlagen, die das Angebot sicherstellen, erfolgten, der Gewinn pro Investition im Schnitt jedoch sinkt. Dann werden jetzt unrentabler gewordene Investitionen halt in Zukunft nicht mehr getätigt. Diese, dann fehlenden, Kraftwerke braucht man jedoch für windstelle und sonnenarme Tage.

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

09.02.2012 17:02
#10 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Zitat von Techniknörgler
Aber langfristig können durch teurere Energieerzeugungsmethoden die Strompreise wohl kaum sinken. Der Effekt basiert dann ja hauptsächlich darauf das mehr Investitionen in Anlagen, die das Angebot sicherstellen, erfolgten, der Gewinn pro Investition im Schnitt jedoch sinkt. Dann werden jetzt unrentabler gewordene Investitionen halt in Zukunft nicht mehr getätigt. Diese, dann fehlenden, Kraftwerke braucht man jedoch für windstelle und sonnenarme Tage.

Genau. Wenn Sie heute einen Manager eines Erzeugers fragen, wird er Ihnen genau das bestätigen. Der klassische Kraftwerkspark besteht aus Braunkohle, Kernenergie und Laufwasser (hohe Investitionskosten, niedrige Betriebskosten) für die Grundlast, Steinkohle für die Mittellast und Öl und Gas (hohe Betriebskosten wg. Brennstoffpreis) sowie PSW für die Spitzenlast. Solange diese Struktur besteht, sind auch die Erneuerbaren gut zu integrieren.

Da aber die Deutschen ihre Grundlastträger nicht mehr haben wollen und Laufwasser hier nur einen geringen Anteil beisteuert, bringt die Energiewende diese Erzeugungsstruktur durcheinander: An wind- und sonnenarmen Tagen importieren wir, wenn es geht, so viel wie nötig an Grund- und Mittellast, das ist immer noch billiger als die Spitzenlastkraftwerke durchlaufen zu lassen; oder wir werfen sie an, wenn es nicht anders geht. Das Problem ist, dass die Investitionen in Spitzenlastkraftwerke m. E. von den Erzeugern über die Kern- und Kohlekraftwerke mitfinanziert wurden. Das fällt dann weg, weshalb es natürlich unattraktiver wird, in Deutschland ein Gaskraftwerk zu bauen.

Der Punkt, der aber m. E. zu selten Erwähnung findet, weil die meisten Journalisten nur MWs zählen können (vgl. Weizen und Mais), ist die Tatsache, dass mit dem Zubau der EE mehr Regel- und Ausgleichsenergie gebraucht wird, um das Netz stabil zu halten. Vor allem an wind- und sonnenreichen Tagen. Diese kann nur aus konventionellen Kraftwerken gewonnen werden (oder importiert, siehe den ersten Kaltreserve-Einsatz im September), weil der Gesetzgeber es so will und weil es technisch schwierig ist. Deshalb müssen dafür auch immer konventionelle Kapazitäten vorgehalten werden.

Gruß Petz

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

09.02.2012 19:02
#11 RE: Merit-Order-Effekt Antworten

Hier übrigens mal die Spotmarktpreise an der EEX von heute:
Preis Base €/MWh Preis Peak €/MWh
Deutschland/Österreich (Phelix) 82,48 101,35
Frankreich 147,247 192,174

Die Spitzenlast in Frankreich hat schon fast deutsches Solarenergieniveau!

Gruß Petz

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