Kürzlich habe ich schon einmal über eine Gallup-Umfrage aus Deutschland berichtet; damals ging es um die Lebensqualität im Vergleih mit den USA.

Jetzt hat Gallup die Ergebnisse der jährlichen Umfrage zur wirtschaftlichen Lage veröffentlicht. Sie schienen mir eine Marginalie wert zu sein: vor allem wegen des Kontrasts zwischen diesen Daten und dem Bild, das unsere Medien gern zeichnen.

Lieber Zettelo, Sie erwaehnen am Ende den Spiegel Artikel zur DIW Studie ueber Realloehne. Das aergerliche an dieser Studie/an diesem Artikel ist, dass er beruecksichtigt, dass sich die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft aendert. Finden 2 Millionen Arbeitslose einen Job, der so ist ja zu erwarten, unterdurchschnittlich bezahlt wird, dann reduziert sich der Durschnittslohn der Arbeiter. Nicht, weil einem Arbeiter ploetzloch weniger bezahlt wird, sondern - in diesem Forum muss man das ja nicht erklaeren - alleine weil sich die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft aendert.

Die DWI Studie behauptet zwar an diesem Effekt koenne es nicht liegen, weil die Beschaeftigung sich von eher niedrig bezahlten Branchen (Bau) zu hoeher bezahlenden Branchen verlagert habe, dennoch wage ich dies zu bezweifeln, denn es geht ja nicht um die Branche sondern die Qualifikation des durchschnittlichen Arbeiters. Und diese sollte bei abnehmender Arbeitslosigkeit sinken (sofern nicht gleichzeitig eine Schwemme an Hochschulabsolventen dem dagegenhaelt)

Lieber Zettel, da sehen Sie mal, wie die neoliberale Propaganda den armen Menschen den Kopf verdreht hat. Obwohl ja nun - von führenden Journalisten zweifelsfrei festgestellt - die realen Verhältnisse in Deutschland immer schlimmer werden, sind sich die Bürger ihrer verzweifelten Lage gar nicht bewußt!

Es wird noch viel Arbeit der Agitprop-Abteilungen nötig sein, um den Deutschen ein realistisches Bild ihrer eigenen Lage zu vermitteln.

Zitat von Zettel

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Jetzt hat Gallup die Ergebnisse der jährlichen Umfrage zur wirtschaftlichen Lage veröffentlicht. Sie schienen mir eine Marginalie wert zu sein: vor allem wegen des Kontrasts zwischen diesen Daten und dem Bild, das unsere Medien gern zeichnen.

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Seit etlichen Jahren wird mit großem Erfolg eine Propagandaideologie entwickelt, die besagt, daß wir in den westlichen Demokratien in einer abscheulichen Welt leben. Diese Propaganda ist ganz einfach eine Lüge, gegen die man sich wenden muß, denn sie macht viele Menschen unglücklich. Es ist eine Kriegspropaganda, eine Propaganda des Klassenkampfes.
Karl Popper, im Februar 1982 in der französischen Wochenzeitschrift L’Express (Quelle)

In den letzten 30 Jahren hat sich scheinbar nicht viel verändert.

Die Bürger sind in überwältigender Mehrheit persönlich zufrieden, lassen sich aber trotzdem seit über 30 Jahren von "Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, linken Parteien und deren akademischen und journalistischen Sympathisanten" über die Presse "regelmäßig mit Negativmeldungen über die sozialen Verhältnisse in Deutschland" berießeln.

Das ist doch verrückt.
Es gibt keine Zeitung, keinen TV-Sender oder auch nur eine TV-Sendung, die sich dieser antikapitalistischen "Mode" offensiv widersetzt.
Und es scheint auch nicht so zu sein, dass die Bürger massenhaft auf der Suche nach einem solchen Medium wären. Sonst hätte dieser Blog vermutlich das zehn- oder hundertfache an Lesern.

Ich kenne dazu leider keine Daten, aber es würde mich nicht wundern, wenn ein großer Teil der Bürger zwar persönlich mit der wirtschaftlichen Situation rundum zufrieden ist, die Gesamtsituation in der Republik aber als skandalös neoliberal und vollkommen sozial ungerecht einschätzen würden.

Die dauernde Agitation kann nicht völlig wirkungslos verpuffen. Die Linke sitzt mittlerweile im Bundestag und ist eine normale Partei.
Und die Erinnerungen an die DDR verblassen jeden Tag ein Stückchen mehr.
Wie soll das erst in weiteren 30 Jahren aussehen?

Zitat von R.A.

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Lieber Zettel, da sehen Sie mal, wie die neoliberale Propaganda den armen Menschen den Kopf verdreht hat. Obwohl ja nun - von führenden Journalisten zweifelsfrei festgestellt - die realen Verhältnisse in Deutschland immer schlimmer werden, sind sich die Bürger ihrer verzweifelten Lage gar nicht bewußt!


Es wird noch viel Arbeit der Agitprop-Abteilungen nötig sein, um den Deutschen ein realistisches Bild ihrer eigenen Lage zu vermitteln.

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In der Tat. Einem aufrechten Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit muss dieses gesellschaftliche Befinden Tränen der Verzweiflung in die Augen treiben. Aber wie sagte schon Rudi Dutschke anlässlich einer Beerdigung: »Holger, der K(r)ampf geht weiter.«

Als Befragter in so Studien würde ich aber auf diese Selbsteinschätzungen wenig geben, da das, was man gefragt wird und antworten kann, wenig mit dem eigenen Empfinden zu tun hat. Also bei mir war das nach ein paar Fragen eher geistiges Würfeln mit etwas Zinken in Richtung Strohhalm Hoffnung.

Man könnte also genauso folgern, dass die Leute sich zunehmend weniger die Blöße geben wollen oder mit Hoffnung die Realität schön lügen.

Die Umfrage sagt ja auch wenig zu dem Aufhänger von Zettel über die Lohnverteilung. Diese kann ja grob falsch sein und die Entwicklung miserabel sein. Wenns trotzdem reicht, muss ich ja nicht in Selbstmitleid zerfließen, sondern kann optimistisch sein.