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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 17 Antworten
und wurde 1.388 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.02.2012 05:49
Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Noch einmal der Fall Kachelmann; diesmal unter einem sehr allgemeinen Aspekt: Was darf aus einer öffentlichen Gerichtsverhandlung berichtet werden?

Politur Offline



Beiträge: 49

15.02.2012 07:47
#2 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat
Während des laufenden Ermittlungsverfahrens und bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gelte zu Gunsten des Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Dementsprechend zurückhaltend und ausgewogen müsse über den Tatvorwurf und den auf dem Angeklagten lastenden Verdacht berichtet werden.



...und was ist Emmas/Alice Schwarzers Meinung zur Unschuldsvermutung:

Zitat
EMMAs Vorschlag zum „Unwort des Jahres“ ... EMMA ... hätte aber auch noch zwei weitere Vorschläge gehabt: „einvernehmlicher Sex“ und „Unschuldsvermutung“.



Die Begründung dafür eröffnet übrigens Kachelmann die Möglichkeit eines Prozesses gegen Emma, da er ziemlich direkt als Täter bzw. schuldig beschrieben wird:

Zitat
Begründung? Da fragt man am besten Nafissatou Diallo oder Claudia D. [Anm. die Frau, die Kachelmann der vergewaltigung bezichtigt hat] oder irgendeine von den 86800 geschätzten vergewaltigten Frauen im Jahr, deren Vergewaltiger nie angezeigt, nie angeklagt oder nie verurteilt wurden.

Rapsack Offline



Beiträge: 169

15.02.2012 08:13
#3 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Ohne jetzt tiefer auf deinen guten Artikel einsteigen zu wollen, will ich trotzdem meine ersten Gedanken hier niederlegen.

Ich denke zwei wesentliche Punkte sind bei der Beurteilung deiner Fragen zu berüksichtigen.

1. Warum werden Gerichtsverfahren und insbesondere Strafverfahren grundsätzlich öffentlich geführt? Mit dem Zulassen von Zuschauern und auch der Presse zu den Gerichtsverhandlungen soll sicher gestellt werden, dass diese nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ablaufen und nicht gemauschelt, betrogen etc. wird. Es geht also nicht darum um die Sensationsgelüste der Presse und Bevölkerung zu befriedigen. Daher kann man durchaus die Frage stellen ob überhaupt vor dem Ausgang eines Verfahren aus diesem berichtet werden darf. Denn die für die Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens braucht es nicht unbedingt dieser.

siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Öffentlichkeitsgrundsatz

2. Die Berichterstattung durch die Presse aber auch durch die Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft und Gerichte dürfen nicht zu einer Vorverurteilung des Beschuldigten führen, denn gerade in Strafverfahren gilt eben die Unschuldigkeitsvermutung. Erst durch das Urteil wird die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten festgestellt. Wenn dies so gilt, so gilt erst recht auch die Persöhnlichkeitsrechte des Betroffenen zu wahren. In einer ganzen Reihe von Verfahren kommt aber die Berichterstattung einer Verurteilung gleich. Einer Verurteilung die sogar nicht mehr durch einen Freispruch aufgehoben werden kann. So auch im Fall Kachelmann.

Aus diesen beiden Punkten ergibt sich, dass im Zweifel eben nicht vor der Urteilsverkündung berichtet werden darf, wenn durch die Berichterstattung die Rechte insbesondere die Persöhnlichkeitsrechte des Beschuldigten bzw. Angeklagten verletzt werden und eine Vorverurteilung zu befürchten ist. Erst durch das urteil wird festgestellt was die "maßgebliche" Wahrheit ist. Ich hoffe das der BGH in seiner Revision endlich die unsägliche Praxis von Presse und Pressestellen der Gerichte und Staatsanwaltschaft massiv zurrechtstutzt, die alzu häufig zu einer nicht revidierbaren Vorwegnahme des Urteils führt.

Gruß

Rapsack

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.02.2012 09:03
#4 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Eine interessante Sache: Wenn in einem Verfahren Öffentlichkeit zugelassen ist dürfte es schwer sein, Kriterien zu finden, diese Öffentlichkeit auf die Sitzplätze im Gerichtssaal zu beschränken. Dass nun intimste Details der Privatssphäre in der Öffentlichkeit stehen ist die unmittelbare Folge der Rechtsprechung, die sich inzwischen eben in dieser Privatsphäre breitgemacht hat. Man muss m.E. mit der Schattenseite dieser Gesetzgebung leben, allerhöchstens die Schwelle für die Zulassung der Öffentlichkeit anheben.

Aber klare und praktikable Kriterien für eine Ausgrenzung des größten Teils der Öffentlichkeit kann ich mir nicht vorstellen. Man kann ja mal wieder alles künftigen Gerichtsurteilen zu entsprechenden Klagen überlassen. Am Ende lesen die Leute die Details nicht mehr in der Zeitung, sondern im Internet.

Gruß, Martin

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.02.2012 10:02
#5 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von Zettel
Noch einmal der Fall Kachelmann; diesmal unter einem sehr allgemeinen Aspekt: Was darf aus einer öffentlichen Gerichtsverhandlung berichtet werden?



Von mir aus alles, es liegt an mir ob ich es ernst nehme. Wenn Alice Schwarzer für die BILD berichtet, werde ich das anders bewerten müssen als Gisela Friedrichsens Erzählungen für den Spiegel. Ich habe sogar die Freiheit etwas nicht zu lesen oder den Sender zu wechseln, was sich bei diesem Prozess als empfehlenswert erwiesen hat.

http://iceagenow.info

isildur Offline



Beiträge: 366

15.02.2012 10:31
#6 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Hätte alle Beteiligten vorher mal aufgepasst wären solche Urteile unnötig. Was das Gericht ja anscheinend zu sagen versucht ist:Übertreibst nicht. Das ist das eigentlich beschämende, dass alles bis ins Detail geregelt werden muss, weil es anscheinend unmöglich ist einmal selbst nachzudenken und anhand der grundsätzlichen Rechte die ein Mensch in diesem Lande genießt eine vernünftige Abwägung zu treffen.
Ich bin zwar auch kein Jurist, kann die Kritikpunkte aber voll und ganz teilen, in der Form wirkt das auf mich auch recht schwammig und unkonkret, auch wenn der Sachverhalt, zugegeben, auch schwer allgemein zu fassen ist.

Gruß,
Isildur

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.02.2012 11:19
#7 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von isildur
Hätte alle Beteiligten vorher mal aufgepasst wären solche Urteile unnötig. ..Gruß,
Isildur



Lieber isildur,

dann passen Sie auf, dass Sie nie mit einer anderen Person allein in einem Raum oder im Aufzug sind.

Gruß, Martin

isildur Offline



Beiträge: 366

15.02.2012 11:37
#8 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von Martin

Zitat von isildur
Hätte alle Beteiligten vorher mal aufgepasst wären solche Urteile unnötig. ..Gruß,
Isildur



Lieber isildur,

dann passen Sie auf, dass Sie nie mit einer anderen Person allein in einem Raum oder im Aufzug sind.

Gruß, Martin


Worauf bezieht sich Ihre Aussage? Um das vielleicht klar zu stellen, ich meinte nicht den Kachelmannprozess in dem es um die Vergewaltigung ging sondern das Urteil jetzt zur Berichterstattung. Hätte die Bildzeitung und evtl. andere direkt mal darüber nachgedacht wo wirklich ein berechtigtes öffentliches Interesse dran besteht und was nur Sensationsgier unter Ausnutzung der Öffentlichkeit des Prozesses ist bräuchte es keine solchen Urteile die ganz haarscharf am Grad zwischen Schutz der Privatsphäre und Pressefreiheit balancieren müssen.

Gruß,
Isildur

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.02.2012 12:28
#9 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von isildur
Worauf bezieht sich Ihre Aussage? Um das vielleicht klar zu stellen, ich meinte nicht den Kachelmannprozess in dem es um die Vergewaltigung ging sondern das Urteil jetzt zur Berichterstattung.
Gruß,
Isildur



Dann habe ich Sie falsch interpretiert, ich hatte das auf den Kachelmannprozess bezogen.

Gruß, Martin

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

15.02.2012 13:50
#10 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Ich bin gespannt, wie der BGH in dieser Frage entscheidet.

Das Urteil heute sagt doch:
- Das Gericht ist der Meinung, dass die Presse im behandelten Fall übertrieben hat.
- Das Thema ist generell über den Einzelfall hinaus relevant.
- Lieber BGH, mach Du bitte.

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.253

15.02.2012 14:01
#11 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von Dagny
Ich bin gespannt, wie der BGH in dieser Frage entscheidet.

Das Urteil heute sagt doch:
- Das Gericht ist der Meinung, dass die Presse im behandelten Fall übertrieben hat.
- Das Thema ist generell über den Einzelfall hinaus relevant.
- Lieber BGH, mach Du bitte.

Es verspricht auf jeden Fall spannend zu werden. Denn einerseits will man ja öffentliche Prozesse (Stalinisten u.ä. ausgenommen), andererseits aber auch Schutz der Privatsphäre. Und irgendwo muss ja eine Grenze gezogen werden, wenn nicht jeder Richter das individuell handhaben will, soll, darf oder kann.

 
Mit freundlichem Gruß

--
„Tatsachen sind die Feinde der Wahrheit“ – sagt Miguel de Cervantes Saavedra
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.02.2012 14:54
#12 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von isildur
Hätte die Bildzeitung und evtl. andere direkt mal darüber nachgedacht wo wirklich ein berechtigtes öffentliches Interesse dran besteht und was nur Sensationsgier unter Ausnutzung der Öffentlichkeit des Prozesses ist bräuchte es keine solchen Urteile die ganz haarscharf am Grad zwischen Schutz der Privatsphäre und Pressefreiheit balancieren müssen.



Ich verstehe nicht ganz. Die Möglichkeit, die Öffentlichkeit auszuschließen, ist bereits gesetzlich geregelt, ausdrücklich zum Schutze der Privatsphäre.

Es kann aber nicht sein, dass Inhalte einer öffentlichen Verhandlung einer Selbstzensur unterliegen müssen. Die Pressefreiheit ist auch nicht an ein, ob jetzt berechtigtes oder unberechtigtes, öffentliches Interesse gebunden. Wenn für eine Zeitung die Sensationsgier der Kundschaft die Geschäftsgrundlage ist, dann wird sie diese auch befriedigen.

http://iceagenow.info

isildur Offline



Beiträge: 366

15.02.2012 17:25
#13 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

@Martin:Ja das hatte ich mir gedacht, immer wieder gut Missverständnisse ausräumen zu können.

Zitat von C.

Ich verstehe nicht ganz. Die Möglichkeit, die Öffentlichkeit auszuschließen, ist bereits gesetzlich geregelt, ausdrücklich zum Schutze der Privatsphäre.

Es kann aber nicht sein, dass Inhalte einer öffentlichen Verhandlung einer Selbstzensur unterliegen müssen. Die Pressefreiheit ist auch nicht an ein, ob jetzt berechtigtes oder unberechtigtes, öffentliches Interesse gebunden. Wenn für eine Zeitung die Sensationsgier der Kundschaft die Geschäftsgrundlage ist, dann wird sie diese auch befriedigen.


Ich weiß nicht ob man die Öffentlichkeit auch teilweise ausschließen kann, ein völliger Ausschluss der Öffentlichkeit hätte bei einem so prominenten Fall vermutlich viel Kritik gebraucht, von daher sicherlich keine einfache Lage für den Richter.
Mich ärgert es trotzdem immer wieder wenn Erwachsene Menschen nicht ein wenig rücksichtsvoll und kompromissbereit durchs Leben gehen können. Da verklagen manche ihre Nachbarn wegen einer Hecke die 2cm übers Grundstück reicht und Journalisten sind unfähig sich an gewisse moralische Mindeststandards zu halten. Als Liberaler erwarte ich von den Menschen für deren(wie für meine) Freiheit ich eintrete ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein, was niemanden geistig überfordern sollte.

Gruß,
Isildur

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.02.2012 18:27
#14 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von isildur
Als Liberaler erwarte ich von den Menschen für deren(wie für meine) Freiheit ich eintrete ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein, was niemanden geistig überfordern sollte.

Das sehe ich auch so. Zumal ein Verbot, etwas zu schreiben, ja nur dazu führen würde, daß man es dann eben zwischen den Zeilen zu verstehen gibt. Was ich für unwürdig hielte; wir leben ja nicht in der DDR.

Herzlich, Zettel

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

15.02.2012 21:28
#15 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

@ Dagny: Nein, nicht: "Lieber BGH, mach du bitte." Das OLG muss die Revision zulassen, wenn die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 543 II 1 ZPO). Das hat nichts mit einem Weitergeben der heißen Kartoffel zu tun. Zulassung der Revision heißt auch nicht automatisch, dass die Revision erhoben wird.

@ Zettel: Den Passus "Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht strafrechtlich verurteilt worden sei" kann ich mir nur so erklären: Wer strafrechtlich wegen Vergewaltigung verurteilt wird, trägt ein derart großes Selbst- bzw. Mitverschulden an der Schädigung seines Rufs bzw. seiner Persönlichkeitsrechte, dass die Medienberichte über das Intimleben schadensersatzrechtlich nicht mehr ins Gewicht fallen.
Dogmatisch weit weniger befriedigend ist folgende Interpretation: Bei einer Verurteilung wäre K.s Ruf ohnehin ruiniert gewesen; die Medienberichte über sein Intimleben wären für die Rufschädigung also nicht kausal geworden. (Kausalität des gerügten Verhaltens für den entstandenen Schaden ist ein Tatsbestandsmerkmal bei Schadensersatzansprüchen.) Problematisch an dieser Interpretation ist, dass der auf den Medienberichten basierende Rufschaden ja schon vor der eventuellen Verurteilung eintrat.
Das OLG und (sofern Revision erhoben wird) der BGH müssen hier die sehr heikle Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit vornehmen. Das große Problem im vorliegenden Fall ist, dass der Freigesprochene rein rechtlich ein völlig unbescholtener Bürger ist, dass er aufgrund der Medienberichte aber wohl kaum in sein altes Berufsleben wird zurückkehren können. Semper aliquid haeret: Und hier eben nicht nur der vage Ruch einer Anklage, sondern vielmehr recht plastische Enthüllungen über sehr private Details. Ich würde mich nicht darum reißen, diesen Fall entscheiden zu müssen.

eventuellen vor "Verurteilung" eingefügt, um Missverständnisse zu vermeiden

Florian Offline



Beiträge: 3.136

15.02.2012 22:05
#16 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Um es ganz klar zu sagen:
Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen dient dem Schutz des Angeklagten vor Justizwillkür.
Es ist daher ein wichtiges Grundrecht

Die Einschränkung der Öffentlichkeit ist somit eine Schwächung dieser Schutzfunktion.
Und wenn diese Einschränkung in Zukunft durch (offenbar auch noch recht willkürliche) Gerichtsurteile möglich wird, dann ist das ein Schritt in Richtung Willkürjustiz.

Konkret im Fall Kachelmann:
Wenn im Gerichtsverfahren intime Details aus dem Vorleben des Herrn Kachelmann ausgebreitet werden, dann doch wohl deshalb, weil das Gericht diese Details für relevant für die Urteilsfindung hält.
Den Medien muss aber möglich sein, in vollen Umfang über das Urteil zu berichten und über alles, was zu diesem Urteil geführt hat. Und wenn intime Details dieses Urteil beeinflusst haben, dann auch diese.
Denn nur so ist eine kritische Begleitung des Prozesses überhaupt möglich.
(Man stelle sich z.B. vor, in einem Vergewaltigungsprozess würde sich herausstellen, dass der Angeklagte impotent ist. Das Gericht würde ihn dennoch verurteilen. Dann muss eine Zeitung doch auf diesen Widerspruch hinweisen dürfen, auch wenn dazu ein intimes Detail veröffentlicht werden muss).
Wenn nun allen ernstes das Landgericht Köln der Meinung ist, die im Kachelmann-Fall veröffentlichten intimen Details seien für die öffentliche Beurteilung des Gerichtsurteils nicht relevant, dann stellt sich doch vielmehr die Frage, warum das Landgericht Mannheim diese für das Urteil angeblich nicht relevanten Details überhaupt ermittelt hat. Der Fehler liegt dann also beim Prozess-Managemnt des Landgerichts Mannheim und nicht bei der berichtenden Presse.

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.02.2012 23:06
#17 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

Zitat von Florian
Wenn nun allen ernstes das Landgericht Köln der Meinung ist, die im Kachelmann-Fall veröffentlichten intimen Details seien für die öffentliche Beurteilung des Gerichtsurteils nicht relevant, dann stellt sich doch vielmehr die Frage, warum das Landgericht Mannheim diese für das Urteil angeblich nicht relevanten Details überhaupt ermittelt hat. Der Fehler liegt dann also beim Prozess-Managemnt des Landgerichts Mannheim und nicht bei der berichtenden Presse.



Ergänzend sei angemerkt, dass es auch ein Bestandteil der Verteidigungsstrategie war, Öffentlichkeit herzustellen:

Zitat von Gisela Friedrichsen
Kachelmanns neuer Verteidiger Johann Schwenn widmete sich erst einmal dem grundsätzlichen Thema des Ausschlusses der Öffentlichkeit. Tatsächlich konnten sich die Berichterstatter von dem, was im Fall Kachelmann bisher verhandelt worden war, kaum ein Bild machen. Stets stand man vor der Tür, ob es nun explizit um den Anklagevorwurf ging oder zum Beispiel um mediale Begleiterscheinungen.

http://iceagenow.info

Rapsack Offline



Beiträge: 169

16.02.2012 10:00
#18 RE: Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit Antworten

@ c:

Zitat
Es kann aber nicht sein, dass Inhalte einer öffentlichen Verhandlung einer Selbstzensur unterliegen müssen. Die Pressefreiheit ist auch nicht an ein, ob jetzt berechtigtes oder unberechtigtes, öffentliches Interesse gebunden. Wenn für eine Zeitung die Sensationsgier der Kundschaft die Geschäftsgrundlage ist, dann wird sie diese auch befriedigen.


Die Pressefreiheit ist grundsätzlich klar geregelt, und letztendlich durch zahlreichen Urteilen mit Leben erfüllt. Wenn aber die Presse die Sensationsgier befriedigen möchte, so hat dies Grenzen und zwar dort, wo die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen anfangen. Hier gibt es klare Parallelen zu der Berichterstattung über Promies, wie den Prügelprinz und Caroline von Monaco und zahlreiche andere Fälle. Es betrifft nicht nur die Frage, ob berichtet werden darf sondern auch wie und in welchen Tonfall. Auch die Pressefreiheit hat Grenzen. Wenn sie diese Grenzen überschreiten, droht ihnen eben eine Verurtreilung zu deftigen Schadensersatz.

@Zettel:

Zitat
Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht strafrechtlich verurteilt worden sei.


Ich sehe die Bedeutung des Verweises darin, dass hier eben nicht über (gerichtlich) festgestellte Tatsachen berichtet wurde, (was grundsätzlich immer erlaubt ist, auch wenn dies in die Persönlichkeitsrechte eingreift, Tatsachenbehauptungen sind grundsätzlich immer erlaubt.) sondern über bloße Meinungen und Ansichten einzelner Personen. Dies aber geschah in einer Weise als wären es Tatsachen. Wenn also die Presse berichten möchte so hat sie dies auch in einer Weise zu tun in dem jeden Leser/Zuschauer/Zuhörer klar ist hier handelt es sich nur um die Mainung einer Person und nicht um "Wahrheiten". Durch den Freispruch wurde eben am Ende festgestellt, dass es sich um "unwahre" Anschuldigungen handelte.

@Florian:

Zitat
Die Einschränkung der Öffentlichkeit ist somit eine Schwächung dieser Schutzfunktion.
Und wenn diese Einschränkung in Zukunft durch (offenbar auch noch recht willkürliche) Gerichtsurteile möglich wird, dann ist das ein Schritt in Richtung Willkürjustiz.


1. Das Problem mit solchen intimen Details ist, dass erst nachdem man diese erforscht hat, man feststellen kann, ob diese Relevanz für das Verfahren haben. Und dies kann man der natur der Sache nach eben erst im Nachhinein feststellen.
2. Ich sehe den Fall so, dass es hier im Kern nicht um die Frage geht, ob es eine Ergänzung und Kokretisierung der Regel zu dem Ausschluß der Öffentlichkeit bedarf was durchaus notwendig sein kann (siehe unten), sondern um die Grenzen der Berichterstattung. Das heißt, wie schon mehrfach ausgeführt, ob und in welcher weise über den Prozess berichtet werden darf.
3. Auch schon heute ist es möglich die Öffentlichkeit zum Schutz von Angeklagten und Zeugen auszuschließen. Hier obliegt es den Strafverteidigung und Anklägern auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zuachten. Es kann gutsein dass eines Kokretisierung der Grundsätze durch den BGH gerade in Bezug auf den Schutz eines nur Angklagten bedarf, denn meißtens wird die Öffentlichkeit zum Schutz eines Zeugen ausgeschlossen. Um dies genau zu beurteilen reichen mir die veröffentlichten Ausschnitte des Urteils des OLG nicht aus, ich müßte das ganze Urteil lesen.

@C:

Zitat
Zitat von Florian
Wenn nun allen ernstes das Landgericht Köln der Meinung ist, die im Kachelmann-Fall veröffentlichten intimen Details seien für die öffentliche Beurteilung des Gerichtsurteils nicht relevant, dann stellt sich doch vielmehr die Frage, warum das Landgericht Mannheim diese für das Urteil angeblich nicht relevanten Details überhaupt ermittelt hat. Der Fehler liegt dann also beim Prozess-Managemnt des Landgerichts Mannheim und nicht bei der berichtenden Presse.



Ergänzend sei angemerkt, dass es auch ein Bestandteil der Verteidigungsstrategie war, Öffentlichkeit herzustellen:

Zitat von Gisela Friedrichsen
Kachelmanns neuer Verteidiger Johann Schwenn widmete sich erst einmal dem grundsätzlichen Thema des Ausschlusses der Öffentlichkeit. Tatsächlich konnten sich die Berichterstatter von dem, was im Fall Kachelmann bisher verhandelt worden war, kaum ein Bild machen. Stets stand man vor der Tür, ob es nun explizit um den Anklagevorwurf ging oder zum Beispiel um mediale Begleiterscheinungen.




Bei der Verweis hinkt ein bischen, denn die Verteidigung beklagte die einseitige Ausrichtung im Umgang mit dem Ausschluß der Öffentlichkeit. Sie beklagte, dass nur Opfer- und Zeugenschutzgesichtpunkte berücksichtigt wurden, nicht aber der Schutz der Rechte des Angeklagten. So soll sich aus dem öffentlichen Teil des Prozesses ein konkretes Bild des Angeklagten ergeben haben, dass eine Verurteilung nahelegte, nicht aber ein Bild über die Glaubhaftigkeit der Zeugen deren Aussagen zu diesem Bild über Kachelmann führte. Aber genau diese Bild über die Glaubhaftigkeit der Zeugen, war in dem Prozess auch letztlich entscheidend. Dies war der richtige nur bedingt erfolgreiche Versuch der Verteidigung, der Vorverurteilung Kachelmanns durch die Presse entgegenzuwirken. Es ging der Verteidigung nicht darum alle Details exhibitionistisch in die Öffentlichkeit zu zerren, sondern um Waffengleichheit. Es ging darum das in der öffentlichkeit aufgebaute Bild der doch so unschuldigen und mitleidserregenden Zeugin zu zerstören. Es ging darum der Öffentlichkeit zu erklären, warum man dieser Frau nicht glauben darf.

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