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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 10 Antworten
und wurde 1.168 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.02.2012 07:18
Friendship 7 Antworten

Eine kleine Erinnerung an den Flug John Glenns gestern vor 50 Jahren.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

21.02.2012 09:31
#2 RE: Friendship 7 Antworten

Danke für diese interessante Rückschau, lieber Zettel!

Nach meiner Erinnerung lag der Enthusiasmus über die Raumfahrt dieser Zeit auf beiden Seiten. Zu Gagarin waren in der Sondersendung gegen Mittag nur irgendwelche Paraden o.ä. zu sehen, was uns damals verwirrte. (Solche Geheimniskrämerei galt noch bei Siegmund Jähn.) Gagarin wurde übrigens bei seinem Besuch in der DDR allseits herzlich empfangen und in angenehmer Erinnerung behalten; vielleicht stellte er ein jugendlich - sympathisches Gesicht der Sowjetunion dar?? mfG

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

21.02.2012 10:53
#3 RE: Friendship 7 Antworten

Bei John Glenn zeigte sich übrigens auch schon eine Neigung zum Individualismus, zum eigenständigen Handeln - nicht nach Dienstplan - der sich dann durch das ganze bemannte Raumfahrtprogramm hindurchgezogen hat. Glenn hatte sich nämlich, höchst eigenmächtig, eine Kamera eingesteckt, mit der er dann die ersten Fotos des blauen Planeten aus der Umlaufbahn schoß:

http://www.aerospaceguide.net/spacehistory/johnglenn.html
"John Glenn took the first photographs of the Earth from space during the third Mercury manned mission."
(unter anderem dieses:)
http://www.cfnews13.com/static/articles/...-earth-nasa.jpg

Gagarin war tatsächlich so etwas wie ein sunny boy der Sowjetunion, unverkrampft, von jungenhaftem Charme, ganz anders als die betonierten Kommißköpfe und Apparatschiks, die sonst allgegenwärtig waren; Chruschtschov hat das genau erkannt, als er ihn nach seinem Flug auf Welttournee geschickt hat, von daher kam auch die strikte Anweisung von oben, Gagarin nie für einen weiteren Flug zuzulassen, um kein Risiko einzugehen (was Gagarins Tod 1968, weil sein Flugzeug in die Wirbelschleppe eines anderen Düsenjägers geriet, eine gewisse ironische Note verleiht).

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.02.2012 14:42
#4 RE: Friendship 7 Antworten

Zitat von Hausmann
Zu Gagarin waren in der Sondersendung gegen Mittag nur irgendwelche Paraden o.ä. zu sehen, was uns damals verwirrte. (Solche Geheimniskrämerei galt noch bei Siegmund Jähn.)

Ja, das war auch für uns im Westen sehr verwirrend.

Ich habe mich damals ziemlich für Raumfahrt interessiert und kannte mich mit dem Projekt Mercury ganz gut aus. Da war natürlich die Frage, wie die Russen es denn nun gemacht hatten. Eine kugelförmige Raumkapsel? Aber wie sollte die beim Wiedereintritt stabilisiert werden? Wie bekam man die weiche Landung auf der Erde hin? (Die Mercury-Kapseln wasserten bekanntlich). Welche Aufgaben hatte Gagarin eigentlich? Oder war er nur passiver Passagier?

Erst im Lauf der Jahre gab es Antworten auf diese Fragen; und alle Antworten bekam man ja erst nach 1990. Da erst erfuhr man zum Beispiel, daß beim Wiedereintritt die Trennung von Kapsel und Versorgungsteil nicht geklappt hatte und Gagarin in Gefahr gewesen war zu verglühen. Später passierte ja ein solches Unglück beim Wiedereintritt, und Komarow kam ums Leben.

Was die Begeisterung angeht, kann ich mir gut vorstellen, daß sie in der DDR riesig war. Zum einen wie im Westen wegen des "Menschheitsziels" Raumfahrt. Aber sicher auch aus Stolz darauf, daß man den Westen geschlagen hatte.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.02.2012 14:49
#5 RE: Friendship 7 Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann
Bei John Glenn zeigte sich übrigens auch schon eine Neigung zum Individualismus, zum eigenständigen Handeln - nicht nach Dienstplan - der sich dann durch das ganze bemannte Raumfahrtprogramm hindurchgezogen hat.

Haben Sie den Film "The right stuff" gesehen? Da wird das sehr schön - wenn auch dramaturgisch zugespitzt - gezeigt, wie auch die NASA-Ingenieure zuerst passive Astronauten wollten und die sieben Testpiloten dann durchsetzten, daß sie als Piloten und nicht als Staffage fliegen durften.

Zitat von Ulrich Elkmann
Gagarin war tatsächlich so etwas wie ein sunny boy der Sowjetunion, unverkrampft, von jungenhaftem Charme, ganz anders als die betonierten Kommißköpfe und Apparatschiks, die sonst allgegenwärtig waren; Chruschtschov hat das genau erkannt, als er ihn nach seinem Flug auf Welttournee geschickt hat, von daher kam auch die strikte Anweisung von oben, Gagarin nie für einen weiteren Flug zuzulassen, um kein Risiko einzugehen (was Gagarins Tod 1968, weil sein Flugzeug in die Wirbelschleppe eines anderen Düsenjägers geriet, eine gewisse ironische Note verleiht).

Ja, das ist wahr. Auch die Auswahl Gagarins erfolgte eben unter dem Gesichtspunkt der beabsichtigten propagandistischen Wirkung.

Auch daß er ein Kind der Arbeiterklasse war, spielte natürlich eine Rolle. Wie auch die erste Frau im Orbit, Walentina Tereschkowa, die Fabrikarbeiterin gewesen war und, wenn ich mich recht erinnere, keinen Pilotenschein hatte, sondern nur Fallschirm gesprungen war. Sie hatte wohl in der Wostok-Kapsel so wenig zu tun wie Gagarin und Titow. Und ihre eigentliche Aufgabe begann erst, als sie danach jahrelang auf Tournee war.

Herzlich, Zettel

isildur Offline



Beiträge: 366

21.02.2012 15:09
#6 RE: Friendship 7 Antworten

Raumfahrt ist aus meiner Sicht kein Thema, dass man rational behandeln kann. Ich habe als Kind viel von meinem Opa darüber gehört, der sich sehr intensiv und fasziniert mit dem Thema beschäftigte und hatte vor kurzem die Gelegenheit Astronauten einmal live zu erleben.
"Menschheit", "Welt", ... diese Begriffe sind heute viel missbrauchte Phrasen - in Gegenwart eines internationalen Astronautenteams von der ISS wurden sie für mich zum ersten mal greifbar. Das All eröffnet dem Menschen eine neue Perspektive, nicht nur nach draußen sondern vor allem im Rückblick auf die Erde. In einer globalisierten Welt in der vieles näher zusammenrückt brauchen wir diese Perspektive aus meiner Sicht dringender denn je und sie wird nur dort real und greifbar wo Menschen sie greifbar machen, Menschen die tatsächlich das immer noch(für mich zumindest) Unglaubliche erlebt haben.
Aus wissenschaftlicher Sicht mag die bemannte Raumfahrt verzichtbar und schlicht teuer sein, aus menschlicher Sicht halte ich sie für einen wertvollen Schatz der durch die "persönliche" Begegnung geteilt werden kann. Ich glaube das die bemannte Raumfahrt auf lange Sicht einen der wichtigsten Beiträge zu Frieden und Toleranz liefern kann, auch wenn ich solche Modeworte sonst selten in den Mund nehme.

Gruß,
Isildur

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

21.02.2012 15:35
#7 RE: Friendship 7 Antworten

Wobei sich "The Right Stuff" - jedenfalls die Buchvorlage von Tom Wolfe - ja eher auf die X-15 Stratosphärenpiloten - kaprizierte, die eben "the right stuff" hatten und nicht als "lebendes Büchsenfutter", "spam in a can", als lebende Kanonenkugeln in die Luft geschossen wurden (so zumindest in der eigenen Wahrnehmung). Die NASA hat dem im Nachhinein Rechnung getragen, indem sie allen Piloten, die je mehr als 100 km von der Erdoberfläche entfernt waren, den Astronautenstatus zuerkannt hat, so daß auch zwei oder drei der X-15 Piloten mittlerweile als Raumfahrer verbucht sind. Die wirkliche Ironie liegt dabei darin, daß erst diese, tja, Umetikettierung es Richard Branson möglich gemacht hat, "Raumflüge" mit seiner Firma Virgin Galactics anpreisen zu können, und in Kalifornien einen ganz privaten Weltraumbahnhof zu bauen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Mojave_Spaceport
Bislang ist es seit den ersten 3 durch die Wettbewerbsregeln für den X Prize vorgeschriebenen Flügen von 2004 allerdings allein bei Ankündigungen fürs jeweils nächste Jahr geblieben, was den Flugbetrieb angeht.
Die treffende filmische Umsetzung dieses Kontrasts zwischen den Tollkühnen Piloten in ihren Fliegenden Kisten und dem, wofür "man auch einen Affen einsetzen kann", findet sich dann in Clint Eastwoods Film "Space Cowboys", wo bei einer Pressekonferenz vor den Augen der Tespiloten tatsächlich ein schimpanse als "America's first astronaut" präsentiert wird (im Gegensatz zur schnöden Wirklichkeit, wo es der Pressestelle des NASA erst nach dme Flug einfiel, daß es schlecht wirken würden von "Affe No. 1" etc. zu sprechen, und auf die Namen "Ham" und "Able" verfiel). Naja: "when the legend becomes truth, print the legend".

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.02.2012 15:36
#8 RE: Friendship 7 Antworten

Zitat von isildur
Aus wissenschaftlicher Sicht mag die bemannte Raumfahrt verzichtbar und schlicht teuer sein, aus menschlicher Sicht halte ich sie für einen wertvollen Schatz der durch die "persönliche" Begegnung geteilt werden kann. Ich glaube das die bemannte Raumfahrt auf lange Sicht einen der wichtigsten Beiträge zu Frieden und Toleranz liefern kann, auch wenn ich solche Modeworte sonst selten in den Mund nehme.

Ich weiß nicht, lieber Isildur.

Damals sah ich das so, wie Sie es jetzt beschreiben; auch danach noch lange Zeit. Bis immer deutlicher wurde, wie viel Roboter inzwischen können und wie maßlos teuer es ist, Menschen ins All zu befördern und dort einigermaßen komfortabel leben zu lassen.

Ich glaube inzwischen, daß Symbolik allein nicht funktioniert. Die bemannte Raumfahrt könnte diesen symbolischen Wert, den Sie beschreiben, auch weiter haben, wenn sie zugleich sinnvoll geblieben wäre. Aber man kann nicht zig Milliarden allein für Symbolik verplempern.



Meine Vermutung ist, daß die ernsthafte wissenschaftliche (und kommerzielle und auch militärische) Erforschung und Nutzung des "Weltraums" (dh vor allem der paar hundert Kilometer oberhalb der Erdoberfläche; plus bei der Erforschung die Planeten und Asteroiden) eine Sache von Robotern werden bzw. bleiben wird.

Und die bemannte Raumfahrt wird ein Zweig der Touristik werden. Die Russen nehmen ja schon lange zahlende Touristen mit; in den USA geht mit der Kommerzialisierung der bemannten Raumfahrt der Trend in dieselbe Richtung.

Man wird Journalisten und Schriftsteller auf die Reise in den Orbit schicken, damit sie uns das beschreiben, was Sie nennen. So etwas sollte ja schon einmal die Lehrerin McAuliffe, die bei der Challenger-Katastrophe ums Leben kam.

Vielleicht wird der Flug in den Orbit irgendwann einmal auch so billig, daß dort Filme gedreht werden können - Werbung, vielleicht auch wissenschaftliche und, warum nicht, Spielfilme.



Als, in diese "weiche" Richtung, wird, denke ich, die bemannte Raumfahrt gehen. Mit einer Ausnahme allerdings: Die Chinesen haben bereits mit dem Bau ihrer Raumstation begonnen und arbeiten am Mondprogramm. Und das nicht aus touristischen Motiven.

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

21.02.2012 16:17
#9 RE: Friendship 7 Antworten

Zitat von Isildur
________
vor allem im Rückblick auf die Erde
________
Fred Hoyle hat das 1948 formuliert, daß der Blick "von außen" auf die Erde - demnächst - eine völlige Veränderung des Weltbildes hervorrufen werde. Zur wirklichen Ikone ist dann das Bild vom "Erdaufgang" vom Dezember 1968 geworden - von der Erde, die hinter dem leblosen Mondhorizont auftaucht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Earthrise
Auch in den rückblickenden Kommentaren von 1969 wird immer wieder auf die "Entdeckung der Erde" abgehoben - die dann zum Symbol für das "Raunschiff Erde" wurde, für Begrenztheit und Verletzlichkeit; das Foto wurde zum Anlaß (zumindest einem der Anlässe) ür den ersten Earth Day von 1970 (und bildete das Titelbild für den Whole Earth Catalog). Eine gründliche Geschichte der diversen Bilder aus dem All findet sich in Robert Poole, Earthrise: how Man First Saw the Earth (2008).
Das war immer eines der Hauptargumente für die bemannte (oder, PC, bemenschte?) Variante der Raumfahrt: daß man diesen Eindruck nicht "seelenlosen Automaten" überlassen sollte. Daß uns der Rest des Universums, auch der Rest des Sonnensystems, sowieso nicht anders zugänglich ist, fiel dann nicht so ins Gewicht. Das erste Mal, daß dise "instrumentelle" Seite der Raumfahrt wirklich gewichtet wurde, war 1986 nach der Explosion der Raumfähre Challenger, als fast zeitgleich die ersten Nahaufnahmen des Uranus von der Raumsonde Voyager 2 übertagen wurden.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

21.02.2012 16:28
#10 RE: Friendship 7 Antworten

Soweit ich weiß, hat Roskosmos Abstand davon genommen, zahlende Touristen zur ISS zu befördern. Das Ziel dieser Missionen war wohl allein, den jährlichen Beitrag von umgerechnet 20 Millionen Dollar, den die russische Raumfahrtbehörde als Beteiligung an der ISS vertraglich zu leisten hatte, aufzubringen, ohne den russischen Staatshaushalt damit zu belasten.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

21.02.2012 21:38
#11 RE: Friendship 7 Antworten

Guten Abend lieber Zettel!

Zitat
in diese "weiche" Richtung, wird, denke ich, die bemannte Raumfahrt gehen. Mit einer Ausnahme allerdings: Die Chinesen haben bereits mit dem Bau ihrer Raumstation begonnen und arbeiten am Mondprogram.

Falls ich Sie richtig verstehe: Meine laienhafte Vermutung geht in eine ähnliche Richtung: Die Bedeutung der bemannte Raumfahrt mag für die gegenwärtige Satellitenroutine gering sein. Auf lange Sicht bleibt sie unverzichtbar (Reparaturen, Mond, Planeten, Asteroiden pipapo) und darf nicht unterbrochen werden! :-) Gruß

 Sprung  



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