Den Anstoß zu dieser Marginalie hat ein Interview in "Zeit-Online" gegeben, in dem ein junger Mann - er ist wohl Jahrgang 1985 - diejenigen diffamiert, die nicht mit dem Feminismus einverstanden sind.
Der junge Mann, von dem ich zuvor nie etwas gehört oder gelesen hatte, mag gleichgültig sein. Aber daß er für "Zeit-Online" von einer ganz und gar ihm zustimmenden Journalistin interviewt wird, deutet ja darauf hin, daß er kein Einzelgänger ist. Mit einer Haltung, die Menschen bereits aus der Demokratie hinausbefördern will, wenn sie dem Feminismus nicht zustimmen.
Es findet hier eine schleichende Umdeutung des Begriffs der Demokratie statt. Demokratie ist für Rosenbrock offenbar nicht eine Staatsform, die Platz für verschiedene, gleichberechtigte Meinungen bietet, sondern eher so etwas wie eine formierte Gesellschaft, in der alle dasselbe glauben und dieselben Werte haben.
Zwar war mir bekannt, dass Herr Rosenbrock an der Uni Bochum tätig war. Allerdings nicht als Professor, sondern als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Das mag auch an seinem jugendlichen Alter liegen: Herr Rosenbrock ist nämlich jugendliche 26 Jahre alt. Diese Information stammt zwar von einer von ihm als mit Nazi-Ideen sympathisierend diffamierten Website; derlei 'neutrale' Informationen sollte man allerdings wohl relativ bedenkenlos übernehmen können. Der Artikel in der Zeit thematisiert Alter und wissenschaftlichen Status des Interviewpartners gar nicht und lässt seine Leser möglicherweise aus der empirischen Verteilung des Vornamens des Interviewpartners schlussfolgern, es handle sich bei ihm um einen etablierten Universitätsprofessor oder gar schon Emeritus. Mich erinnert das daran, wie die Journalisten großer Zeitungen und Zeitschriften und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach der japanischen Tsunami-Katastrophe hauptamtliche Ideologen von allerlei Kernkraftgegnerorganisationen herangekarrt haben, die sich teilweise mit einem Diplom in Physik (aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in Kernphysik) schmückten und die dann in Interviews ihre Ideologie verbreiten durften, während kaum ein ernstzunehmender Wissenschaftler zu Wort kam. Ausnahme war Herr Prof. Kekulé, ein ausgewiesener Strahlenbiologe, beim Tagesspiegel, der dann auch wenige Tage lang unter unaufhörlichen Anfeindungen der Foristen die Fakten erläutern durfte.
Aus welchen Gründen der Nachwuchssoziologe seit dem vergangenen Jahr nicht mehr am Lehrstuhl von Frau Lenz, einer namhaften Feministin, tätig ist, erschließt sich mir nicht. Klassischerweise sind sozialwissenschaftliche Lehrstühle aber mit nicht sonderlich vielen Mitteln für Mitarbeiterstellen ausgestattet, so dass nach zweijähriger Beschäftigung am Lehrstuhl durchaus das Geld ausgegangen sein könnte. Herr Rosenbrock verdingt sich seitdem vor allem als Referent bei der nordrhein-westfälischen Sektion der Heinrich-Böll-Stiftung, und bisweilen eben auch in Presseinterviews, wo er als 'männlicher Feminist' gewissermaßen eine Marktnische besetzt hat. Die Taktik, auf diese Weise seine Karriere fortsetzen zu können, scheint aufzugehen, wenn man den großen Auftritt in der 'Zeit' berücksichtigt. Nicht auszuschließen, dass ihm dabei einige in der Redaktion sitzende wohlgesonnene Parteigenoss_innen von den Grünen behilflich waren. Wenn man sich am Markt vorbei qualifiziert, braucht man eben gute Seilschaften, um es im Leben doch noch zu etwas zu bringen. Das ist allerdings durch die reichliche Besetzung der Redaktionsstuben mit Linken und Grünen für Leute wie Herrn Rosenbrock sichergestellt.
Ein Grund für diese bedauerliche Entwicklung ist sicherlich die linke Dominanz in den Medien. Von daher ist es nur ein wenig off topic, wenn ich auf diesen Artikel zu Thema Kirch Pleite verweise: http://blog.wiwo.de/chefsache/2012/02/17/leos-spate-rache . Glaubt man den den Ausführungen Tichys, so hat sich unter anderem die Deutsche Bank von der Politik dazu Instrumentalisieren lassen, einen politisch missliebigen Medienunternehmer zu vernichten. Manchen Mitforisten werden diese Hintergründe vielleicht schon lange bekannt sein, aber ich war doch etwas überrascht.
Er hat ja für die Heinrich Böll Stiftung gearbeitet und eine Gefälligkeitsstudie erstellt und wird jetzt halt entsprechend rumgereicht. Die Studie die seinen kometenhaften Aufstieg begründet, wird hier ein bisschen kritisiert und ist vielleicht ein ganz guter Einstieg:
Um es mal ganz sexistisch und politisch inkorrekt mit den Worten eines großen deutschen Sportlers auszudrücken:"Eier, wir brauchen Eier."
Vielleicht ist dieser Wunsch nach Einheitlichkeit auch in der deutschen Geschichte verankert. Eine Nation die keine feste nationale Identität hat - Kulturnation ja, aber was heißt das? Letztlich ein schwammiger Begriff, der nicht wirklich dazu angetan ist einer Nation die seit jeher das Gefühl hat irgendwo Nachholbedarf zu haben die Selbstsicherheit zu geben, die sie bräuchte. Nur ein paar Fragmente die mir gerade so dazu in den Sinn kamen...
Hmmja, Herr Rosenbrock scheint da eine durch und durch ideologische Gefälligkeits"studie" für die Heinrich Böll Stiftung geschrieben zu haben. Den detaillierten Darlegungen nach zu schließen, die hier in (glaube) 4 Beiträgen zu finden sind, einfach nach Rosenbrock suchen, http://sciencefiles.org/2012/01/20/relig...den-feminismus/
handelt es sich um eine völlig gewissen- und skrupellose "Ranschmeißerei".
Zitat Vielleicht ist dieser Wunsch nach Einheitlichkeit auch in der deutschen Geschichte verankert.
Schon möglich, aber vielleicht hat man den letzten Generationen die Identifikation mit irgendetwas im entferntesten Nationalen so ausgetrieben, daß sich die Sehnsucht jetzt auf diese Weise Bahn bricht. Auf verwaisten Altären siedeln sich eben die Dämonen an.
Was dem einen seine „Volksgemeinschaft“ ist dem anderen seine „kulturelle Hegemonie“ (A.Gramsci). Es ist die neomarxistische Erkenntnis, dass die Macht nicht nur aus Gewehrläufen kommt, sondern auch und gerade aus der „Lufthoheit über den Stammtischen“ (unschöne Formulierung, aber irgendwie muss man ja auch dem alten Proletariat erklären, worum es geht ).
Der ständig beschworene Konsens ist dabei eben nicht einfach nur die Folge einer allgemeinen Konfliktscheu, wie sie sich ja aus der deutschen Geschichte gut erklären lässt. Sondern gerade eine erfolgreiche Kampfstrategie.
Wer bestimmt, was am Stammtisch, auf der Vernissage, im Seminar und in der Talkshow (und am besten auch noch am Abendbrotstisch der Familie) sanktionsfrei gesagt oder auch nur gewitzelt werden kann, der hat die wahre Macht.
Zitat von Zettel Es findet hier eine schleichende Umdeutung des Begriffs der Demokratie statt. Demokratie ist für Rosenbrock offenbar nicht eine Staatsform, die Platz für verschiedene, gleichberechtigte Meinungen bietet, sondern eher so etwas wie eine formierte Gesellschaft, in der alle dasselbe glauben und dieselben Werte haben.
Wer braucht Demokratie, wenn er das richtige Bewusstsein hat. Um das richtige Bewussein zu beweisen, reicht es aus die falsche Gesinnung zu enttarnen. Die postdemokratische Verdachtskultur ist ein notwendiges Mittel zur Überwindung veralteter Denkstrukturen, die der Schaffung des neuen Menschen im Wege stehen. Rosenbrock ist sicherlich nur ein kleines Rädchen im gut geschmierten Getriebe, auch dass die Böll-Stiftung und die Zeit mitmischen, überrascht nicht.
Das Erschreckende an Rosenbrocks Pamphlet ist ja, dass es sich um eine Magisterarbeit handelt, die offensichtlich ausreichte, ihm den akademischen Grad zu verleihen. Das passt aber ins Bild: Vor einiger Zeit hatten wir, so glaube ich, irgendwo in der Blogosphäre schon einmal solch einen Text vor uns, der seinem Autor einen akademischen Grad einbrachte (nein, nicht Guttenberg ), aber von der Vorgehensweise und dem Inhalt her jeglichen wissenschaftlichen Anspruch vermissen ließ.
Auch viele Diskussionen mit akademisch gebildeten politischen Gegnern aus dem extremen Spektrum hatten schon vorher bei mir Verwunderung ausgelöst, was woanders unter "Wissenschaft" verstanden wird. Mittlerweile bin ich zur Überzeugung gekommen: Wir müssen uns damit abfinden, dass es sich bei bestimmten Studiengängen an bestimmten Hochschulen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit um reine Scharlatanerie handelt.
Wäre mal eine Studie wert...
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Lieber Zettel, genau so einen Text habe ich mir von dir gewünscht! Ganz ehrlich. Denn diese Vorgehensweise, die du da schilderst, steckt zu einem großen Teil hinter der "Erklärung" bei uns auf dem Blog. In einem Kommentar schrieb ich dort: Was mich viel mehr nervt, sind die ständigen Erziehungsversuche und Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die von einer “erdrückenden Minderheit” (Klonovsky) mittels Politik- und Medienmacht erfolgreich durchgesetzt werden, diese Versuche, Opposition zur veröffentlichten Meinung moralisch zu diskreditieren – ganz einfach dieses “Ich kenne keine Parteien mehr, nur noch Gutmenschen"
In diesem Land wird unter "politischer Diskussion" nicht das Austauschen von gegensätzlichen Argumenten verstanden, sondern so eine Art fundi-christlicher Open-Air-Gottesdienst, bei denen die Priester des Guten und Alternativlosen die Gemeinde einschwören und mit furchterregenden Worten vor dem Teufel und seinen Helfershelfern warnen, um dann zum Beleg der Macht ihres Glaubens an den wenigen Spöttern eben schnell noch mal einen Exorzismus durchzuführen. Ich war übrigens so frei, das letzte Bild dieser großartigen Formulierung von dir zu entnehmen:
Zitat von ZettelDie Medien verweigern sie einfach; so, wie vor eineinhalb Jahren das Buch Sarrazins nicht wirklich diskutiert, sondern exorziert worden war.
Das von dir gewählte zweite Beispiel ist sehr instruktiv, weil - wie auch die hier verlinkten Texte von sciencefiles.org sehr klar zeigen - das Missverhältnis von Fakten und Meinungsstärke in diesem Fall besonders eklatant ist. Wir können aber schon jetzt eine Wette abschließen, dass sich die hier in der "Zeit" zum Ausdruck gebrachte "Wahrheit" durch ständiges Wiederholen, Wiederaufgreifen und öffentlich-rechtliches Kanonisieren am Ende als eine Selbstverständlichkeit durchsetzen wird, die keiner weiteren Begründung mehr bedarf.
Ein anderes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit war ja letztens Studie zur Integration von Muslimen. Wer die Frechheit besaß, bevorzugt die besorgniserregendsten Bestandteile zu zitieren, wie es in den Medien in anderen Fällen ja auch üblich ist, wurde sofort mit einer Flut an Bannsprüchen belegt. Man darf nicht sagen, dass sich 20% der jungen Muslime nicht integrieren wollen. Man darf noch nicht mal sagen, dass sich 80% integrieren wollen, weil die Hälfte der Abgänger von deutschen Schulen u.U. dazu in der Lage wäre, über eine Subtraktion den Anteil der Integrationsunwilligen zu ermitteln. Man muss sagen, wenn man denn das Thema überhaupt wagt anzusprechen, dass sich der "weit überwiegende Anteil" integrieren will, und dass die anderen Fälle kein Problem sind, falls sie es aber doch sein sollten, alle anderen außer den jeweils Betroffenen daran schuld seien.
Und nicht, dass - wie hier schon in einem anderen Kommentar - der Eindruck entsteht, nur unsere Freunde von der öko-sozial-multikulterellen-Fraktion befleißigten sich dieser Methodik: Nein, sie ist längst politisches Allgemeingut geworden. Man denke nur an die Debatten um die "Euro-Rettung". FDP-Mitglieder, die sich an den Debatten um den Mitgliederentscheid beteiligt haben, können auch von einschlägigen Erfahrungen berichten; ein Teil davon ist bei uns und in anderen liberalen Blogs ja dokumentiert.
Du hörst sowas ja nicht gerne, lieber Zettel, und glaube mir, ich würde auch gerne etwas anderes konstatieren, aber: Die Demokratie in diesem Land erodiert. Es fängt immer bei der Meinungsfreiheit an.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von RaysonDas Erschreckende an Rosenbrocks Pamphlet ist ja, dass es sich um eine Magisterarbeit handelt, die offensichtlich ausreichte, ihm den akademischen Grad zu verleihen. Das passt aber ins Bild: Vor einiger Zeit hatten wir, so glaube ich, irgendwo in der Blogosphäre schon einmal solch einen Text vor uns, der seinem Autor einen akademischen Grad einbrachte (nein, nicht Guttenberg ), aber von der Vorgehensweise und dem Inhalt her jeglichen wissenschaftlichen Anspruch vermissen ließ.
Zufällig handelte es sich dabei um einen Stipendiaten der Böll-Stiftung.
Zitat von Ario Ebrahimpour MirzaieAnalyse islambezogener Ressentiments im World Wide Web - Der Diskurs zum Thema Islamisierung Deutschlands auf dem Weblog Politically Incorrect"
In einem Anfall von Übermut hatte er sein Werk (betreut von Hajo Funke) in das "world wide web", aber kluge Menschen scheinen ihm geflüstert zu haben, dass das keine gute Idee war; es könnte jemand in Versuchung kommen es auf wissenschaftliches Arbeiten abzuklopfen.
Zitat Wann diese Bereitschaft zur grundsätzlichen gesellschaftlichen Debatte zu Ende ging, ist schwer zu sagen.
zu beantworten, hier vorlegen?
Ich würde sagen: am 3. Oktober 1990.
Denn ab diesem Zeitpunkt waren die Deutschen wieder souverän, bei sich selbst und Herr im eigenen Haus.
Denn zu den von Ihnen angeführten Debatten: die um die Einführung der Marktwirtschaft - diese Debatte hat nicht stattgefunden, denn die Einführung der DM (und damit der Marktwirtschaft) fiel ja zeitlich vor die Gründung der Bundesrepublik und damit in die Verantwortung der Alliierten; die um die Westbindung - diese war insofern eine Scheindebatte, da die BR Deutschland zu dieser Zeit noch stark unter der Kontrolle der Westallierten stand. Schumachers "Kanzler der Allierten" war ja nur zu berechtigt. Oder glaubt jemand, die Westallierten hätten einem neuen, alten deutschen Drang nach Osten ungerührt zugesehen? die um die Ostverträge - wenn ich diese mit anführen darf - auch diese Debatte war insofern nur eine Scheindebatte, da das schlagende Argument Brandts, meiner Meinung nach, sein "Wir können die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs nicht ungeschehen machen" war. Man stritt somit nur um die Frage, ob man die Realität anerkennen will oder nicht. Auch die Debatte um die Nachrüstung war den Deutschen eher von den Allierten aufgedrückt worden. Die von Ihnen angeführte Debatte "Freiheit oder Sozialismus" war doch wohl eher eine zwischem einem trabenden Herz-Jesu-Sozialismus der Christdemokraten und einem galoppierenden Sozialismus der Sozialdemokraten. Oder ist mit der folgenden "geistig-moralischen Wende" eine wirkliche Umkehr in der Sozial- und Wirtschaftspolitik der BRD eingeleitet worden?
Alle diese Debatten drücken meiner Meinung nach nur aus, wie die Deutschen am liebsten diskutieren: über Prinzipielle Fragen im Luftreich der Gedanken, wenn sie wissen, das die Entscheidung a) längst gefallen ist und b) sie die Verantwortung für ihre Entscheidungen auch in letzter Konsequenz nicht werden tragen müssen.
Und all dies hat sich mit der Wiedervereinigung ja geändert: ab nun müssten die Deutschen, würden sie wirklich debattieren wollen, auch echte Alternativen diskutieren und schließlich auch die Konsequenzen der Entscheidung tragen. Und damit müssten die Deutschen etwas wollen, was die Deutschen noch nie gewollt haben.
Zitat von Am_RandeIch würde sagen: am 3. Oktober 1990.
Eine interessante These. Ich gebe Ihnen insofern Recht, als mit der Wiedervereinigung die "Systemdebatte", ob die Bundesrepublik oder nicht doch das System der DDR (modifiziert) das "bessere" sei, sich erledigt hatte. Das war ja in den siebziger und achtziger Jahren ernsthaft diskutiert worden; "Systemvergleich" war in beliebtes Thema in den Schulbüchern. Nach dem Motto: In der BeErrDee gibt es zwar mehr Meinungsfreiheit, in der DDR aber Freiheit von Arbeitslosigekeit etc.
Also, das war ab 1990 vom Tisch. Dachte man jedenfalls. Ein paar Jahre lang waren auch die Sozialisten ganzganz klein. Dann berappelten sie sich wieder, und es fand ein Schulterschluß zwischen den Sozialisten der untergegangenen DDR und den Westlinken statt.
Eine große gesellschaftliche Debatte hat es darüber nie gegeben; sondern in diesen 22 Jahren fand der Lange Marsch durch die Institutionen, getreu Gramsci, statt. Wir haben heute nicht die alte Bundesrepublik, die über den DDR-Sozialismus gesiegt hat, sondern wir haben eine Bundesrepublik, die in mancherlei Hinsicht Züge der DDR trägt; vor allem, was die Intoleranz gegenüber Andersdenkenden angeht, die Arroganz der Linken.
Zitat von Am_RandeDenn zu den von Ihnen angeführten Debatten: die um die Einführung der Marktwirtschaft - diese Debatte hat nicht stattgefunden, denn die Einführung der DM (und damit der Marktwirtschaft) fiel ja zeitlich vor die Gründung der Bundesrepublik und damit in die Verantwortung der Alliierten;
So einfach war das nicht, lieber AmRande.
Die Allierten haben sich sehr bald aus der deutschen Innenpolitik herausgehalten; das gehörte ja zum Konzept: Die Deutschen in Demokratie schulen (Reeducation) und sie dann, sobald sie das konnten, die Demokratie eben praktizieren lassen.
Jedenfalls gilt das für die Amerikaner und die Briten. Die Franzosen hätten wohl gern ein wenig länger Besatzungsmcht gespielt und haben auch heftiger Einfluß zu nehmen versucht (zum Beispiel auf dem Gebiet der Schulpolitik - in der französischen Besatzungszone wurde sogar die deutsche Notenskala durch das französische Puntkesystem ersetzt).
Auseinandersetzungen über Markt- und Planwirtschaft gab es zu Beginn der Adenauerzeit (die ja nicht erst mit dessen Wahl zum Bundeskanzler begann; er war die dominierende Figur spätestens, als er Präsident des Parlamentarischen Rats wurde). Gegen die Politik Erhards riefen die Gewerkschaften Ende 1948 sogar zu einem Generalstreik auf.
Zitat von Am_Randedie um die Westbindung - diese war insofern eine Scheindebatte, da die BR Deutschland zu dieser Zeit noch stark unter der Kontrolle der Westallierten stand. Schumachers "Kanzler der Allierten" war ja nur zu berechtigt. Oder glaubt jemand, die Westallierten hätten einem neuen, alten deutschen Drang nach Osten ungerührt zugesehen?
Ich glaube das zum Beispiel.
Sie überschätzen wirklich die Rolle der Alliierten. Schumachers berühmter Zwischenruf "der Bundeskanzler der Alliierten" fand 1949 in folgendem Kontext statt:
Es ging um die Ruhrbehörde, die von den Alliierten betrieben wurde und hauptsächlich die Demontagen abwickelte (also die Verbringung von Kriegsbeute in Form von Maschinen usw. in eines der Siegerländer). Die Allierten hatten Deutschland aufgefordert, in diese Behörde drei Vertreter zu entsenden, darunter einen der Opposition. Adenauer sah darin die Chance, die Demontagen abzumildern.
Die SPD lehnte ab. Adenauer berief sich daraufhin auf den britischen General Robertson, der ihm gesagt habe, daß die Demontagen unverändert weitergehen würden, wenn Deutschland keine Vertreter entsende. Darauf machte Schumacher diesen Zwischenruf, der ihm einbrachte, daß er für 20 Sitzungstage von der Teilnahme an den Sitzungen des Bundestags ausgeschlossen wurde (nach einer Aussprache zwischen ihm und Adenauer wurde das wieder aufgehoben).
Adenauer war eben nicht der Kanzler der Alliierten, sondern er erkämpfte Schritt für Schritt mehr Handlungsspielraum für seine Regierung. Die Westintegration betrieb er aus Überzeugung und nicht, weil die Alliierten ihn dazu gezwungen hätten.
Nach der Stalin-Note von 1952 gab es eine intensive Debatte. Ich habe damals die Kommentare Rudolf Augsteins gelesen, der heftig für ein Eingehen auf Stalins Vorschlag eintrat. Zwei Bundesminister - Thomas Dehler und Gustav Heinemann - verließen aus Protest die Regierung, weil Adenauer sich weigerte, über diese Note zu verhandeln.
Welche Ziele Stalin verfolgte, ist wohl immer noch nicht abschließend geklärt. Adenauer sah die Note als reines Störmanöver, um die Westintegration zu hintertreiben. Augstein sah sie wie viele andere als eine reale Chance für eine Wiedervereinigung.
Soweit ich das später nachgelesen habe, wäre Stalin möglicherweise wirklich bereit gewesen, die DDR zu opfern - für ein wiedervereinigtes, neutralisiertes Deutschland ohne US-Truppen, das der UdSSR hilflos ausgeliefert gewesen und früher oder später unter ihren kompletten Einfluß geraten wäre.
Adenauer hatte Recht. Aber aus eigener Einsicht und nicht, weil die Allierten ihm Vorschriften gemacht hätten.
Man koennte auch sagem, dass der Staat sich von einem republikanischem Modell, in dem Beschluesse nach formalen Verfahren getroffen werden, wegentwickelt, hin zu einer identitaeren Demokratie, die keine formalen Grenzen mehr kennt, dafuer aber der Illusion anhaengt es gaebe so etwas wie eine allgemeine Vernunft oder den volonte generale (seltsamerweise haengen die meisten Befuerworter dieser Entwicklung ansonsten postmodernen Theorien an). Das sorgt folglich fuer jede Menge Konformitaetsdruck, denn jede Abweichung von der allgemeinen Vernunft ist natuerlich unvernuenftig, im schlimmsten Falle sogar schaedlich.
Zitat von C.Wer braucht Demokratie, wenn er das richtige Bewusstsein hat. Um das richtige Bewussein zu beweisen, reicht es aus die falsche Gesinnung zu enttarnen.
Enttarnen allein ist zu wenig. Man muss die Volksschädlinge als solche auch kennzeichnen und zur Unperson machen.
Zitat von C.Wer braucht Demokratie, wenn er das richtige Bewusstsein hat. Um das richtige Bewussein zu beweisen, reicht es aus die falsche Gesinnung zu enttarnen.
Enttarnen allein ist zu wenig. Man muss die Volksschädlinge als solche auch kennzeichnen und zur Unperson machen.
Über diese Hotelgeschichte habe ich zufällig gerade was geschrieben: Kein Bett für Nazis
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von FAZDass sie ein Hausverbot mit der politischen Überzeugung wie im Fall Voigt begründen, diskriminiere den Betroffenen nicht.
Der Satz stoert mich. Natuerlich wird Herr Voigt, wenn er wegen seiner politischen Anschauung als Gast abgelehnt wird diskriminiert. Was denn sonst? Jurristisch ist vielleicht nicht die Norm eines einschlaegigen Paragaphen erfuellt, moralisch ist die Diskiminieung vielleicht gerechtferrtigt (oder einfach dem Gastwirt ueberlassen). Das mag ja alles sein, aendert aberr nichts daran, dass Herr Voigt diskriminiert wird.
Man sollte es Politikern und Richtern nicht durchgehenlassen, die alltaegliche Begriffe umzudefinierren.
Zitat von Calimero Über diese Hotelgeschichte habe ich zufällig gerade was geschrieben: Kein Bett für Nazis
Mir wird es ganz jakobinisch zumute. Wenn wir uns gratismutig zivilcouragiert der Nazis entledigt haben, brauchen wir neue Ziele. Wegweisend ist hier die Bürgermeisterin von Monschau (CDU), die als wackere Magga in die Annalen eingehen wird:Bürgermeisterin: Geert Wilders ist in Monschau unerwünscht
Diskriminierung und Rassismus hätten in der Stadt nichts zu suchen. Meinungsfreiheit müsse stets mit sozialer Verantwortung einhergehen, schreibt die Bürgermeisterin in einer offiziellen Stellungnahme der Stadt:
Zitat von Margareta Ritter.«Trotz aller Gastfreundschaft und Toleranz, die uns Monschauer auszeichnet, sind wir traurig, solche Gäste überraschend in unserer Stadt zu finden. Gerade wir, in der glücklicherweise zusammengewachsenen Grenzregion mit unseren europäischen Nachbarn, distanzieren uns von Menschen dieser Art und deren Gefolge klar und eindeutig.»
"Meinungsfreiheit müsse stets mit sozialer Verantwortung einhergehen", ansonsten wird vor den Stadttoren geschlafen.
Zitat von FAZDass sie ein Hausverbot mit der politischen Überzeugung wie im Fall Voigt begründen, diskriminiere den Betroffenen nicht.
Der Satz stoert mich.
Mich nicht. Im Gegenteil. Jetzt haben wir Rechtssicherheit. In Zukunft darf jeder Gastwirt der Klientel den Zutritt verweigern, deren politische Anschauungen zum Völkermord an den Armeniern ihm nicht gefallen. Auch Personen, welche die Einwanderung bzw. den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland politisch befürworten, können nunmehr ohne weiteres ausgeschlossen werden. Der BGH wird ab jetzt in allen solchen Fällen auf Basis dieser Grundsatzentscheidung urteilen. Ganz bestimmt.
Wie die erregte Provinzbürgermeisterin wohl reagiert hätte, wäre sie des Leibhaftigen persönlich angesichtig geworden? Hysterisches Kreischen und Zetern, sowie aufgeregtes mit dem Finger auf ihn zeigen wäre doch dem Anlass angemessen gewesen, oder?
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Lieber Zettel, Sie werden an den einlaufenden Kommentaren merken, daß sie wieder einen Volltreffer gelandet haben. Allerdings ist der thematisierte Tatbestand der nicht-vorhandenen Debattenkultur mitnichten eine Marginalie. Es ist auch nicht der schleichende, sondern der galoppierende Untergang der Demokratie. Sie sehen das nicht so; wie ich weiß, andere jedoch schon, auch in diesem Forum.
Es ist ja nicht so, daß die breite Masse nicht diskutieren würde - egal, um welche Themen es geht: von Europa über die Energiewende, den Feminismus bis hin zu radikalen Systemumbauten wie dem "bedingungslosen Grundeinkommen". Zu allen diesen Themen gibt es viele alternative und differenzierte Meinungen (man kann dies als Internetnutzer ganz leicht feststellen).
Allerdings haben diese differenzierten Meinungen keine Chance, allgemeine öffentliche Debatten auszulösen, weil allein die Massenmedien (Radio, Zeitungen, vor allem aber TV) die Hoheit über jedweden Diskurs haben.
Und es gibt leider in D kein Massenmedium, in dem linke Journalisten nicht die absolute Mehrheit hätten. Feigenblätter wie Martenstein, Broder, Cora Stephan etc. bestätigen leider nur die Regel.
Nehmen wir den Deutschlandfunk als DAS Organ der politischen Information, der kritischen Öffentlichkeit, der gebührenfinanzierten neutralen Berichterstattung. Der Sender pflegt jede Menge Formate, in denen Personen, "Experten", Professoren, kulturelle Prominenz zu Wort kommt, von den täglichen Infosendungen über abendliche Features, "Zur Diskussion", Ehreninterviews mit Altpolitikern, sonntäglich ein Nachmittagsgespräch mit irgendeinem bedeutenden Menschen.
Never-ever werden wir dort Vertreter einer dezidiert liberalen, liberal-konservativen oder gar rechtskonservativen Weltanschauung hören. Wir werden SPDler, Grüne, Greenpeacler, Kernkraftgegner, Gender-Professoren, Alt-68er aller Couleur hören. Wir werden niemals, ums Verrecken nicht, einen Dieter Stein hören, der es geschafft hat, aus eigener Kraft eine konservative und seriöse Wochenzeitung in D zu etablieren. Wir werden niemals einen konservativ-katholischen Bischof hören, trotz Millionen von Katholiken, die doch auch ihre Ansichten haben und einbringen wollen. Wir werden jede Menge Islam-Integrierer hören, wir werden aber niemals einen Sarrazin hören.
Stattdessen hören wir einen subtilen Kampf mit allen rhetorischen Tricks, um die Vertreter unliebsamer Meinungen auszugrenzen und zu diskreditieren.
Die Torwächter der politischen Information und Meinungsbildung sind nicht neutral, sondern links und freiheitsfeindlich. Sie unterdrücken jede Debattenkultur, sie bereiten damit extremistischen und undemokratischen Entwicklungen das Feld.
Die Rede von der "Gleichschaltung" der Medien ist sachlich falsch - es gibt immer noch die Freiheit, verschiedene Meinungen irgendwo unterzubringen. Selbst im DLF gibt es Nischen, wo man ab und zu verblüffend "Unkorrektes" hört. Aber es ist in unwirksame, versteckte Nischen verbannt.
Demokratie funktioniert nur, wenn Debatten über große Themen offen geführt werden, d.h. vor allem in den Massenmedien. Dazu bräuchten wir in D zumindest einen TV-Sender mit alternativem Programm und großer Reichweite und eine ebensolche Tageszeitung. Kommen diese nicht, dann geht uns die Demokratie verloren. Ich bin mir sicher, daß diese neuen Medien nicht kommen werden - mit den entsprechenden Folgen. Das Internet ist übrigens hierbei nahezu bedeutungslos. Es läßt sich zwar darin alles offen ansprechen, der Diskurs ist völlig unbeschränkt. Aber er kann keine Massenwirksamkeit entwickeln, weil er in totaler Vereinzelung stattfindet. 1000 Leser hier, 2000 Foristen da, 10.000 Abonnenten dort. Ein Nichts gegen 10 Millionen Talkshow-Seher oder 1 Million DLF-Hörer.
dass Herr Adenauer auf direkte Weisung der Westalliierten gehandelt hätte, das würde ich auch nicht behaupten wollen. Insofern war er nicht der "Kanzler der Alliierten", da gebe ich Ihnen natürlich vollkommen recht. Aber: Die Alliierten (vor allem die Amerikaner) waren den (West-)Deutschen damals materiell, militärisch und vor allem moralisch haushoch überlegen. Die (West-)Deutschen und ihr gewählter Kanzler Adenauer wären also mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen, eine Politik einzuschlagen, die sie wieder in eine offene Konfrontation mit den Alliierten geführt hätte. Die Amerikaner haben einen schönen Spruch für dieses Phänomen: "When you’ve got ‘em by the balls, their hearts and minds will follow"...
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