Natürlich wollte ich diesen Artikel über Karl May schon gestern publizieren, zu seinem 100. Todestag. Aber es dauerte ein bißchen, bis ich das Material (und meine Gedanken) so geordnet hatte, daß ich mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden war.
Etwas länger ist es durch das Schreiben über zwei Tage hinweg allerdings auch geworden.
"Das Kapitel Karl May ist in der DDR schon vor Jahren endgültig geschlossen worden", tönte das ostdeutsche "Börsenblatt" 1958. Nein, die SED-Chefs liebten den exzentrischen Autor nicht, sie warfen ihm "Rassismus" und "Deutschtümelei" vor – vor allem, weil Adolf Hitler ihn einst zu seinem "Lieblingsautor" gekürt hatte. Dass es in seinem pazifistischen Spätwerk auch viele Belege für eine Offenheit gegenüber anderen Kulturen gibt, interessierte wenig. Die Karl-May-Straße in Radebeul wurde gleich nach dem Krieg in Hölderlinstraße umbenannt. Die Ost-Stiftung "Karl May" kümmerte sich seit 1960 um die "Villa Bärenfett". In die "Villa 'Shatterhand.'" zog ein Kinderhort ein. ...."
Das kann ich mir gut vorstellen, daß Karl May außerhalb Deutschlands nicht wirklich Verbreitung fand. Sein deutscher Nationalismus ist schon ziemlich schlicht und oft zu dick aufgetragen. Das würde mich als Leser anderer Nationalität ziemlich nerven. Bei Zeitgenossen wie Jules Verne, Robert Louis Stevenson oder Emilio Salgari ist der nationale Hintergrund zwar auch manchmal spürbar, aber nur als Kolorit und auch für Ausländer nie störend. Oder man nehme ein modernes Äquivalent, die "Sharpe"-Romane von Bernard Cornwell. Sharpe - wie auch die anderen Helden bei Cornwell - ist ein Siegertyp wie Old Shatterhand, kampfstark und clever. Und der wird bei der Buchwerbung auch mit "Meet a british hero" vorgestellt, hat also eine klare nationale Komponente. Aber das wird dann in den Romanen ironisch gebrochen, mit diversen Mißständen der englischen Armee und Gesellschaft kontrastiert - liest sich also auch für Nicht-Briten sehr schön (seinen Haupterfolg hat Cornwell auch außerhalb der Insel).
Wobei "typisch deutsch" Mays Manie ist, sein Deutschtum jederzeit völlig verleugnen zu können. Er spricht nicht nur angeblich alle diese Sprachen, sondern er beherrscht sie so perfekt, daß er überall als Einheimischer durchgehen kann. Und wie oft überrascht er die Bösen damit, daß er ihre Pläne durch seine unerwartete Sprachfertigkeit verstehen und dann vereiteln kann. Das trifft wohl einen Nerv bei den Deutschen. Auch zu Zeiten, wo sie sehr nationalistisch stolz auf ihr Deutschtum waren, gab es immer diese Sehnsucht, diese Identität vollständig ablegen zu können.
In der Abenteuer-Literatur anderer Länder spielen Sprachkenntnisse dagegen eine völlig untergeordnete Rolle. Oft spielt die Sprache überhaupt keine Rolle, d.h. alle Figuren egal welcher Herkunft unterhalten sich normal miteinander, als gäbe es überhaupt nur eine Sprache. In anderen Fällen gibt es unterschiedliche Sprachen, das ist aber selten wichtig. Irgendwie kann sich der Held verständigen, oder aber es ist eine zusätzliche Herausforderung, wenn er einmal etwas nicht versteht.
Ein sehr plausibler Zugang zum Phänomen Karl May. Ich bin erstaunt, daß es ein derartig vollständiges Karl-May-Wiki gibt.
Zu meiner Jugendzeit in der DDR (und zwar regional genau im Aktionsbereich der Vagantenzeit Karl Mays) waren Mays Bücher durchaus lebendig, wenn auch nicht in Leihbibliotheken erhältlich. Aber dank Westverwandtschaft besaß mancher Fan eine ordentliche Sammlung, die dann auch breit verliehen wurde. (edit: meine Erinnerung trog, es gab eine May-Renaissance und damit auch eine Neuauflage von May-Romanen, wie das Wiki verrät).
Ohne das empirisch unterlegen zu können, vermute ich allerdings, daß Karl May heutzutage an Bedeutung rasant verliert, besonders für Jugendliche. Erstens ist der Schreibstil doch etwas antiquiert, die Erzählweise langatmig. Und zweitens sind die Kinder dank PC-Spielen und Filmen heute in viel realistischeren Welten und weit stärker aufregenden Settings unterwegs als der biedere Old Shatterhand. Ich glaube, der Hintergrund, der für die Karl-May-Rezeption wichtig war, nämlich der Kolonialismus mit dem Lobpreis des Forschers und Abenteurers, das Supremat des weißen Mannes und der dazugehörige Chauvinismus ist heute verschwunden und gar ins Gegenteil verkehrt.
Außerdem war Karl May auch noch ein Frömmler, der sich nicht scheute, seinen Romanen seitenlange religiöse Abhandlungen einzubauen. Auch das paßt so gar nicht mehr zum aktuellen Zeitgeist. Ich vermute, daß wenige Eltern ihren Kindern ausgerechnet Karl-May-Lektüre empfehlen werden.
Und noch ein Aspekt: Die Ära Karl Mays scheint wohl ziemlich vorbei zu sein. Er ist einige Generationen lang eine wesentliche Lektüre der (männlichen) deutschen Jugend gewesen. Aber bei meinem Sohn und seinen Altersgenossen kenne ich keinen, der mehr als einen halben Band geschafft hätte. Zu verstaubt, zu langatmig, wohl auch zu wenig Humor. Und wohlgemerkt, ich rede hier von Jungs, die durchaus viele dicke Bücher lesen, es sind also nicht Computer und Fernseher, die May als Konkurrenz erledigt haben.
Zitat von R.A.Das kann ich mir gut vorstellen, daß Karl May außerhalb Deutschlands nicht wirklich Verbreitung fand. Sein deutscher Nationalismus ist schon ziemlich schlicht und oft zu dick aufgetragen. Das würde mich als Leser anderer Nationalität ziemlich nerven.
Das kann ich eigentlich nicht finden, lieber R.A.
Er ist wohl wirklich - auf seine Art - mit seiner Aufschneiderei ein Kind des Wilhelminischen Zeitalters. Aber Nationalist war er nicht, sondern eher so etwas wie ein Antinationalist und vor allem Antikolonialist.
Beispielsweise hat er in dem Kolportageroman "Die Liebe des Ulanen" ein - bedenkt man die damalige Stimmung in Deutschland - ausgesprochen positives Bild von Frankreich und den Franzosen entwurfen; die ganze Handlung des über mehrere Generationen laufenden Romans kreist um deutsch-französische Lieben und Aussöhnungen; freilich nach Kämpfen.
Antikolonialismus: May hat sich in den Nordamerika-Romanen auf die Seite des "Roten Mannes" gestellt; er hat Benito Juarez positiv dargestellt, sich in "Die Sklavenkarawane" emphatisch gegen die Sklaverei gewandet; im Mittelpunkt seiner letzten Rede standen Frieden und Pazfismus.
Zitat von R.A.Das trifft wohl einen Nerv bei den Deutschen. Auch zu Zeiten, wo sie sehr nationalistisch stolz auf ihr Deutschtum waren, gab es immer diese Sehnsucht, diese Identität vollständig ablegen zu können.
Eine treffende Beobachtung; allgemein gesprochen.
Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi & Co. haben allerdings ihre deutsche Identität selten verleugnet. Old Shatterhand ließ sich im Westen deshalb "Dutchman" schimpfen. Kara Ben Nemsi nannte sich meist einen "Franken", weil dies die im Orient übliche Bezeichnung für einen Europäer sei. Gelegentlich outete er sich aber auch ausdrücklich als Deutscher, ja als Sachse (vor allem, wenn er auf einen der sächsischen Landsleute traf, von denen es im Orient wie auch im Wilden Westen nur so wimmelte).
Zitat von R.A.In der Abenteuer-Literatur anderer Länder spielen Sprachkenntnisse dagegen eine völlig untergeordnete Rolle. Oft spielt die Sprache überhaupt keine Rolle, d.h. alle Figuren egal welcher Herkunft unterhalten sich normal miteinander, als gäbe es überhaupt nur eine Sprache. In anderen Fällen gibt es unterschiedliche Sprachen, das ist aber selten wichtig.
In Filmen ist es ja auch so; da sprechen sogar die Indianer deutsch.
In dem Artikel von 2007 habe ich eine Erklärung für Mays Verwendung von Bruchstücken aus der jeweiligen Sprache versucht: Das sollte den Eindruck des Authentischen verstärken. Er war eben ein realistischer Phantast oder ein phantastischer Realist; phantastisch im Ganzen, aber umso realistischer im Detail. Ein wenig wie Salvador Dalí; ja auch so ein Aufschneider.
Übrigens würde ich den Schlußsatz des Artikels von 2007 so nicht aufrechterhalten. Als ich das schrieb, wußte ich noch nicht, daß May in Briefen usw. nach 1890 ausdrücklich behauptet hat, er hätte das alles wirklich so erlebt.
Zitat von ThanatosOhne das empirisch unterlegen zu können, vermute ich allerdings, daß Karl May heutzutage an Bedeutung rasant verliert, besonders für Jugendliche. Erstens ist der Schreibstil doch etwas antiquiert, die Erzählweise langatmig. Und zweitens sind die Kinder dank PC-Spielen und Filmen heute in viel realistischeren Welten und weit stärker aufregenden Settings unterwegs als der biedere Old Shatterhand.
Ja, das ist wohl so. Karl May ist beim Erzählen nicht schnell, nicht krass genug; seine Syntax zu komplex.
Andererseits ist der späte Karl May (Silberlöwe, Ardistan und Dschinnistan) ein exzellenter Fantasy-Autor; das müßte nur einmal verfilmt werden, am besten als 3-D-Trickfilm. Und das andere brauchte man nur kräftig zu überarbeiten. Die Handlung genügt immer noch allen Abenteuer-Bedürfnissen.
Über das menschliche Erinnerungsvermögen gibt es ja die Theorie, man erinnere sich gar nicht an das eigentliche Ereignis, sondern nur an das jeweils letzte Mal, zu dem man sich an dieses Ereignis erinnert hat. Über die Jahre hinweg spielte man also mit sich selbst Stille Post, bis das Ereignis (bzw. die eigene Erinnerung daran) zur aktuellen Bedürfnislage paßt. Möglicherweise geht es in der kollektiven Erinnerung an die nationale Literatur ganz ähnlich zu, in der Abfolge der Generationen. Ich selbst habe Karl May ganz deutlich als die Jugendliteratur meines Vaters erfahren und erlesen, genau wie er mir Lettow-Vorbecks "Heia Safari" aus der Jungenbibliothek des seinen überliefert hat. In meinen Kinderjahren haben die Wildwestfilme mit Lex Barker und Pierre Brice (nicht zu vergessen: Karl Wolters*, Götz George und Uschi Glas) dann einer neuen Generation zum Einstieg ins Werk Karl Mays verholfen, ohne daß die Kaiserzeit darin jemals ganz verschüttet ging. Für die Generation Videospiel ist die Projektionsfläche damit eher größer geworden, allerdings auch die Zahl der Alternativen.
Was den Nationalismus angeht, so kann ich mich bei Karl May an nichts erinnern, was über blanke Zustandsbeschreibungen der geschichtlichen Verhältnisse hinausgegangen wäre. Im Gegenteil wirbt er doch gerade für Empathie gegenüber Indianern, versklavten Schwarzafrikanern und Chinesen (Auswahl aus meiner Erinnerung). Daß kein Volk davor sicher ist, Schurken und Trottel hervorzubringen, gehört auch zu seiner Botschaft. Im übrigen ist es für einen jungen Leser leicht, sich in die jeweilige Figur und deren Nation/Mission/Fiktion hineinzuversetzen, unabhängig davon, welche Flagge der Held gerade führt. Einzige Ausnahme: Wenn es ausdrücklich gegen die eigene Nation des Lesers geht. Ich selbst war Russe, als ich den Kurier des Zaren las, und Brite, als ich Captain Hornblower verschlang. Dem letzteren mag ein französischer Junge allerdings etwas distanzierter begegnet sein, genau wie ich Jules Vernes "Die 500 Millionen der Begum" nur mit spitzen Zähnen zu mir nehmen konnte, ein platt antideutsches Pamphlet.
Zum Ikonenstatus Mays sei noch ein Kalauer nachgetragen: Unterhalten sich zwei Freunde. Sagt der eine: "Ich lese gerade Das Kapital von Karl May." Sagt der andere: "Aber das ist doch von Karl Marx." - "Ach so - Ich habe mich schon gewundert, warum auf Seite 500 noch keine Indianer vorkommen."
*edit: Sam Hawkens, der lustige Kauz aus dem Winnetou-Sagenkreis, wurde natürlich von Ralf Wolter gespielt. Wenn ich mich nicht irre, hihihi.
Zitat von ZettelAber Nationalist war er nicht, sondern eher so etwas wie ein Antinationalist und vor allem Antikolonialist.
Da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt. In der Tat war er kein Nationalist im chauvinistischen Sinne und er stellt ja auch gerade die "Drittwelt-Völker" (nicht daß es den Begriff damals schon gab) recht positiv dar. Aber so ein bißchen nervig fand ich es schon, wieviele Deutsche (vor allem Sachsen ...) in den merkwürdigsten Weltgegenden rumspringen, und wie ihre gute Eigenarten ausgebreitet werden. Das ist bei anderen Autoren eben nicht so und ich glaube schon, daß Leser anderer Nationalitäten das lästig fanden. Es muß ja schon einen Grund haben, daß May außerhalb Deutschlands so erfolglos geblieben ist - gerade im Gegensatz zu den von mir erwähnten ausländischen Autoren.
Nachtrag: Laut Wikipedia gilt Karl May als einer der häufigst übersetzten deutschen Schriftsteller. Ob das auch zu entsprechend vielen Lesern geführt hat? Und wenn ja: Wo?
Zitat Andererseits ist der späte Karl May (Silberlöwe, Ardistan und Dschinnistan) ein exzellenter Fantasy-Autor
Hmm, darf ich vorsichtig fragen, welche Fantasy-Autoren Sie da als Vergleich kennen? Ich habe den späten May nur in Auszügen gelesen und fand ihn damals etwas merkwürdig. Während ich zu gleicher Zeit begeistert von Tolkien war.
Zitat Und das andere brauchte man nur kräftig zu überarbeiten. Die Handlung genügt immer noch allen Abenteuer-Bedürfnissen.
Das glaube ich auch. Nur: Wäre so eine Überarbeitung rechtlich möglich? Die ehrwürdigen Herren von der Karl-May-Gesellschaft würden wohl einen Herzinfarkt bekommen beim Gedanken an eine solche Blasphemie. Obwohl es gerade ihre Aufgabe wäre (und sie wohl auch die Mittel dazu hätten), um ihren Star vor dem Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit zu retten.
Leicht wäre es auf jeden Fall nicht. Man bräuchte erstklassige Autoren, damit eine solche Überarbeitung den Geist des Originals behält, junge Leser von heute anspricht, und sich trotzdem nicht zu plump anbiedert oder gar alles politisch korrekt ummontiert. Mein Sohn erzählte mir gestern, in den USA wäre derzeit eine Sherlock-Holmes-Bearbeitung (oder Verfilmung?) populär, in der Dr. Watson aus PC-Gründen durch eine Frau ersetzt wurde. Soviel Zeitgeistigkeit fände ich nicht gut.
Zitat von AbendlaenderÜber das menschliche Erinnerungsvermögen gibt es ja die Theorie, man erinnere sich gar nicht an das eigentliche Ereignis, sondern nur an das jeweils letzte Mal, zu dem man sich an dieses Ereignis erinnert hat. Über die Jahre hinweg spielte man also mit sich selbst Stille Post, bis das Ereignis (bzw. die eigene Erinnerung daran) zur aktuellen Bedürfnislage paßt.
Sehr interessant. Und durchaus plausibel.
Zitat In meinen Kinderjahren haben die Wildwestfilme mit Lex Barker und Pierre Brice (nicht zu vergessen: Karl Wolters, Götz George und Uschi Glas) dann einer neuen Generation zum Einstieg ins Werk Karl Mays verholfen, ohne daß die Kaiserzeit darin jemals ganz verschüttet ging.
Das waren die 1960er Jahre (etwas vor meiner Kino-Zeit). In den 1970ern gab es dann noch einen sehr guten Fernseh-Mehrteiler über die Orientserie (mit dem hervorragenden Alfred Schubert als Hadschi Halef Omar. Wer den Kara Ben Nemsi spielte, habe ich vergessen, der war nicht so eindrucksvoll ;-) Danach ist Karl May m. E. ziemlich in der Versenkung verschwunden.
Zitat Im übrigen ist es für einen jungen Leser leicht, sich in die jeweilige Figur und deren Nation/Mission/Fiktion hineinzuversetzen, unabhängig davon, welche Flagge der Held gerade führt. Einzige Ausnahme: Wenn es ausdrücklich gegen die eigene Nation des Lesers geht.
Im Prinzip ja. Aber wenn mir (und meinen Freunden) das Deutschtum bei Karl May manchmal zu dick aufgetragen vorkam, dann mag das ausländischen Lesern noch mehr so gegangen sein.
Zitat von R.A.daß May außerhalb Deutschlands so erfolglos geblieben ist [...] Laut Wikipedia gilt Karl May als einer der häufigst übersetzten deutschen Schriftsteller. Ob das auch zu entsprechend vielen Lesern geführt hat? Und wenn ja: Wo?
Laut englischer Wikipedia hat er eine Gesamtauflage von 200 Millionen Exemplaren, die Hälfte davon auf Deutsch. Das ist enorm. Am beliebtesten soll er im tschechischen Sprachraum sein, dann in Ungarn und Holland, wohingegen er in Frankreich, Großbritannien und den USA nahezu unbekannt sei. http://en.wikipedia.org/wiki/Karl_May#Nu...nd_translations
Zitat von R.A.
Zitat Und das andere brauchte man nur kräftig zu überarbeiten. Die Handlung genügt immer noch allen Abenteuer-Bedürfnissen.
Das glaube ich auch. [...] Leicht wäre es auf jeden Fall nicht. Man bräuchte erstklassige Autoren, damit eine solche Überarbeitung den Geist des Originals behält, junge Leser von heute anspricht, und sich trotzdem nicht zu plump anbiedert oder gar alles politisch korrekt ummontiert
Mein löcheriges Gedächtnis sagt mir, dass es eine solche Modernisierung irgendwann in den letzten zwei Jahrzehnten einmal gegeben hat, der Verkaufserfolg aber ausgeblieben und die Reihe dann sehr rasch wieder eingestellt worden ist.
Zitat von Frank Böhmert Mein löcheriges Gedächtnis sagt mir, dass es eine solche Modernisierung irgendwann in den letzten zwei Jahrzehnten einmal gegeben hat, der Verkaufserfolg aber ausgeblieben und die Reihe dann sehr rasch wieder eingestellt worden ist.
Dazu will mein Gedächtnis auch weiterhin nichts hergeben, allerdings habe ich festgestellt, dass der Karl-May-Verlag etliche Buchproduktionen für Kinder im Programm hat, die offensichtlich eine bearbeitete Fassung darstellen: http://www.karl-may.de/pages/kids.php
Zitat von Frank Böhmert... dass der Karl-May-Verlag etliche Buchproduktionen für Kinder im Programm hat, die offensichtlich eine bearbeitete Fassung darstellen: http://www.karl-may.de/pages/kids.php
Interessant. Bei meinem nächsten Besuch in einem Offline-Buchladen werde ich mal nachschauen.
Wobei mir eine Bearbeitung für Kinder weniger geeignet erscheint. Die lesen maximal Schulanfänger. Für die echte Entwicklung von Karl-May-Begeisterung muß man aber schon in der Lage sein, dickere Schwarten durchzustehen - so vielleicht ab 8-10. Und dann ist "für Kinder" schon schnell völlig unzumutbar ;-)
Am besten wäre m. E. eine Bearbeitung, die auch für Erwachsene spannend lesbar ist.
Zitat von R.A.Und dann ist "für Kinder" schon schnell völlig unzumutbar ;-)
Wer liest schon ein Buch das für Deppen ist? Trotzdem verkaufen sich die Bücher "... for Dummies" recht gut. Als Beispiel aus der Kinderliteratur sei die Was-ist-Was Sachbuchserie, die auch für 8 bis 10 Jährige Kinder interessant sein dürfte.
Zitat von xanoposWer liest schon ein Buch das für Deppen ist?
Wenn man sich den Buchmarkt so anschaut, dann kann die Antwort nur lauten: Millionen Menschen.
Zitat Trotzdem verkaufen sich die Bücher "... for Dummies" recht gut.
Das ist ja auch ironisch gemeint. Und mit Ironie umzugehen ist für Kinder und Jugendliche noch schwer ...
Zitat Als Beispiel aus der Kinderliteratur sei die Was-ist-Was Sachbuchserie, die auch für 8 bis 10 Jährige Kinder interessant sein dürfte.
Klar, aber da steht auch nicht explizit "für Kinder" drauf.
Ab einem gewissen Alter ist so ein Etikett einfach abschreckend. So wie eine Ehefrau jederzeit ihrem Mann ein Essen mit dem Hinweis "das ist aber gesund" völlig verleiden kann ;-)
Zitat von Frank BöhmertIch hatte mir bei ein, zwei Titeln die Detailinformationen aufgerufen; dort stand jeweils etwas von fünf-, sechshundert Seiten.
Das ist für die Zielgruppe ja auch in Ordnung - aber die fühlen sich halt nicht mehr mit "für Kinder" angesprochen.
Das beste aktuelle Beispiel sind die Harry-Potter-Bücher. Richtig dicke Geschichten zum Schmökern, kann man ab 9-10 Jahren lesen (sobald eben flüssiges Lesen längerer Texte funktioniert) und das lesen auch noch die Erwachsenen gerne.
Inhaltlich müßte Karl May - geschickt überarbeitet - ein ziemlich ähnliches Publikum ansprechen. Und vielleicht sind die Bearbeitungen des Karl-May-Verlags sogar dafür geeignet. Aber beim Marketing hat der Verlag offenbar völlig daneben gelegen. Wobei es natürlich auch gar nicht leicht ist, für einen überarbeiteten Klassiker eine werbewirksame Bezeichnung zu finden.
Zitat Inhaltlich müßte Karl May - geschickt überarbeitet - ein ziemlich ähnliches Publikum ansprechen. Und vielleicht sind die Bearbeitungen des Karl-May-Verlags sogar dafür geeignet. Aber beim Marketing hat der Verlag offenbar völlig daneben gelegen. Wobei es natürlich auch gar nicht leicht ist, für einen überarbeiteten Klassiker eine werbewirksame Bezeichnung zu finden.
Die Vorstellung einer Überarbeitung finde ich grundsätzlich recht grauslich - egal, ob es um Karl May oder "Nathan den Weisen" geht. Es gibt ja zum Beispiel vom Cornelsen-Verlag die Reihe "einfach klassisch": "Klassiker für ungeübte Leserinnen und Leser":
"Die Originaltexte sind behutsam gekürzt und sprachlich vereinfacht, ungebräuchliche Wörter durch geläufige ersetzt, schwer verständliche Satzkonstruktionen aufgelöst. ... Eine zeitgemäße Gestaltung, zweifarbiger Druck, Bilder und Fotos, Info-Kästen, klare Gliederung der Texte in Abschnitte sowie Verständnisfragen nach jedem Abschnitt helfen bei der Lektüre." http://www.cornelsen.de/lehrkraefte/reihe/r-4551/ra/konzept
Es erschließt sich mir nicht, welchen Sinn es hat, typische Oberstufenlektüren wie "Nathan", "Werther" oder "Faust" sprachlich zu vereinfachen. Wenn Oberstufenschüler nicht in der Lage sind, diese Texte im Original zu lesen - dann braucht's wohl keine Pidgin-Fassung, sondern dringend eine Förderung der Lesekompetenz.
Dabei nehme ich dann gerne in Kauf, dass Karl May von der heutigen Jugend nicht mehr gelesen wird. Schon als ich rund 30 Bände KArl May verschlungen habe - irgendwann Mitte der 1980er Jahre - war ich damit an einer Jungenschule mehr oder weniger der einzige. Einige wenige Mitschüler haben die Winnetou-Bände gelesen - aber als exzessiver Karl-MAy-Leser stand man schon damals als Exot dar.
Auf K. M. bin ich durch meinen Vater aufmerksam geworden - in seiner Jugend war K. M. wohl die Standardlektüre von Jungen.
Vor ein paar Jahren habe ich meine damals 6. Klasse ihre Lieblingsbücher vorstellen lassen (Autor, Handlung vorstellen, einen Abschnitt vorlesen etc.) - und ich selbst habe als Versuchsballon Karl May vorgestellt (Winnetou). Keiner kannte es, und sowohl Inhalt wie Stil sind auf keinerlei Anklang gestoßen - und das in einer interessierten Klasse mit einer REihe von Viellesern.
Als ich selbst vor ein paar Jahren noch mal zu einem K. M. gegriffen habe, konnte ich mit der doch eher schablonenhaften Handlung nicht vorstellen, wie ich einmal 30 Bände hintereinander gelesen habe. - Ein intellektuelles Vergnügen war es dann allerdings, Winnetou III auf Latein zu lesen - und was im deutschen Original Englisch ist, ist in der lat. Übersetzung Griechisch bzw. ans Griechische angelehnt - so dass die Protagonisten dort Vinnetu, "regulus Apachiorum" sind und "Vetus Katabolochir".
Auch andere Klassiker der Jugendbuchliteratur werden nur noch wenig gelesen. "Kalle Blomquist" kennt keiner meiner Schüler, "Tom Sawyer" etwas für Spezialisten (dann meist: "meine Mutter hat mir das von früher gegeben"); Else Urys "Nesthäkchen" ist vergessen; Magda Trotts "Pucki" glücklicherweise auch.
Zitat von Gansguoter Die Vorstellung einer Überarbeitung finde ich grundsätzlich recht grauslich - egal, ob es um Karl May oder "Nathan den Weisen" geht. [...]
Es erschließt sich mir nicht, welchen Sinn es hat, typische Oberstufenlektüren wie "Nathan", "Werther" oder "Faust" sprachlich zu vereinfachen. Wenn Oberstufenschüler nicht in der Lage sind, diese Texte im Original zu lesen - dann braucht's wohl keine Pidgin-Fassung, sondern dringend eine Förderung der Lesekompetenz.
Klassische Jugendbücher als überarbeitete und modernisierte Ausgaben neu rauszubringen, kann wohl höchstens aus wirtschaftlicher Sicht verstanden werden: vielleicht kauft das ja dann doch jemand, weil der Opa mal von Karl May gesprochen hat.
Literarisch gesehen ist damit allerdings jedes Vergnügen und jede Bildungswirkung dahin. Ein Bildungsbeflissener (mit passender Intelligenz) kann ältere Texte im Originalzustand lesen und (lernt, sie zu) verstehen und eignet sich genau dadurch erst tiefere Einblicke in die kulturellen Lebenswelten und in die Paradigmen der jeweiligen Autoren und ihrer Zeit an. Kurz gesagt: man atmet den Zeitgeist doch nur dann, wenn alle heute ungebräuchlichen Worte und Wendungen wie auch inhaltliche Besonderheiten stehenbleiben und nicht alles "verhunzt" wird.
Natürlich ist K.M. für heutige erwachsene Leser unergiebig bis langweilig, aber für 10-jährige trotzdem noch immer eine unterhaltsame Lektüre.Obwohl ich es nicht für möglich hielt, traf ich neulich auf eine Familie, in der der neunjährige Sohn bereits den 3. Band K.M nacheinander gelesen hat (der Junge ist mein Neffe). Sicher kann man diesen Lesehunger nur von bestimmten Menschen erwarten, deren Natur das eben ist. Und wenn man einmal in die Welten eingetaucht ist, dann kann man auch 30 Bände lesen - es sind ja auch genug da.
Da sich allerdings der Zeitgeist so massiv ändert und vermutlich weiterhin ändern wird, ist das Verschwinden der "alten" Klassiker eigentlich erwartbar und auch natürlich. Ob sich "neue" Klassiker herausbilden? Vielleicht könnte man ja "Harry Potter" als neuesten Klassiker schon mal einreihen. Ich hab nichts davon gelesen - ich kann mit Fantasy nichts anfangen.
Zitat von GansguoterDie Vorstellung einer Überarbeitung finde ich grundsätzlich recht grauslich - egal, ob es um Karl May oder "Nathan den Weisen" geht.
Ich vermute, daß die meisten Abenteuer- und ähnliche Bücher, die ich als Kind gelesen habe, Bearbeitungen waren: Der Lederstrumpf, Gullivers Reisen, Robinson Crusoe, Onkel Tom's Hütte beispielsweise. (Es ist ja interessant, daß diese angelsächsische Erwachsenenliteratur bei uns als "Jugendliteratur" ihren Platz gefunden hat). Auch die Bände der Bamberge Ausgabe der Werke von Karl May sind durchgängig bearbeitet; und zwar - so stand es im Impressum - von "Dr. E.A. Schmidt", ich habe es noch vor Augen.
Alle diese - auf ihre Art - Klassiker wurden wie ein Steinbruch behandelt, aus dem man das herausbrach, was man als geeignet für die damaligen jugendlichen Leser ansah. Bei Karl May hat das erstmals Arno Schmidt thematisiert und philologische Korrektheit angemahnt.
Inzwischen gibt es ja die monumentale Historisch-Kritische Ausgabe von Wiedenroth und Wollschläger. (Alle Informationen über Karl-May-Ausgaben hier), die im wesentlichen der von May autorisierten Fehsenfeld-Ausgabe folgt.
Zitat von GansguoterEs erschließt sich mir nicht, welchen Sinn es hat, typische Oberstufenlektüren wie "Nathan", "Werther" oder "Faust" sprachlich zu vereinfachen. Wenn Oberstufenschüler nicht in der Lage sind, diese Texte im Original zu lesen - dann braucht's wohl keine Pidgin-Fassung, sondern dringend eine Förderung der Lesekompetenz.
Das ist auch meine Meinung.
Allerdings gibt es hier ja einen interessanten Gegensatz zwischen der Schullektüre und Theateraufführungen. Regisseure sind immer in einem gewissen Umfang frei mit den Texten umgegangen; mindestens in Form von Kürzungen, weil viele Stücke schlicht zu lang für einen Theaterabend sind. Inzwischen ist die Regel, daß man viel weiter geht.
Kürzlich haben wir im TV eine bemerkenswerte Aufführung von "Viel Lärm um nichts" an der Burg gesehen. Im Vorspann stand: "Text: Burgtheater". Die Bühnen fertigen nicht nur ihre eigenen Überstzungen an, sondern sie ändern die Texte oft so radikal, daß eigentlich im Programm stehen müßte "Nach einem Text von Shakespeare", wenn nicht "Nach einer Idee von Shakespeare".
Ich habe das einmal beim Thema "Regietheater" angesprochen (Was darf Regietheater?; ZR vom 18. 6. 2007). Allerdings gibt es da eine Tradition; Wielands Shakespeare-Übersetzungen sind zum Beispiel auch mehr Bearbeitungen.
Zitat von GansguoterEs erschließt sich mir nicht, welchen Sinn es hat, typische Oberstufenlektüren wie "Nathan", "Werther" oder "Faust" sprachlich zu vereinfachen.
Da stimme ich völlig zu. Nur hat das wenig mit unserer bisherigen Diskussion zu tun.
Die Überlegung war, Karl May per Überarbeitung für Jüngere attraktiv zu machen - und nicht ihn zur Schullektüre zu machen. Die Zielgruppe wären nicht Oberstüfler, sondern deutlich jüngere Leser. Und die sollen in erster Linie spannende Geschichten lesen, und nicht wie beim Faust etc. den literarischen Gehalt sezieren.
Bei der Überarbeitung müßte es m. E. auch weniger um die Ausmerzung altertümlicher Begriffe gehen. Gerade die können auch für jüngere Leser ziemlich reizvoll sein - bei populären Fantasy-Romanen gilt so ein Sprachduktus als besonders attraktiv. Aber nach meiner Erinnerung hat Karl May ziemliche Längen (die seitenlangen Landschaftsbeschreibungen haben wir immer überblättert) und den Satzbau habe ich auch ungut in Erinnerung.
Zitat Dabei nehme ich dann gerne in Kauf, dass Karl May von der heutigen Jugend nicht mehr gelesen wird.
Natürlich kann man auch einfach akzeptieren, daß Karl May in der Versenkung verschwindet. Letztlich ist er nur Unterhaltungslektüre und kann ersetzt werden. Aber es wäre schade, wenn dieser Ersatz schlechter wäre und sich nur durchsetzt, weil er sprachlich nicht angestaubt ist.
Zitat Vor ein paar Jahren habe ich meine damals 6. Klasse ihre Lieblingsbücher vorstellen lassen (Autor, Handlung vorstellen, einen Abschnitt vorlesen etc.)
Und was ist da so alles vorgestellt worden? Ganz bestimmt Harry Potter und Herr der Ringe, Cornelia Funke und Terry Pratchett. Die würde ich auch als gleichwertigen oder besseren Ersatz für Karl May bewerten. Aber bei anderen Sachen (die ich aber nicht so gut kenne) zweifele ich.
Zitat Auch andere Klassiker der Jugendbuchliteratur werden nur noch wenig gelesen. "Kalle Blomquist" kennt keiner meiner Schüler, "Tom Sawyer" etwas für Spezialisten (dann meist: "meine Mutter hat mir das von früher gegeben"); Else Urys "Nesthäkchen" ist vergessen; Magda Trotts "Pucki" glücklicherweise auch.
Da wäre es wohl nur um Tom Sawyer schade. Enid Blyton scheint Gott sei Dank auch auf dem Rückzug zu sein. Astrid Lindgren glücklicherweise nicht.
Zitat von R.A.Da stimme ich völlig zu. Nur hat das wenig mit unserer bisherigen Diskussion zu tun.
Die Überlegung war, Karl May per Überarbeitung für Jüngere attraktiv zu machen - und nicht ihn zur Schullektüre zu machen. Die Zielgruppe wären nicht Oberstüfler, sondern deutlich jüngere Leser. Und die sollen in erster Linie spannende Geschichten lesen, und nicht wie beim Faust etc. den literarischen Gehalt sezieren.
Es ging mir nicht um Oberstufe - das war nur ein Beispiel -, sondern darum, ob überhaupt vereinfachende / modernisierende Neubearbeitungen statthaft sind und dazu führen, dass das intendierte Lesepublikum wieder mehr zu diesen Büchern greift.
Ich bin da generell etwas puristisch, zweifele aber auch am Erfolg solcher Bearbeitungen.
Sowohl Enid Blyton wie auch Else Urys "Nesthäkchen"-Bücher sind - als Beispiel - wiederholt sprachlich modernisiert worden - "Nesthäkchen" einmal zu Beginn der 1950er [damit die Leserinnen der 1920er die Bücher wieder ihren Töchtern schenken konnten] und dann in den 1980ern [damit die Leserinnen der 1950er wiederum ihren Töchtern etc.], aber der betuhliche Inhalt hat dennoch zum Verschwinden der Bücher geführt.
Ich räume Karl May generell wenig Chancen ein unter heutigen Lesern: Zum einen sind "Cowboys und Indianer" völlig außer Mode - während "Cowboy" oder "Indianer" in den 1980ern DAS Standardkostüm zu Karneval war, kommt heute niemand, aber auch wirklich niemand so zu Karneval. Die "Durch-die-Wüste"-Hexalogie setzt m.E. die Bereitschaft voraus, sich in Osmanische Welt vor 1900 zurückversetzen zu lassen, d.h. ein gewisses historisches Interesse ist notwendig. Zum anderen bietet das "Personal" wenig Identifikationsmöglichkeiten für Mädchen - kommen aus Ntscho-tschi überhaupt weibliche Wesen vor?) -, und Mädchen sind nun mal heute diejenigen, die überwiegend die 500-Seiten-Schmöker verschlingen.
Zitat von R.A.Und was ist da so alles vorgestellt worden? Ganz bestimmt Harry Potter und Herr der Ringe, Cornelia Funke und Terry Pratchett. Die würde ich auch als gleichwertigen oder besseren Ersatz für Karl May bewerten. Aber bei anderen Sachen (die ich aber nicht so gut kenne) zweifele ich.
Harry Potter ja (wobei die H.-P.-Welle vorüber ist), Cornelia Funke auch ("Tintenherz"-Trilogie). Für den "Herrn der Ringe" sind die 6.-KLässler zu jung; Terry Pratchett ebenfalls negativ. - Manchmal Astrid Lindgren mit "Ronja Räubertochter" (das scheint aber auch fast das einzige zu sein, was von A. L. gelesen wird); Otfried Preußler mit "Krabat". Ansonsten Sachen, die hoffentlich auch bald wieder in der Versenkung verschwinden: "Eragon", "Twilight", "Fear Street", "Gregs Tagebuch" u. dgl. - Mit weitem Abstand führt die Fantasy-Literatur mit teils ziemlich abstrusem Plots, aber je mehr Fantasy-Wesen auftreten und gegeneinander kämpfen, um so besser.
Zitat von GansguoterIch bin da generell etwas puristisch, zweifele aber auch am Erfolg solcher Bearbeitungen.
Bei Literatur bin ich auch puristisch, bei Unterhaltung nicht. Und was nun den Erfolg betrifft: Die erste "Nesthäkchen"-Überarbeitung scheint ja durchaus erfolgreich gewesen zu sein. Erst die zweite ist gescheitert. Und die von Zettel erwähnten Überarbeitungen von "Lederstrumpf" oder "Gulliver" waren ja wohl auch erfolgreich. Aber natürlich hilft die Bearbeitung nichts mehr, wenn der Inhalt nicht mehr interessant genug ist.
Zitat Ich räume Karl May generell wenig Chancen ein unter heutigen Lesern: Zum einen sind "Cowboys und Indianer" völlig außer Mode - während "Cowboy" oder "Indianer" in den 1980ern DAS Standardkostüm zu Karneval war, kommt heute niemand, aber auch wirklich niemand so zu Karneval.
Die entsprechenden Kostüme erscheinen immer noch zuverlässig jedes Jahr in den Katalogen - in die Top Ten scheinen die Cowboys und Indianer noch zu gehören. Aber es ist wohl richtig, die Popularität ist dramatisch zurückgegangen.
Zitat Die "Durch-die-Wüste"-Hexalogie setzt m.E. die Bereitschaft voraus, sich in Osmanische Welt vor 1900 zurückversetzen zu lassen, d.h. ein gewisses historisches Interesse ist notwendig.
Weiß nicht. Letztlich ist das ein exotischer Hintergrund wie bei einem pseudo-mittelalterlichen Fantasyroman. Ob das nun auch historisch so war, muß die Leser doch nicht stören.
Zitat Zum anderen bietet das "Personal" wenig Identifikationsmöglichkeiten für Mädchen
Richtig. Aber das war wohl auch schon immer so - nur die Jungs haben Karl May gelesen, die Mädchen hatten ihre eigenen Serien.
Zitat Mädchen sind nun mal heute diejenigen, die überwiegend die 500-Seiten-Schmöker verschlingen.
Mädchen lesen mehr - aber ich wüßte keinen Beleg, daß sich da gegenüber früher etwas geändert hätte. Und natürlich kann ich das mit einem Gegenbeispiel "widerlegen": Meine Frau und ich sind begeisterte Vielleser. Das hat aber nur unser Sohn übernommen, der liest massiv dicke Schwarten. Unsere Tochter liest nur Werbeprospekte und Tageszeitung ;-)
Zitat Für den "Herrn der Ringe" sind die 6.-KLässler zu jung; Terry Pratchett ebenfalls negativ.
Stimmt, das kommt später. Für die Kleineren sind nur "Maurice der Kater" und "Die Teppichvölker" geeignet, und die kennt leider fast niemand.
Zitat Manchmal Astrid Lindgren mit "Ronja Räubertochter" (das scheint aber auch fast das einzige zu sein, was von A. L. gelesen wird)
Nach meinen Erfahrungen werden auch der Michel aus Lönneberga, Pippi Langstrumpf und Bulllerbü noch gelesen - aber eher von den Jüngeren. Den kleinen Gymnasiasten mag das zu kindisch für eine Vorstellung erschienen sein.
Zitat Otfried Preußler mit "Krabat"
Da hat der Film viel bewirkt. Zu meiner Zeit war er eher mit seinen Kinderbüchern (Hotzenplotz, Kleines Gespenst ...) bekannt, Krabat spielte keine Rolle.
Zitat "Eragon", "Twilight", "Fear Street", "Gregs Tagebuch" u. dgl. - Mit weitem Abstand führt die Fantasy-Literatur mit teils ziemlich abstrusem Plots, aber je mehr Fantasy-Wesen auftreten und gegeneinander kämpfen, um so besser.
Und das sind dann die Sachen, da wünsche ich mir mehr Karl May! Und ich bin nun wirklich Fantasy-Fan.
Zitat von R.A.Enid Blyton scheint Gott sei Dank auch auf dem Rückzug zu sein.
Och, die "Abenteuer"-Reihe hat mich als kleiner Bub doch ziemlich gefesselt, obwohl man im Nachhinein bemerken muss, dass die Bücher durch die deutsche Übersetzung ziemlich verlieren.
Gegen die Spannungsdichte z.B. bei "Die See der Abenteuer" ist der typische Karl-May-Roman (von denen ich bestimmt auch rund 20 gelesen habe) ein Erzlangweiler.
Zitat von GansguoterDie Vorstellung einer Überarbeitung finde ich grundsätzlich recht grauslich - egal, ob es um Karl May oder "Nathan den Weisen" geht.
Ich vermute, daß die meisten Abenteuer- und ähnliche Bücher, die ich als Kind gelesen habe, Bearbeitungen waren: Der Lederstrumpf, Gullivers Reisen, Robinson Crusoe, Onkel Tom's Hütte beispielsweise. (Es ist ja interessant, daß diese angelsächsische Erwachsenenliteratur bei uns als "Jugendliteratur" ihren Platz gefunden hat). Auch die Bände der Bamberge Ausgabe der Werke von Karl May sind durchgängig bearbeitet; und zwar - so stand es im Impressum - von "Dr. E.A. Schmidt", ich habe es noch vor Augen.
Ich habe als Jugendlicher viel Jules Verne gelesen, und zwar aus der Reihe "Bibliothek der Abenteuer" im Arena-Verlag. Das waren tolle Geschichten, die mich als Jugendlichen total gefesselt haben. Dann kaufte ich mir "20.000 Meilen unter dem Meer" in einer zweibändigen dtv-Ausgabe, die wohl weitgehend unbearbeitet war. Das Buch war sterbenslangweilig - halbseitige Aufzählungen von vorbeischwimmenden Fischen waren vielleicht um die Jahrhundertwende spektakulär. Heute sind sie es nicht mehr. Das ändert nichts daran, dass die zugrundeliegende Story spannend und spektakulär ist (wie man auch an den immer neuen Verfilmungen sehen kann), aber der (übersetzte) Originaltext ist für den Leser, der einen schnellen Abenteuerroman lesen will, nicht interessant. Ich habe seit dieser Erfahrung schon öfter mit dem Gedanken gespielt, mir die Arena-Ausgabe des Buchs zu kaufen.
Bearbeitungen für Kinder und Jugendliche, so sie denn sorgfältig gemacht sind, können wunderbare Eintrittstore in eine fremde Welt sein - nicht mehr aber auch nicht weniger.
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