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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 14 Antworten
und wurde 1.417 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.04.2012 02:58
Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Eine Episode nur; aber doch eine Episode, die ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Obamacare für die politische Diskussion in den USA wirft.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

06.04.2012 17:09
#2 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat von Obama
Ultimately, I'm confident that the Supreme Court will not take what would be an unprecedented, extraordinary step of overturning a law that was passed by a strong majority of a democratically elected Congress.


Diese Aussage ist um so überraschender, als (a) exakt diese Kompetenz des Obersten Gerichtshofes ("judicial review") seit Marbury v. Madison 1803 etabliert ist, selbige Entscheidung (b) jedem High School-Schüler im Geschichtsunterricht begegnet und (c) Obama zwölf Jahre lang, 1992-2004, Professor an der University of Chicago Law School war - und zwar für constitutional law.

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Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

fedchan Offline



Beiträge: 129

06.04.2012 18:01
#3 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Hallo und Guten Tag.

Zitat
Obama Ultimately, I'm confident that the Supreme Court will not take what would be an unprecedented, extraordinary step of overturning a law that was passed by a strong majority of a democratically elected Congress.


Da hatte ich doch mal etwas zu gelesen:
http://www.politico.com/news/stories/1109/29896.html

Es scheint, als würde(n) US-Präsidenten den Begriff generell sehr gern, die Obama-Administration ihn aber besonders gern benutzen.

Zitat

Zitat
Obama Ultimately, I'm confident that the Supreme Court will not take what would be an unprecedented, extraordinary step of overturning a law that was passed by a strong majority of a democratically elected Congress.


Gorgasal Diese Aussage ist um so überraschender, als (a) exakt diese Kompetenz des Obersten Gerichtshofes ("judicial review") seit Marbury v. Madison 1803 etabliert ist,



Die Kompetenz des Supreme Court ist eine Sache; interessant ist aber auch die Auffassung Obamas, im Rahmen der Argumentation zu der Frage, ob ein Gesetz verfassungswidrig sei, spiele die Größe der Mehrheit eine Rolle, mit der es verabschiedet wurde.

Auf den ersten Blick würde man sagen: Kategorienfehler. Stimmt aber nicht ganz. Es gibt nämlich Juristen, die der Auffassung sind, ein verfassungswidriges Gesetz sei (nur) ein verfassungsänderndes Gesetz. Freilich sieht die US-Verfassung für verfassungsändernde Gesetze Sonderregeln vor.

Spräche Obama als Jurist, würden entsprechende Stellungnahmen also doch Stirnrunzeln hervorrufen. In meinen Augen spricht er aber eindeutig als Politiker.

Gruß, fedchan

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.04.2012 18:23
#4 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Lieber fedchan,

Zitat von fedchan

Zitat
Obama Ultimately, I'm confident that the Supreme Court will not take what would be an unprecedented, extraordinary step of overturning a law that was passed by a strong majority of a democratically elected Congress.


Da hatte ich doch mal etwas zu gelesen:
http://www.politico.com/news/stories/1109/29896.html


Danke für diese schöne Erinnerung!

Als ich die erste Seite gelesen hatte, ging mir durch den Kopf: Ob unprecedented nicht vielleicht ein Lieblingswort Obamas ist, weil er sich selbst, weil er seine Präsidentschaft als unprecedented wahrnimmt?

Und siehe, als ich auf Seite zwei war, stand dort dies:

Zitat
“It says how very unique he feels he is,” said Stephen Hess, a senior fellow at the Brookings Institution who worked in the Eisenhower, Nixon, Ford and Carter administrations. Hess described Obama as “a man who sees himself as unprecedented in every way … given his background — his mother, his father, where he grew up, how he became president of the United States.”

Ja, so ist es wohl.



Zitat von fedchan
Die Kompetenz des Supreme Court ist eine Sache; interessant ist aber auch die Auffassung Obamas, im Rahmen der Argumentation zu der Frage, ob ein Gesetz verfassungswidrig sei, spiele die Größe der Mehrheit eine Rolle, mit der es verabschiedet wurde.

Auf den ersten Blick würde man sagen: Kategorienfehler. Stimmt aber nicht ganz. Es gibt nämlich Juristen, die der Auffassung sind, ein verfassungswidriges Gesetz sei (nur) ein verfassungsänderndes Gesetz. Freilich sieht die US-Verfassung für verfassungsändernde Gesetze Sonderregeln vor.

Ein interessnter Gesichtspunkt, den ich so noch nicht gelesen habe.

Soweit ich das verfolgt habe, ist in allen Auseinandersetzungen zu Obamacare niemals diese Möglichkeit erörtert worden, daß es sich um ein verfassungsänderndes Gesetzeswerk handeln könnte. Wissen Sie, lieber fedchan, wie hierzu die gesetzlichen Vorschriften in den USA sind? Gibt es dort überhaupt die Möglichkeit einer Verassungsänderung, oder handelt es sich nicht stets nur um Zusätze (amendments) zur Verfassung?

In Deutschland ist das ja alles klar geregelt - Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern; die Grundrechte sind ausgenommen. Aber wie ist es in den USA?

Zitat von fedchan
Spräche Obama als Jurist, würden entsprechende Stellungnahmen also doch Stirnrunzeln hervorrufen. In meinen Augen spricht er aber eindeutig als Politiker.

Ja, das denke ich auch. Aber eben als Politiker, dessen Umgang mit dem Supreme Court seltsam ist, unprecedented?

Was den Verfassungsjuristen Obama angeht, würde mich interessieren, was er eigentlich in den Jahren als Rechtsprofessor publiziert hat. Wie wird eigentlich seine wissenschaftliche Leistung von der Fachwelt eingeschätzt?

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

06.04.2012 18:42
#5 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat von Zettel
Wissen Sie, lieber fedchan, wie hierzu die gesetzlichen Vorschriften in den USA sind? Gibt es dort überhaupt die Möglichkeit einer Verassungsänderung, oder handelt es sich nicht stets nur um Zusätze (amendments) zur Verfassung?


Meines Wissens werden Verfassungsänderungen immer in Form von amendments durchgeführt, gemäss Artikel Fünf der Verfassung. Der zwölfte Zusatz modifizierte beispielsweise das ursprüngliche Prozedere bei der Wahl des Präsidenten.

Verfassungszusätze müssen nach Artikel Fünf erst Zweidrittelmehrheiten im Repräsentantenhaus und Senat erreichen und danach von drei Vierteln der Bundesstaaten entweder durch deren Legislaturen oder durch Conventions ratifiziert werden - der Congress entscheidet, welches der beiden Verfahren in den Bundesstaaten zur Anwendung kommt.

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fedchan Offline



Beiträge: 129

06.04.2012 18:49
#6 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat
Zettel Soweit ich das verfolgt habe, ist in allen Auseinandersetzungen zu Obamacare niemals diese Möglichkeit erörtert worden, daß es sich um ein verfassungsänderndes Gesetzeswerk handeln könnte.


.. weil dann offensichtlich wäre, dass es verfassungswidrig ist. Denn eine Verfassungsänderung geht nur im Wege eines sehr komplizierten Verfahrens, s. u.

Anders war das übrigens in der Weimarer Republik. Da gab es einige Gesetze mit verfassungswidrigem Inhalt, denen man allerdings Gültigkeit zusprach, weil die Mehrheit zur Verabschiedung dem Quorum entsprach, das zur Verfassungsänderung erforderlich war. Das berüchtigste dieser Gesetze war das Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933.

Zitat
Zettel Wissen Sie, lieber fedchan, wie hierzu die gesetzlichen Vorschriften in den USA sind? Gibt es dort überhaupt die Möglichkeit einer Verassungsänderung, oder handelt es sich nicht stets nur um Zusätze (amendments) zur Verfassung?


Gorgasal war schneller als ich; ansonsten hilft Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Verfassung_....C3.A4nderungen

Amendments können auch ältere Bestimmungen aufheben, das ist kein Problem.

Zitat
In Deutschland ist das ja alles klar geregelt - Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern; die Grundrechte sind ausgenommen.


Beliebter Anfängerfehler .

Entschuldigung, ich wollte nicht paternalistisch auftreten, aber es ist tatsächlich so, dass Studenten häufig Opfer dieser Fehlvorstellung sind:

Zitat
Grundgesetz Art 79
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.


Da steht nicht: "bis". Sonst hätte es bspw. keinen Asylkompromiss geben können.

Zitat
Zettel Was den Verfassungsjuristen Obama angeht, würde mich interessieren, was er eigentlich in den Jahren als Rechtsprofessor publiziert hat. Wie wird eigentlich seine wissenschaftliche Leistung von der Fachwelt eingeschätzt?

Nach dem, was ich gelesen habe, wenig/nichts. Das ist aber deshalb nicht verwunderlich, weil er eine Art Lehrprofessur hatte, wenn ich das richtig verstanden habe. Viel bemerkenswerter war sein Schweigen als Chefredakteur der Harvard Law Review. Angeblich ist dieses Schweigen insofern politisch motiviert gewesen, als dass er vermeiden wollte, später auf bestimmte Ansichten festgenagelt werden zu können.

Gruß, fedchan

john j Offline




Beiträge: 591

07.04.2012 18:17
#7 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Bester Zettel

"...eine Episode, die ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Obamacare für die politische Diskussion in den USA wirft."

Oder eher darauf wie partisan diese Diskussion geworden ist dass sich sogar federal appellate judges in sie einmischen und ihre Befugnisse missbrauchen.

Es ist absurd zu unterstellen Obama haette den Suprme Court einschuechtern wollen - dazu haette er auch gar keine Mittel. Weder kann er den Richtern ihre Kommission entziehen noch ihnen anderweitig schaden. Dieser Vorwurf kommt natuerlich von Obama's politischen Gegnern und sie haben ihn nicht im geringsten mit Fakten belegt. Im Gegenteil, Lamar Smith irrt sich wenn er meint dass der Supreme Court "regelmaessig" Bundesgesetze niederschlaegt - es sind weniger als 1% dieser Gesetze. Eric Holder hat in seinem brief dann auch darauf hingewiesen.

Jerry E Smith, der Richter der den Erlass verfuegte, wurde von Reagan 1987 vorgeschlagen. Er ist also seit 25 Jahren Bundesrichter und fuehlte sich von ein paar kurzen Saetzen in einer Pressekonferenz so "eingeschuechtert" dass er eine Stellungnahme brauchte? Oder missbrauchte er einfach seine Befugnisse um dem politischen Gegner (Smith ist erzkonservativ) zu schaden?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.04.2012 18:33
#8 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat von john j
Es ist absurd zu unterstellen Obama haette den Suprme Court einschuechtern wollen - dazu haette er auch gar keine Mittel.



Also hierzulande wäre das auch als unzulässige Einmischung und Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit empfunden worden. Man stelle sich mal vor, Merkel würde sowas sagen. Ein Rösler müsste nach so einem Satz zurücktreten.

Die "Mittel" bestehen in diesem Fall in der Erzeugung eines öffentlichen Drucks. Ob sich ein Richter davon konkret beeinflussen lässt oder nicht, ist dabei unerheblich. Es geht um den Versuch.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

john j Offline




Beiträge: 591

07.04.2012 19:02
#9 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

@ Rayson

"Also hierzulande wäre das auch als unzulässige Einmischung und Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit empfunden worden. Man stelle sich mal vor, Merkel würde sowas sagen. Ein Rösler müsste nach so einem Satz zurücktreten."

Mag sein - das kann ich nicht beurteilen. Man scheint sehr empfindlich zu sein in Deutschland - andererseits haette Wulff dann nicht auch zuruecktreten muessen als er mehr oder weniger deutlich Sarrazin's Entlassung aus dem Vorstand der Bundesbank forderte? Vllt ist man in er BRD doch robuster als Sie meinen...

Zurueck in die USA: Der Tenor der mehr oder weniger objektiven Kommetare zum Thema ist dass Obama sein first amendment right wahrgenomen hat, dass er natuerlich stolz auf sein signature achievement ist, dass es keinen Zweifel an seiner Verfassungstreue gibt, und dass er den Zeitpunkt der Aeusserung ein bischen ungluecklich gewaehlt hat. Der Rest ist die kuenstliche Erregung die von seinen politischen Gegnern angefacht wurde.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.04.2012 20:01
#10 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat von john j
andererseits haette Wulff dann nicht auch zuruecktreten muessen als er mehr oder weniger deutlich Sarrazin's Entlassung aus dem Vorstand der Bundesbank forderte? Vllt ist man in er BRD doch robuster als Sie meinen...


Erstens hat die Bundesbank dann doch nicht den gleichen Stellenwert wie die Justiz. Und zweitens darf man hierzulande im Dienst der richtigen Sache natürlich auch Grenzen überschreiten, denn die Partei, die Partei, die hat immer Recht.

Zitat von john j
Der Tenor der mehr oder weniger objektiven Kommetare zum Thema ist dass Obama sein first amendment right wahrgenomen hat, dass er natuerlich stolz auf sein signature achievement ist, dass es keinen Zweifel an seiner Verfassungstreue gibt, und dass er den Zeitpunkt der Aeusserung ein bischen ungluecklich gewaehlt hat.


Ich beglückwünsche dich zur Gabe, die "mehr oder weniger objektiven" Kommentare von der "künstlichen Erregung der Gegner" zu scheiden. Anhänger scheint Obama ja keine zu haben...

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

john j Offline




Beiträge: 591

07.04.2012 20:37
#11 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

"Und zweitens darf man hierzulande im Dienst der richtigen Sache natürlich auch Grenzen überschreiten, denn die Partei, die Partei, die hat immer Recht."

Okay then.

"Ich beglückwünsche dich zur Gabe, die "mehr oder weniger objektiven" Kommentare von der "künstlichen Erregung der Gegner" zu scheiden. Anhänger scheint Obama ja keine zu haben..."

Ja mei - mit ein bisschen Uebung geht das schon. Und wie gesagt - die Mehrzahl der Kommentare die von Rechtsprofessoren etc zu diesem Theam veroeffentlicht wurden sehen kein grosses Problem mit Obama's Aeusserung und wundern sich eher ueber die kleinkarierte Anweisung von Jerry E Smith. Ob sie nun alle Anhaenger Obama's sind...wer weiss. Andererseits duerfte sicher sein dass eben jener Jerry E Smith KEIN Anhaenger Obama's ist.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

07.04.2012 21:01
#12 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Zitat
Zurueck in die USA: Der Tenor der mehr oder weniger objektiven Kommetare zum Thema ist dass Obama sein first amendment right wahrgenomen hat, dass er natuerlich stolz auf sein signature achievement ist, dass es keinen Zweifel an seiner Verfassungstreue gibt, und dass er den Zeitpunkt der Aeusserung ein bischen ungluecklich gewaehlt hat. Der Rest ist die kuenstliche Erregung die von seinen politischen Gegnern angefacht wurde.



Ich muss ausnahmsweise einmal john j zustimmen. Die USA sind genauso eine gefestige Demokratie und ein genauso gefestigter Rechtsstaat wie die Bundesrepublik, zumindest wenn es um den Rechtsschutz und hoheitliches Handeln in den eigenen Staatsgrenzen geht - Bush hin, Obama her.

Die Aufregung und Übertreibung stammt jeweils vom politischen Gegner, so wie in Deutschland z.B. gegen Frau von der Leyens Websperren polemisiert wurde, in dem man einen Vergleich zur chinesischen Zensur gezogen hat. Das ist erst einmal vollkommen legitim um Aufmerksamkeit zu erlangen und vor einem schwerwiegenden Schritt in die falsche Richtung zu mahnen. Problematisch wird es in dem Moment, in dem diese Gleichsetzung zu wörtlich genommen wird und sich die Position einiger Fanatiker beginnt durchzusetzen, welche diese Gleichsetzung zu 100% ernst meinen. Schnell sind die chinesischen Verhältnisse relativiert und alle Unterschiede verwischt - es setzt Zynismus und eine Art Gleichgültigkeit ein... Das ist problematisch.

Der Unterschied liegt allerdings in der medialen Begleitung, besonders in Deutschland, durch selektives Weiterleiten von Stimmen, Meinungen, Ansichten und Informationen um beim Zuschauer das eigene Weltbild zu etablieren.

Nicht das man mich Missversteht: Die Websperren von Frau von der Leyen wären nicht nur technisch teurer, nutzloser Unsinn, sondern auch unabhängig davon ein Schritt in die falsche Richtung. Das gleiche gilt für einige von Bushs Maßnahmen im Antiterrorkampf, aber das sämtliche Kontrolle, das sämtliche Gewaltenteilung ausgehebelt wurden sei, das stimmt einfach nicht und ist zu einem großen Teil sowohl Hysterie seiner politischen Gegner, als auch Öffentlichkeitsstrategie der meisten Verteidiger von Terrorverdächtigen gewesen. Beides legitim und durch das First Amendment gedeckt, aber nicht unkritisch als unfehlbare Wahrheit abzukaufen.

Mit den Standards innerhalb der USA mögen die Standards für außerhalb der USA festgenommene Terrorverdächtige nicht mithalten können, Kontrollos und Willkürlich wird dies dadurch aber noch lange nicht. Man bedenke, dass es auch in Deutschland bei Anklagen und Ermittlungen nach dem Terrorparagraph Sonderregelungen gibt, wonach sogar die Kommunikation zwischen Verteidiger und Beschuldigtem überwacht werden darf (!!!) - und zwar bei Verdächtigen im Inland, bei eigenen Staatsbürgern.

Mag sein, dass Beweiseverbote wie Hörensagen vor US-Militärtribunalen so nicht mehr unumschränkt gelten - ein solches Beweisverbot kennt man aber in dieser Pauschalität vor deutschen Gerichten erstmal überhaupt nicht.

Mag sein, das vor Militärtribunalen nicht dasselbe Öffentlichkeitsgebot besteht wir vor US-Zivilgerichten - das kommt davon, wenn man sich nicht dazu durchringen kann, wie in Deutschland, diese Standards etwas aufzuweichen und einen Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Zivilgericht leichter zu gestalten. Dann bleibt halt bei bestimmten Geheimhaltungsanforderungen nichts mehr anderes übrig als zum anderen Extrem zu springen und die Zuständigkeit gleich einem Militärgericht zuzusprechen, vor dem diese Anforderungen nicht mehr in der selben Strenge bestehen - die Anforderungen eines zivilen Gerichtes also auf diese Weise zu umgehen. Zum Teil wird dies auch damit gerechtfertigt, deshalb die hohen Standards vor US-Zivilgerichten nicht aufweichen zu müssen, so dass für Extremfälle gedachte Einschränkungen nicht beginnen einzureisen.

Wenn die Militärtribunale auf Guantanamo gegen die US-Verfassung verstoßen, verstieß dann nicht auch die amerikanische Beteiligung an der Nürrenberger Prozessen gegen die US-Verfassung? War ja auch kein ordentliches Gericht, mit auf Lebenszeit ernannten Richtern, die durch den US-Senat bestätigt wurden wären...

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein



Ich forder die Anwerbung von journalistischen Fachkräften aus Großbritannien, USA, Frankreich und der Schweiz!

john j Offline




Beiträge: 591

18.04.2012 04:34
#13 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Bester Rayson

gerade lese ich in der SZ dass sich der Bundespraesident Gauck auf einer Dienstreise oeffentlich zu den Verfassungsklagen die im Bezug auf den ESM-Rettungsschirm beim BVerfG anhaengig sind geaeussert hat - er ist der festen Meinung die Richter wuerden nicht die politischen Entscheidungen hierzu per Urteil rueckgaengig machen. Und da fiel mir dein Kommentar ein:

"Also hierzulande wäre das auch als unzulässige Einmischung und Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit empfunden worden. Man stelle sich mal vor, Merkel würde sowas sagen. Ein Rösler müsste nach so einem Satz zurücktreten."

Bekommt die BRD bald also schon wieder einen neuen Bundespraesidenten?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

18.04.2012 12:12
#14 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

Werter john j,

der Rücktritt wäre selbstverständlich nur bei Rösler erforderlich gewesen, wie ich es ja auch schrieb.

Aber natürlich hatte ich auch inhaltlich Unrecht. Ich lebe manchmal noch zu sehr in der Vergangenheit. Das passiert uns alten Knackern ab und zu mal. Im modernen Deutschland kann natürlich jedes Mitglied der Exekutive jederzeit alle Grenzen überschreiten, wenn es im Dienst des per demokratisch-öffentlichem Konzil festgelegten Glaubens geschieht.

Für ein zentralistisches Europa und ökologische Gängelung, gegen Eigenverantwortung oder eine kritische Diskussion der Folgen von Einwanderung - wenn es diesen hehren Zielen (Zusammenstellung ohne Anspruch auf Vollständigkeit) dient, darf man selbstverständlich das Bundesverfassungsgericht unter Druck setzen, den Bundespräsidenten beleidigen oder in die Unabhängigkeit der Bundesbank eingreifen.

Der Shitstorm gegen Gauck wäre aber selbstverständlich unmittelbar erfolgt, wenn er die gegenteilige Erwartung geäußert hätte. So geht Demokratie heute.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

19.04.2012 09:06
#15 RE: Marginalie: Obama und der Supreme Court Antworten

--
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