Ich wundere mich immer wieder ein wenig darüber, wie ausführlich in unseren Medien der Vorwahlkampf in den USA gewürdigt wird, obwohl die Wahlen doch erst im November sind; und wie stiefmütterlich die jetzt unmittelbar bevorstehende Wahl des französischen Präsidenten demgegenüber behandelt wird. Dabei wird ihr Ergebnis - sehr wahrscheinlich ein Präsident Hollande - größte Auswirkungen auf das deutsch-französische Verhältnis und auf Europa haben.
Wenn im zweiten Wahlgang am 6. Mai Hollande die absolute Mehrheit erhält, dann hat er das wesentlich den kommunistischen Stimmen zu verdanken, die jetzt auf Jean-Luc Mélenchon entfallen; entsprechend wird Hollande seine Politik ausrichten. In dieser Folge der Serie werfe ich einen Blick auf Mélenchon und seinen Hintergrund.
Zitat von ZettelIch wundere mich immer wieder ein wenig darüber, wie ausführlich in unseren Medien der Vorwahlkampf in den USA gewürdigt wird, obwohl die Wahlen doch erst im November sind; und wie stiefmütterlich die jetzt unmittelbar bevorstehende Wahl des französischen Präsidenten demgegenüber behandelt wird.
Ich glaube nicht, daß Sie das wirklich wundert ;-)
Bei der einen Wahl gibt es eine klare Frontstellung zwischen Gut und Böse, das versteht der deutsche Journalist und kann seine Leser instruieren. Außerdem glaubt er die Sprache dort zu verstehen und kann durch Einstreuen von Originalzitaten Kompetenz vortäuschen. In Frankreich dagegen ist alles völlig unübersichtlich, es sind mehr Kandidaten zugelassen als eine durchschnittliche Redaktion verkraften kann, und außer der rituellen Verdammung der faschistischen Kandidatin ist auch keine Bewertung möglich. Und dann sprechen die eine völlig unbekannte Sprache, da läuft man ja schon Gefahr, die Namen falsch auszusprechen.
Da ist die Prioritätensetzung für den Qualitätsjournalismus doch eindeutig.
Zitat von Zettel... größte Auswirkungen auf das deutsch-französische Verhältnis und auf Europa haben.
Am 6. Mai ist Stichwahl in Frankreich, Wahl in Griechenland und Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Statt der Wahlberichterstattung werde ich wahrscheinlich nur die Kurse von Euro und einigen Staatsanleihen verfolgen. Das gibt vermutlich einen besseren Überblick über die Auswirkungen auf Europa, als ihn ein Politjournalist je bieten könnte.
Ist die programmatische Trennung zwischen Trotzkisten und "normalen" Kommunisten überhaupt noch aktuell? Letztlich ging es im Streit zwischen Trotzkisten und übrigen Kommunisten hauptsächlich um die Frage, wie die Sowjetunion sich zu entwickeln habe und wie sich die Weltrevolutionsbewegung dazu verhalten solle. Das ist seit 20 Jahren ja gegenstandslos. Anders als in Lateinamerika gibt es auch keine Kommunisten, die sich anschicken, einem Staat sowjetische Strukturen zu verleihen. Politische Symbiosen mit anderen Linken und orientierungslosen Angehörigen konservativer oder liberaler Parteien funktionieren ja auch viel besser.
Zitat von EmulgatorIst die programmatische Trennung zwischen Trotzkisten und "normalen" Kommunisten überhaupt noch aktuell? Letztlich ging es im Streit zwischen Trotzkisten und übrigen Kommunisten hauptsächlich um die Frage, wie die Sowjetunion sich zu entwickeln habe und wie sich die Weltrevolutionsbewegung dazu verhalten solle. Das ist seit 20 Jahren ja gegenstandslos. Anders als in Lateinamerika gibt es auch keine Kommunisten, die sich anschicken, einem Staat sowjetische Strukturen zu verleihen. Politische Symbiosen mit anderen Linken und orientierungslosen Angehörigen konservativer oder liberaler Parteien funktionieren ja auch viel besser.
In Frankreich meiner Auffassung nach schon und sei es einzig darum, um sich als uneinsichtiger Kommunist im Bedarsfall von den unpopulären Massenmorden in der SU distanzieren zu können. Das war dann halt Stalin. Weil vor dem Stalinismus, da war ja nichts faul im Staate und alles war ein großes Fest des Fortschritts.
Zitat von EmulgatorIst die programmatische Trennung zwischen Trotzkisten und "normalen" Kommunisten überhaupt noch aktuell? Letztlich ging es im Streit zwischen Trotzkisten und übrigen Kommunisten hauptsächlich um die Frage, wie die Sowjetunion sich zu entwickeln habe und wie sich die Weltrevolutionsbewegung dazu verhalten solle. Das ist seit 20 Jahren ja gegenstandslos.
Das stimmt; danke für diesen wichtigen Hinweis!
Aber die Differenzen beziehen sich ja nicht nur darauf; vor allem in Frankreich nicht.
Wenn man dort von der Extrème Gauche spricht, der extremen Linken, dann ist die PCF nicht einbezogen. Dieser Begriff bezieht sich nur auf Trotzkisten, die einst bedeutenden maoistischen Strömungen, auf sonstige revolutionäre Bewegungen. Die PCF wird hingegen der Gauche zugerechnet; der Linken, wie die PS, die Radicaux de Gauche, das MDC von Chevènement.
Das hat teils historische Gründe, die bis zur Volksfront 1936/1938 zurückreichen, teils auf den gemeinsamen Kampf in der Résistance zurückgehen.
Es hat aber auch mit der Politik der beiden Strömungen zu tun: Die PCF setzte und setzt auf den parlamentarischen Weg zum Kommunismus; jedenfalls in der erstern Phase der Machteroberung. Das ist die Linie, wie sie bei uns "Die Linke" vertritt.
Die diversen trotzkistischen und sonstigen linksextremen Gruppen lehnen das ab und setzen auf die Mobilisierung der Msssen und das Herbeiführen einer revolutionären Situation. Sie konzentrieren sich auf die "Basis", auf Fabrikbesetzungen (bis hin zur séquestration, zur Entführung/Festsetzung von Bossen), auf Öko- und diverse Anti-Bewegungen, auf Anti-Neoliberalismus, Anti-Globalisierung, Anti-Europa usw.
Diese Trennung in Gauche und Extrème Gauche hat bisher die Konsequenz, daß die PCF mit der PS zusammenarbeitete, nicht aber mit der Extréme Gauche. Immerhin saßen zwanzig Jahre lang - von 1981 bis 2002 - wenn auch mit Unterbrechungen kommunistische Minister im Kabinett eines sozialistischen Ministerpräsidenten.
Diese Spaltung geht jetzt zu Ende; und Oskar Lafontaine hat mit seiner Hilfe bei der Gründung des Parti de Gauche daran einen wesentlichen Anteil. Diese Partei war von vornherein als Kern eines breiten Bündnisses konzipiert, wie es jetzt als Front de Gauche zustandegekommen ist. Diese Linksfront ist die erste der vielen versuchten linken Sammlungsbewegungen, in denen die Gauche und die Extrème Gauche tatsächlich zusammenarbeiten.
Spannend wird es bei den Parlamentswahlen im Juni werden. Die PCF und die PS helfen einander traditionell zwischen den beiden Wahlgängen, indem in einem Wahlkreis jeweils eine der Parteien ihren Kandidaten zugunsten des besser plazierten der anderen zurückzieht; nur dadurch kommen die Kommunisten überhaupt mit einer gewissen Stärke in die Nationalversammlung. Wird die Extrème Gauche sich jetzt an solchen Bündnissen beteiligen? Werden Minister aus dem Front de Gauche in das von Hollande berufene Kabinett gehen?
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