Anders als vor fünf Jahren (und anders als jetzt bei den Wahlen in den USA) habe ich bisher wenig über die Präsidentschaftswahlen in Frankreich berichtet. Mit diesem Artikel wird sich das ändern; denn es könnte bis zum 6. Mai doch noch interessant werden.
Zitat von ZettelAnders als vor fünf Jahren (und anders als jetzt bei den Wahlen in den USA) habe ich bisher wenig über die Präsidentschaftswahlen in Frankreich berichtet. Mit diesem Artikel wird sich das ändern; denn es könnte bis zum 6. Mai doch noch interessant werden.
Wie nah Sarkozy und Hollande gegenwärtig beeineinander liegen, zeigt eine kleine Rechnung. Ich habe einmal das arithmetische Mittel aus den jeweils letzten Umfragen der acht Institute Ifop, BVA, TNS Sofres, CSA, LH2, OpinionWay, Ipsos und Harris berechnet. Danach liegt Sarkozy bei 27,4 Prozent und Hollande bei 28,0 Prozent.
Was Bayrou angeht, bestätigt sich das, was ich in dem Artikel geschrieben habe: Er wird von Sarkozy und seiner UMP als ein möglicher Partner zwischen den beiden Wahlgängen umworben. Außenminister Juppé hat gesagt, Bayrou könne "mit Sicherheit" (sûrement) Sarkozys Premierminister werden. Die Budget-Ministerin Valérie Pécresse sagte, er wäre ein "sehr guter" Premierminister. Und Sarkozy selbst hat am Donnerstag und noch einmal gestern Vorstöße in diese Richtung gemacht: Er plane im Fall seiner Wiederwahl ein "großes Zusammengehen der nationalen Einheit" (un grand rassemblement de l'unité nationale), und es gebe zwischen ihm und Bayrou eine "große Nähe" in der Finanzpolitik.
Wenn Sarkozy es in letzter Minute noch schaffen will, dann wird er in der Tat wohl auf Bayrou angewiesen sein. Denn für den zweiten Wahlgang zeigen die Umfragen unverändert den schon seit Monaten bestehenden Vorsprung von Hollande; derzeit ungefähr 55 zu 45 Prozent.
Und Bayrou selbst? Er gibt die Sphinx, wie üblich. Er sei "keineswegs entschlossen, ein Manöver" zwischen den beiden Wahlgängen "vorzubereiten", sagte er. Und dann süffissant:
Zitat "J'ai observé naturellement que ces derniers jours, ces dernières heures, il y avait autour de nous une extraordinaire bienveillance, sympathie, gentillesse, admiration, venant de droite et de gauche"
"Ich habe natürlich bemerkt, daß in den vergangenen Tagen, den vergangenen Stunden es um uns herum ein außerordentliches Wohlwollen gibt, Sympathie, Freundlichkeit, Bewunderung; ob von der Rechten oder der Linken".
Natürlich liegt es im Interesse Bayrous, jetzt nicht seine Karten aufzudecken; denn er würde damit weitere seiner Wähler verlieren (von diesen tendiert, wie in meinem Artikel beschrieben, ein Teil für die Stichwahl eher zu Sarkozy und ein etwas größerer Teil eher zu Hollande).
Aber ein Dementi klingt anders. Bayrou will sich alle Optionen offenhalten.
Zitat Wenn Sarkozy es in letzter Minute noch schaffen will, dann wird er in der Tat wohl auf Bayrou angewiesen sein. Denn für den zweiten Wahlgang zeigen die Umfragen unverändert den schon seit Monaten bestehenden Vorsprung von Hollande; derzeit ungefähr 55 zu 45 Prozent.
Ich weiß nicht. Dass die Rechte sich in ihrer Verzweiflung an solchen Strohhalmen festklammert, kann ich durchaus nachvollziehen. Allein mir fehlt der Glaube. Der Graben ist ja laut Umfragen so um die 10 Prozent für den zweiten Durchgang. Sarkozy bräuchte also fünf Prozent mehr Stimmen. Wenn ein Drittel der Wähler Bayrous dabei ohnehin schon für Sarkozy eingespeist ist, sind für ihn noch sieben Prozent der Wähler des ersten Durchgangs zu gewinnen. Um das mit Erfolg zu berwerkstelligen, müsste Bayrou große Überzeugungskraft auf "seine" Wähler haben. Damit jener das riskiert, müsste andererseits das Lager Sarkozy schon etwas Ordentliches offerieren, das Hollande ihm gleichzeitig nicht bieten kann. Alle "Kleingeschenke" könnte Hollande ihm ja wahrscheinlich problemlos auch liefern. Es müsste tatsächlich in Richtung "wichtiges Ministerium" plus Wahlabsprachen für die Parlamentswahlen gehen. Wir werden sehen.
Zitat Wenn Sarkozy es in letzter Minute noch schaffen will, dann wird er in der Tat wohl auf Bayrou angewiesen sein. Denn für den zweiten Wahlgang zeigen die Umfragen unverändert den schon seit Monaten bestehenden Vorsprung von Hollande; derzeit ungefähr 55 zu 45 Prozent.
Ich weiß nicht. Dass die Rechte sich in ihrer Verzweiflung an solchen Strohhalmen festklammert, kann ich durchaus nachvollziehen. Allein mir fehlt der Glaube.
Mir auch, lieber FTT. Ich habe es nur berichtet, weil es immerhin eine Möglichkeit wäre und in unseren Medien über derlei kaum etwas zu lesen ist.
Vor fünf Jahren habe ich mich a bisserl mit der Person Bayrou befaßt, weil er mich beeindruckt hat. Er ist, glaube ich, im Grunde ein Intellektueller, den es - warum auch immer - in die Politik zieht.
Das bringt ihm viel Achtung ein, aber wenig Erfolg. Auch jetzt wieder weist er als einziger auf die wirklichen Probleme hin; aber die meisten Wähler wollen offenbar lieber verführt werden. Was Hollande verspricht, ist unfinanzierbar; und gegen die Versprechen Mélenchons ist es immer noch grundsolide. Nicht viel besser sieht es rechts aus. Sarkozy hatte in seiner "Deutschland"-Rede einen Anflug von Ehrlichkeit; aber da kannte er seine Franzosen schlecht. Bayrou sagt Unangenehmes, und deshalb geht sein Stimmenanteil in den Umfragen zurück.
Er ist kein Taktiker; höchstens ein ungeschickter. 2007 hat er das Offensichtliche offenbar nicht gesehen: Daß die Abgeordneten der UDF, die nur mit Hilfe der UMP gewählt worden waren, sich nicht plötzlich gegen die UMP stellen und damit ihr Mandat riskieren würden. Statt einer erstarkten UDF, die er nach den Wahlen 2007 hätte haben können, hat er jetzt ein kümmerliches MoDem.
Auch jetzt wird er, vermute ich, wieder keine Absprache treffen. Er mag Sarkozy persönlich nicht; er mag Hollandes Programm überhaupt nicht. Also wird er es seinen Anhängern überlassen, wen sie wählen, und die werden zu Hollandes Sieg beitragen. (Das ist aus meiner Sicht das Wahrscheinlichste; freuen würde ich mich, wenn es anders käme und er sich zum Bündnis mit Sarkozy aufraffen würde).
Würde das für dessen Sieg reichen? Ich stimme Ihrer Berechnung zu. Es könnte knapp reichen, aber wahrscheinlich eher nicht. Diese Diskussion begann ja auch vor mehr als einer Woche, als die Umfragewerte sowohl für Sarkozy als auch für Bayrou noch besser waren.
Und auch das ist zu bedenken: Wenn Bayrou sich mit Sarkozy zusammentut und es reicht dennoch nicht, dann steht er ganz mit leeren Händen da. Dann ist er sozusagen über seinen Schatten gesprungen und hat dennoch die Hürde gerissen.
Also, ich vermute, daß er neutral bleibt und vielleicht sogar nach dessen Sieg mit Hollande zusammenarbeitet. Dieser könnte ihm dann einen guten Preis machen, denn er wird ein Gegengewicht zu Mélenchon brauchen.
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