"Die Revolution frißt ihre Kinder" - das ist eine alte Erfahrung, wenn es auch zum Glück nicht immer so blutig zugeht wie in der Französischen Revolution.
Am Anfang war es eine bunte Mischung aus Unzufriedenen gewesen, die Mubarak gestürzt hatten. Dann kam, gipfelnd in den Wahlen im Dezember 2011, eine Welle des Islamismus. Bis in die ersten Monate dieses Jahres hinein schien es ausgemacht, daß sie auch einen Islamisten ins Amt des Präsidenten spülen würde.
Jetzt ist, wie es scheint, die Stimmung gekippt. Was zum Jahreswechsel noch niemand für möglich gehalten hätte, könnte jetzt Realität werden - ein Mann aus dem Mubarak-Regime als der erste Präsident nach Mubarak.
Zitat von ZettelJetzt ist, wie es scheint, die Stimmung gekippt. Was zum Jahreswechsel noch niemand für möglich gehalten hätte, könnte jetzt Realität werden - ein Mann aus dem Mubarak-Regime als der erste Präsident nach Mubarak.
Gerade eben von Gallup bekommen: 82 Prozent der Ägypter erwarten eine faire, ehrliche Wahl. 86 Prozent sagen, daß sie wählen werden; nur 11 Prozent wollen nicht wählen.
Diese Wahl ist - trivialerweise - so wichtig wie der Umsturz im vergangenen Jahr. Damals waren unsere Medien voll von Berichten. Jetzt interessiert das Schicksal Ägyptens offenbar kaum jemanden.
Ist das nicht seltsam? Muß Gewalt angewendet werden, damit etwas berichtenswert wird?
Zitat von ZettelWas zum Jahreswechsel noch niemand für möglich gehalten hätte, könnte jetzt Realität werden - ein Mann aus dem Mubarak-Regime als der erste Präsident nach Mubarak.
Das Ergebnis wird wohl erst am Sonntag feststehen. Vorerst brodelt nur die Gerüchteküche.
Zitat von Frank Böhmert(Einfach ein knappes Dankeschön für Ihre Berichterstattung über die ägyptischen Wahlen. Ich verfolge sie mit großem Interesse.)
Das freut mich.
Wenn ich mir ansehe, wie umfassend zum Beispiel die Leser des größten deutschen Nachrichtenportals informiert werden, dann denke ich mir, daß sich ein paar Stunden nächtlicher Arbeit vielleicht doch lohnen.
Zitat von ZettelWenn ich mir ansehe, wie umfassend zum Beispiel die Leser des größten deutschen Nachrichtenportals informiert werden, dann denke ich mir, daß sich ein paar Stunden nächtlicher Arbeit vielleicht doch lohnen.
Oh sie lohnen, lieber Zettel! Auch von mir herzlichen Dank für die Informationen und dafür, dass sie sich der offiziellen Sprachregelung widersetzen. Denn sowas:
Zitat von ZRWie in allen Ländern, in denen Islamisten im Vormarsch sind, unterliegen sie Repressionen, bis hin zu gewaltsamen Übergriffen. Unter Mubarak hatte sich ihre Situation zunehmend verschlechtert; während der Unruhen des vergangenen Jahres war es zu tödlichen Attacken auf Christen gekommen.
hieße im journalistische Qualitätssprech, dass es mal wieder "gewalttätige Auseinandersetzungen" zwischen Christen und Muslimen gegeben habe. Na, und wer solche Auseinandersetzungen "provoziert" haben könnte ... wir wissen ja, wer überall und ständig beleidigenden Provokationen ausgeliefert ist.
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Das Ganze hat eine sehr tiefe Dimension und typische Struktur westlicher Nicht-Berichterstattung.
Wenn man sich die Mühe macht und googelt findet man doch etwas an Information bezüglich der katastrophalen Lage der Kopten nach der glorreichen Jasmin-Revolution und dem aktuellen "Demokratisierungsprozeß" in Ägypten.
Daß die rotgrünen Medien davon kaum berichten (man stelle sich vor Christen würden Moslems so behandeln - man wäre in Rage darüber) ist nur logisch.
Man findet allerdings kaum Links zu deutschen Leitmedien. Hier ein neuerer Bericht aus Frankreich:
Es ist das übliche Muster: Menschenrechtsverletzungen werden fast nur bei kulturell westlichen Ländern, speziell wenn sie von Westlern/Weißen begangen werden, oder bei Verbündeten des Westens, thematisiert.
Eine Ausnahme davon ist China, aber erst seit es immer liberaler und marktwirtschaftlicher wurde und immer mehr entfernt vom System Mao. Dabei ist die Menschenrechtslage für die Hälfte der Bevölkerung, nämlich der weiblichen, weltweit in den meisten nicht-westlichen Ländern weitaus negativer als in China, und die politische Repression ebenfalls.
Die westlichen Medien haben ein anti-westliches Weltbild so tief verinnerlicht, daß für Menschenrechtsverletzungen außerhalb des Westens kein Raum bleibt. Zumal nahezu jede Kritik an nicht-westlicher Kultur als rassistisch bewertet wird.
Im Prinzip wiederholt sich seit dem Vietnamkrieg immer das gleiche: Den Amis wurde alles vorgeworfen was sie verbrochen hatten. Agent Orange, Napalm, Flächenbombardement,..... zu Recht.
Aber der eigentlichen Kriegsverursacher, die kommunistischen Diktatur in Nordvietnam, samt all deren extrem inhumaner Kriegsführung aus der Zivilbevölkerung heraus, wird bis heute mit keinem Wort kritisiert. Sie gilt sogar als natürlicher und somit legitimer Vertreterdes "Vietnamesischen Volkes".
Seit 68 werden die Gegner der westlichen Kultur in westlichen Medien idealisiert, Berichterstattung über deren Verbrechen gradezu tabuisiert, und alles was man dem Westen und dessen Kultur anlasten kann wird extrem aufgebauscht.
Entsprechend werden auch im Westen Menschenrechtsverletzungen, Rassismus, Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit nur dann thematisiert, wenn sie von Angehörigen des westlichen Kulturkreises ausgehen. Ansonsten sind das eben gewöhnliche Kriminaldelikte.
Eine Zivilisation die sich selbst so inbrünstig hasst, und all ihre positiven Errungenschaften gar nicht mehr wahrnimmt, oder sie permanent als völlig unzureichend bewertet, wird ihren eigenen moralischen Maßstäben nicht gerecht.
Denn die Ablehnung von Diskriminierung erstreckt sich explizit nicht auf die eigene Kultur. Oder auf ähnliche Kulturen, wie z.B. der Koptischen.
Letztlich ist fast alles was die BRD-Leitmedien veröffentlichen oder nicht veröffentlichen Propaganda für eine bestimmte Weltanschauung. Nämlich die von Grünen und SPD.
Zitat von ZettelDas Ergebnis wird wohl erst am Sonntag feststehen. Vorerst brodelt nur die Gerüchteküche.
Bei Al Ahram gibt es einen Liveticker zu den einlaufenden Ergebnissen aus den einzelnen Wahlbezirken und Provinzen.
Überraschend ist die niedrige Wahlbeteiligung. Die Ergebnisse sind bunt gemischt; jeder der fünf Kandidaten kommt so ziemlich auf jedem Rangplatz vor. Die Islamisten sollen erklärt haben, ihr Kandidat Mursi und Shafiq würden laut ihrer Hochrechnung in die Stichwahl kommen.
(Ich schließe mich ab jetzt der anscheinend am weitesten verbreiteten Transkription der Namen an. Mursi = Morsy, Shafiq = Shafik).
Zitat von Zettel(Ich schließe mich ab jetzt der anscheinend am weitesten verbreiteten Transkription der Namen an. Mursi = Morsy, Shafiq = Shafik).
Gut so. Vokale sind im Arabischen immer ein bisschen beliebig. Aber q und k macht in manchen Dialekten schon einen Unterschied - so auch im Äqyptischen Arabisch. Zumindest der Wikipedia-Seite (die den Herrn auch "Shafik" transkribiert) zufolge wird der Konsonant am Ende seines Namens auch in der Tat als stimmloser glottaler Plosiv ausgesprochen, also als q - ein k wäre velar. Wie gesagt: unterschiedliche Grapheme, bedeutungsunterscheidend.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Es ist vermutlich noch zu früh diese Ergebnisse zu interpretieren, aber es zeichnet sich doch schon ein Trend ab, der die Voraussagen als fragwürdig erscheinen lässt.
Zitat von ZettelDanach führt Moussa mit 31,7 Prozent, hat aber gegenüber der letzten Umfrage vor einer Woche (40 Prozent) stark verloren. Shafik liegt danach auf dem zweiten Platz, hat aber mit 22,6 Prozent fast drei Prozentpunkte hinzugewonnen. Die beiden islamistischen Kandidaten liegen mit je knapp 15 Prozent gleichauf.
Mousa liegt irgendwo abgeschlagen bei 12,3%, der Islamist Mursi weit vorne bei 27,2%, bei Shafik (23,3%) scheint es einen Treffer zu geben. Die Auslandsägypter wollen zu über 60% einen Islamisten zum Präsidenten. Na dann.
Zitat von Al Ahram16:30 FINAL Results in 25 governorates aggregated by Ahram Online shows that with about 41.8 per cent turnout, the Muslim Brotherhood's candidate Mohamed Mursi remains in the lead, followed by Ahmed Shafiq, Mubarak's last prime minister, while the leftist candidate, Hamdeen Sabbahi, who proved to be the dark horse of the race, fell back to third place. Still waiting for Cairo and Giza results, which will be decisive.
Mursi 4,406,782 (26.48 per cent) Shafiq 4,115,840 (24.74 per cent) Sabbahi 3,329,519 (20.01 per cent) Abul-Fotouh 2,959,937 (17.79 per cent) Moussa 1,778,244 (10.69 per cent)
(...)
18:25 Ahmed Khairy, the official spokesman of the liberal Free Egyptians Party, described the expected two-horse race between Mohamed Mursi and Ahmed Shafiq for Egypt's presidential seat as "the worst-case scenario".
Khairy branded the Muslim Brotherhood's Mursi as an "Islamic fascist" and former prime minister Shafiq as a "military fascist".
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.