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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 812 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2012 00:34
Ray Bradbury Antworten

Zum Tod von Ray Bradbury gab es bereits vergangene Woche eine kleine Diskussion hier im kleinen Zimmer. Was Ulrich Elkmann zu diesem Autor schrieb, gefiel mir so gut, daß ich ihn um einen Gastbeitrag gebeten habe.

Ich freue mich, daß er zugesagt hat. Hier ist der Artikel - publiziert mit einer kleinen Verzögerung. Aber ich finde, daß das Ergebnis das wert ist.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.06.2012 21:53
#2 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann
Anders als die genannten Autoren, die ihre Visionen auf der Grundlage der wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten entwarfen, stritt Bradbury immer ab, ein Science-Fiction-Autor zu sein: er sei ein "Fantasy"-Autor.

Was einerseits ein fundamentaler Unterschied ist, und andererseits bedienen doch beide Arten von Autoren dasselbe Bedürfnis.

Verschieden sind sie, was die intellektuelle Seite des Lesers angeht. Der wissenschaftlich orientierte will Phantasien haben, die im Prinzip Realität werden könnten. Es reizt ihn gerade, das schon vorhandene Wissen zu extrapolieren. Der an Wissenschaft nicht interessierte, eher romantische Leser erfreut sich des Übersinnlichen.

Andererseits reizt beide das Heraustreten aus der Realität; das Schwelgen in dem, was die schnöde Realität (noch) nicht hergibt.

Ich konnte - wenn wundert's - mit Fantasy nie etwas anfangen. Aber Jules Verne fand ich faszinierend, und dann vor allem Hans Dominik, dessen Bücher noch jetzt ziemlich komplett in meiner Bibliothek stehen.

Interessant übrigens die positive Sicht auf die Nukleartechnologie in "Atomgewicht 500", erschienen schon 1934!

Herzlich, Zettel

energist Offline




Beiträge: 322

13.06.2012 00:11
#3 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von Zettel
Ich konnte - wenn wundert's - mit Fantasy nie etwas anfangen. Aber Jules Verne fand ich faszinierend, und dann vor allem Hans Dominik, dessen Bücher noch jetzt ziemlich komplett in meiner Bibliothek stehen.
Interessant übrigens die positive Sicht auf die Nukleartechnologie in "Atomgewicht 500", erschienen schon 1934!



Den Dominik habe ich auch stark vertreten, ebenso Kurd Laßwitz. Letzterer übrigens der Auslöser für die Anschaffung eines Kindle – man bekommt dort fast alle seine Werke zum Nulltarif.

Wobei doch gerade bei Hans Dominik auch immer viel fantastisches und völlig unrealistisches Bestandteil der Handlung, denken Sie an „Die Macht der Drei“, „Atlantis“ oder auch Teile der „Cheopspyramide“; Hellseherei, Hypnose, Telepathie und viel Mystik. (Wobei ich zunächst dachte, daß dies Spätwerke seien und der Hang zum Fantastischen sich bei Dominik erst im Laufe seiner Karriere eingestellt hätte. Mitnichten: die genannten gehören chronologisch zu seinen ersten Romanen.) Von diesen Schwurbeleien ist es dann aber auch kein großer Schritt mehr zu den Welten eines Philip Dick, Ray Bradbury, H. Beam Piper (der mir derzeit das Einschlafen versüßt) oder sogar Gene Rodenberry (Star Trek).

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.06.2012 01:06
#4 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von energist
Den Dominik habe ich auch stark vertreten, ebenso Kurd Laßwitz. Letzterer übrigens der Auslöser für die Anschaffung eines Kindle – man bekommt dort fast alle seine Werke zum Nulltarif.

Von Kurd Laßwitz habe ich "Auf zwei Planeten" in einer sehr schönen Ausgabe der Reihe "Haidnische Alterthümer"; Halbleinen mit Marmorpapierbezug, so daß jedes Exemplar ein Unikat ist. Ich habe es damals, 1979, zu lesen angefangen, aber es ist liegengeblieben, wie so vieles. Man sollte in seinen verbleibenden Jahren eigentlich nur noch lesen.

Auf meinem Kindle sind meist mindestens ein Dutzend Bücher, die ich nicht gelesen habe; davon üblicherweise drei oder vier parallel "in Arbeit". Jetzt würde ich, wo Sie das geschrieben haben, am liebsten sofort den Laßwitz herunterladen - aber wann lesen?

Zitat von energist
Wobei doch gerade bei Hans Dominik auch immer viel fantastisches und völlig unrealistisches Bestandteil der Handlung, denken Sie an „Die Macht der Drei“, „Atlantis“ oder auch Teile der „Cheopspyramide“; Hellseherei, Hypnose, Telepathie und viel Mystik. (Wobei ich zunächst dachte, daß dies Spätwerke seien und der Hang zum Fantastischen sich bei Dominik erst im Laufe seiner Karriere eingestellt hätte. Mitnichten: die genannten gehören chronologisch zu seinen ersten Romanen.)

Ja, das stimmt.

Aber man darf nicht vergessen, daß die Grenze zwischen "noch nicht realisiert" und "Spinnerei" ja fließend ist. Beispielsweise hat sowohl das sowjetische als auch das amerikanische Militär die Möglichkeit erforschen lassen, Psi militärisch nutzbar zu machen. Und noch immer findet ja parapsychologische Forschung statt.

Stellen Sie sich, lieber Energist, einen utopischen Roman aus dem Jahr 1912 vor, in dem die meisten Bürger ein kleines Gerät besitzen, mit dem sie telefonieren, ihren Weg finden, Musik abspielen, Filme ansehen, Reisen buchen, Zeitung lesen, Sprache aufzeichnen, Fotografieren, Filmen usw. usw. können. Jeder hätte das als Fantasy gesehen, nicht Science Fiction.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.083

13.06.2012 10:21
#5 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von energist

Zitat von Zettel
Ich konnte - wenn wundert's - mit Fantasy nie etwas anfangen. Aber Jules Verne fand ich faszinierend, und dann vor allem Hans Dominik, dessen Bücher noch jetzt ziemlich komplett in meiner Bibliothek stehen.
Interessant übrigens die positive Sicht auf die Nukleartechnologie in "Atomgewicht 500", erschienen schon 1934!



Den Dominik habe ich auch stark vertreten, ebenso Kurd Laßwitz. Letzterer übrigens der Auslöser für die Anschaffung eines Kindle – man bekommt dort fast alle seine Werke zum Nulltarif.



Danke für den Hinweis! Ich habe mir gerade "Auf zwei Planeten" auf den Kindle geladen, für meinen nächsten Transatlantikflug.

Wenn mir das Buch nicht gefällt, lösche ich es einfach. Und ich muss keine 1000 Seiten durch die Welt schleppen. Ich liebe meinen Kindle!

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

energist Offline




Beiträge: 322

13.06.2012 11:55
#6 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von Gorgasal
Danke für den Hinweis! Ich habe mir gerade "Auf zwei Planeten" auf den Kindle geladen, für meinen nächsten Transatlantikflug.
Wenn mir das Buch nicht gefällt, lösche ich es einfach. Und ich muss keine 1000 Seiten durch die Welt schleppen. Ich liebe meinen Kindle!



Meine Ausgabe – nicht so prunkvoll wie die unseres Gastgebers und gekürzt, immerhin jedoch mit Vorwort von Wernher von Braun – hat leider nur 351 Seiten. (Dieses Kürzen und Redigieren von Originaltexten ist leider eine Seuche, die auch bei Dominik häufig zugeschlagen hat – laut Wikipedia wurden Bücher teilweise auf ein Sechstel ihres Umfanges gekürzt, weil Passagen „nicht mehr in die Zeit gehörten“.)

Ich hoffe dennoch, daß Sie um eine Löschung herumkommen. Von all den Werken der deutschen Zunkuftsschreiber zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist mir dieses das liebste. Es kommt ohne übertrieben wirkenden Einsatz allzu phantastischer Elemente aus und bringt seine Handlung dennoch voran. Diese begeistert mich auch heute noch dadurch, daß sie eben alle Schichten abdeckt, die der Großteil der restlichen Science Fiction höchstens einzeln angehen konnte, von der weder träumerischen noch dystopischen Gesellschaftsvision über die technisch halbwegs schlüssigen Betrachtungen zu Raumfahrt oder Solarenergie bis zur spannenden und mitreißenden Rahmenhandlung. Viel Spaß bei der Lektüre!

Grüßen Sie mir die Nume!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.06.2012 17:34
#7 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von energist

Zitat von Gorgasal
Danke für den Hinweis! Ich habe mir gerade "Auf zwei Planeten" auf den Kindle geladen, für meinen nächsten Transatlantikflug.
Wenn mir das Buch nicht gefällt, lösche ich es einfach. Und ich muss keine 1000 Seiten durch die Welt schleppen. Ich liebe meinen Kindle!



Meine Ausgabe – nicht so prunkvoll wie die unseres Gastgebers und gekürzt, immerhin jedoch mit Vorwort von Wernher von Braun – hat leider nur 351 Seiten.


Vielleicht gut so, lieber energist.

Ich weiß nicht mehr, warum ich damals nicht zu Ende gelesen habe - aber es kann gut sein, daß es mir zu weitschweifig war. Manche Bücher gewinnen ja wirklich durch Kürzung.

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.429

13.06.2012 20:21
#8 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von Zettel


Ich weiß nicht mehr, warum ich damals nicht zu Ende gelesen habe - aber es kann gut sein, daß es mir zu weitschweifig war. Manche Bücher gewinnen ja wirklich durch Kürzung.




Bei Laßwitz ist das durchaus der Fall. Der Ansatz des Buches ist ja durchaus spannend; aber das Buch ist schlichtweg um 500 Seiten zu lang (salopp gesagt, Kap. 16-35). Man merkt durchaus, daß Laßwitz preußischer Gymnasialprofessor für Philosophie, Bauweise Kant, war (post-Spoerl-Leser hören vielleicht einen beständigen Akzent von "läbe Schöler" heraus.) Und in der alten utopischen Tradition gibt es bei ihm eine ausführlichste tour d'orizon durchs konfliktfreie Zukunftsreich der Verehrer des großen Marsphilosophen Imm (=anuel K.). Da muß man sich zum großzügigen Überschlagen erziehen. Das moralische Ansatz des Buchs läßt sich ja durchaus zeitgeistgemäß reflektieren: die Marte, die uns voraus sind und seit Jahrtausenden keinen Krieg mehr kennen, beschließen die Menschen unter Kuratel zu stellen, um sie am Krieg und Kolonialismus zu hindern (so wie bei Arthur C. Clarke's Childhood's End (1953) später dann die Overlords); was nur zur Korruption der Utopie und zum bewaffneten Widerstand der Erdlinge führt. Deswegen sind die Engländer bei ihm auch als die Schlimmsten gezeichnet.
Die Ausgabe von A2P bei Zweitausendeins (die "Haidnischen Alterthümer" waren ja eine hommage an Arno Schmidt zum 65. Geburtstag: eine ganze Reihe seiner verschollenen "Privataltertümer") war übrigens die erste ungekürzte Nachkriegsausgabe. Die alte Ausgabe gab es sowohl 1- als auch 2-bdg., bis zum 44. Tsd. bei Elischer in Leipzig; und ab 1930 bis zum 70. Tsd. in Berlin bei Felber. Die 1 NK-Ausg. 1948 (Cassianeum, 328 S. "neu herausgegeben von Erich Laßwitz"); 1959 dann Gebrüder Weiß, 314 S. [Es gab kurz davor sogar eine 2-bändige Heftchen-Ausgabe in der Reihe Abenteuer im Weltraum, Band 5/6: vor "Goldmanns Weltraumtaschenbüchern" war SF in Westdeutschland ja reine Heftchen- und Leihbuchliteratur]. Eine DDR-Ausgabe gab es übrigens 1984 bei Das Neue Berlin.
Aber immerhin findet das Buch noch zumindest Durchblätterer. Laßwitzens andere Romane, Homchen, Sternentau, und Aspira sind so verschollen, als wären sie nie erschienen.
Wirklich anregend für die, tja, fantasy, eben im Sinn der phantastischen Literatur allgemein, ist Laßwitz mit einem anderen Text geworden: der Erzählung von der "Universalbibliothek". Von diesem Gedankenexperiment der Bibliothek, die schlicht alles umfaßt, was nur je gedruckt werden kann, hat sich Jorge Luis Borges zur "Bibliothek von Babel" anregen lassen.
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Library_of_Babel

energist Offline




Beiträge: 322

13.06.2012 22:12
#9 RE: Ray Bradbury Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann
[...] der Verehrer des großen Marsphilosophen Imm (=anuel K.) [...]



Werter Ulrich Elkmann, danke für diesen Augenöffner! Manchmal fehlt einem doch so ein kleiner Stein im großen Mosaik…

Scheinbar komme ich nun nicht umhin, mir auch für die ungekürzte Ausgabe einmal Zeit zu nehmen.

 Sprung  



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