Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 42 Antworten
und wurde 3.862 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2012 13:34
Marginalie: Druckausgleich Antworten

Was ein neugewählter Staatsmann sofort nach seinem Wahlsieg (oder schon in dessen Erwartung) sagt und tut, das gibt im allgemeinen Auskunft über die Prioritäten, die er zu setzen gedenkt. Morsi hat sofort der iranischen Nachrichtenagentur Fars ein Interview gegeben, in dem er ankündigt, die Beziehungen Ägyptens zu Persien zu verbessern.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2012 13:52
#2 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Das halte ich für bedenklich: Morsy says he will review peace treaty with Israel http://www.jpost.com/MiddleEast/Article.aspx?id=275137

C. Offline




Beiträge: 2.639

25.06.2012 14:04
#3 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Was ein neugewählter Staatsmann sofort nach seinem Wahlsieg (oder schon in dessen Erwartung) sagt und tut, das gibt im allgemeinen Auskunft über die Prioritäten, die er zu setzen gedenkt. Morsi hat sofort der iranischen Nachrichtenagentur Fars ein Interview gegeben, in dem er ankündigt, die Beziehungen Ägyptens zu Persien zu verbessern.


Die beziehung zwischen Muslimbruderschaft und Iran sind schon lange ausgesprochen gut. Derderzeitige iranische Führer Khamenei hat zwei Werke von Qutb übersetzt, darunter aus das einflussreiche Ma'alim fi al-Tariq.
Diese demonstrative Hinwendung zum Iran ist konsequent als Zeichen der engültigen Abkehr vom Westen aber auch eine Kampfansage gegenüber den den saudifinanzierten Salafisten. Mit der Überwindung des schiitisch-sunnitischen Schisma im Sinne einer gemeinsamen islamistischen Bewegung werden die Karten von Algerien über die Türkei bis Afghanistan neu gemischt.

Nachtrag: Es ist schon gruselig, dass die "internationale Gemeinschaft" die USA, EU und Deutschland eingeschlossen, einem Präsidenten aus den Reihen der Muslimbruderschaft zur Wahl gratuliert. Es dürfte auch dort bekannt sein, um welche Organisation es sich dabei handelt.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2012 14:22
#4 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von C. im Beitrag #3
... der engültigen Abkehr vom Westen

Dann gibt es vom Westen auch keine Militärhilfe und Rüstungsgüter mehr, und auch keinen Support für bestehende Systeme mehr. Insgesamt erscheinen mir die Waffengeschäfte der USA ein Indikator für die Stabilität und Zuverlässigkeit eines Landes. Z.B. wurden 2008 24 moderne F-16 Kampfjets inklusive umfangreicher Bewaffnung nach Marokko verkauft. Als einziges Land Nordafrikas blieb Marokko vom arabischen Frühling verschont.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 14:22
#5 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von C. im Beitrag #3
Kampfansage gegenüber den den saudifinanzierten Salafisten.
Ist damit die kleinere (immerhin ~25%) der beiden islamistischen Parteien in Ägypten gemeint?

C. Offline




Beiträge: 2.639

25.06.2012 14:36
#6 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #5
Zitat von C. im Beitrag #3
Kampfansage gegenüber den den saudifinanzierten Salafisten.
Ist damit die kleinere (immerhin ~25%) der beiden islamistischen Parteien in Ägypten gemeint?

Ja, die hatte ich gemeint, aber auch die Salafistentrupps, die sich in Libyen, Tunesien, Syrien und anderswo profilieren.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 14:37
#7 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #4
Zitat von C. im Beitrag #3
... der engültigen Abkehr vom Westen

Dann gibt es vom Westen auch keine Militärhilfe und Rüstungsgüter mehr, und auch keinen Support für bestehende Systeme mehr. Insgesamt erscheinen mir die Waffengeschäfte der USA ein Indikator für die Stabilität und Zuverlässigkeit eines Landes.
Die Wort "Stabilität und Zuverlässigkeit" im Zusammenhang mit einem muslimischen Land zu gebrauchen erscheint mir zumindest gewagt. Es ist schon die Frage zu stellen, ob das nicht schon eine Art Oxymoron ist. Die klassische Struktur eines muslimisch doninierten Staates ist entweder die Tyrannei (Syrien, Ägypten, eigentlich auch Tunesien und Marokko) oder die Anarchie (Somalia, Libyen, Afghanistan, Jemen, Pakistan).

Ägypten ist ja nicht nur mit seinen Waffen vom Westen abhängig. Egypt is the world's largest wheat importer, beholden to foreign providers for nearly half its total food consumption. (Gibt es überhaupt ein muslimisches Land, das sich selbst ernähren kann? Iran und Türkei vielleicht) Und auch der Staatshaushalt wird von den USA zumindest gestützt. Wenn Sie dem Land die Hilfe streichen kommen garantiert ganz viel Leute daher und weisen darauf hin, daß dann alles noch viel schlimmer wird. Wer will auch eine umfassende Hungerkrise in diesem Land riskieren? So einfach geht das also auch nicht.

C. Offline




Beiträge: 2.639

25.06.2012 14:58
#8 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #4
Zitat von C. im Beitrag #3
... der engültigen Abkehr vom Westen

Dann gibt es vom Westen auch keine Militärhilfe und Rüstungsgüter mehr, und auch keinen Support für bestehende Systeme mehr. Insgesamt erscheinen mir die Waffengeschäfte der USA ein Indikator für die Stabilität und Zuverlässigkeit eines Landes. Z.B. wurden 2008 24 moderne F-16 Kampfjets inklusive umfangreicher Bewaffnung nach Marokko verkauft. Als einziges Land Nordafrikas blieb Marokko vom arabischen Frühling verschont.


Es hat schon seinen Grund warum Saudiarabien um Panzer bettelt, sie wollen vom arabischen Frühling verschont werden.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.567

25.06.2012 15:10
#9 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Ich vermute mal, daß es sich beim "Druckausgleich" diesmal in-der-Tat um einen Übersetzungsfehler, bzw. eine schiefe Formulierung handelt, die sich auf dem Weg vom Arabischen ins Englische eingeschlichen hat, und wohl eher das übliche "balance of power" - Gleichgewicht der Macht, auch Gegengewicht - gemeint gewesen sein dürfte - die Achse Kairo-Teheran (von denen keiner der Mitspieler heute wissen kann, ob-&-wie sie belastbar ist) gegen den "Brückenkopf des Westens".

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2012 15:15
#10 Islam und Arabischer Sozialismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #7
Die Wort "Stabilität und Zuverlässigkeit" im Zusammenhang mit einem muslimischen Land zu gebrauchen erscheint mir zumindest gewagt. Es ist schon die Frage zu stellen, ob das nicht schon eine Art Oxymoron ist. Die klassische Struktur eines muslimisch doninierten Staates ist entweder die Tyrannei (Syrien, Ägypten, eigentlich auch Tunesien und Marokko) oder die Anarchie (Somalia, Libyen, Afghanistan, Jemen, Pakistan).
Ich glaube nicht, lieber AldiOn, daß die Religion da so wichtig war.

Sie spielte - ich weise immer einmal wieder darauf hin - im arabischen Raum bis zu ungefähr den 1980er Jahren kaum eine Rolle. Auf der Tagesordnung standen der Nasserismus und dann zunehmend der Arabische Sozialismus, vor allem in Gestalt der Ba'ath-Partei.

Ihre Ideen holten die Eliten der meisten arabischen Länder nicht aus dem Koran, sondern aus der Sowjetunion. Die Staatsparteien Algeriens, Tunesiens, Ägyptens, Syriens, des Irak, des Südjemen waren nach sowjetischem Vorbild aufgebaut; ebenso orentierten sich die Führer der Palästinenserorganisationen am Sozialismus.

Lediglich die Feudalstaaten (fundamentalistische wie Saudi-Arabien, gemäßigte wie Marokko und Jordanien) folgten diesem Trend nicht. Libyen war insofern ein Sonderfall, als Gaddafi Marxismus und Islam verbinden wollte. Das Herrschaftssystem entsprach aber auch dem sowjetischen.

Die Misere Arabiens hat wenig mit dem Islam zu tun. Sie hat ihre Ursache im Sozialismus. Fast alles, was diese Ländern heute belastet - die Armut, die aufgeblähte Bürokratie, der Militarismus, die Unterentwicklung - sind typische Erscheinungen des Sozialismus.

Die Renaissance des Islam war eine Reaktion auf die Misere, die der Sozialismus überall herbeigeführt hatte. Die Erfolge der Islamisten gerade auch in Ägypten beruhen darauf, daß sie eine Gegenbewegung zu der Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen durch die Staatsbürokratie waren.



Meines Erachtens wird in der deutschen Diskussion, lieber AldiOn, die Bedeutung der Religion für Arabien notorisch überschätzt (in anderen islamischen Ländern wie Indonesien, Malaysia und Pakistan spielt sie ohnehin keine herausgehobene Rolle).

Die jetzige Welle des Islamismus ist eine historische Erscheinung; eben als Reaktion auf den Arabischen Sozialismus; so, wie das Regime der Mullahs die Reaktion auf den Versuch des Schahs gewesen war, den Iran in die Moderne zu peitschen.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.136

25.06.2012 15:15
#11 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat
. Egypt is the world's largest wheat importer, beholden to foreign providers for nearly half its total food consumption.




Interessant.

Im Römischen Reich war Ägypten DIE Kornkammer.
(Ein Teil der realen Macht des Kaisers kam daher, dass er die Provinz Ägypten direkt kontrollieren konnte und dadurch faktisch auch die Lebensmittelversorgung des Reichs. Andere Provinzen - z.B. Griechenland und Nordafrika - wurden stattdessen von einem Statthalter verwaltet, den der Senat ernannte).

Es wäre interessant zu erfahren, wie Ägypten vom bedeutendsten Weizenexporteur der antiken Welt zum weltgrößten Weizenimporteur wurde.
Liegt es hier womöglich tatsächlich am Klimawandel?
Oder einfach an einer Bevölkerungsexplosion, mit der die Landwirtschaft nicht mithalten konnte?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.567

25.06.2012 15:35
#12 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #11

Zitat
. Egypt is the world's largest wheat importer, beholden to foreign providers for nearly half its total food consumption.



Interessant.

Im Römischen Reich war Ägypten DIE Kornkammer.
(Ein Teil der realen Macht des Kaisers kam daher, dass er die Provinz Ägypten direkt kontrollieren konnte und dadurch faktisch auch die Lebensmittelversorgung des Reichs. Andere Provinzen - z.B. Griechenland und Nordafrika - wurden stattdessen von einem Statthalter verwaltet, den der Senat ernannte).

Es wäre interessant zu erfahren, wie Ägypten vom bedeutendsten Weizenexporteur der antiken Welt zum weltgrößten Weizenimporteur wurde.
Liegt es hier womöglich tatsächlich am Klimawandel?
Oder einfach an einer Bevölkerungsexplosion, mit der die Landwirtschaft nicht mithalten konnte?






Am "Klimawandel", jedenfalls im Sinne von Aufheizung des Wettergeschehens, kann es nicht gelegen haben: die in Frage kommende Zeit war die "Römische Warmzeit":
http://en.wikipedia.org/wiki/Roman_Warm_Period

http://wattsupwiththat.com/2012/03/21/sc...anetary-motion/
(allmählich spricht es sich ja herum, daß ein moderater Anstieg der Temperaturen alles andere als übel ist - oder wäre). Veränderungen des Niederschlags kämen in Frage - aber Ägypten hing immer, und ausschließlich, am Nilwasser (Monsunzeiten dürften auch den Ptolemäern unbekannt gewesen sein). Mißwirtschaft, Fellachentum (Analphabetenrate von gut 56%), und die Tatsache, daß die Eliten eben alles bei Bedarf von außen importieren konnten, einschließlich Zuckerbrot und (Nilpferd)-Peitschen - und somit keinerlei Impetus für eine Entwicklung des Agrarsektors gegeben war, dürften es eher treffen.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2012 15:45
#13 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #12
Mißwirtschaft, Fellachentum (Analphabetenrate von gut 56%), und die Tatsache, daß die Eliten eben alles bei Bedarf von außen importieren konnten, einschließlich Zuckerbrot und (Nilpferd)-Peitschen

Und das war zur Römerzeit anders?

Ich denke es liegt hauptsächlich am Bevölkerungswachstum: http://en.wikipedia.org/wiki/Demographic...lation_of_Egypt

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 15:57
#14 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #11

Zitat
Es wäre interessant zu erfahren, wie Ägypten vom bedeutendsten Weizenexporteur der antiken Welt zum weltgrößten Weizenimporteur wurde.
Liegt es hier womöglich tatsächlich am Klimawandel?
Oder einfach an einer Bevölkerungsexplosion, mit der die Landwirtschaft nicht mithalten konnte?
Nichts von alledem.

Im Gegensatz zu der Kurzfristbetrachtung von Zettel kann man ja auch in der Langfristbetrachtung sehen, daß muslimische Staaten so gut wie immer instabil waren. Entweder kriegerisch/tyrannisch oder eben anarchisch. Und beides ist nicht gerade eine Garantie für Eingentumsrechte, deren Fehlen sich wiederum direkt auf die Qualität des Ackerbaus und die Bodenqualitäten auswirken. Unter muslimischer Herrschaft - dazu gibt es auch Untersuchungen - sind in großem Umfang die ackerbaulichen Möglichkeiten (Bodenfruchtbarkeit und Ackerflächen insgesamt) Nordafrikas geschwunden.

Zettel
Ihre Betrachtung konzentriert sich zu stark auf die - natürlich gleichgerichteten - Effekte des Sozialismus. Wenn nach dem 2. Weltkrieg der Islam in diesen Ländern keine große Rolle mehr spielte, dann ist das nur ein Überbleibsel des Kolonialismus. Während des Kolonialismus wurden ja - als Beispiel - die Sondersteuern für Nichtmuslime abgeschafft und viele der anderen vielfältigen Diskriminierungen unterdrückt (was ja jetzt alles wieder rückgängig gmacht werden soll).
Ihre Interpretation der Aufstände als gegen den Sozialismus gerichtet springt zu kurz. Die Aufstände ware gegen die unmittelbaren Effekte (Armut, Ungleicheit, Rechtlosigkeit) gerichtet und dagegen hat sich ja nur ein Minderheit erhoben. Die Mehrheit will einen Rollback des Islam was ja im Endeffekt zu einer Verstetigung von Armut, Ungleicheit und Rechtlosigkeit führt. Ihre Verwechslung ist natürlich naheliegend weil sowohl Sozialismus wie Islam das Individuum und auch die Eigentumsrechte nicht im Blickfeld haben, ja diese sogar bekämpfen.

Ein Großteil der Wirtschaft in Ägypten wie in Syrien ist ja in der Hand des Militärs (deswegen funktioniert ja auch nichts). Und die wissen ganz genau das wenn sie die Macht abgeben werden sie ihre Privilegien verlieren und - bestenfalls - wie in der Türkei im Knast landen.

Letztlich haben die ägyptischen Militärs mittel- bis langfristig nur eine Change zum überleben: das algerisch-syrische Modell (alle Islamisten derer man habhaft wird umbringen).

Ich sage hiermit eine Syrysierung Ägyptens innerhalb der nächsten 5 Jahre voraus.



___________________gefunden:
“The Decline of North Africa since the Roman Occupation: Climatic or Human?” > Emmet Scott

Zitat:All Muslims, irrespective of position, had this right; and Islamic law thus sanctified the plundering by individual Muslims of the local Christian and Jewish populations.

The long-term consequences of such an outlook are not too difficult to imagine. A general climate of banditry and lawlessness was fostered; and we see, for example, in a very immediate way why immigrant Arab goat-herders in the Middle East and North Africa felt free to allow their flocks to graze on the cultivated lands of their Christian and Jewish neighbors, thus destroying the agricultural viability of these territories and reducing them, within a very short time, to arid semi-desert. One of the most immediate consequences was a dramatic decline in the population. Although precise figures are unavailable, we know that the medieval populations of Anatolia, Syria, Egypt, and North Africa were much smaller than those under the last Byzantine administration. Estimates put the decline at anything from threefold to tenfold; and the result was that by the later Middle Ages large parts of the Middle East and North Africa comprised sparsely populated wasteland, housing economically oppressed and largely impoverished populations. In the fourteenth century, for example, the Islamic scholar Ibn Khaldun, writing in the squalor of what is now Tunisia, marveled at the wealth of a visiting delegation of Italian merchants. And the same attitudes continued to produce the same results well into the nineteenth and even twentieth centuries

C. Offline




Beiträge: 2.639

25.06.2012 16:24
#15 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #14

Letztlich haben die ägyptischen Militärs mittel- bis langfristig nur eine Change zum überleben: das algerisch-syrische Modell (alle Islamisten derer man habhaft wird umbringen).


Oder sie werden das tun, was Eliten meistens tun wenn es eng wird, in diesem Fall sich der Muslimbruderschaft anschließen.

Zitat
Ich sage hiermit eine Syrysierung Ägyptens innerhalb der nächsten 5 Jahre voraus.



Ich sage eine Islamisierung Syriens inklusive des Libanon in den nächsten zwei Jahren voraus. In Ägypten wird das Militär sehr fromm werden, das türkische Miltär ist auch schon auf einem guten Weg. In fünf Jahren sind Saudiland und die Emirate auch keine Monarchien mehr, in der Zwischenzeit hat es schon in Marokko und Algerien geknallt. Der deutsche Außenminister wird mit dem Gratulieren kann nicht nachkommen. Die große Aufgabe besteht jetzt nur noch darin die deutsche Bevölkerung davon zu überzeugen, dass die Muslimbruderschaft und sein iranisches Pendant eine moderate Form des Islam vertreten. Wer etwas anderes behauptet, ist islamophob und rassistisch.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 16:31
#16 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von C. im Beitrag #15
Ich sage eine Islamisierung Syriens inklusive des Libanon in den nächsten zwei Jahren voraus.
Putin wird schon erfahrene Tschetschenien- und Georgien Kämpfer im Rahmen einer UN-Mission nach Syrien entsenden nachdem er dem Freund Assad die Vorteile des tschetschenischen Modells dargelegt hat. Die Russen machen alles - wirklich alles - für Häfen in "warmen Gewässern".

Mal sehen wann es zu Boykottaufrufen gegen russisches Gas kommt

strubbi77 Offline



Beiträge: 337

25.06.2012 16:33
#17 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #13
Ich denke es liegt hauptsächlich am Bevölkerungswachstum: http://en.wikipedia.org/wiki/Demographic...lation_of_Egypt

Würde ich auch sagen:
http://gw.eduhi.at/programm/lumetzbe/orient/4/index.html
zweites Bild:
1897 20580qkm landwirtschaftliche Fläche 12 Mio Bevölkerung
1999 32760qkm landwirtschaftliche Fläche 64 Mio Bevölkerung

Überschlagsweise hat 1897 die Fläche noch für eine Selbstversorgung gereicht.
Aber selbst bei gleichem pro-Kopfverbrauch 1999 hätte sich der Ertrag mehr als verdreifachen müssen, damit die Fläche 1999 noch genug war. (Und die Bevölkerung wächst ja immer noch)

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 21:02
#18 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von strubbi77 im Beitrag #17
Zitat von xanopos im Beitrag #13
Ich denke es liegt hauptsächlich am Bevölkerungswachstum: http://en.wikipedia.org/wiki/Demographic...lation_of_Egypt

Würde ich auch sagen:
http://gw.eduhi.at/programm/lumetzbe/orient/4/index.html
zweites Bild:
1897 20580qkm landwirtschaftliche Fläche 12 Mio Bevölkerung
1999 32760qkm landwirtschaftliche Fläche 64 Mio Bevölkerung

Überschlagsweise hat 1897 die Fläche noch für eine Selbstversorgung gereicht.
Aber selbst bei gleichem pro-Kopfverbrauch 1999 hätte sich der Ertrag mehr als verdreifachen müssen, damit die Fläche 1999 noch genug war. (Und die Bevölkerung wächst ja immer noch)
Nein
Local yields are only 18 bushels per acre, compared to 30 to 60 for non-irrigated wheat in the United States, and up 100 bushels for irrigated land.Es lohnt sich halt nicht unter den Bedingungen dort in verbesserte Anbaumethoden zu investieren.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

25.06.2012 21:15
#19 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Ein Sprecher Morsys sagte jetzt der offiziellen ägyptischen Nachrichtenagentur MENA, er habe Fars kein Interview gegeben und die Zitate seien fabriziert.
Na dann, auf zum fröhlichen spekulieren.
http://www.jpost.com/MiddleEast/Article.aspx?id=275186

Viele Grüße, Erling Plaethe

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.567

25.06.2012 21:27
#20 RE: Marginalie: Druckausgleich Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #13
Und das war zur Römerzeit anders?




Mit Verlaub, ein bisserl schon. Eine ausgezeichnete Mikrostudie zum Funktionieren eines ägyptischen Gemeinwesens knapp vor & nach der Zeitenwende gibt das Papyrosarchiv von Tebtunis - wo gut 200 Jahre Feldkataster, Gerichtsakten und Erntelisten als Altpapier verwendet wurden sind, um heilige Krokodile auszustopfen (I'm not making this up). Mittlerweile ist man an der University of Berkeley dabei, die 10,000e Papyrii publik zu machen und zu übersetzen (die haben gut 100 Jahre unausgepackt in ihren Transportkisten überwintert). Jahr für Jahr neue Feldvermessungen und Grenzverrückungen, nebst unendlichen Erbstreitigkeiten: plus ca change, c'est plus la même chose. Aber auf die Ernteabgaben wurde um einiges rigoroser geachtet.
http://en.wikipedia.org/wiki/Tebtunis_archive
http://tebtunis.berkeley.edu/

Das "Fellachentum" war als Hinweis gedacht, warum Ägypten an der "challenge" des Bevölkerungswachstums (im Sinne von Arnold Toynbee) so rigoros gescheitert ist.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

25.06.2012 21:35
#21 RE: Islam und Arabischer Sozialismus Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #10


Ihre Ideen holten die Eliten der meisten arabischen Länder nicht aus dem Koran, sondern aus der Sowjetunion. Die Staatsparteien Algeriens, Tunesiens, Ägyptens, Syriens, des Irak, des Südjemen waren nach sowjetischem Vorbild aufgebaut; ebenso orentierten sich die Führer der Palästinenserorganisationen am Sozialismus.




Da haben Sie sicherlich Recht, die Ideen stammen (mit den auch von ihnen genannten Außnahmen) aus dem Sowjetreich, aber ihre Sozialisation haben die arabischen Führer nun mal in aus einer islamischen Gesellschaft mitgenommen.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2012 22:08
#22 Arabischer Sozialismus und Islam Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #14
Ihre Betrachtung konzentriert sich zu stark auf die - natürlich gleichgerichteten - Effekte des Sozialismus. Wenn nach dem 2. Weltkrieg der Islam in diesen Ländern keine große Rolle mehr spielte, dann ist das nur ein Überbleibsel des Kolonialismus.
Das Gegenteil ist der Fall, lieber AldiOn. Sowohl der Nasserismus als auch der Arabische Sozialismus à la Ba'ath (und auch PFLP, beispielsweise) waren ausgesprochen antikolonialistische, nationalistische, antiwestliche Bewegungen. (Und übrigens hatte es in den größten Teilen Arabiens ja nur den türkischen Kolonialismus gegeben; nur im Maghreb gab es den französischen. Die Mandatszeit auf der Arabischen Halbinsel dauerte nur kurz; im Irak zB von 1919 bis 1932).

Diese antikolonialistischen, nationalistischen, antiwestlichen Bewegungen Arabiens waren sozialistisch wie die meisten antikolonialistischen Bewegungen und hatten dieselben Ziele; nach dem Sieg wurde dieselbe Art von Gesellschafts- und Herrschaftssystem errichtet. Ob es sich dabei um ein islamisches oder christliches Land handelte, spielte keine Rolle. Der Sozialismus im christlichen Äthiopien und im überwiegend christlichen Angola und Mozambique unterschied sich nicht vom Sozialismus in Algerien, Syrien oder dem Irak. Mengistu herrschte exakt so wie Saddam.



Auch in Arabien ist die Religion ein Faktor neben vielen. Ich halte es für einen fundamentalen Irrtum, sie als Schlüssel zur Geschichte dieser Region zu sehen.

Und, lieber AldiOn, ich halte es für irrig, die momentane Welle des Islamismus zu extrapolieren. Die vom Sozialismus unterdrückten Menschen haben sich in die Religion geflüchtet. Den extremsten Islamismus trat dort auf, wo der extremste Sozialismus herrschte - in Algerien mit der FIS, die einen blutigen Aufstand veranstaltete, gegen ein völlig nach dem Vorbild Moskaus konstruiertes System. Im benachbarten nichtsozialistischen Marokko gibt es nicht diesen militanten Islamsismus. Dasselbe gilt für Jordanien, auch eine nichtsozialistische Insel, als rings herum der Arabische Sozialismus herrschte.

Ich wundere mich immer wieder darüber, daß in unseren Medien vom Arabischen Sozialismus kaum die Rede ist und man so tut, als sei der Arabische Frühling eine Bewegung gegen "autoritäre" Systeme. Er war und ist eine Bewegung gegen sozialistische Systeme. In keinem Land, in dem nicht der Arabische Sozialismus geherrscht hatte, hat es bisher einen nennenswerten "Arabischen Frühling" gegeben.

Herzlich, Zettel

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2012 22:19
#23 RE: Arabischer Sozialismus und Islam Antworten

Zitat von Zettel
Ich wundere mich immer wieder darüber, daß in unseren Medien vom Arabischen Sozialismus kaum die Rede ist und man so tut, als sei der Arabische Frühling eine Bewegung gegen "autoritäre" Systeme. Er war und ist eine Bewegung gegen sozialistische Systeme. In keinem Land, in dem nicht der Arabische Sozialismus geherrscht hatte, hat es bisher einen nennenswerten "Arabischen Frühling" gegeben.

Ernsthaft? Das wundert Sie? Ist denn nicht der Sozialismus nachwievor das gülden schimmernde Endziel allen Strebens der hiesigen Intelligenzija? Der Schlüssel zu ewiger Glückseeligkeit, dem Paradies auf Erden?

Grüße

~~~
Don't you know there ain't no devil? There's just God when he's drunk.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2012 22:30
#24 RE: Islam und Arabischer Sozialismus Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #21
Zitat von Zettel im Beitrag #10


Ihre Ideen holten die Eliten der meisten arabischen Länder nicht aus dem Koran, sondern aus der Sowjetunion. Die Staatsparteien Algeriens, Tunesiens, Ägyptens, Syriens, des Irak, des Südjemen waren nach sowjetischem Vorbild aufgebaut; ebenso orentierten sich die Führer der Palästinenserorganisationen am Sozialismus.
Da haben Sie sicherlich Recht, die Ideen stammen (mit den auch von ihnen genannten Außnahmen) aus dem Sowjetreich, aber ihre Sozialisation haben die arabischen Führer nun mal in aus einer islamischen Gesellschaft mitgenommen.
Was aber für ihre Politik weitgehend ohne Belang war (die Ausnahme ist Gaddafi, der meines Wissens einzige fromme Moslem unter den Führern des Arabischen Sozialismus. Saddam hat den Moslem in sich entdeckt, als er das für politisch opportun hielt; die Alawiten sind ein Sonderfall).

Ich habe eben in meiner Antwort an AldiOn darauf aufmerksam gemacht, lieber Techniknörgler: Die Religion spielte für den Arabischen Sozialismus keine Rolle.

Der Äthiopier Mengistu Haile Mariam, in einem christlichen Land aufgewachsen, hatte dieselbe Ideologie wie Kassem, Saddam Hussein und Michel Aflaq. Aflaq, Vordenker und Mitgründer der Ba'ath, war in einer christlichen Familie aufgewachsen, wandte sich dann aber dem Kommunismus zu. Der Gründer der PFLP, George Habasch, war ebenfalls Christ.



Ich weiß nicht, lieber Techniknörgler, welcher Generation Sie angehören. Mein Eindruck ist jedenfalls, daß diejenigen, die die Zeit vor ungefähr 1980 nicht bewußt politisch miterlebt haben, überwiegend das immer mehr islamistisch werdende Arabien kennen und deshalb den Einfluß der Religion überschätzen.

In Gegenbewegungen zu sozialistischen Diktaturen spielt oft die Religion eine zentrale Rolle. In Polen war das die Katholische, in der DDR die Evangelische Kirche. Auch in Rußland hat die Religion nach dem Sturz der Kommunisten einen großen Aufschwung genommen; allerdings widerspricht das Politisieren der Tradition der Russisch-Orthodoxen Kirche. Die jetzige Welle des Islamismus ist die Reaktion auf den Arabischen Sozialismus.

Sie wird - das erscheint mir jedenfalls wahrcheinlich - verebben. In allen modernen Gesellschaften verliert die Religion an Bedeutung; über die vielfältigen Gründe dafür wäre getrennt zu diskutieren. In dem Maß, in dem Arabien in die Moderne eintritt, wird der Islam an Bedeutung verlieren.

Herzlich, Zettel

AldiOn Offline




Beiträge: 983

25.06.2012 22:50
#25 RE: Islam und Arabischer Sozialismus Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #24
In dem Maß, in dem Arabien in die Moderne eintritt
Sie werden es nicht schaffen.

Seiten 1 | 2
 Sprung  



Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.



Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz