Zitat von Noricus im Beitrag #24(Wobei natürlich anzumerken ist, dass auch Texaner oder Hawaiianer den Independence Day feiern - und deren Bundesstaaten hatten mit dem Unabhängigkeitskrieg sicher nichts zu tun.)
Aber der texanische Gründungsmythos überlappt sich inhaltlich fast nahtlos mit der Unabhängigkeitserklärung.
Lieber Gorgasal, danke und Asche auf mein Haupt: Da ich in meiner Jugend John-Wayne-Fan war, hätte ich das wissen können und müssen. LG Noricus
Zitat Übrigens habe ich auch den Eindruck, lieber Masu, daß diejenigen, die in der DDR lebten und dort - in welcher Form auch immer - im Widerstand waren, in diesem Forum eine sehr fruchtbare Rolle spielen.
Ostdeutsche politischen Erfahrungen behalten sicher noch einige Zeit ihren Wert.
Die Widerstandsgeschichten haben jedoch ihre eigene Dynamik. Sogar in persönlichen Unterhaltungen, auch zwischen alten Arbeitskollegen, nehmen inzwischen frühere Reibereien mit der "Obrigkeit" recht viel Raum ein und eigene Nachdenklichkeit eher weniger - menschlich normal. Alte Statistiken mal beiseite, aber wenn zum Beispiel jemand besonders betont, niemals in der SED gewesen zu sein, kann man gern, etwas überspitzend, fragen: Warum nicht? Waren Sie zu schlecht?
Zitat Schließlich mag man sich fragen, worauf die Deutschen denn eigentlich stolz sein sollen
Beispielsweise auf den deutschen Beitrag zur Mathematik und den Naturwissenschaften.
Im Prinzip haben Sie damit recht, aber es können sich nur wenige wirklich damit identifizieren, wie die vorhergehenden Antworten zeigen.
Worauf die Bundesdeutschen wohl wirklich ein wenig stolz waren, das war die D-Mark: eine harte, international geachtete Währung, ein lebendiges Denkmal des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders, des Werts von Sparsamkeit und Fleiß. Sie war daher nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern auch ein Symbol mit identitätsstiftender Wirkung --- zu einer Zeit, in der Deutschland sonst nicht viel zu bieten hatte, leider auch auf wissenschaftlichem Gebiet. Zunächst betraf das freilich nur den Westen Deutschlands, doch als 1989 die Mauer fiel, bewährte sich dieses Symbol auch im gesamtdeutschen Rahmen: den DDR-Bürgern wurde eine kleine Menge D-Mark als "Begrüßungsgeld" in die Hand gedrückt, nur eine Geste zwar, die aber doch zeigt, wie wichtig dieses Symbol für die deutsche Identität war.
Die Einführung des Euros war deshalb für die Deutschen nicht nur ein Umtausch einer Währung in eine äquivalente, sondern ein symbolischer Akt der Opferung der nationalen Identität auf dem Altar des europäischen Gedankens. Dadurch, daß die D-Mark durch den Euro ersetzt wurde, ging Deutschland als Nation symbolisch in ein Deutschland in Europa über. Die Stabilitätskriterien, die den Euro zu einer harten, übernationalen D-Mark werden lassen sollten, waren also nicht nur eine kleine Pedanterie, die die Deutschen aus Gewohnheit oder Kleinkariertheit gefordert hatten, sondern eine echte psychologische Notwendigkeit. Der Bruch der Stabilitätskriterien grenzte daher geradezu an Verrat an der neuen deutschen Identität, eben das Werk eines Waschechten.
Vielleicht sehen die Deutschen den Euro deshalb mit anderen Augen als die anderen Euro-Länder, die ihre nationale Identität unabhängig davon entwickelt und bewahrt haben und deshalb in dem ganzen Netz aus Vereinbarungen eher pragmatisch eine Gelegenheit sehen, ihre nationalen Interessen zu fördern, während Deutschland versucht, seine Interessen durch eine europäische Identität überhaupt erst zu definieren. Vielleicht wollen Leute wie Schäuble deshalb das Projekt um jeden Preis verteidigen wie Stalingrad.
So, wie sich die Dinge derzeit entwickeln, stehen die Deutschen in Gefahr, nicht nur erhebliche Einbußen am Wohlstand, sondern auch wieder einmal den Verlust ihrer prekären nationalen Identität zu erleiden --- mit dem betrüblichen Ergebnis, daß das entstehende Vakuum mit sehr viel dumpferem Material gefüllt werden kann als es die Idee der europäischen Einigung war.
Zitat von Fluminist im Beitrag #29[...]die D-Mark: eine harte, international geachtete Währung [...] Zunächst betraf das freilich nur den Westen Deutschlands, doch als 1989 die Mauer fiel, bewährte sich dieses Symbol auch im gesamtdeutschen Rahmen: den DDR-Bürgern wurde eine kleine Menge D-Mark als "Begrüßungsgeld" in die Hand gedrückt
Die D-Mark war schon lange vorher im Osten eine hochgeschätzte Nebenwährung und wurde es sogar (in den 80ern?) halboffiziell durch Forum-Schecks und Forum-Bankkonten(!), die am 1.7.1990 dann problemlos 1 : 1 umgestellt wurden, wodurch man sich die endlosen Schlangen jener Tagen vor den Bankschaltern gegebenfalls ersparen konnte.
Auch den umgekehrten Weg gab es 1 : 5 (?) DDR Mark. So erlebte ich seinerzeit, wie westdeutsche Käufer in einem großen Buchladen die verstaubten Marx/Engels/Lenin - Regale leerkauften. :)
Zitat von Hausmann im Beitrag #30Auch den umgekehrten Weg gab es 1 : 5 (?) DDR Mark. So erlebte ich seinerzeit, wie westdeutsche Käufer in einem großen Buchladen die verstaubten Marx/Engels/Lenin - Regale leerkauften. :)
Ich glaube, es war eher 1:4, lieber Hausmann.
Das war eben der reale Wert der MDN, später nur noch M genannt. Deshalb ja der Zwangsumtausch, wenn man nach Ostberlin fuhr. Wir konnten das zwangsumgetauschte Geld meist nicht ausgeben; aber jedenfalls kamen wir nicht auf den Gedanken, schwarz zu tauschen.
Im sonstigen real existierenden Sozialismus war das anders. In Moskau war man als Westler förmlich umlagert von Leuten, die schwarz Rubel tauschen wollten; zu einem so niedrigen Kurs, daß wir in den teuersten Lokalen für einen Gegenwert von zwei oder drei DM essen und trinken konnten.
Noch extremer war es in Prag. Unsere erste Reise dorthin war eine Busreise; mit dem Jugend-Reisebüro "Fahr mit". (Sie können daraus entnehmen, daß es schon etwas länger her sein muß ).
Der Reiseleiter hatte uns vor Schwarzhändlern gewarnt, die ihre Kunden betrügen. Auf dem Weg vom Bus zum Hotel haben wir der Meute also widerstanden. In dem Hotel war dann ein Portier, der uns anbot, uns auf unser Zimmer zu begleiten. Im Aufzug zog er Geldscheine aus der Tasche. Da haben wir dann doch getauscht.
Und dann im U Fleků Schweinsbraten mit Knedl und Kraut gegessen und dazu köstliches Pils getrunken, auch wieder zu einem Spottpreis.
Man hatte ein schlechtes Gewissen, gab reichlich Trinkgeld. Aber so war es eben im real existierenden Sozialismus; so geht es vermutlich heute noch Cuba-Touristen.
Zitat von Zettel im Beitrag #31Im sonstigen real existierenden Sozialismus war das anders. In Moskau war man als Westler förmlich umlagert von Leuten, die schwarz Rubel tauschen wollten; zu einem so niedrigen Kurs, daß wir in den teuersten Lokalen für einen Gegenwert von zwei oder drei DM essen und trinken konnten.
Mal sehen, ob wir so etwas ähnliches irgendwann mit dem Schweizer Franken und dem Euro erleben. Die SNB hat ja vor einigen Monaten eine Untergrenze von 1,20 CHF pro EUR festgelegt. Ergebnis: http://finance.yahoo.com/echarts?s=EURCH...ource=undefined;
Man beachte insbesondere, wie der Kurs sich immer asymptotischer an die Marke 1,20 anschmiegt - und wie jedwede Varianz verschwunden ist.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Fluminist im Beitrag #29[...]die D-Mark: eine harte, international geachtete Währung [...] Zunächst betraf das freilich nur den Westen Deutschlands, doch als 1989 die Mauer fiel, bewährte sich dieses Symbol auch im gesamtdeutschen Rahmen: den DDR-Bürgern wurde eine kleine Menge D-Mark als "Begrüßungsgeld" in die Hand gedrückt
Die D-Mark war schon lange vorher im Osten eine hochgeschätzte Nebenwährung und wurde es sogar (in den 80ern?) halboffiziell durch Forum-Schecks und Forum-Bankkonten(!), die am 1.7.1990 dann problemlos 1 : 1 umgestellt wurden, wodurch man sich die endlosen Schlangen jener Tagen vor den Bankschaltern gegebenfalls ersparen konnte.
Auch den umgekehrten Weg gab es 1 : 5 (?) DDR Mark. So erlebte ich seinerzeit, wie westdeutsche Käufer in einem großen Buchladen die verstaubten Marx/Engels/Lenin - Regale leerkauften. :)
Der Schwarzmarktkurs in der DDR betrug Anfang der 80er DM/ Mark d. DDR 1: 8. Bis Ende der 80er erhôhte sich dieser Kurs auf 1: 10 bis 1: 12. Als die Mauer fiel, ging der Kurs auf 1 : 20 in den Wechselstuben am Ku-damm.
Zitat von Hausmann im Beitrag #28 Alte Statistiken mal beiseite, aber wenn zum Beispiel jemand besonders betont, niemals in der SED gewesen zu sein, kann man gern, etwas überspitzend, fragen: Warum nicht? Waren Sie zu schlecht?
Wofür? Keine Prinzipien zu besitzen? Hat man nichts drauf, weil einem die Seele mehr Wert als ein Lada war? Wäre die SED ein Hort der Eliten, Leistungsträger und Kreativen gewesen, hätte es die DDR nach den 17. Juni nicht mehr lange gegeben.
Zitat Wäre die SED ein Hort der Eliten, Leistungsträger und Kreativen gewesen, hätte es die DDR nach den 17. Juni nicht mehr lange gegeben.
Diese Partei war bewußt als Massenpartei angelegt (sehen sie sich die Mitgliederzahlen und die Einwohnerstatistik dazu an). Ein relativ großer Teil der Erwachsenen war zumindest familiär dort "verbandelt", auch wenn es heute (menschlich verständlich) leicht anders erzählt wird. Eine Mitgliedschaft war im großen und ganzen der Karriere guter Wissenschaftler dienlich (und mußte teilweise auf erniedrigende Weise ... erbettelt werden), ähnlich beim betrieblichen Fortkommen, am schlimmsten beim Militär. Es gab für den Normalo nur wenige Auswege aus dem Dilemma: Engagement in einer Blockpartei, bei der Kampfgruppe(!) oder Zivilverteidigung meinetwegen. Ohne jede Wertung, aber: So ist das Leben. :)
Zitat von Hausmann im Beitrag #35Ein relativ großer Teil der Erwachsenen war zumindest familiär dort "verbandelt", auch wenn es heute (menschlich verständlich) leicht anders erzählt wird. Eine Mitgliedschaft war im großen und ganzen der Karriere guter Wissenschaftler dienlich (und mußte teilweise auf erniedrigende Weise ... erbettelt werden), ähnlich beim betrieblichen Fortkommen, am schlimmsten beim Militär. Es gab für den Normalo nur wenige Auswege aus dem Dilemma: Engagement in einer Blockpartei, bei der Kampfgruppe(!) oder Zivilverteidigung meinetwegen. Ohne jede Wertung, aber: So ist das Leben. :)
Ich habe von einem Kollegen aus der DDR - Reisekader, er wurde mein Freund - damals dies gehört: "Wir müssen in der SED sein, denn wer anders als wir können sie besser machen?"
Das war genau das, was meine Tante schrieb, die BDM-Führerin gewesen war. Ich habe sie nicht gekannt, weil sie jung starb, aber sie hat Dokumente hinterlassen: "Wir müssen den Nationalsozialismus besser machen; wir, die Jungen".
Zitat von ZettelIch habe von einem Kollegen aus der DDR - Reisekader, er wurde mein Freund - damals dies gehört: "Wir müssen in der SED sein, denn wer anders als wir können sie besser machen?"
Das war genau das, was meine Tante schrieb, die BDM-Führerin gewesen war. Ich habe sie nicht gekannt, weil sie jung starb, aber sie hat Dokumente hinterlassen: "Wir müssen den Nationalsozialismus besser machen; wir, die Jungen".
Herzlich, Zettel
Hey, ist das nicht die selbe Argumentation, mit welcher uns Rayson für die FDP ködern möchte?
~~~ Don't you know there ain't no devil? There's just God when he's drunk.
Lieber Hausmann! Das Leben welches Sie beschreiben, war frei gewählt. Keiner wurde gezwungen sich dieser Despotie als ihr Aktivist anzudienen, Rückgrat hatte schon immer seinen Preis. Vieles ging als Parteigenosse einfacher, die Leistungsanforderungen waren geringer und die Aufstiegschancen wesentlich größer. Gerade diejenigen, welche weniger durch Leistung denn durch klaren Klassenstandpunkt auffielen, nutzten die Möglichkeiten welche Diktaturen ihren Untertanen bieten. Sicher gab es ab einem gewissen Hirarchielevel nur noch Kollegen mit Parteibuch. Wer sich dort wohl fühlte hatte dann eben auch eins. Es gibt für mich aus eigener Erfahrung nicht den geringsten Grund zu der Annahme, dass Versagern die Parteimitgliedschaft verwehrt wurde, weshalb jeder der etwas aus sich machen wollte und nicht "schlecht" als ein Attribut seiner Profession hinzuzufügen bereit war, in die Partei der Diktatoren einzutreten hatte. Ganz im Gegenteil.
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