...Das 'Zuhause' das jemand anderem gehört, den man nicht weiter bezahlen will/kann... - Von den Sorgen des Eigentümers, sofern eine Einzelperson, spricht in solchen Fällen selten jemand.
Zitat von Dagny im Beitrag #2...Das 'Zuhause' das jemand anderem gehört, den man nicht weiter bezahlen will/kann... - Von den Sorgen des Eigentümers, sofern eine Einzelperson, spricht in solchen Fällen selten jemand.
Über die Gründe für die Zwangsräumung scheint bisher nichts bekannt zu sein.
Natürlich ist ein solches Verhalten wie das des jetzigen Täters überhaupt nicht zu rechtfertigen. Ich habe das in dem Artikel nicht geschrieben, weil es doch selbstverständlich ist.
Aber dieses Sich-Verschanzen, das gewaltsame Verteidigen ist eben, denke ich, eine sehr atavistische Reaktion. Es steckt, wenn man so will, in unseren Genen.
Aus meiner Sicht ist dieses Motiv beispielhaft umgesetzt in dem Film "Der Schatz der Sierra Madre", wo die in sich zerstrittene Gruppe wie ein Mann handelt, als feindlicheh Banditos auftauchen; selbst der Fremde macht mit, der gerade erst hatte erschossen werden sollen.
Zitat von Zettel im Beitrag #3Natürlich ist ein solches Verhalten wie das des jetzigen Täters überhaupt nicht zu rechtfertigen. Ich habe das in dem Artikel nicht geschrieben, weil es doch selbstverständlich ist.
Es gibt jetzt eine aktualisierte Fassung des Artikels, in der ich den Inhalt der Pressekonferenz der Polizei wiedergebe.
Mein vorläufiger Kommentar zu dem Drama: Wenn man die Kommentarspalten der hiesigen Onlineangebote deutscher Zeitungen dazu liest, dann wird einem schlecht. Bestensfalls sind sie nur ekelhaft. Dort gibt man natürlich dem Staat die Schuld, der Euro-Krise oder dem Umfeld aus raffgierigen Bankern und Vermietern. Der Täter entweder als Opfer oder heroischer Widerstandskämpfer gegen das System. Kritische Stimmen zum Täter bewegen sich auf dem Niveau, dass er ja noch Geld für eine Waffe hatte, also seine Miete auch hätte zahlen können oder dass er sich Hilfe vom Amt hätte holen können. Obwohl die Gründe für seine Zwangsräumung zumindest mir und den dortigen Kommentatoren nicht bekannt sind. Ob nun pro oder contra Täter, ist beiden Fraktionen gleich, dass sie alles machen, nur das Einfachste nicht akzeptieren. Dass die Gründe, wenn man es so nennen will, egal sind. Anscheinend war der Täter kein verhaltensauffälliger Mann, also muss man erstmal davon ausgehen, dass er wusste was er tat; dass er sich aus freien Stücken zu der Tat entschieden hat. Ganz egal, ob er in einer Extremsituation war oder nicht, er hatte die Wahl und er hat sich so entschieden. Daran ändern keine Gesetze etwas, kein lascherer Umgang mit Mietnomaden (falls er denn einer war) oder staatlich verordnete Seelsorge in Trennungsfällen (falls es doch etwas damit zu tun hatte, dass die neue Eigentümerin ehemals seine Lebensgefährtin war). Manche Dinge passieren und werden immer passieren, weil wir nunmal Menschen sind, mit einem freien Willen uns eben auch für so etwas zu entscheiden. Und keine staatliche Ordnung der Welt (es sei denn, man sperrt alle Menschen in Einzelzellen) wird so etwas je verhindern. Wieso also will man, wenn immer sowas passiert, direkt eine Begründung, direkt Schuldige abseits des Täters finden und schreit nach staatlichen Maßnahmen?
Zitat von Zettel im Beitrag #4Es gibt jetzt eine aktualisierte Fassung des Artikels, in der ich den Inhalt der Pressekonferenz der Polizei wiedergebe.
Ich habe den Artikel ergänzt, während die Pressekonferenz noch lief. Jetzt habe ich den Rest der Aufzeichnung angesehen, aus dem u.a. dies hervorgeht:
- Es handelte sich um eine Eigentumswohnung. Die Eigentümerin war längere Zeit ihre Zahlungen an die Hausgemeinschaft schuldig geblieben. Daraufhin war auf deren Antrag die Wohnung zwangsversteigert worden. Der neue Eigentümer kam nicht mit dem Gerichtsvollzieher, dem Schlosser und dem Sozialarbeiter, sondern traf etwas später getrennt ein.
- Der Täter war entgegen den ersten Meldungen kein "Jäger", sondern hatte die Waffen illegal erworben. Er war 53 Jahre und ging keinem Erwerb nach.
- Es könnte sein, daß er die Wohnungseigentümerin, seine Lebensgefährtin, erschossen hat, bevor überhaupt der Gerichtsvollzieher mit seiner Begleitung erschien. Eine Beziehungstat mit nachfolgendem Ausrasten ist also auch denkbar.
- Warum ein Sozialarbeiter? Dazu wurde gesagt, die Stadt Karlsruhe biete das immer an "um den Betroffenen zu helfen, daß sie nicht auf der Straße sitzen".
- Daß der Täter den Sozialarbeiter freigelassen hat, nachdem er ihm sein Waffenarsenal gezeigt hatte, ist von der Polizei so interpretiert worden, daß er eine lange Geiselnahme plante und der Polizei die Information zukommen lassen wollte, wie gut er bewaffnet war. Er hatte Pistolen, Gewehre und eine Handgranate, die sich allerdings als Attrappe erwies.
Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #5Mein vorläufiger Kommentar zu dem Drama: Wenn man die Kommentarspalten der hiesigen Onlineangebote deutscher Zeitungen dazu liest, dann wird einem schlecht. Bestensfalls sind sie nur ekelhaft. Dort gibt man natürlich dem Staat die Schuld, der Euro-Krise oder dem Umfeld aus raffgierigen Bankern und Vermietern. Der Täter entweder als Opfer oder heroischer Widerstandskämpfer gegen das System. Kritische Stimmen zum Täter bewegen sich auf dem Niveau, dass er ja noch Geld für eine Waffe hatte, also seine Miete auch hätte zahlen können oder dass er sich Hilfe vom Amt hätte holen können. Obwohl die Gründe für seine Zwangsräumung zumindest mir und den dortigen Kommentatoren nicht bekannt sind.
Ich bin froh, das Zettel solche Beiträge nicht akzeptieren würde. Zumindest nicht in diesem Stil, der im Internet üblich geworden ist. Wenigstens ein Rückzugsort, an dem man zivilisiert einen solchen Vorfall reflektieren kann. Und sich eventuell auch mal die Zeit nimmt, bis man mehr weiß.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Zitat von Rayson im Beitrag #6Ich kann es kaum fassen: In dem Haus habe ich letztes Jahr noch gewohnt, in der Etage darunter.
Ich habe auch ca. 12 Jahre in Karlsruhe gelebt, ist aber schon über 25 Jahre her. Daher interessieren mich Nachrichten aus Karlsruhe besonders.
Meine Tochter wohnt ganz in der Nähe von Karlruhe und ist mit einem karlsruher Kriminalkommisar verheiratet. Ich habe sie natürlich gestern Vormittag so gegen 11 h angerufen und wollte wissen ob ihr Mann dort im Einsatz ist. Irgendwie macht man sich ja seine Gedanken.
"Nein, er liegt im Bett und schläft, er hatte Nachtdienst"
Zitat von ZettelFür viele Menschen ist ihre Wohnung, ihr Haus etwas Existentielles. Es kommt immer wieder vor, daß von einer Zwangsräumung Betroffene sich verschanzen; ihr my home is my castle gewaltsam verteidigen. […] Aber vernünftig, mit Bedacht und nach Erwägung handeln […] diese Menschen nicht. Sie folgen einer atavistischen Tendenz; der Verteidigung des eigenen Zuhauses.
Ich war schon etwas schockiert, solch eine Äußerung von einem Liberalen zu hören. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein liberales Kernprinzip. Es ist völlig normal, dass „für viele Menschen“ die eigene Wohnung etwas Existentielles ist; mich wundert, dass das nur für viele und nicht für alle gelten soll. Irgendwo will man ja sicher sein vor Übergriffen.
Die Verteidigung der eigenen Wohnung mit Waffengewalt mag wie die Verteidigung des eigenen Lebens mit Waffengewalt „atavistisch“ erscheinen. Wenn aber die „aufgeklärte“ Alternative das Vertrauen in einen Gewaltmonopolisten ist, dann ist die „atavistische“ Lösung vielleicht realitätsnäher.
Diese Äußerungen sind prinzipieller Natur. Ich möchte hiermit nicht zu dem Vorfall in Karlsruhe Position beziehen.
Zitat von ZettelFür viele Menschen ist ihre Wohnung, ihr Haus etwas Existentielles. Es kommt immer wieder vor, daß von einer Zwangsräumung Betroffene sich verschanzen; ihr my home is my castle gewaltsam verteidigen. […] Aber vernünftig, mit Bedacht und nach Erwägung handeln […] diese Menschen nicht. Sie folgen einer atavistischen Tendenz; der Verteidigung des eigenen Zuhauses.
Ich war schon etwas schockiert, solch eine Äußerung von einem Liberalen zu hören. (...) Die Verteidigung der eigenen Wohnung mit Waffengewalt mag wie die Verteidigung des eigenen Lebens mit Waffengewalt „atavistisch“ erscheinen. Wenn aber die „aufgeklärte“ Alternative das Vertrauen in einen Gewaltmonopolisten ist, dann ist die „atavistische“ Lösung vielleicht realitätsnäher.
Liebe Kokospalme,
lassen Sie mich dazu zwei Bemerkungen machen, auf zwei verschiedenen Ebenen:
Das, was Sie von mir zitieren, bezog sich auf die Motivation der betreffenden Personen. Sie handeln irrational, aus einem atavistischen Impuls heraus. Denn sie können ja ihre Wohnung, ihr Haus nicht "verteidigen". Am Ende werden sie entweder abgeführt oder sind tot; oft, nachem sie noch zu Mördern geworden sind.
Völlig unabhängig von dieser Frage der Motivation: Nein, ich sehe es nicht als liberal an, sich wie ein Desperado gegen das Gesetz zu stellen. Es ist antisoziales Verhalten.
Es hat in der Geschichte des Liberalismus meines Wissens nie eine Neigung gegeben, Gesetzlosigkeit zu befürworten. Diese gab es bei Autoren wie Max Stirner, Benjamin Tucker, den russischen Nihilisten und allgemein dem individualistischen Anarchismus.
Mit Liberalismus hat das nach meinem Verständnis nichts zu tun.
Liberalismus ist eine politische Philosophie, die für eine vernünftige, auf der Selbstverantwortung des Einzelnen basierende Organisation der Gesellschaft eintritt. Dazu gehört die strikte Einhaltung der Gesetze. Die Freiheit des Einzelnen gründet sich darauf, daß er sich verantwortlich ("mündig") gegenüber der Gesellschaft verhält; nicht auf seinen Egoismus.
Herzlich, Zettel
PS: Ich gebe dieser Antwort einen allgemeinen Titel, weil es dieses Thema verdient, im kleinen Zimmer gründlicher diskutiert zu werden, als wir es bisher getan haben.
Zitat von Kokospalme im Beitrag #10 Es ist völlig normal, dass „für viele Menschen“ die eigene Wohnung etwas Existentielles ist; mich wundert, dass das nur für viele und nicht für alle gelten soll.
Niemand wird in Deutschland aus seiner eigenen Wohnung geworfen. Aber es ist m.E. eine Anmaßung eine zwangsversteigerte Wohnung, welche den Besitzer gewechselt hat, als sein Eigentum anzusehen. Es ist Diebstahl. Und wenn jemand seine Miete nicht bezahlt, hat er aus liberaler Sicht wohl auch sein Recht verwirkt, diese sein Eigen zu nennen.
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