Aus einem Beitrag in einem anderen Thread ist jetzt dieser Artikel geworden. Ich denke, auch die Leser, die nur ZR lesen, sollten diese Information darüber haben, wer künftig Frankreichs Wirtschaft- und Finanzpolitik lenken wird: Ein Mann, der die Wirtschaft niemals kennengelernt hat; der noch als Student der renommiertesten französischen Hochschulen für Politik und Verwaltung Mitglied einer linksextremen Partei war.
Keine "Jugendsünde". Vier Jahre später hatte Moscovici bereits sein erstes Regierungsamt.
nach dem Lesen diese Personenbeschreibung gehen bei mir alle Warnlämpchen an. Wenn die Information von SpOn zutreffen sollte, wäre das Vorhaben noch mehr Kompetenzen in die EU, diesmal die Euro-Gruppe zu übertragen, ein höchst riskantes Unterfangen, das auf alle Fälle verhindert werden müsste. Ich hoffe, dass es eine Falschmeldung ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Angela Merkel auf einen solchen Kuhhandel eingehen würde, denn es wäre eine grobe Verletzung ihres Amtseids. Insgesamt birgt diese SpOn-Meldung alles, was mich an der EU in ihrer jetzigen Konstruktion anwidert. Wenn ich mir das Protokoll Nr. 14 zum Vertrag von Lissabon anschaue, wirkt die Euro-Gruppe wie ein harmloses Treffen der Finanzminister, die sich ein bissel austauschen.
Zitat Artikel 1
Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, treten zu informellen Sitzungen zusammen. Diese Sitzungen werden bei Bedarf abgehalten, um Fragen im Zusammenhang mit ihrer gemeinsamen spezifischen Verantwortung im Bereich der einheitlichen Währung zu erörtern. Die Kommission nimmt an den Sitzungen teil. Die Europäische Zentralbank wird zu diesen Sitzungen eingeladen, die von den Vertretern der für Finanzen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und der Kommission vorbereitet werden. Artikel 2
Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, wählen mit der Mehrheit dieser Mitgliedstaaten einen Präsidenten für zweieinhalb Jahre
Im Hinterzimmer kegeln dann angeblich Merkel und Hollande aus, wen sie zu einem der mächtigsten Politiker Europas ernennen. Die anderen Euro-Staaten sind anscheinend nur zum Abnicken anwesend.
Zitat von Süddeutsche ZeitungSicher ist jedenfalls, dass der neue Vorsitzende der Euro-Gruppe viel mächtiger sein wird als Juncker jetzt - wenn es die Euro-Länder ernst meinen und wirklich enger zusammenrücken in der Währungsunion. Er könnte der Prototyp eines wirklichen Euro-Finanzministers werden. Es wäre ein Posten mit viel politischem Gewicht und hohem internationalen Ansehen - ein Posten, der in Paris und Berlin gleichermaßen Begehrlichkeiten weckt.
Hohe EU-Diplomaten berichten, dass der Euro-Finanzminister ähnlich wie die Position der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton aufgewertet werden könnte - wobei der Finanzminister wesentlich mehr Macht hätte, weil die Finanzpolitik anders als die Außenpolitik vergemeinschaftet ist. Und: Anders als bisher säße der Inhaber des neuen Amtes auch am Tisch der G 20, gleichberechtigt mit den Chefs der Europäischen Zentralbank und des Weltwährungsfonds.
Es ist zu hoffen, dass die anderen Staaten sich das nicht bieten lassen und sich für Jutta Urpilainen entscheiden. Und das ganz ohne Frauenquote.
Zitat von C. im Beitrag #2Es ist zu hoffen, dass die anderen Staaten sich das nicht bieten lassen und sich für Jutta Urpilainen entscheiden. Und das ganz ohne Frauenquote.
Liebe C.,
die von Jutta Urpilainen geforderten 'strikten Bedingungen' sind letztlich das Geheimnis: Ein Super-Finanzminister ist nur so mächtig wie dies ihm die Randbedingungen erlauben, unter denen er agiert. Solche Bedingungen müssen vorab festgezurrt werden, und sie dürfen nicht durch irgenwelche einfache Mehrheitsentscheidungen im Hinterzimmer gekippt werden können. Wenn die Aussichten darauf gleich Null sind, dann ist es wohl besser, in den sauren Apfel des Euroaustritts zu beißen. Die Frage ist, würden die Finnen wirklich ernst machen?
Keine Wirtschaftserfahrung, linksextremer Karriereanfang - das trifft auch auf EU-Kommissionschef Barroso zu. Oder auf die großen deutschen Europapolitiker Joschka Fischer oder Jürgen Trittin. Mit gewissen Abstrichen sogar auf Sigmar Gabriel oder Frank Walter Steinmeier.
Der entscheidende Unterschied scheint mir zu sein, dass die Führer der französischen Linken tatsächlich das intellektuelle Format und die Ausbildung einer Elite haben. Das erlaubt es ihnen häufig, deutsche Bauch-Linke locker über den Tisch zu ziehen. Und es stattet sie mit einer unerschütterlichen technokratischen Hybris aus.
Übrigens kann man diese Einflüsse auch bei Oskar Lafontaine gut erkennen, der ja als Saarländer ganz besonders nahe an Frankreich aufgewachsen ist. Auch Lafontaine hält sich für die brillianteste lebende Geistesgröße und er legt höchsten Wert darauf, sein einfaches Parteivolk ständig mit zusammengeklaubten Klassikerzitaten zu beeindrucken. Dass Kaviar und Sozialismus für Elitelinke kein Widerspruch sind, versteht sich hier von selbst.
Eindrucksvoll ist die Wandlung von Sahra Wagenknecht, die inzwischen Lafontaines Lebensgefährtin ist. Nach allem, was man über sie lesen kann, zeichnet sich Wagenknecht durch hohe intellektuelle Fähigkeiten und zugleich durch eine ausgeprägte Abgrenzung vom "normalen Leben" aus. Ein begabter Bücherwurm mit elitärem Selbstverständnis, das durch den streng inszenierten und durchgehaltenen Rosa-Luxemburg-Look unterstrichen wird.
Zugleich ist bei ihr aber der stilistische Weg nach Westen unverkennbar, sozusagen von Pankow nach Paris: In ihren politischen Anfängen war Wagenknecht die letzte Verteidigerin der DDR, die stalinistische Enkelin einer Margot Honecker. Solch ein Spießer-Image ist aber heute auch und gerade auf der Linken politisch tödlich. Inzwischen erinnert Wagenknechts Auftreten eher an eine französische Salonkommunistin.
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