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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 5 Antworten
und wurde 850 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.07.2012 07:31
Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

Dies ist einer der Artikel in ZR, die sich im wesentlichen auf eine einzige Quelle stützen; hier einen Bericht in der gestrigen Washington Post.

Auch in solchen Fällen gibt es aber zusätzliche Informationen, Interpretationen und Bewertungen, die nicht aus dieser Quelle stammen; so daß ich, wenn Sie vergleichen wollen, grundsätzlich die Lektüre auch der Quelle empfehle.

In der WP können Sie übrigens Artikel (noch) kostenlos lesen.



Edit: In der ersten Fassung dieses Hinweises hatte ich versehentlich die New York Times statt der Washington Post genannt.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

22.07.2012 11:37
#2 RE: Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

Zitat
Einer von ihnen, der Abgeordnete Ali Mottahari, hat Ahmadinedschad wegen seiner nach iranischen Maßstäben liberalen Haltung in der Frage der islamischen Kleiderordnung etwas vorgeworfen, das Rezaian als sexual intrigue wiedergibt und das man hier vielleicht am besten mit "Übersexualisierung" übersetzt. ­



Besteht die Übersexualisierung nicht eher in der Mentalität hinter den regiden Kleidervorschriften, die schon einem weiblichen Unterarm als sexuelle Provokation begreifen?

Die westliche Abstumpfung in Sachen sexueller Reize hat eventuell auch ihren Vorteil in Bezug auf einem zivilisierten Umgang mit dem anderen Geschlecht.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

____________________________________________________________________________________________________

Danke, ich weiß das Jungenfrauengeburt und Dogma der unbefleckten Empfängnis zwei grundverschiedene Dinge sind. Nur weil jemand einem Dogma nicht folgt, muss er es nicht unbedingt falsch verstanden haben, auch wenn es tatsächlich ein weit verbreitetes Missverständnis gibt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.07.2012 11:54
#3 RE: Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #2

Zitat
Einer von ihnen, der Abgeordnete Ali Mottahari, hat Ahmadinedschad wegen seiner nach iranischen Maßstäben liberalen Haltung in der Frage der islamischen Kleiderordnung etwas vorgeworfen, das Rezaian als sexual intrigue wiedergibt und das man hier vielleicht am besten mit "Übersexualisierung" übersetzt. ­


Besteht die Übersexualisierung nicht eher in der Mentalität hinter den regiden Kleidervorschriften, die schon einem weiblichen Unterarm als sexuelle Provokation begreifen?


Dieser Auffassung neige ich auch zu, lieber Techniknörgler.

Soweit ich sehe, gab und gibt es keine andere Kultur, die dieses weitgehende bis totale Verbergen des weiblichen Körpers in der Öffentlichkeit je verlangt hätte - nicht die Kulturen im Zweistromland, nicht die Altägyptens, keine der südamerikanischen, keine der mir bekannten asiatischen. Und natürlich nicht die griechisch-römisch-germanisch-abendländische Kultur.

Es gibt, soviel ich weiß, die Meinung, daß der Islam eine ungewöhnlich sexualisierte Religion ist. Ich kann das nicht beurteilen; aber dieses Verhüllen würde passen.

Es handelt sich ja um ein Tabu; wie alle Verhüllungsvorschriften. Ich habe, glaube ich, dazu schon einmal Freud zitiert, der sinngemäß geschrieben hat: Ein Tabu ist immer eine Barriere gegen einen Triebwunsch.



Oder hat es mit der Familienstruktur zu tun, der Polygamie, dem Verständnis von privat und öffentlich? Mit dem Patriarchat einer einstigen Nomadengesellschaft? Die Verhüllung soll ja verhindern, daß der Blick anderer Männer auf den Frauenkörper fällt, der doch allein seinem "rechtmäßigen Besitzer" gehört, nämlich dem Ehemann. Man kann die Verhüllung auch als Abwehr von Rivalen sozusagen schon im Vorfeld verstehen.

Herzlich, Zettel

crithir Offline



Beiträge: 9

22.07.2012 13:52
#4 RE: Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

Erst einmal ein nettes Hallo an alle Forums-Teilnehmer!

Zum Thema: Ich frage mich bei solchen rigiden Verbotsvorstellungen jedes Mal, ob dieses Vorgehen nicht innerhalb kürzester Zeit als absolutes Eigentor enden kann. Im Artikel ist ja schon erwähnt, dass unter aller Verschleierung gerade die körperbetonte Kleidung schwer in Mode ist. Wenn man jetzt etwas wie Mode (auch wenn Tschador und ähnliches natürlich mehr als bloße Modeerscheinungen darstellen) als kulturellen Selbsterhaltungsversuch stilisiert, kann das ganz schnell nach hinten losgehen. Je wichtiger man etwas macht, desto mehr bricht zusammen, wenn es sich ändert. Wenn man wirklich jeden Lebensbereich als Kulturkampfzone deklariert, ist es um so einfacher, auch nur eine Schlacht zu verlieren. Und das könnte dann Dämme brechen. Aus iranischer Sicht finde ich dieses Vorgehen nicht wirklich klug.

notquite Offline



Beiträge: 506

22.07.2012 17:54
#5 RE: Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #3
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #2
Soweit ich sehe, gab und gibt es keine andere Kultur, die dieses weitgehende bis totale Verbergen des weiblichen Körpers in der Öffentlichkeit je verlangt hätte - nicht die Kulturen im Zweistromland, nicht die Altägyptens, keine der südamerikanischen, keine der mir bekannten asiatischen. Und natürlich nicht die griechisch-römisch-germanisch-abendländische Kultur.




Um die Keuschheit der Frauen zu schützen, bewachte man streng die Trennung der Räume, die von Männern und Frauen bewohnt wurden. Heute noch stellt ein Mann seine Frau als «meine innere Person» vor und umgekehrt die Frau ihren Mann als «meine äussere Person», da Frauen den inneren Teil des Hauses bewohnten. Bereits ab sieben Jahren durften Knaben und Mädchen, die nicht verwandt waren, nicht zusammen sein. Diese Segregation wurde umso strenger gehandhabt, je höher die soziale Klasse war. Frauen mussten sich beim Verlassen des Hauses verschleiern. Noch Ende des 19. Jahrhunderts war es Sitte, dass eine Stunde nach Sonnenuntergang beim Ertönen eines Gongs alle Männer für eine Stunde die Strassen verlassen mussten, damit die Frauen frei von männlichen Blicken ihre Erledigungen machen konnten.

Die Folge dieser Segregation ist die Heiratsvermittlung, denn in einer solchen Kultur bestand kaum eine Chance, dass Männer und Frauen einander überhaupt begegneten. Ein solches Umfeld muss auch notwendig Einfluss auf jene Emotionen haben, die man gängigerweise Liebe nennt. So ist die Liebe zwischen Männern und Frauen in Korea keine Leidenschaft, wie man sie im Westen kennt, sondern eine langsam mit der Zeit wachsende Liebe, die, wenn entstanden, länger währt als die schnell auflodernde Leidenschaft. Die Tradition der vermittelten Ehe ist bis heute erhalten geblieben.




http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/lit...ngens-1.3344919

Derartige Phänomene wird es wohl in dieser oder jeder Form in sehr vielen Kulturen gegeben haben. Dank unserer weitsichtigen Zuwanderungspolitik wird man sich an sie wohl auch in Deutschland gewöhnen müssen. Wenn man noch - wie ich in der letzten Woche - nackten Hass für Menschen empfindet, die in einer rheinischen Mittelstadt im Hochsommer mit Burkha bekleidet und eine fremde Sprache sprechend im öffentlichen Nahverkehr sich bewegen, erliegt wahrscheinlich einfach noch dem islamophoben Vorteil, es hier mit ultraagressiven Abschottungsgesten zu tun zu haben. Umerziehungslager, nicht unter zehn Jahren!

Florian Offline



Beiträge: 3.171

22.07.2012 19:42
#6 RE: Was die Frauen im Iran tragen (dürfen) Antworten

@ Zettel:

Zitat
Oder hat es mit der Familienstruktur zu tun, der Polygamie, dem Verständnis von privat und öffentlich? Mit dem Patriarchat einer einstigen Nomadengesellschaft?



Im wesentlichen kann ich Ihre Überlegungen nachvollziehen.
Wir sollten uns aber auch vor Über-Interpretationen vorsehen.
Der Islam ist ursprünglich sicher eine Nomaden-Religion. Viele seiner Verhaltensvorschriften lassen sich auf diese historischen Wurzeln zurückführen (und sind deshalb problematisch, weil sie im Islam m.W. meist wörtlich ausgelegt werden. Anders als in Juden- und Christentum, wo es meist mehr Spielraum gibt, archaische Vorschriften zu interpretieren und entsprechend nicht wörtlich auszulegen).

Aber diese nomadischen Wurzeln sind doch eigentlich vor allem für den arabischen Islam relevant. Persien hat uralte städtische (=nicht-nomadische) Kulturen. Wenn man mit nomadischen Wurzeln der islamischen Kultur argumentiert, dann tut man sich schwer zu erklären, warum die Folgen im heutigen Persien noch ausgeprägter sind als in Ararbien.

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