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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 9 Antworten
und wurde 1.537 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

24.07.2012 07:36
Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Nur zwei Wörter in einem Bericht aus dem Libanon. Aber doch Anlaß für ein Zitat des Tages, in dem ich die Berichterstattung zum Aufstand in Syrien kommentiere.

C. Offline




Beiträge: 2.639

24.07.2012 08:57
#2 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Es gibt sicherlich viel Gründe, die syrische Regierung nicht sympathisch zu finden, aber die "Rebellen" liebevoll Aktivisten zu nennen und sich ausschließlich auf ihre Informationen zu berufen, ist grenzwertig. Es handelt sich hier nicht um Baumumarmer oder S21-Studienräte, sondern um schwerbewaffnete Angehörige militanter Organisationen, die Zettel an anderer Stelle als Kriminelle bezeichnet hat.

6000 Al-Qaida Fighters in Syria to Establish Emirate of Levant
Natürlich ist dise Quelle genauso fragwürdig wie alle anderen, aber ich halte sie glaubhafter als deutsche Qualitätsmedien.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

123 Offline



Beiträge: 287

24.07.2012 09:42
#3 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Ein schönes Beispiel für verinnerlichte Denk- und Deutungsschablonen, das noch aus der Zeit der 68iger stammt.
"Freiheitskämpfer" waren damals die kommunistischen Guerillia, die danach strebten linksradikale Terrorregime zu etablieren.
Hinzu kommt die europäische Tradition Revolten und Revolutionen zu verherrlichen, ungeachtet der Erfahrung, daß sie gemessen
an ihren eigenen Zielsetzungen weitaus inhumaner waren, als die Regime die sie unbedingt aus angeblich humanitären Gründen
beseitigen wollten.

Aus diesem Interpretationsmuster heraus ist die westliche Journalie gradezu konditioniert darauf, sich mit "Rebellen" zu solidarisieren, ungeachtet deren tatsächlicher Zielsetzung. Entsprechend gern übernimmt sie damals wie heute deren Propagandamaterial.

Begriffe wie Diktator, oder gar Militärdiktatur, sind sehr negativ besetzt. Logisch, denn in einigen Ländern waren nur diese
Machtstrukturen in der Lage, die Machtergreifung linker "Freiheitskämpfer" zu verhindern, was zwar oft exzessiv brutal umgesetzt wurde, aber als Alternative zu kommunistischer Herrschaft wahrscheinlich dennoch das geringere Übel war. Es ist ein absolutes Tabu
dies gegenüber zu stellen - wie es auch überhaupt nicht im öffentlichen Bewusstsein ist, daß linksextreme Herrschaft 80 - 100 Millionen Mord- und Hungeropfer zu verantworten hat.

Kurz: An die Stelle der linken Che Guevaras sind heute eben andere getreten, deren Gemeinsamkeit die Ablehnung der westlichen Zivilsation ist, was wiederum eine Gemeinsamkeit mit dem Weltbild der Linken darstellt. Denn für Linke ist der Westen eine Anhäufung von Ungerechtigkeiten, Umweltzerstörung, Ausbeutung, Diskriminierungen, also eine Gesellschaft die dringend eines Umbaus bedarf. Wer sowas Schlechtes ablehnt, der muß gut sein. Den will man mögen, auch wenn dieser wiederum die Linken ganz und garnicht mag.

Frank Zafka Offline



Beiträge: 8

24.07.2012 09:42
#4 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Vielleicht fehlt Putz' Begriff der Freiheit in diesem Kontext der liberale Gehalt - Freiheitkämpfer könnte man nur stehen lassen, wenn "Freiheit" bedeutet, die herrschende Ausrichtung zu überwerfen und die eigene Ideologie als Diktat zu installieren.
Radikalislamisten hätten dann "ihre" Freiheit, andere Gruppen nicht.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

24.07.2012 09:56
#5 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Bestimmt nehmen Assads "Schergen" Frühgeborene aus den Brutkästen, um sie zu töten, führen einen Hufeisenplan im Schilde und betreiben mobile Chemiewaffenfabriken.
An meiner Meinung über Assad hat die jüngste Medienberichterstattung überhaupt nichts geändert. Mein Indikator ist Israel. Die wissen am besten, was in ihrem Nachbarland vor sich geht. Daß Israel jetzt die Gelegenheit der Rebellion nicht nutzt, jemanden loszuwerden, der seine Feindschaft zu Israel so pflegt, sollte genug aussagen. Für Israel ist der Feind des Feindes eben nicht automatisch ein Freund. Am Beispiel Hamas/PLO sieht man eben, daß man den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben kann. Die mordenden Freiheitskämpfer sind nun wie die Hama, Assad wie die PLO (auch was die Haltung zu Christen anbelangt).
Was macht eigentlich Frankreich als ehemalige Kolonialmacht?

C. Offline




Beiträge: 2.639

24.07.2012 10:09
#6 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #3
Ein schönes Beispiel für verinnerlichte Denk- und Deutungsschablonen, das noch aus der Zeit der 68iger stammt.


Der Widerstand gegen die von der Sowjetunion unterstützte Regierung Afghanistan wurde auch als Freiheitskampf verkauft und massiv unterstützt. Auch hier war es den Unterstützern gleichgültig, wen sie da unterstützen und ob deren Absichten im weitesten Sinne etwas mit Freiheit und Demokratie zu tun hatten und wie diese Gruppen im Fall eines Sieges mit Freiheit umgehen würden.

Wie wir wissen, war dieses Vorgehen äußerst erfolgreich und hat die Sowjetunion entscheidend geschwächt. Aber sie war auf der anderen Seite auch ein großer Fehler. Mich wundert, dass aus diesem Fehler nicht gelernt wird, sondern man ihn wieder und wieder machen will. Es handelt sich jetzt auch in Syrien um alles andere um Freiheitskämpfer im linken oder kommunistischen Sinn. Syrien wird zum Dreh- und Angelpunkt des arabischen Frühlings und zum Ende aller Illusionen. Aber ich weiß um der Flexibilität der westlichen Regierungen, es gibt nichts mit dem man sich nicht arrangieren könnte. Wir sehen das bei der Umarmung reaktionärer Islamischer Verbände und den unterwürfigen Besuchen bei Emir und Scheich.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

24.07.2012 12:03
#7 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Nur zwei Wörter in einem Bericht aus dem Libanon. Aber doch Anlaß für ein Zitat des Tages, in dem ich die Berichterstattung zum Aufstand in Syrien kommentiere.
In dem Artikel erwähne ich die geostrategischen Vorteile, die ein Sturz Assads dem Westen bringen würde (und die natürlich der Hauptgrund für die Unterstützung der Aufständischen sind; nicht deren "Freiheitskampf"). Dazu ist heute bei Stratfor eine Analyse von George Friedman erschienen, die auch Nichtabonnenten zugänglich ist.

Friedman entwickelt im Einzelnen diese Vorteile für den Westen:

Assad hatte sich zuletzt immer mehr an den Iran angelehnt. Sein Fall bedeutet einen entscheidenden Rückschlag für den Iran bei seinem Streben, Vormacht im Nahen Osten zu werden. Dies wiederum hat innenpolitische Konsequenzen im Irak, das mit der Schwächung des Iran größeren Spielraum gewinnt. Die Türkei wird sich bei einem sunnitisch dominierten Syrien noch stärker im Nahen Osten als Ordnungsmacht engagieren.

Einer der Gewinner sind die USA. Ihr Hauptgegner in der Region wurde geschwächt, ohne daß sie offen eingreifen mußten. Halten die sunnitischen Mächte im Nahen Osten, wie die Türkei (Friedman erwähnt nicht Saudi-Arabien und Ägypten, die aber auch noch zu nennen wären) den Iran in Schach, dann können die USA sich stärker auf andere Weltregionen konzentrieren, in denen sie mit China und Rußland konkurrieren.



Auf Israel geht Friedman nur relativ kurz ein. Er sieht es als einen der Verlierer; denn wenn Hamas und Kaida sich jetzt auch in Syrien festsetzen, dann wächst die Bedrohung Israels, das nach dem Sturz Mubaraks bereits in Gaza einer zunehmenden Bedrohung ausgesetzt ist.

Andererseits war auch die wachsende Dominanz des Iran in Assads Syrien eine Bedrohung für Israel. Am besten war dessen Lage vor dem "Arabischen Frühling" gewesen, als es mit Assad so etwas wie ein Stillhalteabkommen hatte.

C. Offline




Beiträge: 2.639

24.07.2012 12:53
#8 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #7
Halten die sunnitischen Mächte im Nahen Osten, wie die Türkei (Friedman erwähnt nicht Saudi-Arabien und Ägypten, die aber auch noch zu nennen wären) den Iran in Schach, dann können die USA sich stärker auf andere Weltregionen konzentrieren, in denen sie mit China und Rußland konkurrieren.


Ich glaube nicht, dass Erdogan den USA diesen gefallen tun wird, sondern es wird zum einem freundschaftlichen Bündnis zwischen der Türkei und dem Iran kommen mit mehr* als dem gemeinsamen Interesse die Kurden in Schach zu halten. Die Türkei wird dem Westen nur solange Zugeständnisse machen, wie sie davon profitiert, sei es durch EU Gelder, sei es durch massive Investitionen westlicher Unternehmen, aber ansonsten wird sie sich weiter islamisierensich, sich also mehr Iran und Ägypten anlehnen als umgekehrt. Die mittlerweile schon als unheimlich zu bezeichnende Nähe Westerwelles zu den islamisten der Türkei und Ägyptens zeigt, dass dieser Weg in Deutschland als alternativlos gilt. Israel kann sich darauf einstellen, dass es mit Deutschland keinen ehrlichen Partner mehr hat.



Zitat von Al jazeera
Is it pure self-interest? In large part, yes. For Turkey, Iran is simply more important than the GCC as a market. Since coming to power, Erdogan and his team have tried hard to open up the Iranian market to the Turkish companies and made decent progress. Trade volume between the two countries increased from $1.25 billion in 2003 to $16 billion in 2011. Erdogan set even a higher number, $30 billion, as a benchmark to be realised in the near future.
...

Iran is critical to Turkey for other reasons. First, in order to fight effectively the re-strengthening Kurdish terror organisation, the PKK, Turkey must closely work with Iran. Even Iran's inaction is going to trouble the Turkish military. Second, Turkey aims to become a regional energy hub or at least an energy transit country. Iran figures in most, if not all scenarios, for the successful realisation of that aim.

...Finally, most Turks who do not belong to any of these groups are generally very apathetic about the developments in the Arab world. They have quite a simple understanding of the international politics of the Middle East, viewing most Arab regimes as simple puppets of the United States. On the other hand, Iran is, in their view, a proud country standing against the bullies, the United States and Israel. Erdogan and Davutoglu have so far successfully appealed to the ordinary folks' nationalistic impulses, but a strong-anti Iran position might discredit the duo's future appeals.


Can Turkey balance Iran?

Hinzu kommt, dass Gülen, den nicht nur Al jazeera derzeit am einflussreichsten in der Türkei hält (übrigens auch in Deutschland aud die türkische Migranten) vor einem solchen Balanceakt warnt.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

24.07.2012 21:12
#9 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

"Radikalislamische Freiheitskämpfer": Ist das nicht ein schönes Beispiel für ein Oxymoron?

notquite Offline



Beiträge: 506

25.07.2012 11:49
#10 RE: Zitat des Tages:"Radikalislamische Freiheitskämpfer" Antworten

Danke für den Hinweis. Man überliest so etwas ja gerne mal und ist dem "liberalen" "Qualitätsjournalismus" gleich wieder in die Falle gelaufen.

Gerade in Sachen "Euro-Rettung" wird die Regierungspropaganda - sei es aus Deutschland, sei es seitens der EU Komissare (wo ja eigentlich schon der Begriff Anlass zur Skepsis geben sollte) - ja nicht gerade selten für bare Münze genommen, etwa indem man die Euro-Rettung ohne Anführungszeichen schreibt. Schönes Beispiel von gestern:

Zitat
Die Krise in Griechenland gefährdet Deutschlands Bonität, warnt die Rating-Agentur Moody's. Dennoch beharren deutsche Politiker darauf, Athen keine weiteren Hilfen zu gewähren.



http://www.spiegel.de/politik/ausland/gr...s-a-846007.html

Wie schnell überliest man da dieses eine magische Wörtchen, mit dem der Qualitätsjournalist den eigentlichen Sachverhalt komplett auf den Kopf gestellt hat?

 Sprung  



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