Kann sein, daß ich auf den Text von Habermas und Mitautoren, der als Zuarbeit zum SPD-Parteiprogramm gedacht ist, noch einmal eingehen werde, wenn er im Internet zur Verfügung steht (oder ich ihn auf den Kindle geladen habe). Vorerst nur dieser Kommentar.
Zitat von FAZ Zuvor schlagen Sie die Einberufung eines Verfassungskonvents in Deutschland vor und plädieren für Referenden in den europäischen Staaten der Eurozone.
Zitat von ZettelWoher nehmen die drei Autoren den nachgerade waghalsigen Optimismus, daß die Völker Europas einer so weitgehenden Aufgabe ihrer nationalen Souveränität zustimmen werden? Daß die Deutschen sich damit einverstanden erklären werden, daß über die Erhebung und Verwendung ihrer Steuern nicht der Bundestag, sondern Institutionen in Brüssel entscheiden?
Wenn ich die FAZ richtig interpretiere, ist für Deutschland kein Referendum vorgesehen, sondern ein Verfassungskonvent wird sich der Aufgabe der nationalen Souveranität annehmen. Es geht dann nur noch darum diesen Verfassungskonvent als demokratisch legitimiert erscheinen zu lassen. Das ist machbar und, wie auch schon in der Vergangenheit, wird mit großen Protesten nicht zu rechnen sein. Es gilt lediglich den Verfassungskonvent möglichst schnell zu beschließen, dass er nicht Gegenstand des Bundestagswahlkampfs werden kann, um Rechtspopulisten keine Chance zu geben nationale Ressentiments zu wecken. Ich sehe auch bei den Regierungsparteien nicht das geringste Interesse an einem Referendum.
Habermas und Politiker ignoriern, dass die Menschen mit einem Europa zufrieden sind, in dem sie ohne Probleme über Ländergrenzen fahren können, Franzosen in ihrer Tennismannschaft spielen und sie am Arbeitsplatz zusammen mit Italienern arbeiten. Mehr Europa brauchen sie nicht, und würden sie auch in keiner Volksabstimmung gewähren. Der Grund für die Politikverdrossenheit des Großteils der Bürger ist, dass er sich einer Politik ausgeliefert sieht, die kein anderes Ziel verfolgt, als dieses ungewollte Mehr an Europa herzustellen und ihn somit, sich ohnmächtig und verkauft fühlend, zurücklässt.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Kann sein, daß ich auf den Text von Habermas und Mitautoren, der als Zuarbeit zum SPD-Parteiprogramm gedacht ist, noch einmal eingehen werde, wenn er im Internet zur Verfügung steht
Zitat 03.08.2012 · Ohne einen Strategiewechsel wird die Währungsunion nicht mehr lange überleben. Es bedarf eines neuen Kurses. Er muss die Rolle Europas im Rahmen der Weltpolitik definieren. Von Peter Bofinger, Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin
Zitat von Zettel im BlogbeitragDas entgeht den Bürgern Europas nicht; und deshalb ist die Idee von Habermas und seinen Mitautoren, mit Zustimmung dieser Bürger zu einer weiteren Machtverlagerung nach Brüssel zu gelangen, realitätsfern.
Wirklich?
Das kommt ja wohl darauf an, wie die Alternativen dargestellt und welche Nachteile bei Nichtzustimmung versprochen werden.
Und hier wird ja die Nazikeule gleich - und so frühzeitig - mal ausgepackt:
Zitat In der postkolonialen Welt hat sich die Rolle Europas nicht nur im Rückblick auf die fragwürdige Reputation ehemaliger Imperialmächte verändert, ganz zu schweigen vom Holocaust. Auch die statistisch gestützten Zukunftsprojektionen sagen Europa das Schicksal eines Kontinents von schrumpfender Bevölkerung, abnehmendem ökonomischem Gewicht und schwindender politische Bedeutung voraus.
Da ist es wieder dieses Argument von der angeblich nicht vorhandenen Überlebensmöglichkeit kleiner Staaten, die auch noch das Gepäck früherer bösartiger Politikziele mit sich rumschleppen.
Zitat Die europäischen Bevölkerungen müssen lernen, ... Sie müssen ihre Kräfte bündeln...
Sie dürfen, sollen oder können nicht... sie müssen.
Zitat Der Verzicht auf die europäische Einigung wäre auch ein Abschied von der Weltgeschichte.
Was ist das überhaupt für ein Blödsinnssatz. Wo liegt da überhaupt das Argument?
So ... nun also, die Herren wollen die endliche Aufrichtung des wirklichen und echten Brüsseler Imperiums, mit allem Zipp und Zapp und vollem Durchgriff der wohlwollenden, allwissenden Zentrale auf die widerspenstigen Provinzen. Warum? Wer weiß. Vielleicht, weil sie, wie sich das für richtige Intellektuelle gehört, auch einem echten imperialen Ideal dienen wollen. Wie aber versuchen sie ihr Vorhaben den mißtrauischen Provinzialen aufzuschwatzen? Damit:
Zitat von Habermas & Co.Eine Souveränitätsübertragung auf Europäische Institutionen ist dafür jedoch unvermeidlich, um Fiskaldisziplin wirksam durchzusetzen und zudem ein stabiles Finanzsystem zu garantieren.
Genau. Wenn erst mal die Zentrale regiert, wird augenblicks allgemeine "Fiskaldisziplin" ausbrechen. Weil ... keine Ahnung, ist halt so. Daß sich in der lauschigen Zentrale baldigst eine Mehrheit derjenigen durchsetzen wird, die von "Fiskaldisziplin" so garnichts halten, weil ihr gemeinsames Interesse darauf gerichtet ist, sich selbst auch weiterhin durch Stimmenkauf auf Pump an den (zentralen und heimischen) Fleischtöpfen zu halten, das können wir ganz gewiß ausschließen. Weil ... keine Ahnung, ist halt so.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Kann sein, daß ich auf den Text von Habermas und Mitautoren, der als Zuarbeit zum SPD-Parteiprogramm gedacht ist, noch einmal eingehen werde, wenn er im Internet zur Verfügung steht (oder ich ihn auf den Kindle geladen habe). Vorerst nur dieser Kommentar.
Der Text erschien schneller als gedacht bei FAZ.Net. Mein Kommentar ist kurz ausgefallen; denn viel Substanz sehe ich hinter der geballten Eloquenz der drei Autoren nicht.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Kann sein, daß ich auf den Text von Habermas und Mitautoren, der als Zuarbeit zum SPD-Parteiprogramm gedacht ist, noch einmal eingehen werde, wenn er im Internet zur Verfügung steht
Zitat von S. Gabriel / Welt-OnlineDie "Aussteiger" bekämen mit ihrer Währung dann auch das klassische Mittel zur Anpassung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zurück: das Recht auf Abwertung ihrer Währung. Abgesehen von den wirtschaftlichen Folgen und Kosten dieser Alternative, die niemand abschätzen kann, wäre der politische Preis ungeheuer hoch. Europa hätte seine erste echte Bewährungsprobe nicht bestanden.
Ist das nicht Scheitert der Euro, scheitert Europa in anderem sprachlichen Gewande? Die Bereitschaft der Eliten, sich einzugestehen, dass die dynamisch-evolutive Konzeption der europäischen Integration in eine Sackgasse geführt hat, scheint nicht besonders ausgeprägt zu sein. Man will die Krise dadurch bewältigen, dass man - wie gehabt - bestimmte Kompetenzen an die Union abgibt; die Reflexion über eine endgültige Regelung der Beziehungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten bleibt jedoch auf der Strecke. Das ist wohl politische Homöopathie: Der Wirkstoff, der uns die Krise eingebrockt hat, muss auch wieder aus ihr herausführen.
Zitat von S. Gabriel / Welt-OnlineDiese gemeinsame Verantwortung einer echten Fiskalunion braucht auch eine durch das Europäische Parlament gewählte, echte Europäische Regierung statt einer überforderten Technokratenkommission, wie wir sie heute vorfinden.
Die Ernennung des Kommissionspräsidenten und der übrigen Kommissare als Kollegium bedarf schon jetzt der "Wahl" (angesichts eines einzigen Kandidaten eigentlich eine contradictio in adiecto) bzw. dem "Zustimmungsvotum" des Europäischen Parlaments. Was würde sich also ändern? Die Mitgliedstaaten würden auf dem Länderproporz insistieren. Da gefällt mir der Vorschlag mit der Volkswahl zumindest des Präsidenten schon besser, wobei dann aber bitte wirklich eine Wahl (d.h. mindestens 2 Kandidaten) stattfinden sollte.
Die Intervention Habermas' et aliorum soll wohl Gabriels Ideen mit dem Prestige der großen Namen unterfüttern.
Wie schon mehrmals gesagt: Wir bräuchten jetzt die Reflexionsphase, denn:
Zitat von romue im Beitrag #3Habermas und Politiker ignoriern, dass die Menschen mit einem Europa zufrieden sind, in dem sie ohne Probleme über Ländergrenzen fahren können, Franzosen in ihrer Tennismannschaft spielen und sie am Arbeitsplatz zusammen mit Italienern arbeiten. Mehr Europa brauchen sie nicht
Aber ich denke, dass die Mehrheit auch nicht weniger Europa will. Es ist nachgerade unverantwortlich, wenn die Eliten das Ende des Euro mit dem Ende der europäischen Idee gleichsetzen und damit die Angst schüren, dass es entweder das von ihnen gewollte Europa oder gar keins gibt.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Kann sein, daß ich auf den Text von Habermas und Mitautoren, der als Zuarbeit zum SPD-Parteiprogramm gedacht ist, noch einmal eingehen werde, wenn er im Internet zur Verfügung steht
Zitat Zum ersten Mal in der Geschichte des Kapitalismus konnte eine vom avanciertesten Sektor, den Banken, ausgelöste Krise nur noch in der Weise aufgefangen werden, dass die Regierungen ihre Bürger in der Rolle von Steuerzahlern für den eingetretenen Schaden aufkommen lassen.
Damit ist eine Schranke zwischen systemischen und lebensweltlichen Prozessen durchbrochen worden. Die Bürger empfinden das zu Recht als empörend. Das weit verbreitete Gefühl verletzter Gerechtigkeit erklärt sich daraus, dass anonyme Marktprozesse in der Wahrnehmung der Bürger eine unmittelbar politische Dimension angenommen haben. Dieses Gefühl verbindet sich mit der verhaltenen oder offenen Wut über die eigene Ohnmacht. Dem sollte eine auf Selbstermächtigung abzielende Politik entgegentreten.
Nicht dass ich von den dreien etwas anderes erwartet hätte, aber jetzt ist Katze aus dem Sack. Und wer bereitet den Verfassungskonvent vor, welcher die Selbstermächtigung der Politik legitimieren soll?
Zitat Eine von SPD, CDU und Grünen getragene Initiative zur Einsetzung eines Verfassungskonvents, über dessen Ergebnisse gleichzeitig (aber nicht vor Ablauf der nächsten Wahlperiode) mit dem Verfassungsplebiszit abgestimmt werden könnte, erschiene dann nicht mehr illusorisch. Im Hinblick auf die Bundesrepublik halten wir es für aussichtsreich, dass eine Parteienallianz im Laufe einer solchen, zum ersten Mal stattfindenden öffentlichen Meinungs- und Willensbildung über eine europapolitische Alternative die Mehrheit der Wähler von den Vorzügen einer Politischen Union überzeugen könnte.
Öffentliche Meinungs- und Willensbildung welche überzeugen soll, statt Abstimmung oder Wahl. *Weil die FDP bei dem Verfassungskonvent nicht vorgesehen ist. Schliesslich soll nur eine Mehrheit überzeugt werden. Mich erinnert das an Herrn Schellnhuber: Entweder man wird überzeugt oder "Wildverbiß".
Wer wird da zu was ermächtigt? Im Zusammenhang mit den (angeblich über die von den Banken ausgelöste Krise) empörten Bürgern müßten die (also die Bürger) doch eigentlich "ermächtigt" werden. Verstehe ich da was nicht oder ist mit "ermächtigt" eigentlich "entmächtigt" gemeint?
Auf einer rein grammatikalischen Ebene wird hier die Zuordnung wer ermächtigt werden soll offengelassen oder falsch gesetzt. Oder?
Zitat von AldiOn im Beitrag #11Was bitte soll man eigentlich unter einer
Zitat auf Selbstermächtigung abzielenden Politik
verstehen?
Wer wird da zu was ermächtigt? Im Zusammenhang mit den (angeblich über die von den Banken ausgelöste Krise) empörten Bürgern müßten die (also die Bürger) doch eigentlich "ermächtigt" werden. Verstehe ich da was nicht oder ist mit "ermächtigt" eigentlich "entmächtigt" gemeint?
Auf einer rein grammatikalischen Ebene wird hier die Zuordnung wer ermächtigt werden soll offengelassen oder falsch gesetzt. Oder?
Die neue Verfassung soll eine auf Selbstermächtigung abzielende Politik ermöglichen. Das GG gibt das nicht her. Somit wird die neue Verfassung zum Rahmen einer auf Selbstermächtigung der Exekutive abzielenden Politik.
Beklemmend dieser Artikel der drei... nun ja - Professoren.
Weder stimmt die Diagnose noch die Beschreibung der aktuellen Situation. Und was die Loesung betrifft...
Ein Gutes hat dieser Artikel allerdings: Er zeigt wie die europapolitische Vision Kohls buchstaeblich zu Staub zerfallen ist. Nach der D-Mark soll/muss nun auch das Grundgesetz geopfert werden um diese (Fieber-)Vision am Leben zu halten. Jahrelang hat man sich ueber die Gurkenkruemmer und Bananenvermesser in Bruessel lustig gemacht ohne zu begreifen wie wichtige demokratische Prozesse von ihnen ausgehoehlt wurden. Bald koennten diese Funktionaere mehr oder wenig allmeachtig ueber Steuern, Budgets and Milliarden-Rettungsschirme entscheiden...
Zitat Eine von SPD, CDU und Grünen getragene Initiative zur Einsetzung eines Verfassungskonvents, über dessen Ergebnisse gleichzeitig (aber nicht vor Ablauf der nächsten Wahlperiode) mit dem Verfassungsplebiszit abgestimmt werden könnte, erschiene dann nicht mehr illusorisch.
Die FDP und die CSU scheinen für die drei Europastrategen zu unsichere Kandidaten zu sein. Das Weglassen von zwei Regierungsparteien verleiht diese Vorschlag erst die richtige Würze. ich glaube nicht, dass diese Unterlassung zufällig war, sondern, dass diese Koalition tatsächlich angestrebt wird.
Zitat von SchlaubergerDie europäischen Bevölkerungen müssen lernen, dass sie ihr sozialstaatliches Gesellschaftsmodell und die nationalstaatliche Vielfalt ihrer Kulturen nur noch gemeinsam behaupten können. Sie müssen ihre Kräfte bündeln, wenn sie überhaupt noch auf die Agenda der Weltpolitik und die Lösung globaler Probleme Einfluss nehmen wollen. Der Verzicht auf die europäische Einigung wäre auch ein Abschied von der Weltgeschichte.
Dann verabschiede ich mich lieber von der Weltgeschichte als mich darüber belehren zu lassen, dass eine Diktatur die bessere Alternative ist.
Zitat Eine von SPD, CDU und Grünen getragene Initiative zur Einsetzung eines Verfassungskonvents, über dessen Ergebnisse gleichzeitig (aber nicht vor Ablauf der nächsten Wahlperiode) mit dem Verfassungsplebiszit abgestimmt werden könnte, erschiene dann nicht mehr illusorisch.
Die FDP und die CSU scheinen für die drei Europastrategen zu unsichere Kandidaten zu sein. Das Weglassen von zwei Regierungsparteien verleiht diese Vorschlag erst die richtige Würze. ich glaube nicht, dass diese Unterlassung zufällig war, sondern, dass diese Koalition tatsächlich angestrebt wird.
Das glaube ich auch, dear C. (siehe die letzten Sätze meines Artikels).
Das Charmante daran ist, daß sich dann die Antipoden seit Bestehen der Bundesrepublik, CSU und FDP, Seit an Seit finden würden - als die Verteidiger des der Freiheit gegen Bürokratie, der Subsidiarität gegen Zentralismus.
Was die drei Autoren anstreben, ist offensichtlich auf einen Wahlsieg der SPD 2013 gemünzt. Gabriel persönlich hat ja bei Habermas diese Denkhilfe bestellt.
Gabriel, der heftig in Richtung Hollande schielt. Ein linkes, weiter in Richtung Zentralismus, Etatismus und Bürokratismus verändertes Europa rückt damit in greifbare Nähe.
Wenn nur nicht Habermas diesen kantianischen Spleen mit der Beteiligung des mündigen Bürgers hätte ...
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #12Die neue Verfassung soll eine auf Selbstermächtigung abzielende Politik ermöglichen. Das GG gibt das nicht her. Somit wird die neue Verfassung zum Rahmen einer auf Selbstermächtigung der Exekutive abzielenden Politik.
Das Wort kommt zweimal in dem Text vor:
Zitat Das weit verbreitete Gefühl verletzter Gerechtigkeit erklärt sich daraus, dass anonyme Marktprozesse in der Wahrnehmung der Bürger eine unmittelbar politische Dimension angenommen haben. Dieses Gefühl verbindet sich mit der verhaltenen oder offenen Wut über die eigene Ohnmacht. Dem sollte eine auf Selbstermächtigung abzielende Politik entgegentreten.
Zitat Die Rechtfertigung eines großen Integrationsschrittes ergibt sich jedoch nicht nur aus der aktuellen Krise des Euroraums, sondern gleichermaßen aus der Notwendigkeit, das Unwesen des gespenstischen Paralleluniversums, das die Investmentbanken und Hedgefonds neben der realen, Güter und Dienstleistungen produzierenden Wirtschaft aufgebaut haben, durch eine Selbstermächtigung der Politik wieder einzufangen.
Es wird also mehr von dem verlangt, was uns die ganze Krise eingebrockt hat: vom Primat der Politik über die Ökonomie.
Statt zu sehen, daß dieses "Paralelluniversum" nur die wirtschaftliche Realität widerspiegelt, wird es dämonisiert. Den Begriff "anonyme Marktprozesse" muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Zitat Eine von SPD, CDU und Grünen getragene Initiative zur Einsetzung eines Verfassungskonvents, über dessen Ergebnisse gleichzeitig (aber nicht vor Ablauf der nächsten Wahlperiode) mit dem Verfassungsplebiszit abgestimmt werden könnte, erschiene dann nicht mehr illusorisch.
Die FDP und die CSU scheinen für die drei Europastrategen zu unsichere Kandidaten zu sein. Das Weglassen von zwei Regierungsparteien verleiht diese Vorschlag erst die richtige Würze. ich glaube nicht, dass diese Unterlassung zufällig war, sondern, dass diese Koalition tatsächlich angestrebt wird.
Das glaube ich auch, dear C. (siehe die letzten Sätze meines Artikels).
Das Charmante daran ist, daß sich dann die Antipoden seit Bestehen der Bundesrepublik, CSU und FDP, Seit an Seit finden würden - als die Verteidiger des der Freiheit gegen Bürokratie, der Subsidiarität gegen Zentralismus.
Was die drei Autoren anstreben, ist offensichtlich auf einen Wahlsieg der SPD 2013 gemünzt. Gabriel persönlich hat ja bei Habermas diese Denkhilfe bestellt.
Gabriel, der heftig in Richtung Hollande schielt. Ein linkes, weiter in Richtung Zentralismus, Etatismus und Bürokratismus verändertes Europa rückt damit in greifbare Nähe.
Wenn nur nicht Habermas diesen kantianischen Spleen mit der Beteiligung des mündigen Bürgers hätte …
Rot-Grün unterstützt jetzt die Bundesregierung und erwartet dieselbe Unterstützung nach einem Regierungswechsel. CDU, SPD und Grüne würden bei einem solchen mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten auf sich vereinen. Es ist die Andeutung, dass ein konsultatives Plebeszit, bei Ablehnung immer noch die Möglichkeit lässt den Verfassungsentwurf durch die verfassungsändernde Mehrheit der drei Parteien "nachzubessern" und dann durch den Bundestag zu bringen. Sollte es nicht für Rot-Grün bei der nächsten Bundestagswahl reichen, steht sowieso eine Große Koalition an, was auf das gleiche Szenario hinausläuft. Ist aber nur so ein Gedanke, welcher mir beim Lesen dieses Pamphletes kam.
Für mich ist ein Kernsatz des langen Artikels dieser:
Zitat von Bofinger, Habermas, Nida-Rümelin auf faz.netDer europäische Bundesstaat ist das falsche Modell und überfordert die Solidaritätsbereitschaft der historisch eigenständigen europäischen Völker. Die heute fällige Vertiefung der Institutionen könnte sich von der Idee leiten lassen, dass ein demokratisches Kerneuropa die Gesamtheit der Bürger aus den EWU-Mitgliedsstaaten repräsentieren soll, aber jeden einzelnen in seiner doppelten Eigenschaft als direkt beteiligten Bürger der reformierten Union einerseits, als indirekt beteiligtes Mitglied eines der beteiligten europäischen Völker andererseits.
Genau diese Form der repräsentativen Demokratie - das Europäische Parlament als direkte Volksvertretung in Verbindung mit dem indirekten Einfluss der nationalen Parlamente via Kontrolle der Ratsmitglieder - beansprucht die Union ja jetzt schon für sich. Wie daraus eine "Vertiefung der Institutionen" erfolgen soll, ist mir schleierhaft.
Weshalb ein Bundesstaat die "Solidaritätsbereitschaft" der Völker überforden sollte, ist ebenso fraglich. Es käme doch wohl in erster Linie auf die konkrete Ausgestaltung dieser Föderation an. Und wenn eine Fiskalunion geschaffen wird, in der eine zentrale Stelle das Geld umverteilt, wird die Solidaritätsbereitschaft der Völker ohnehin schon stark strapaziert. Am Bundesstaat stört wohl zum einen das Bundes-, da man es ja eher zentralistisch möchte, und das Staat, weil diese Titulierung den Bürger in einer Weise schrecken könnte, wie es vermutlich die Diktion des gescheiterten Verfassungsvertrages getan hat.
Ich finde den Beitrag verstörend, weil man sich nie ganz sicher ist, ob sich hinter den eleganten Worten Naivität oder Berechnung verbirgt.
Zitat von Noricus im Beitrag #18Für mich ist ein Kernsatz des langen Artikels dieser:
Zitat von Bofinger, Habermas, Nida-Rümelin auf faz.netDer europäische Bundesstaat ist das falsche Modell und überfordert die Solidaritätsbereitschaft der historisch eigenständigen europäischen Völker. Die heute fällige Vertiefung der Institutionen könnte sich von der Idee leiten lassen, dass ein demokratisches Kerneuropa die Gesamtheit der Bürger aus den EWU-Mitgliedsstaaten repräsentieren soll, aber jeden einzelnen in seiner doppelten Eigenschaft als direkt beteiligten Bürger der reformierten Union einerseits, als indirekt beteiligtes Mitglied eines der beteiligten europäischen Völker andererseits.
Genau diese Form der repräsentativen Demokratie - das Europäische Parlament als direkte Volksvertretung in Verbindung mit dem indirekten Einfluss der nationalen Parlamente via Kontrolle der Ratsmitglieder - beansprucht die Union ja jetzt schon für sich. Wie daraus eine "Vertiefung der Institutionen" erfolgen soll, ist mir schleierhaft.
Vielleicht sind ja andere Institutionen gemeint. Systemische Probleme fordern systemische Antworten, schreiben sie und dass das individuelle Insolvenzrisiko nur durch die gemeinschaftliche Haftung für Staatsanleihen beseitigt oder begrenzt werden kann. Und diese erfordert eine strikte gemeinschaftliche Kontrolle der nationalen Haushalte. Damit fällt erst mal das Haushaltsrecht eines jeden nationalen Parlaments. Die Institution welche es ersetzt ist die, welche eine gemeinsame Fiskalpolitik betreiben wird, eine Art europäisches Finanzministerium. Dazu gesellt sich dann noch ein Wirtschaftsministerium und ein Sozialministerium. Das europäische Parlament bleibt geschmeidig wie es ist und der Ministerrat passt auf, dass es nicht übermütig wird.
Zitat von Bofinger, Habermas, Nida-Rümelin auf faz.netEs gibt nur zwei in sich stimmige Strategien zur Überwindung der aktuellen Krise: entweder die Rückkehr zu nationalen Währungen in der EU insgesamt, die jedes einzelne Land den unberechenbaren Schwankungen hochspekulativer Devisenmärkte aussetzen würde, oder aber die institutionelle Absicherung einer gemeinsamen Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik im Euroraum mit dem weitergehenden Ziel, die verlorene Handlungsfähigkeit der Politik gegenüber den Imperativen des Marktes auf transnationaler Ebene wiederzugewinnen.
Zitat von Noricus im Beitrag #18Weshalb ein Bundesstaat die "Solidaritätsbereitschaft" der Völker überforden sollte, ist ebenso fraglich. Es käme doch wohl in erster Linie auf die konkrete Ausgestaltung dieser Föderation an. Und wenn eine Fiskalunion geschaffen wird, in der eine zentrale Stelle das Geld umverteilt, wird die Solidaritätsbereitschaft der Völker ohnehin schon stark strapaziert. Am Bundesstaat stört wohl zum einen das Bundes-, da man es ja eher zentralistisch möchte, und das Staat, weil diese Titulierung den Bürger in einer Weise schrecken könnte, wie es vermutlich die Diktion des gescheiterten Verfassungsvertrages getan hat.
Ich finde den Beitrag verstörend, weil man sich nie ganz sicher ist, ob sich hinter den eleganten Worten Naivität oder Berechnung verbirgt.
Mir geht es auch so und um ehrlich zu sein - ich vermute Berechnung. Und ich vermute, dass jedes Euroland etwas anderes will. Was sie eint, ist die verlockende Chance auf die Entmachtung der nationalen Parlamente. Das ist der gemeinsame Nenner. Und das AAA von Deutschland und den anderen Nordstaaten. Dabei erkennen die Autoren die Archillesferse der europäischen Nationalstaaten ganz genau. Deswegen verunglimpfen sie die noch halbwegs vorhandenen liberalen Strukturen als marktkonforme Fassadendemokratie und monetären Nationalismus:
Zitat von Bofinger, Habermas, Nida-Rümelin auf faz.netAus einer über die aktuelle Krise hinausgreifenden Perspektive hängt daran auch das Versprechen eines „sozialen Europas“. Denn nur für ein politisch geeintes Kerneuropa besteht die Aussicht, den inzwischen fortgeschrittenen Prozess der Umwandlung der sozialstaatlichen Bürgerdemokratie in eine marktkonforme Fassadendemokratie umkehren zu können. Schon wegen der Verknüpfung mit dieser ausgreifenden Perspektive verdient die zweite Option den Vorzug vor der ersten.
Zitat von john j im Beitrag #13Bald koennten diese Funktionaere mehr oder wenig allmeachtig ueber Steuern, Budgets and Milliarden-Rettungsschirme entscheiden...
Das könnten sie, ja. Nur sind das Luftbuchungen, da ja real nichts zum Verteilen da ist. Ausnahmslos alle Eurogruppen-Länder hängen am Kapitalmarkt und kommen nicht mit ihren Einnahmen aus. Einen Weg die Einnahmen auf schmerzlose Weise zu erhöhen hat auch niemand in der Tasche. Steuererhöhungen bei den Vermögenderen bringen keine Masse, aber vertreiben die wirtschaftlich noch potenten. Steuererhöhungen bei der Masse bringen hingegen Unruhe, sowie Kaufkraftverluste und damit Umsatzeinbußen. Die Milliarden-Rettungsschirme aus versprochenem Luftgeld (welches ja auch nicht wirklich existent ist) können zwar virtuell noch größer aufgeblasen werden, aber ihre Wirkung ist komplett davon abhängig für wie wirkungsvoll die Kapitalmärkte diese halten.
Selbst wenn man es irgendwie durchsetzen könnte, mit irgendwelchen jetzt gerade existenten Regierungen einen großen europäischen Klumpatsch zusammenzudengeln, wird dieser unter demokratischen Verhältnissen alle andere als stabil aussehen. Finanziell stabiler wird er schon gar nicht werden. Das heißt, es wird nichts besser. Und egal, ob die Bürger dann noch wirksame demokratische Mittel zur Verfügung haben um etwas an ihrer Situation zu ändern, oder ob diese demokratischen Mittel auf technokratischem Wege bis zur Unwirksamkeit beschnitten werden ... es wird bei jeder Zumutung ungemütlich. Und so etwas haben Kapitalgeber jetzt nicht unbedingt so gerne.
Wer soll in eine notdürftig zusammengeflickte Zwangsgemeinschaft investieren, in der es ständig irgendwo brodelt? Wo sich dauernd separatistische Kräfte in extremen Lagern finden werden? Klar, man könnte das ganze demokratische Gedöns auch irgendwie beiseite lassen (Europäische Expertenregierung der internationalen Einheit) und zur gutgemeinten europäischen Diktatur übergehen. So schafft man Ruhe an der Basis. Aber Diktaturen gedeihen nur gut (und sind damit kreditwürdig) wenn sie auf ausbeutbaren Ressourcen sitzen - aber Europas bestes Pfund ist die Vielfalt, der Erfindergeist, die Regsamkeit ... und die dürften in einer Diktatur verdorren.
Dann ist das hier nur noch ein Kontinent voller verarmter alter Leute, die das ihrige schon geleistet haben (und jetzt in Rente gehen wollen) plus einer nicht unwesentlichen jungen, nichteuropäischen Migrationsbevölkerung, die offensichtlich nicht in der Lage oder nicht willens ist, die alternde Urbevölkerung in gewohnter Qualität zu ersetzen.
Fazit: Diese Funktionäre können sich ausdenken und wünschen was sie wollen. Solange sie vom Kapitalmarkt abhängig sind macht der die Regeln. Und dessen Regel ist: Ich gebe dir nur was, wenn ich auf deine Leistungskraft vertraue. Und je weniger ich dir vertraue, desto höhere Risikoprämien will ich haben. Es ist also völlig egal womit die Apparatschiks meinen eine bessere Eurozone herstellen zu können ... der Markt fällt letztlich das Urteil, ob hier die Lichter ausgehen.
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19Und ich vermute, dass jedes Euroland etwas anderes will. Was sie eint, ist die verlockende Chance auf die Entmachtung der nationalen Parlamente.
Hier ein Beleg für die o.g. Vermutung - von Mario Monti:
Zitat von http://m.welt.de/article.do?id=wirtschaf...Startseite&li=1Monti empfahl den Regierungschefs, sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten in der Krise zu bewahren: "Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration", sagte er.
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