Zitat von Zettel im Beitrag #19Da sollte sich jedes Sprachgefühl krümmen. Nein: Da sollte jedes Sprachgefühl revoltieren.
Es gibt, wie schon von Anderen in diesem Thread dargelegt "unter Umständen" und "aus Gründen". Wie kann jemand so dumm sein und daraus ein Konglomerat machen?
Och, die haben da einfach vorgefertigte Sprachstanzen in ihrer Verlautbarungstoolbox, die zu bestimmten Fällen mittlerweile dazugehören. Wenn da mal was durcheinander geht, fällt es doch den Meisten gar nicht mehr auf. Das ist wie beim Lesen von Wörtern, in denen die Buchstaben und deren Anzahl richtig sind und der erste und letzte sogar an der richtigen Stelle stehen - da liest man einfach irgendwann flüssig drüber. Bei selbst geschriebenem Text verwundert es ja auch manchmal, dass man selbst beim dritten Korrekturlesen irgendeinen Wechstabenverbuchsler nicht bemerkt hat.
Mein Staatsradiosprecher hatte letztens auch eine interessante Mitteilung auf seinem Vorlesezettel: Neueste Studien hätten ergeben, dass Menschen mit (...) einem erhöhten Sterberisiko ausgesetzt sind. Die Stanzen sind richtig, das Format passt ... aber die Aussage ist trotzdem Mumpitz. Fällt dem Routine-Zettelverleser nur nicht mehr auf.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von Calimero im Beitrag #27Mein Staatsradiosprecher hatte letztens auch eine interessante Mitteilung auf seinem Vorlesezettel: Neueste Studien hätten ergeben, dass Menschen mit (...) einem erhöhten Sterberisiko ausgesetzt sind. Die Stanzen sind richtig, das Format passt ... aber die Aussage ist trotzdem Mumpitz. Fällt dem Routine-Zettelverleser nur nicht mehr auf.
Das Sterberisiko von Menschen mit (…) ist größer als 100 Prozent?
Calimero
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01.09.2012 21:53
#29 RE: Anmerkungen zur Sprache (14): Sprachschluderei
Eine Schluderei ist auch, wenn von einem "mutmaßlichen" Täter oder von "soll ... haben" gesprochen wird, wo es völlig unsinnig ist. So sprach der Staatsrundfunk neulich von Breivik als "mutmaßlichem Attentäter", der 77 Menschen getötet "haben soll". Unschuldsvermutung schön und gut; niemanden als Täter bezeichnet, der nicht überführt und rechtskräftig verurteilt ist - aber in diesem Falle?
Im Bonner General-Anzeiger neulich ein Bericht über einen Überfall: Maskierte haben jemanden überfallen, niedergeschlagen und beraubt. Täter sind unbekannt. Dann hieß es: "Nach der Tat flüchteten die mutmaßlichen Täter in Richtung ..." Dass die Maskierten den Raub begangen haben, ist ja unstrittig, trotzdem hat man die offensichtlichen Täter zu "mutmaßlichen Tätern" herabgestuft, als ob das Opfer im Zweifel sei, ob es überhaupt überfallen worden sei.
Zitat Einige Jahre nachher gab der Kurfürst seine Absicht zu erkennen, denselben Achim v. Bredow aus dem Besitze R[heinsberg]s auszukaufen, in Folge dessen er 1533 die Begüterung durch Sachverständige abschätzen ließ, welche 8000 bis 10,000 Gulden für ein angemessenes Kaufgeld erachteten Allein der Kauf zerschlug sich aus unbekannten Umständen und die Familie v. Bredow blieb im Besitz bis 1618, in welchem Jahre sie R. unter kurfürstlicher Genehmigung an Cuno v. Lochow veräußerte.
Auch er also zweifellos ein mahnendes Beispiel für Idiotie und Emporkommen durch Seilschafterei; wie etwa auch Friedrich Gottlob Welcker - wovon sich mittels der ungemein nützlichen Büchersuche von Google selbst zu überzeugen alle redlichen Freunde der Wissenschaft hiermit herzlich eingeladen seien.
Von den abertausenden an gleichgesinnten Trotteln im Internet will ich da gar nicht erst anfangen.
Nachtrag: Das Beispiel bei Welcker scheint mir nach nochmaliger Sichtung fragwürdig, denn dort wird etwas "aus unbekannten Umständen [...] erklärt". Ob diese Konstruktion vor dem hiesigen Tribunal besser angesehen ist, vermag ich nicht zu sagen.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Aber diese Wut auf Programmierer packt mich immer wieder. Warum geht es nicht, daß genau das passiert, was der User will?
Prima Idee! Meine Kollegen, die Vollzeit mit Requirements Engineering beschäftigt sind, können ihre ganzen Tools wegwerfen und nur noch eine einzige Anforderung aufnehmen:
R1. Es soll genau das passieren, was der User will.
Jetzt müssen wir nur noch zur Laufzeit herausfinden, was der User will... kennt jemand eine gute Gedankenlese-Library?
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat R1. Es soll genau das passieren, was der User will.
Ist doch ganz einfach: Er will auf einen Knopf drücken und dann soll das passieren, was er will. So wie der Verkäufer das seinem Chef gesagt hat. Ich schlage das Tool DoWhatIWant vor, eventuell in der Variation DoWhatIWantNotWhatISaid vor. Hilfsweise ergänzt durch NoNotThat und YouDontUnderstand. Damit sollte alles abgedeckt sein. Ist doch ganz einfach, man braucht doch bloß...
Herzlich, Thomas
xanopos
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Beiträge:
03.09.2012 14:22
#34 RE: Anmerkungen zur Sprache (14): Sprachschluderei
Ein rückstoßfreies Geschütz geht nach hinten los, daher gibt es eine große Zone hinter der Waffe, in der man sich beim Abfeuern besser nicht aufhält: http://en.wikipedia.org/wiki/File:M72A2_LAW_1969.jpg (Demonstration des Backblasts einer M-72 LAW, eine Art von Mini_Bazooka.)
Zitat von Zettel im Beitrag #1Aber diese Wut auf Programmierer packt mich immer wieder. Warum geht es nicht, daß genau das passiert, was der User will?
Prima Idee! Meine Kollegen, die Vollzeit mit Requirements Engineering beschäftigt sind, können ihre ganzen Tools wegwerfen und nur noch eine einzige Anforderung aufnehmen:
R1. Es soll genau das passieren, was der User will.
Jetzt müssen wir nur noch zur Laufzeit herausfinden, was der User will... kennt jemand eine gute Gedankenlese-Library?
Sie sprechen da einen wichtigen Punkt an. Denn natürlich tut die Software (Steuerung) nicht das, was der User will, sondern in gefühlten 99,99% aller Fälle genau das, was der User der Maschine zu tun befiehlt. Sogenannte Fehlfunktionen gehen (fast) ausschließlich auf Bedienfehler zurück - so jedenfalls meine Erfahrung.
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Ein rückstoßfreies Geschütz geht nach hinten los, daher gibt es eine große Zone hinter der Waffe, in der man sich beim Abfeuern besser nicht aufhält:
Mir hat man in der Grundausbildung noch beigebracht, dass man beim Abschuss einer Panzerfaust besser nicht dahinter steht. Und dass man sie besser nicht aus kleinen Räumen heraus abschiesst.
Wahrscheinlich ist der Herr Zeil ungedient.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #35Denn natürlich tut die Software (Steuerung) nicht das, was der User will, sondern in gefühlten 99,99% aller Fälle genau das, was der User der Maschine zu tun befiehlt. Sogenannte Fehlfunktionen gehen (fast) ausschließlich auf Bedienfehler zurück - so jedenfalls meine Erfahrung.
Hier einmal ein konkretes Beispiel für 0.01% aller Fälle: Letzte Woche habe ich mit einem Textverarbeitungsprogramm (Libre Office Writer) gearbeitet, das sich (per Standardvoreinstellung) anheischig macht, vermutliche Schreibfehler bunt zu unterringeln und auch Rechtschreibkorrekturen automatisch durchzuführen. In meinem Text kam mehrfach "MSc" vor; sobald ich das eingetippt hatte, korrigierte das Programm dies zu "Msc" und unterringelte es dann als Schreibfehler. Bei nachträglicher Korrektur des "s" zu "S" verschwand die Unterringelung, also kannte es den Ausdruck als akzeptable Abkürzung.
Der einzige erkennbare Bedienfehler hierbei ist, daß ich nicht als erstes die automatische Rechtschreibprüfung abgeschaltet habe.
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #35Denn natürlich tut die Software (Steuerung) nicht das, was der User will, sondern in gefühlten 99,99% aller Fälle genau das, was der User der Maschine zu tun befiehlt. Sogenannte Fehlfunktionen gehen (fast) ausschließlich auf Bedienfehler zurück - so jedenfalls meine Erfahrung.
Hier einmal ein konkretes Beispiel für 0.01% aller Fälle: Letzte Woche habe ich mit einem Textverarbeitungsprogramm (Libre Office Writer) gearbeitet, das sich (per Standardvoreinstellung) anheischig macht, vermutliche Schreibfehler bunt zu unterringeln und auch Rechtschreibkorrekturen automatisch durchzuführen. In meinem Text kam mehrfach "MSc" vor; sobald ich das eingetippt hatte, korrigierte das Programm dies zu "Msc" und unterringelte es dann als Schreibfehler. Bei nachträglicher Korrektur des "s" zu "S" verschwand die Unterringelung, also kannte es den Ausdruck als akzeptable Abkürzung.
Der einzige erkennbare Bedienfehler hierbei ist, daß ich nicht als erstes die automatische Rechtschreibprüfung abgeschaltet habe.
Und worin besteht Ihrer Meinung nach der (reproduzierbare) Fehler in der Software?
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #40Und worin besteht Ihrer Meinung nach der (reproduzierbare) Fehler in der Software?
Ist das nicht offensichtlich? Das Programm ändert eine korrekte Schreibung in eine fehlerhafte um und markiert diese dann als fehlerhaft, obwohl es die korrekte Schreibung nicht als fehlerhaft markieren würde. Bei Rechtschreibprüfung und -korrektur weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut.
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #40Und worin besteht Ihrer Meinung nach der (reproduzierbare) Fehler in der Software?
Ist das nicht offensichtlich? Das Programm ändert eine korrekte Schreibung in eine fehlerhafte um und markiert diese dann als fehlerhaft, obwohl es die korrekte Schreibung nicht als fehlerhaft markieren würde. Bei Rechtschreibprüfung und -korrektur weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut.
Selbstverständlich kann ein Editor Fehler enthalten, keine Frage, aber sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich nicht darüber diskutieren mag, welcher Editor nun dieses oder jenes (vermeintlich oder tatsächliche Fehl-)Verhalten an den Tag legt. Nur eines noch, und das soll's dann gewesen sein: Der Editor, den ich nutze, bietet eine von mir editierbare Liste an, die Abkürzungen und Buchstabenkombinationen enthält, die von der Rechtschreibprüfung ausgenommen werden sollen - und das funktioniert auch.
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Zitat von Zettel im Beitrag #25... ist ein Wunder der Schöpfung.
Habe mich sehr über diese Formulierung aus Ihrer Feder resp. Tastatur gefreut
Ehrlich gesagt, lieber Herr, habe ich diese Floskel ohne Nachdenken verwendet. Aber Sie haben mich jetzt zu a bisserl Nachdenken gebracht.
Ja, ich glaube, ich kann von Schöpfung sprechen, und das ist mit dem vereinbar, was ich hier geschrieben habe.
Die Existenz der Welt ist etwas für unseren Verstand Unfaßbares. Schellings Frage "Warum ist überhaupt Etwas? Warum ist nicht Nichts?" können wir nicht beantworten. Wir können Kants Antinomien mit dem Verstand nicht lösen, sondern nur hinnehmen, daß dieser eben nicht dafür gemacht ist, Fragen zu beantworten wie die, ob die Welt in Raum und Zeit endlich ist oder unendlich.
Diese Einsicht in die eigene Begrenztheit - die zum Beispiel Einstein gezeigt hat, der wohl eine ähnliche agnostische Auffassung gehabt hat wie ich - rechtfertigt es, die Welt als Schöpfung zu bezeichnen.
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