In der Piratenpartei entwickeln sich die Dinge so, wie das zu erwarten gewesen ist: Die schönen neuen Ideen funktionieren nicht, und nun zeigen sich zunehmend Zerfallserscheinungen.
Warum ist das eigentlich damals bei den Grünen nicht auch so gewesen, der zweiten Partei, die sich der deutschen Traditionsvergessenheit verdankt?
Das ist das wirklich schöne in Deutschland: Wenn jemand etwas neues probiert und damit auf die Nase fällt, kann er sich sicher sein, dass er nach Häme nicht suchen muss.
Die Unprofessionalität der Piraten war wirklich erstaunlich stark ausgeprägt und der Dilettantenstadel der letzten Tage und Wochen hat schon was unfreiwillig trauriges. Dagegen ist natürlich unsere Regierung, die ganz professionell Rechtstaat und Wohlstand dieses Landes einstampft, eine echte Abwechslung. Ich weiss nicht was mir lieber ist: Ein Haufen Dilettanten die nichts auf die Kette kriegen oder ein Haufen Profis, die üble Dinge tun.
Eins weiss ich aber ziemlich sicher: Das eine Partei voller Luft es schafft eine zweistellige Zahl an Wählerstimmen einzusacken, sagt eine Menge über die restliche Politik aus. Weit mehr als über die Luftnummer.
Mehr kann und will ich nicht zu diesem weiteren schlechten Artikel über die Piratenpartei sagen. Außer vielleicht, dass solche Posts das hohe Niveau ihres Blogs, werter Zettel, doch arg nach unten ziehen.
Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #3Mehr kann und will ich nicht zu diesem weiteren schlechten Artikel über die Piratenpartei sagen. Außer vielleicht, dass solche Posts das hohe Niveau ihres Blogs, werter Zettel, doch arg nach unten ziehen.
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Zitat von Llarian im Beitrag #2Wenn jemand etwas neues probiert und damit auf die Nase fällt, kann er sich sicher sein, dass er nach Häme nicht suchen muss.
Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass von den Piraten viel Neues gekommen ist. Mein Eindruck ist eher, dass eine weitere sozialistische Partei an der Realität zerschellt. Was ich den Piraten dabei hoch anrechne ist, dass sie ihre politischen Vorstellungen öffentlich durchdenken und dabei die offensichtlichen Widersprüche erkennen. Dass sich (führende) Mitglieder danach von der Partei trennen, spricht meiner Meinung nach für sie. Die Begründung der Rücktritte sollte man dabei nicht zu ernst nehmen, "gesundheitliche Gründe" wären bei dem Alter auch nicht glaubwürdiger. Sorgen bereiten mir allerdings die Figuren, die in diesem Prozess übrig bleiben (s. die GrünInnen). Außerdem werden die zur Zeit von den Piraten besetzten Themen durch deren Versagen lange Zeit von anderen Parteien nicht (offen) angegangen werden.
Zitat von Llarian im Beitrag #2Das ist das wirklich schöne in Deutschland: Wenn jemand etwas neues probiert und damit auf die Nase fällt, kann er sich sicher sein, dass er nach Häme nicht suchen muss.
Es ist doch nichts Neues, lieber Llarian.
Diese Ideen, daß es keine Berufspolitiker geben soll, sondern jeder das nebenher macht; daß alles für alle öffentlich sein soll; daß die "Basis" überall das Letzte Wort hat - das sind doch uralte Ideen.
Ausgiebig erprobt in den Rätesystemen nach den diversen Revolutionen des 20. Jahrhunderts; dann in Deutschland zum Beispiel wieder in den ersten Jahren der Grünen.
Oder Sie können auch bis zu den Wiedertäufern zurückgehen oder Savonarola. Solche "Basisbewegungen" enden in der Regel auf eine von drei Weisen: Entweder münden sie in eine normale Kirche oder Partei; wie die Grünen, die alle diese Ideen schnell aufgegeben haben. Oder sie gehen im Chaos unter, wie jetzt vielleicht die Piraten. Oder aber sie kippen ins Autoritär-Diktatorische. Die Räte beispielsweise waren überall schnell von den professionell agierenden Kommunisten erobert.
Wie ja die Grünen auch. Als die Partei von Petra Kelly und dem Biobauern Baldur Springmann wären sie vermutlich bals wieder verschwunden oder kümmerten als Mini-Partei. Erst der Eintritt der trainierten Kommunisten und Straßenkäpfer gab ihnen ein Korsett.
"...Spätestens da war klar: So kann es bei den Piraten nicht weiter gehen. Die Partei, die so vieles anders machen will und nach dem Motto "Themen statt Köpfe" lebt, streitet in Wahrheit fast nur noch über ihre Köpfe. Die inhaltliche Arbeit kommt, auch wenn Dutzende Arbeitsgruppen ständig debattieren, kaum voran..."
Als Piraten-Original-Dokument empfehle ich immer den Podcast mit dem Chef der Berliner Piratenfraktion Christopher Lauer (“Medien-Pirat”) moderiert von Holger Klein. Ich verfolge ihn seit der ersten Folge. Hier die neue Folge: http://www.wrint.de/2012/10/05/wr113-lauers-buro-jagt-dr-no/
Der Inhalt von Lauers Äußerungen war bisher in allen Folgen meist ähnlich und kann in wenigstens neun Punkten zusammengefasst werden:
(1) die Verachtung des parlamentarischen Systems (2) die Verachtung der (anderen) Parlamentarier bzw. Politiker (3) die Verachtung der (anderen) Parteien (4) die Abwesenheit von nennenswerten politschen Konzepten und Projekten (5) das Desinteresse an praktischer (parlamentarischer) Politik und der dazu erforderlichen (Kärrner)-Arbeit (6) die Lernunwilligkeit und/oder -fähigkeit (7) die Realitätsverweigerung (die PP als “Hotel Mama” mit anderen Mitteln) (8) die Unfähigkeit zu (konstruktiver) Selbstreflexion bzw. Selbstkritik (9) die Unfähigkeit zu Transparenz und Intransparenz - je nach Situation
“...Im Kern leiden die Piraten nicht unter den vielen Widersprüchen, sondern an einem wirklichen Paradox. Sie müssen über eine Hierarchie entscheiden, die sie ablehnen. Paradoxien auszuhalten ist eine Tugend in der modernen Gesellschaft; man kann tatsächlich jedes Jahr aufs neue den besten Vorstand aller Zeiten wählen. Doch glücklich macht das nicht, insbesondere dann nicht, wenn die Zielsetzung „Upgrade der Demokratie“ lautet...”
Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #3Mehr kann und will ich nicht zu diesem weiteren schlechten Artikel über die Piratenpartei sagen. Außer vielleicht, dass solche Posts das hohe Niveau ihres Blogs, werter Zettel, doch arg nach unten ziehen.
Das eigentliche Problem ist, dass die Piraten das Niveau der deutschen Politik »doch arg nach unten« ziehen.
Gerade titelt SPON: Das Piraten-Problem heißt Ponader. Aber das stimmt nicht. Das Piraten-Problem ist: Wir haben kein Konzept und keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Die aktuellen Vorgänge sind im gewissen Sinne vergleichbar mit einer Spekulationsblase: Wer rechtzeitig ein- und aussteigt, kann noch seinen Gewinn mitnehmen: Bekommt ganz gutes Geld für ein Buch, das die Welt nicht braucht, oder für das Schwätzen in Talkshows, das die Welt nicht ändern wird [hoffentlich!].
Zitat von Eierkopp im Beitrag #5 Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass von den Piraten viel Neues gekommen ist. Mein Eindruck ist eher, dass eine weitere sozialistische Partei an der Realität zerschellt.
Ursprünglich waren die Piraten nicht sozialistisch. Sie waren nicht einmal links. Es war genaugenommen eine Online-Bewegung im Windschatten einer Webseite, die sich nicht zuletzt als Reaktion auf die Contentmafia, pardon, Urheberrechtsindustrie und ebenso auf einen immer weiter ausufernden Überwachungsstaat (Stichwort Vorratsdatenspeicherung) gebildet hat. Nur war diese Bewegung nicht wirklich koordiniert oder besonders reflektiert, und das haben eben Linke, wie sie das gerne tun, genutzt um den Verein zu unterwandern. Und sie zerschellt auch weniger daran sozialistisch zu sein (daran zerschellen ja SED, Grüne oder SPD auch nicht), sie zerschellen an dem Chaos, dass der Bewegung immernoch inne wohnt. Und ich sehe schon einiges an neuem: Die Grünen waren zwar auch reichlich konfus, aber deutlich autoritärer organisiert (sonst gäbe es sie auch heute nicht mehr). Und auch mit deutlich autoritäreren Ideen. Die Piraten zielen in ihrem Demokratieansatz auf die breite Masse, die Grünen haben schon seit jeher immer rein auf den Willen ihrer Parteimitglieder geachtet.
Zitat Außerdem werden die zur Zeit von den Piraten besetzten Themen durch deren Versagen lange Zeit von anderen Parteien nicht (offen) angegangen werden.
Das ist auch meine Befürchtung. Das Innenministerium bläst schon wieder zum Angriff auf den Datenschutz. Und die Contentindustrie scharrt allerortens für noch mehr Kontrolle, noch mehr Gesetze und noch mehr Überwachung. Aber weil die Piraten am lautesten bei diesem Thema trommeln ist es für andere Parteien ein Nicht-Thema.
Zitat von Llarian im Beitrag #9Die Grünen waren zwar auch reichlich konfus, aber deutlich autoritärer organisiert (sonst gäbe es sie auch heute nicht mehr).
Ich glaube, da sollte man unerscheiden, lieber Llarian.
Die Grünen waren bei ihrer Gründung so antiautoritär und auch so basisdemokratisch, wie das überhaupt nur geht. Jedes Mitglied konnte an den Parteitagen mit Stimmrecht teilnehmen, wie jetzt bei den Piraten. Es sollte, wie jetzt bei den Piraten, keine Berufspolitiker geben, überhaupt keine Leute, die sich als Führung profilieren. Deshalb wurde ja "rotiert" - alle zwei Jahre sollten diejenigen, die geführt hatten, zurück ins Zivilleben und durch "Nachrücker" ersetzt werden.
Es waren dieselben krausen - und wie gesagt, uralten - Ideen wie jetzt bei den Piraten.
Dann aber kam die Unterwanderung durch die Leute aus den K-Gruppen, die dort kommunistische Disziplin gelernt hatten. Viele stiegen bei den Grünen auf - Trittin zum Beispiel, Bütikofer, Ralf Fücks, Erika Beer, Antje Vollmer. Andere hatten eine Zeitlang starken Einfluß, verschwanden dann wieder und sind teilweise heute bei "Die Linke" oder deren Umfald aktiv - Trampert, Ebermann, Reents zum Beispiel, die Hamburger KB-Gruppe.
Diese Leute haben die Grünen umgekremptelt, zusammen mit den "Straßenkämpfern" aus Hessen. Sie waren dann in der Tat eine an der Spitze stramm geführte Partei, die ihrer Basis die Illusion ließ, sie hätte zu bestimmen.
Heute ist auch das vorbei. Die Grünen sind heute die Partei des wohlhabenden etatistischen Bürgertums; die einzige wirkliche Partei einer herrschenden Schicht.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Warum ist das eigentlich damals bei den Grünen nicht auch so gewesen, der zweiten Partei, die sich der deutschen Traditionsvergessenheit verdankt?
Lieber Zettel,
diese Frage hast Du bereits in der Antwort an Llarian selbst beantwortet.
Die Grünen hatten durch die autoritären Komunisten nicht nur Organisatoren, sondern auch Geld. Der Geldmangel und die Organisation sind aus meiner Sicht die gravierendsten Probleme der Piratenpartei. Um neben den etablierten Parteien und ihren Millionenetats bundesweit bestehen zu können, sind mehr als Amateur- und Feierabendpolitiker notwendig.
Die Piratenpartei hat natürlich eine Menge andere Fehler gemacht, sie hat ihre Kernkompetenzen völlig überschätzt und sich zudem auch auf andere Politikfelder treiben lassen, von denen sie noch nicht einmal den Dunst einer Ahnung haben. Desweiteren sind sie blind in die Medienfalle getappt, sie wurden zuerst ungerechtfertigt hochgejubelt, dann genauso ungerechtfertigt heruntergeputzt, besonders nachdem sich ihr Medienstar Marina Weisband sich aus gesundheitlichen Gründen und wegen ihres Studiums nicht wieder zur Wahl stellte. Ein Schritt der Anerkennung und keine Häme verdient.
Die Piratenpartei war für junge Wähler eine Alternative zu den Grünen. Aber anstatt sich deutlich von den Grünen abzuheben ist man auf den Fehler verfallen vieles von den Grünen zu kopieren. Warum das erfolgte ist, mir schleierhaft, eventuell ist Unterwanderung ein Grund, aber das kann ich nicht beweisen, Angelika Beer scheint mir mehr eine Ausnahmeerscheinung zu sein. So weit ich die Piratenpartei beobachte, gibt es eine kleine dominante Minderheit, die destruktiv einen linken Kurs fährt und auf die Abweichler einprügelt. Die Installation von Ponader als Nachfolger von Marina Weisband war dann noch ein zusätzlicher Griff ins Klo wie übrigens der gesamte Parteitag von Neumünster.
Die Piratenpartie hätten als relativ unpolitische Protestpartei eine Chance gehabt, als ökolinker Betroffenheitsklops stellt er weder für junge Wähler noch für Protestwähler eine Alternative dar. Für Betroffenheit sind die Grünen zuständig, daran wird sich nichts ändern, da sie die Kunst beherrschen das Unpolitische politisch zu machen.
Zitat von Zettel im Beitrag #10 Die Grünen waren bei ihrer Gründung so antiautoritär und auch so basisdemokratisch, wie das überhaupt nur geht. Jedes Mitglied konnte an den Parteitagen mit Stimmrecht teilnehmen, wie jetzt bei den Piraten. Es sollte, wie jetzt bei den Piraten, keine Berufspolitiker geben, überhaupt keine Leute, die sich als Führung profilieren. Deshalb wurde ja "rotiert" - alle zwei Jahre sollten diejenigen, die geführt hatten, zurück ins Zivilleben und durch "Nachrücker" ersetzt werden.
Okay, lieber Zettel, das war vor meiner Zeit und insofern weiss ich da wenig von. Ich sehe nur die Unterschiede zwischen Characteren wie Fischer, Cohn-Bendit oder auch Trittin auf der einen Seite und umgekehrt den Piraten von heute. Die Erstgenannten waren schon immer Machtmenschen, schon immer von der Richtigkeit dessen überzeugt, was sie vertraten (bis heute ohne tiefere Selbstkritik). Bei den Piraten habe ich das bisher so nicht gesehen. Im Gegenteil, das ein Pirat nach dem anderen abknickt und die Macht verwirft, belegt eigentlich eher tiefe Verunsicherung und Angst.
Und ich sehe auch Unterschiede in den Ideen. Die Grünen verstehe ich von Anfang an als eine Partei, die dafür angetreten ist die Gesellschaft zu verändern. Mit einem Meinungsanspruch auf jedem Gebiet, nicht nur Umweltschutz. Die Piraten haben zumindest zu Anfang nur sehr wenig Themen gehabt. Nach meinem Dafürhalten war das einer der zentralen Gründe für den Erfolg. Ich kann mich beispielsweise mit den ersten Ansätzen der Piraten identifizieren, als es um die Rolle von digitalen Medien ging. Aber ich wähle ja keine Kommunistentruppe. Für mich war (!) das auch das wichtigste neue Element. Die Piraten sind zunächst nicht angetreten um sich in alle Belange des Lebens einzumischen, sondern aus einer konkreten Problemstellung heraus. Und diese war so drängend, dass viele, vor allem aus der jungen Generation, das für viel wichtiger hielten als ein Vollprogramm. Leider ist genau das inzwischen Geschichte.
Zitat Die Grünen sind heute die Partei des wohlhabenden etatistischen Bürgertums; die einzige wirkliche Partei einer herrschenden Schicht.
Was aber auch damit zu tun hat, dass die Linken von damals heute oft zur herschenden Schicht gehören. Wie dem aber auch sei, ich denke nicht, dass die Piraten ein ähnliches Schicksal erleiden werden. So wie sich der Verein derzeit verkauft hat der Spuk in wenigen Jahren ein Ende.
Ich kann mit dem Begriff »Traditionsvergessenheit« nicht viel anfangen. Welche Traditionen gibt es überhaupt, die mit einem Nationalgefühl einhergehen. Hier hat Deutschland, was die meiste Zeit nicht zentralistisch gesteuert wurde, so viele verschiedene Facetten, dass es schwer wird, überhaupt von einer deutschen Tradition zu sprechen. Heimat und regionale Identität spielen schon ein Rolle, doch das ist eher lokal begrenzt. Lange Zeit konnte man sich ja nicht einmal darauf einigen, was denn überhaupt Deutschland ist. „Dort wo deutsch gesprochen wird,“ war eine weit verbreitete Antwort.
Gibt es aber Symbole die das deutsche Wesen darstellen, ein Gefühl vermitteln, was überhaupt Deutsch ist. Canetti spricht in diesen Zusammenhang von den »Massensymbolen der Nationen«. Und für die Deutschen wäre das Symbol der deutsche Wald. In keinem anderem modernen Land wäre das »Waldgefühl« so lebendig geblieben, wie bei den Deutschen. Da wird die Romantik des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielen. Canetti meint gar, das Waldgefühl hätte sich auf das Heer übertragen, und die größte Kränkung für Deutschland war nicht der verlorene 1. Weltkrieg, sondern die Auflage, nur noch eine kleine begrenzte militärische Streitmacht haben zu dürfen.
Wenn also das Nationalgefühl der Deutschen aus einer Symbiose von Wald und Heer hervorgegangen ist, dann macht es schon einen Sinn, warum die Grünen gleichzeitig groß wurden als das Wort »Waldsterben« in aller Munde war. Das trifft eben die Deutsche Seele stärker als es in anderen Ländern der Fall ist.
Das Heer spielte nach dem 2. Weltkrieg keine so große Rolle mehr, dieses Symbol wurde durch die D-Mark ersetzt. Dieser letzte Punkt ist jedenfalls meine Theorie. Die neue Währung stand für einen unbelasteten Neuanfang, und deren Stärke stand stellvertretend für die nun kleine Armee, aus deren Existenz man keinen Nationalstolz mehr entwickeln konnte oder wollte. Aus Heer-und-Wald wurde D-Mark-und-Wald. Dieses dann noch verbunden mit regionaler Identität (Heimat und Mundart) ergab das neue Nationalgefühl der Deutschen. Und so gesehen, sind die Grünen keinesfalls traditionsvergessen. Sie haben nur eine alte Tradition wieder lebendig gemacht und die vorhandenen Symbole für ihre Ideologie genutzt.
Dieses Konglomerat ging dann mit linken Protestbewegungen zusammen, welche ursprünglich mit Heimat, Heimat- oder Umweltschutz, nicht viel am Hut hatten. Das ist auch ein spezieller Sonderfall und kommt so bei unseren Nachbarländern nicht vor. Und momentan, vor dem Hintergrund des Erfolges der Grünen in BW, erleben wir ja wieder den Disput zwischen eher konservativen Heimatschutzvorstellungen, wie sie auch in der Romantik gängig waren, mit den eher linken Vorstellungen der grünen Bundespartei. Da trennt sich gerade wieder etwas was nie richtig zusammen gehörte.
Was die Piraten betrifft, die lassen sich mit den Grünen nicht vergleichen. Sie glauben sich als Vertreter einer neuen Kultur, dessen Symbol das Internet ist. Internet als Heimatersatz sozusagen. Das konnte nicht gut gehen, weil die anderen Gruppen der Gesellschaft diese neue Kultur aufgenommen haben, oder dabei sind die Internetkultur in die eigenen Vorstellungen zu integrieren. Damit bleibt bei den Piraten nur so etwas wie Protest gegenüber der Mehrheitsgesellschaft übrig. Für eine Partei ist das auf die Dauer zu dünn.
Zitat von C. im Beitrag #11Die Piratenpartei hat natürlich eine Menge andere Fehler gemacht, sie hat ihre Kernkompetenzen völlig überschätzt und sich zudem auch auf andere Politikfelder treiben lassen, von denen sie noch nicht einmal den Dunst einer Ahnung haben. Desweiteren sind sie blind in die Medienfalle getappt, sie wurden zuerst ungerechtfertigt hochgejubelt, dann genauso ungerechtfertigt heruntergeputzt, besonders nachdem sich ihr Medienstar Marina Weisband sich aus gesundheitlichen Gründen und wegen ihres Studiums nicht wieder zur Wahl stellte. Ein Schritt der Anerkennung und keine Häme verdient.
Die Piratenpartei war für junge Wähler eine Alternative zu den Grünen. Aber anstatt sich deutlich von den Grünen abzuheben ist man auf den Fehler verfallen vieles von den Grünen zu kopieren. Warum das erfolgte ist, mir schleierhaft, eventuell ist Unterwanderung ein Grund, aber das kann ich nicht beweisen, Angelika Beer scheint mir mehr eine Ausnahmeerscheinung zu sein. So weit ich die Piratenpartei beobachte, gibt es eine kleine dominante Minderheit, die destruktiv einen linken Kurs fährt und auf die Abweichler einprügelt. Die Installation von Ponader als Nachfolger von Marina Weisband war dann noch ein zusätzlicher Griff ins Klo wie übrigens der gesamte Parteitag von Neumünster.
Die Piratenpartie hätten als relativ unpolitische Protestpartei eine Chance gehabt, als ökolinker Betroffenheitsklops stellt er weder für junge Wähler noch für Protestwähler eine Alternative dar. Für Betroffenheit sind die Grünen zuständig, daran wird sich nichts ändern, da sie die Kunst beherrschen das Unpolitische politisch zu machen.
Eine sehr gute Analyse, wie auch Llarian nicht unrecht hat. Die Piraten haben sich durch den (unberechtigten) Vorwurf, sie hätten ja zu so vielen politischen Themen keine Meinung, ins Bockshorn jagen lassen. Als auf wenige Kernthemen sich beschränkende Protest-Partei hatten sie meine Sympathie. Schwamm-drüber-Blues ;-)
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #3Mehr kann und will ich nicht zu diesem weiteren schlechten Artikel über die Piratenpartei sagen. Außer vielleicht, dass solche Posts das hohe Niveau ihres Blogs, werter Zettel, doch arg nach unten ziehen.
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Herzlich, Zettel
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Zitat von Zettel im Beitrag #1Warum ist das eigentlich damals bei den Grünen nicht auch so gewesen, der zweiten Partei, die sich der deutschen Traditionsvergessenheit verdankt?
Ich denke, das liegt an dem Programmpunkt Umweltschutz, der gleich drei Saiten der deutschen Seele zum Schwingen bringt:
1. Wald- und Naturvernarrtheit als Erbe der deutschen Romantik: In dieser Hinsicht sind die Grünen alles andere als traditionsvergessen. Sie konnten insoweit vielmehr an (populäre) kulturelle Überlieferungen anknüpfen.
2. German angst: Es gibt wenige Themen, in die sich eine eschatologische Komponente so leicht einflechten lässt wie in den Umweltschutz. Denn wenn der Mensch seine Lebensgrundlagen zerstört, vernichtet er in der Folge auch sich selbst. Wegen der German angst und der damit verbundenen Tendenz zum Worst-case-Szenario konnten wahrnehmbare oder auch nur glaubhaft gemachte Naturbeeinträchtigungen in Deutschland zu derart gewichtigen Themen werden. Alles wurde zum Anfang vom Ende. Das zunächst verwunderte Ausland ist mittlerweile zumindest partiell am deutschen Wesen genesen, siehe die ja auch maßgeblich von UN-Gremien geförderte Klimahysterie.
Punkt 1 und 2 reihen sich in die in Deutschland sehr stark ausgeprägte Tendenz zum Antimodernismus ein.
3. Naturschutz als ultimative Resozialisierung der Deutschen: Die Sorge um Tiere und Pflanzen - also das im Vergleich zum Menschen Schwache bzw. als schwach Imaginierte - war wohl auch ein Versuch, die Dämonen der Vergangenheit abzuschütteln. Wer Kröten beim Wandern hilft, sich an Bäume kettet und eine geplante Straße dem Juchtenkäfer opfert, distanziert sich in moralischer Hinsicht von einer mörderischen und kriegerischen Vergangenheit. Der Naturschutz war/ist somit auch eine Art Selbstreinigungsritual.
All das können die Programminhalte der Piraten nicht leisten. Die Grünen haben den Deutschen eine neue Ideologie gebracht, nach der jedenfalls die tonangebende Schicht des Volkes geradezu gegiert hat. Heute ist die gesamte deutsche Politiklandschaft ergrünt. Eine Alternative zu den Alternativen gibt es nicht mehr. Eine Partei, die das dadurch entstandene Vakuum füllen würde, ist nicht in Sicht. Sie hätte gegen die breite Front der mit den Grünen sympathisierenden Leitmedien wohl auch kaum eine Chance.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Warum ist das eigentlich damals bei den Grünen nicht auch so gewesen, der zweiten Partei, die sich der deutschen Traditionsvergessenheit verdankt?
Weil bei den Grünen die den Piraten entsprechenden Naivlinge (damals aus dem Naturschützermilieu) beizeiten von einer gut organisierten Truppe mit K-Gruppen-Erfahrung beiseite geschoben wurden. Die haben dann gerade noch rechtzeitig (zeitweise waren die Grünen ja aus dem Parlament geflogen und kurz vor dem Exitus) alle Vorstellungen von Basisdemokratie, Rotation und Trennung von Amt und Mandat entsorgt und bei den Inhalten dafür gesorgt, daß der Umweltschutz nur noch als Dekoration im Schaufenster blieb, um vor allem die Unterstützung in den Medien zu behalten.
Zitat von Zettel im Beitrag #1In der Piratenpartei entwickeln sich die Dinge so, wie das zu erwarten gewesen ist: Die schönen neuen Ideen funktionieren nicht, und nun zeigen sich zunehmend Zerfallserscheinungen.
Warum ist das eigentlich damals bei den Grünen nicht auch so gewesen, der zweiten Partei, die sich der deutschen Traditionsvergessenheit verdankt?
Zitat von Llarian im Beitrag #2Das ist das wirklich schöne in Deutschland: Wenn jemand etwas neues probiert und damit auf die Nase fällt, kann er sich sicher sein, dass er nach Häme nicht suchen muss.
Nur daß die Piraten nichts Neues probiert haben. Sowohl die Anti-Etablierten-Reflexe wie das Verständnis einer alternativen Form von Politik sind die übliche linke Folklore, wie sie seit Jahrzehnten schon auf Schülervertretungsniveau überall im Lande üblich sind. Da ist es dann auch nebensächlich, ob man das klassische Plenum durch Twitter und Liquid Democracy ersetzt, weil das halt den Technikfreaks entgegen kommt. Im Kern waren und sind die Piraten völlig naiv und haben das Wesen von Politik überhaupt nicht verstanden. Und weil sie auch nicht kapieren, daß viele wesentliche Informationen und Erfahrungen NICHT in der Wikipedia zu finden sind, haben sie exakt alle Fehler wiederholt, die vor ihnen schon mehrfach gemacht wurden. Und das mit der gleichen Arroganz wie ihre Vorgänger. Sich auf die eigene Unwissenheit noch kräftig was einbilden - das hat Häme verdient.
Zitat von Llarian im Beitrag #9Ursprünglich waren die Piraten nicht sozialistisch. Sie waren nicht einmal links.
Sie waren nicht erkennbar links, weil sie keine entsprechenden Programmpunkte formuliert hatten. Aber schon von Anfang an waren fast alle Mitglieder aus einem eher unpolitisch, aber links geprägten Milieu. Und sobald dann über konkrete Themen abgestimmt wurde, haben linke Positionen fast automatisch die Mehrheit bekommen.
Zitat Aber weil die Piraten am lautesten bei diesem Thema trommeln ist es für andere Parteien ein Nicht-Thema.
Das ist leider so. Genauso haben die Grünen damals das Thema Umwelt- und Naturschutz okkupiert - und damit kaputt gemacht. Es war damals völlig egal, wie blödsinnig, unrealistisch oder gar kontraproduktiv ihre Forderungen waren: Keiner konnte sie in der öffentlichen Wahrnehmung beim Umweltschutz übertreffen - also haben die übrigen Parteien das Thema abgehakt. Worauf sich dann langfristig die jeweils dümmsten Ideen in diesem Bereich durchsetzen konnten.
Ähnlich läuft das inzwischen beim Urheber- und Internetrecht. Da hat die FDP m. E. derzeit die besten Leute und Konzepte. Ein Jimmy Schulz oder Manuel Höferlin können die komplette Piratentruppe mit ihrer Kompetenz an die Wand spielen. Aber sie können sich nicht öffentlich profilieren und damit durchsetzen, weil jeder Piraten-Quatsch mehr zählt als ein fundierter liberaler Vorschlag. Und wenn die Piraten dann scheitern, hat die Content-Mafia leichtes Spiel (mit dem Honorar an Julia Schramm hat sie das ja auch aktiv betrieben).
Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #13Ich kann mit dem Begriff »Traditionsvergessenheit« nicht viel anfangen. Welche Traditionen gibt es überhaupt, die mit einem Nationalgefühl einhergehen. Hier hat Deutschland, was die meiste Zeit nicht zentralistisch gesteuert wurde, so viele verschiedene Facetten, dass es schwer wird, überhaupt von einer deutschen Tradition zu sprechen. Heimat und regionale Identität spielen schon ein Rolle, doch das ist eher lokal begrenzt. Lange Zeit konnte man sich ja nicht einmal darauf einigen, was denn überhaupt Deutschland ist. „Dort wo deutsch gesprochen wird,“ war eine weit verbreitete Antwort.
Ich sehe das anders, lieber Quentin Quencher.
Viele der heutigen Nationalstaaten sind ja, wie Deutschland, in der heutigen Form erst im 19. Jahrhundert entstanden.
Ein Gefühl nationaler Identität gab es in Deutschland spätestens seit dem 18. Jahrhundert, nicht zuletzt vermittelt durch die Literatur und die Philosophie. Lessing war eben kein Hamburger, sondern ein deutscher Autor; Kant kein preußischer, sondern ein deutscher Philosoph. Die Weimarer Klassik dann, die Romantik - das war alles überhaupt nicht einem der vielen staatlichen Gebilde in Deutschland zuordenbar, sondern es waren deutsche Strömungen.
Politisch wurde das dann spätestens mit den Freiheitskriegen, mit der Turner- und der Burschenschaftsbewegung. Dabei gehörten Demokratie und Nationalismus zusammen; das Hambacher Fest, dann die Paulskirche waren demokratische, und sie waren zugleich nationalistische Veranstaltungen. So, wie umgekehrt die Reaktionäre den deutschen Nationalismus ablehnten. Sie waren ihrem Fürstenhaus gegenüber loyal, nicht der deutschen Nation.
Seit rund zweihundert Jahren gibt es also dieses deutsche Nationalgefühl, das Sie zu vermissen scheinen.
Gewiß überlagert durch regionale Zugehörigkeit - aber das ist ja überall so. Ein Texaner hat auch eine andere Identität als ein New Yorker, ein Andalusier eine andere als ein Baske, ein Bretone eine andere als ein Bewohner des schönen Roussillon.
Zitat von R.A. im Beitrag #19Genauso haben die Grünen damals das Thema Umwelt- und Naturschutz okkupiert - und damit kaputt gemacht. Es war damals völlig egal, wie blödsinnig, unrealistisch oder gar kontraproduktiv ihre Forderungen waren: Keiner konnte sie in der öffentlichen Wahrnehmung beim Umweltschutz übertreffen - also haben die übrigen Parteien das Thema abgehakt.
Abgehakt in dem Sinne, dass sie keine den Grünen widersprechende Umweltpolitik ersannen, sicherlich. Die entsprechenden Programmpunkte der übrigen Parteien waren und sind nichts anderes als grüne Ziele und Forderungen, mit einem Schuss Realismus versehen.
Die Piraten wurden von der veröffentlichten Meinung anfangs als drollige Newcomer verhätschelt; aber ihre Kernkompetenz bündelte nicht in der Weise deutsche Befindlichkeiten, wie das der Umweltschutz tat und tut (Umweltschutz im weiteren Sinn, die Atomangst gehört auch dazu). Die Grünen passen einfach perfekt zu einer saturierten gehobenen Mittelschicht, die angesichts ihres von ihrer Eltern- und Großelterngeneration geschaffenen Wohlstandes immer wieder polykratische Ringe ins Meer werfen zu müssen vermeint.
Zitat von Zettel im Beitrag #20 Ein Gefühl nationaler Identität gab es in Deutschland spätestens seit dem 18. Jahrhundert, nicht zuletzt vermittelt durch die Literatur und die Philosophie.
Lieber Zettel,
sicher, da ist etwas dran. Nicht wenige meinen, das moderne deutsche Nationalgefühl wurde im Widerstand gegen Napoleon geboren. Hier spielten ja auch die Philosophen eine gewisse Rolle, vor allem wen man an den »Deutschen Idealismus« denkt. Dennoch, so finde ich, bauen diese »modernen Nationalgefühle« auf etwas auf, was auch rational nicht unbedingt erklärt werden kann. Und dann wären wir wieder bei Canetti. Der diesbezüglich nicht unumstritten ist, für mich aber die schlüssigste Erklärung bietet.
Und hier, so denke ich, kann man wohl sagen, dass wir beide Recht haben. Die Grünen sind ziemlich nahe an der deutschen Seele, allerdings, und das hatte ich übersehen, sind natürlich Nationalgefühl und nationale Tradition zweierlei Dinge. Insofern hatte ich zwei Begriffe gleich gestellt, was aber in diesem Zusammenhang zu Missverständnissen führen muss. Mein Fehler.
Zitat von R.A. im Beitrag #19 Sie waren nicht erkennbar links, weil sie keine entsprechenden Programmpunkte formuliert hatten. Aber schon von Anfang an waren fast alle Mitglieder aus einem eher unpolitisch, aber links geprägten Milieu.
Das ist eine in sich nicht beweisbare Behauptung. Entscheidend ist das die ersten Ziele nicht dem linken Spektrum zuzuordnen waren. Und, was diese Punkt angeht, es auch bis heute nicht sind.
Zitat Das ist leider so. Genauso haben die Grünen damals das Thema Umwelt- und Naturschutz okkupiert - und damit kaputt gemacht.
Nein. Umwelt und Naturschutz wurden durchaus auch von anderen Parteien aufgegriffen und sind heute durchaus Staatsräson. Das das in unzähligen Fällen absurde Maße angenommen hat, ist unbestritten, aber das Thema ist nicht kaputt. Deutschland hat heute eine durchaus intakte Umwelt, was sie vor 40 Jahren eben nicht war. Ob das mit den Bürgerrechten, für die sich Piraten einsetzen auch so entwickeln wird, daran habe ich Zweifel.
Zitat Ähnlich läuft das inzwischen beim Urheber- und Internetrecht. Da hat die FDP m. E. derzeit die besten Leute und Konzepte.
Ein lautes und heftiges: NEIN. Hat sie nicht. Nur weil die FDP auch mal zwei technikaffine Leute dazwischen hat, die nicht völlig auf den Kopf gefallen sind, hat sie deswegen noch kein gutes Konzept. Tatsächlich sehe ich die FDP und deren Position weniger von zwei eher unbekannten Neulingen, als eher von technopolitischen Amokläufern vom Schlage Hans Joachim Otto geprägt (der Mann war schon früher ein echter Grund auszutreten). Und diese Position, insbesondere zu Urheberrecht und Vorratsdatenspeicherung ist nicht nur unwürdig, sie ist auch typisch. Die FDP hat sich da in der Vergangenheit nicht mit Ruhm beckleckert und sie wird das mit aller Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht tun.
Zitat Ein Jimmy Schulz oder Manuel Höferlin können die komplette Piratentruppe mit ihrer Kompetenz an die Wand spielen.
Die Kompetenz kann ich sehen. Selbst bei einem flüchtigen Überfliegen fällt mir schon auf, das der eine für ein Leistungsschutzrecht ist, der andere dagegen (soviel zu einheitlichen Konzepten). Und man darf sich ebenso fragen wie ein so kompetener und schlauer Mensche wie Herr Höferlin ein Leistungsschutzrecht haben möchte, das er in einer Art sieht, die nur Google betrifft, ohne überhaupt darüber zu stolpern, dass hier ein Gesetz gefordert wird, das technisch seit mehr als 15 Jahren gelöst ist. Weiss er das nicht ? Ich kann mich des Bildes nicht vewehren, dass die FDP hier einfach mitschwimmt. Es ist ein schwachsinniges Gesetz, vollkommen sinnlos, schlimmstenfalls sehr schädlich, und die FDP schwimmt mit, weil sie es sich nicht mit den Verlegern verscherzen will.
Nein, die FDP ist was IT Themen angeht keinesfalls besonders kompetent oder gut aufgestellt. Es ist ja gerade das Vakuum in das die Piraten hineingestossen sind. Keine der etablierten Parteien hat sich ernsthaft damit auseinandergesetzt (und schon gar nicht öffentlich), dass Urheberrecht im Konflikt zu Grundrechten steht (unabhängig davon wie man selber das Urheberecht bewertet). Keiner der Etablierten hat es geschafft, die Vorratsdatenspeicherung ehrlich als das zu bezeichnen was sie ist. Und keine der etablierten Parteien hat laut klargestellt, dass wir mehr und mehr in einem Staat leben, in dem Grundrechte aufgeweicht werden. Die Piraten tun das. Und dafür bekommen sie Achtungserfolge. Wenn die FDP sich nur halb soviel um Grundrechte bemühen würde, wie die Piraten trommeln, dann würde sie nicht da rumkrebsen wo sie derzeit ist. Und da hilft auch nicht der Hinweis auf zwei isolierte Abgeordnete. Diese Einzelnen gibt es überall. Aber auch ein Oswald Metzger hat aus den Grünen keine kompetente Partei gemacht, oder ein Heinz Buchowsky die SPD. Entscheidend ist was die Partei tut. Und da sehe ich nix. Eher Dinge die mich ärgern.
Zitat von stefanolix im Beitrag #8Das eigentliche Problem ist, dass die Piraten das Niveau der deutschen Politik »doch arg nach unten« ziehen.
Gerade titelt SPON: Das Piraten-Problem heißt Ponader. Aber das stimmt nicht. Das Piraten-Problem ist: Wir haben kein Konzept und keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Die aktuellen Vorgänge sind im gewissen Sinne vergleichbar mit einer Spekulationsblase: Wer rechtzeitig ein- und aussteigt, kann noch seinen Gewinn mitnehmen: Bekommt ganz gutes Geld für ein Buch, das die Welt nicht braucht, oder für das Schwätzen in Talkshows, das die Welt nicht ändern wird [hoffentlich!].
Für wen genau, ist das ein Problem? Für die Medien, die über fast alles berichten, was bei den Piraten passiert? Für die deutsche Demokratie, die sich in den Parlamenten nun mit den Piraten abfinden muss, obwohl bisher nicht über Pöbelleien oder sonstiges von Seiten der Piraten-Abgeordneten berichtet wurde? Für den Steuerzahler, weil er nun statt ein paar Hinterbänklern anderer Parteien, ein paar Piraten finanzieren muss? Oder für den Staat, weil wegen der Piraten die Kernkraftwerke überstürzt in Deutschland abgeschaltet wurden, sie eine unausgegorene Energiewende begonnen haben, deren verheerende Konsequenzen noch nicht einmal in vollem Umfang absehbar sind oder weil sie Milliarden an Geldern deutscher Steuerzahler zur Unterstützung maroder europäischer Staaten aus dem Fenster geworfen haben? Sind die Piraten nicht auch gerade dabei, die Haushaltshoheit der Bundesrepublik ins nicht-demokratische Brüssel zu verlagern? Und das alles machen sie aus der Oppositionsrolle des Berliner Abgeordnetenhauses! Da will man gar nicht dran denken, was sie erst auf Bundesebene für Schaden anrichten würden. Und natürlich, wie weit sie das Niveau der deutschen Politik weiter nach unten ziehen würden. Natürlich. Das Problem ist, dass man politische Ziele hatte, die man bei anderen Parteien oder deren Jugendorganisationen nicht verwirklichen konnte, weil sie einen einfach nicht aufgenommen hätten (oder eben höchstens soviele Neumitglieder, dass die 'alten' Mitglieder noch eine satte Mehrheit gehabt hätten). Und statt nur einem Verein beizutreten, hat man den vorbereitenten Internetzensur-Mechanismus damit stoppen und die Diskussion einer Urheberrechtsreform damit anstoßen wollen, dass man eine Partei gründete. In einem demokratischen Staat wirklich ein Unding und natürlich ein echtes Problem. Besonders für das Niveau, denn niveaulose Parteien gibt es ansonsten in Deutschland nicht. Da ist es auch verständlich, dass man über Parteien, die zwar regieren, aber keinen Schaden anrichten, wie den Bau eines Flughafens zu vermasseln und auch keine Zerwürfnisse haben und aktuell auch nicht versuchen die Pressefreiheit zu untergraben, gar nichts schreibt und stattdessen auf eine unbedeutende Kleinstpartei eintritt, die sich im Niedergang befindet. Wo und bei wem da wirklich ein Problem liegt, werde ich mir an dieser Stelle wohl einfach nur denken.
Zitat von R.A. im Beitrag #19Aber schon von Anfang an waren fast alle Mitglieder aus einem eher unpolitisch, aber links geprägten Milieu.
Das ist eine in sich nicht beweisbare Behauptung.
Beweisbar wäre sie schon, aber nicht mit vertretbarem Aufwand. Zumindestens die BGE-Forderung war aber schon ziemlich früh dabei, und die ist ziemlich links.
Zitat
Zitat Das ist leider so. Genauso haben die Grünen damals das Thema Umwelt- und Naturschutz okkupiert - und damit kaputt gemacht.
Nein. Umwelt und Naturschutz wurden durchaus auch von anderen Parteien aufgegriffen und sind heute durchaus Staatsräson.
Es war umgekehrt: Zuerst wurde das Thema von anderen Parteien aufgegriffen, insbesondere von der FDP. Die meisten grundlegenden Umweltschutzgesetze wurden beschlossen, BEVOR es die Grünen überhaupt gab. Mit dem Aufkommen der Grünen wurde es dann immer schwieriger, Umweltschutzthemen konstruktiv voran zu bringen. Zuerst in der Öffentlichkeit - und dann eben auch parteiintern. Es war nämlich egal, welchen Vorschlag man brachte und wie gut der war, es kamen immer sofort die Grünen und machten einen viel weitergehenden Vorschlag, egal wie unsinnig der war. Und der wurde dann unreflektiert von den Medien als die Optimallösung propagiert, die realistischen Lösungen als Kompromiß gegenüber der Wirtschaftslobby verunglimpft. Irgendwelche Punkte beim Umwelt-bewußten Wählern konnte man überhaupt nicht mehr machen, in Folge wurde ein gutes Umweltprogramm für die übrigen Parteien unwichtig bzw. alle machten den üblichen hellgrünen Abklatsch, um mit dem Mainstream mizuschwimmen.
Zitat Deutschland hat heute eine durchaus intakte Umwelt ...
Richtig. Aber dies TROTZ der Grünen. Und der Trend ist derzeit eher negativ. Die meisten grünen Vorzeigeprojekte haben eine ziemlich grottige Umweltbilanz: Energie- und Verkehrsaufwand um "Pfanddosen" zu zermantschen, Vögelshredder allerorten, insbesondere auch in Naturschutzgebieten, giftiger Sondermüll in den Lampenfassungen, problematische Dämmstoffe auf den Hauswänden ...
Zitat Ob das mit den Bürgerrechten, für die sich Piraten einsetzen auch so entwickeln wird, daran habe ich Zweifel.
Die habe ich auch. Weil Bürgerrechte traditionell schwach aufgestellt sind bei uns. Und jetzt kommen diese Dilletanten und diskreditieren das Thema mit ihrem Schwachsinn noch weiter. Im Grunde geht es auch den Piraten nicht um Bürgerrechte - siehe ihre selektive Sichtweise zur Privatsphäre. Es geht ihnen originär darum, kostenlos abkupfern zu dürfen. Wenn sie nicht Angst hätten, daß die Vorratsdatenspeicherung sie beim illegalen Kopieren überführt, hätten sie sich wohl nie gegen diese engagiert. Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Lawblog/U. Vetter) gab es bei den Piraten kein vorheriges Bürgerrechtsengagement. Die sind nur aktiv geworden, weil ihr Hobby bedroht wurde.
Zitat Nur weil die FDP auch mal zwei technikaffine Leute dazwischen hat, die nicht völlig auf den Kopf gefallen sind, hat sie deswegen noch kein gutes Konzept.
Da hast Du recht. Gemeint war: Die guten Leute (es gibt noch mehr) haben gute Konzepte. Die aber in der Tat bei der FDP noch nicht abgesichert sind (teilweise sind sie schon beschlossen). Da ist noch einiges zu tun. Aber immerhin gibt es diese guten Ansätze mit absehbarer Mehrheitschance - die gibt es m. W. sonst nirgends in irgendeiner Partei.
Zitat technopolitischen Amokläufern vom Schlage Hans Joachim Otto geprägt (der Mann war schon früher ein echter Grund auszutreten).
Volle Zustimmung. Und jetzt die gute Nachricht: Es sieht ganz danach aus, als würde es uns bei der anstehenden Listenaufstellung gelingen, Otto dauerhaft loszuwerden. Seinen Bezirksvorsitz ist er schon los, und bei den aussichtsreichen Listenplätzen scheint er weitgehend aus dem Rennen zu sein. Definitiv wissen wir es dann am 8. Dezember.
Zitat Und man darf sich ebenso fragen wie ein so kompetener und schlauer Mensche wie Herr Höferlin ein Leistungsschutzrecht haben möchte, das er in einer Art sieht, die nur Google betrifft, ohne überhaupt darüber zu stolpern, dass hier ein Gesetz gefordert wird, das technisch seit mehr als 15 Jahren gelöst ist. Weiss er das nicht ?
Doch, er weiß es. Das ist m. W. schlicht ein Versuch etwas zu lancieren, daß zwar "Leistungsschutzrecht" heißt (weil das halt in der Koalition vereinbart wurde), aber in der Praxis völlig unschädlich ist. Da gibt es wohl auch keinen Dissens zwischen ihm und Schulz. Sie halten die Idee grundsätzlich für blöde, es geht jetzt um taktische Schadensminimierung.
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