Dieser Gastbeitrag von Juno (basierend auf einem kürzlichen Beitrag hier im kleinen Zimmer) bringt das ganze Dilemma der "Energiewende" konzise auf den Punkt.
Ein Aspekt wird meines Erachtens noch gar nicht genug beachtet - der Verlust an Expertise. Noch haben deutsche technische Unis Lehrstühle für Reaktortechnik, aber wie lange noch und mit welcher Perspektive? Die logische Konsequenz des Ausstiegs ist auch der Ausstieg aus der Forschung oder mindestens eine grobe Unterfinanzierung und Zukunftslosigkeit in diesem Land. Ich selbst hätte mich durchaus für die Reaktortechnik als Vertiefungsrichtung begeistern können, aber vor dem politischen Hintergrund kommt das einem Entschluss zum Auswandern gleich. Erneuerbare Energien gibt es als Angebot, aber mal ehrlich, ein paar Rotorblätter hängen an einer Welle die dann wahlweise mit oder ohne Getriebe einen Generator antreibt - Hochtechnologie sieht anders aus. Sicher gab es da gerade zu Beginn viel zu erforschen, aber wo sollen die großes Neuerungen der Zukunft liegen? Reaktortechnik ist hochkomplex und auf Jahrzehnte hinaus mit Sicherheit starken Veränderungen und neuen komplexen Entwicklungen unterworfen. Solche Produkte lassen sich in einem Hochlohnland wie Deutschland sinnvoll entwickeln, dafür braucht man die Fachkompetenz hier. Ob man sie in 5 oder 10 Jahren noch abgesehen von einigen Forschungsprojekten für WKA braucht? Ich wage es zu bezweifeln...
Das Ausmaß des aktuellen Standes der Verzweifelung offenbart sich derzeit an Forderungen wie "die Industrie müsse stärker an den Kosten der Energiewende beteiligt werden."
Hmmm ... Einkommensverzicht der Vorstände und Aufsichtsräte, Renditeverzicht der Aktionäre und Geldgeber, Lohn- und Sozialleistungskürzung bei der Belegschaft? Das muß ja gemeint sein, denn ansonsten werden die gestiegenen Energiekosten bloß über höhere Preise für Produkte und Dienstleistungen bei den Endverbrauchern wieder eingetrieben und die sparen unterm Strich gar nichts.
Zitat von wflamme im Beitrag #3Das Ausmaß des aktuellen Standes der Verzweifelung offenbart sich derzeit an Forderungen wie "die Industrie müsse stärker an den Kosten der Energiewende beteiligt werden."
Hmmm ... Einkommensverzicht der Vorstände und Aufsichtsräte, Renditeverzicht der Aktionäre und Geldgeber, Lohn- und Sozialleistungskürzung bei der Belegschaft? Das muß ja gemeint sein, denn ansonsten werden die gestiegenen Energiekosten bloß über höhere Preise für Produkte und Dienstleistungen bei den Endverbrauchern wieder eingetrieben und die sparen unterm Strich gar nichts.
Tja, aber wieso dann die teureren deutschen Erzeugnisse kaufen, wenn man das Gleiche auch für weniger Geld aus dem Ausland beziehen kann? Dann werden die Profite halt gleich im Ausland gemacht... So geht Nachhaltigkeit....
Naja, unterm Strich wird hier also eine gesetzliche Regelung gefordert, um von der Industrie zum Verbraucher umzuverteilen. Könnte man genausogut machen, indem man der Industrie niedrigere Preise vorschreibt. Oder eben niedrigere Löhne. Oder niedrigere Beschaffungskosten für alles, was nicht 'Energiewende' ist. Vielleicht sogar einfach alle Kosten in Sachen 'Energiewende'. Oder überhaupt alles, was wünschenswert ist, aber was kostet.
PS: Denke gerade intensiv über ein SchwmSchlzRenFöG (Schwiegermutterschlafzimmer-Renovierungsförderungsgesetz) nach. Hat definitiv was für sich.
Zitat von isildur im Beitrag #2Ich selbst hätte mich durchaus für die Reaktortechnik als Vertiefungsrichtung begeistern können, aber vor dem politischen Hintergrund kommt das einem Entschluss zum Auswandern gleich.
Über das Auswandern sollte sich inzwischen jeder ernsthaft Gedanken machen, der noch für mehr als 20 Jahre planen muss. Hoffentlich ist es für mich noch nicht zu spät.
A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools. Douglas Adams
Der Originalbeitrag besticht durch seine nüchterne Präzision. Mehr ist zu dem ganzen Thema nicht zu sagen (zu "erzählen"). Wie peinlich ist dagegen das, was man in den Qualitätsmedien lesen, sehen oder hören muss.
Zitat von Juno _______ Der Märchenautor Hans Christian Andersen hat nur leider nicht verraten, ob und wie der nackte Kaiser schließlich einen Modewechsel bewerkstelligt hat. _______
Laut Mitteilung von Sir Terence Pratchett (of Morepork) gibt es für dieses Narr[sic: ]ativ mehrere mögliche Endzustände:
Zitat Thief of Time, ch. 1: ________ "Suppose an emperor was persuaded to wear a new suit of clothes whose material was so fine that, to the common eye, the clothes weren't there. And suppose a little boy pointed out this fact in a loud clear voice...
Then you have The Story Of The Emperor Who Had No Clothes.
But if you knew a bit more, it would be The Story Of The Boy Who Got A Well-Deserved Thrashing From His Dad For Being Rude To Royalty, And Was Locked Up.
Or The Story Of The Whole Crowd That Was Rounded Up By The Guards And Told "This Didn't Happen, Okay? Does Anyone Want To Argue?"
Or it could be a story of how a whole kingdom suddenly saw the benefits of the "new clothes," and developed an enthusiasm for healthy sports in a lively and refreshing atmosphere that gets many new adherents every year, which led to a recession caused by the collapse of the conventional clothing industry." ________
- die sich nicht gegenseitig ausschließen. Variante 1 wird z.Zt. an Euroleugnern, Klimaatheisten, Sarrazynikern, von Muselgrusel geplagten Mahometophobikern & dergleichen vorlauten Spaßbremsen eingeübt. Variante 2 deckelt vorerst nur den vormaligen Modetanz um die 20%-ige CO2-Reduzierung nach der Tanzanleitung von Kyoto; diese Schirmherrschaft kann aber bei Bedarf ausgeweitet werden. Auf Variante 3 hoffen die Vertreter der "Einen-Pullover-mehr"-Fraktion. (Von denen ich allerdings bald zu glauben beginne, daß sie alle auf der Gehaltsliste von Big Wool stehen.)
Die Schlußfolgerung, daß es letztlich garnicht um rationale Aspekte geht, sondern um Grundsatzüberzeugungen, ist zugleich der Schlüssel zum Verständnis dieser Entwicklung.
Atomkraft-Nein Danke, ist mehr als ein Standpunkt zu einer Technologie. Es ist eine grundsätzliche Weltanschauung, eine normative Neuausrichtung einer ganzen Generation, ein Leitgedanke, der Gruppenzugehörigkeit beinhaltet. Und hier kommen psychologische Aspekte als dominanter Faktor zur Geltung, die durch die technologische Debatte nur verdeckt werden.
Anhänger der Ökobewegung können ihren Standpunkt garnicht korrigieren, egal wie hoch die Energiekosten werden, egal ob es Blackouts geben wird. Ohne daß sie zugleich Bankrott in ihrem Selbstwert, ihrer Lebensorientierung samt dem Bedürfnis ein moralisch guter Mensch zu sein, erleiden.
Nun suchen die Ökos nach Sündenböcken - die böse Industrie natürlich, die bisher an den Kostensteigerungen nur teilweise beteiligt war, um Arbeitsplätze zu sichern. Dock wenn dieser "Fehler" korrigiert ist, werden die Energie(wende)kosten trotzdem weiter steigen, und die Arbeitslosigkeit dazu.
Die Geschichte der Menschheit bietet eine Vielzahl von Beispielen dafür, daß Menschen dazu tendieren, lieber im Kollektiv ins Verderben zu rennen, als ihre Grundsatzüberzeugungen zu korrigieren. Oft ermöglicht erst ein vollständiger Systemkollaps eine Korrektur. Bis dahin hat die Energiewende noch einen langen Weg vor sich. Man ist ja noch nicht einmal bereit, die sinnlosen Feinstaubzonen wieder abzuschaffen, die keine meßbare Verbesserung der ohnehin schon guten Luftqualität erbrachten. http://www.faz.net/aktuell/technik-motor...ft-1799126.html
Wahrscheinlich ist man erst dann korrekturbereit, wenn der Wohlstandsverlust auch die akademisch bestbezahlten Wählerschichten der Grünen massiv betrifft. Da diese gesellschaftspolitisch absolut dominante Gruppe jedoch überwiegend vom Staat ihr Geld kassiert, und dieser sich über Neuverschuldung und Notenpresse finanzieren kann, wird es noch sehr lange dauern, bis auch bei den Bestverdienern, die sich die steigenden Energiekosten locker leisten können, ein Gesinnungswandel erzwungen wird.
Wie elitär sich die Ökobewegung selbst empfindet, erkennt man der der völligen Imunität gegen den sonst so dominanten Zwang zum Herdentrieb. Normalerweise macht es den Deutschen Angst, wenn sie sich thematisch exponieren. Eine isolierte Sonderstellung hält man nur durch, wenn Indviduen wie Kollektiv die ansonsten ausgelösten Zweifel und Ängste kompensieren durch eine (Schein)Gewißheit, daß man selbst richtig liegt, und alle anderen falsch. Hierin liegt einerseits eine sehr starke Quelle der Selbstbestätigung, zugleich aber auch die spiegelbildliche Korrelation zum Verlust an Selbstvertrauen im Falle des Scheiterns. Schon um dieser Demütigung zu entgehen, wird man lieber bis zum bitteren Ende an der Energiewende festhalten, und nur Modifikationen vornehmen, um das Scheitern der eigenen Orientierung, das totale Scheitern des eigenen Egos, so lange wie möglich aufzuschieben. Das gilt nicht nur für exponierte Politiker und Medienmacher, sondern ebenso für jeden Anhänger der Ökoideologie.
Vermeidbar ist diese Entwicklung nur durch neue Grundsatzüberzeugungen, die ebenfalls selbstbestätigend wirken, und somit den Ausstieg vom Ausstieg nicht als Scheitern, sondern als Fortschritt deklarieren. Nur ist ein solches Konzept nirgendwo in Sicht. Rein rationale Argumentation reicht nicht, um die Energiewende zu korrigieren. Es kommt letztlich primär daruf an, die emotionalen Bedürfnisse des Einzelnen wie des Kollektives anzusprechen.
Etwa indem man die Energiewende als unsozial, umweltschädlich, größenwahnsinnig, ect. deklariert, womit ein Ansehensverlust der Energiewender einhergeht. Günstig wäre auch ein Kampfbegriff wie Atomphobie, der KKW-Gegner lächerlich macht, bzw. pathologisiert. Nur müsste dieser argumentativ effektiv unterlegt sein, und medial unterstütz werden. Da aber grade die Medien der treibende Faktor zum Entschluß für den KKW-Ausstieg waren, und in der daraus resultierenden Notlage die Energiewende als Alternative überhaupt erst ersonnen wurde, müssten die Medien ihre bisherige negative Darstellung der Kernkraft korrigieren. Das ist allerdings so unwahrscheinlich, wie von religiösen Institutionen zu erwarten, daß sie das Faktum anerkennen, daß Götter nichts als das Produkt menschlicher Phantasie sind. Schließlich sind nahezu alle heutigen Journalisten in die AKW-Nee-Bewegung hinein sozialisiert worden.
es gibt noch eine Variante: Es ist plötzlich sonnenklar, daß eine gewaltige Flut bevorsteht, für die der Kaiser eine neue Taucherausrüstung benötigt, die die Kosten der vorigen Bekleidungsvariante in den Schatten stellen wird, aber glücklicherweise ein Konsortium neuer Lieferanten zur Verfügung steht.
Zitat von isildur im Beitrag #2Ich selbst hätte mich durchaus für die Reaktortechnik als Vertiefungsrichtung begeistern können, aber vor dem politischen Hintergrund kommt das einem Entschluss zum Auswandern gleich.
Vor Kurzem gab es einen Artikel auf SPON über einen frischgebackenen Physiker Schwerpunkt Reaktortechnik. Der konnte nicht über mangelnde Jobaussichten klagen. Der Rückbau von Kernkraftwerken wird in Deutschland noch jahrzehntelang qualifiziertes Personal benötigen, daneben sind qualifizierte deutsche Experten international sehr gefragt. Was ist denn so schlimm international zu Arbeiten? Langfristig gedacht ist eine Auswanderoption sicher kein Fehler.
Zitat Erneuerbare Energien gibt es als Angebot, aber mal ehrlich, ein paar Rotorblätter hängen an einer Welle die dann wahlweise mit oder ohne Getriebe einen Generator antreibt - Hochtechnologie sieht anders aus.
Zitat Reaktortechnik ist hochkomplex und auf Jahrzehnte hinaus mit Sicherheit starken Veränderungen und neuen komplexen Entwicklungen unterworfen. Solche Produkte lassen sich in einem Hochlohnland wie Deutschland sinnvoll entwickeln, dafür braucht man die Fachkompetenz hier.
Mangels heimischen Markt gibt es keine Reaktortechnikentwicklung mehr.
Zitat Ob man sie in 5 oder 10 Jahren noch abgesehen von einigen Forschungsprojekten für WKA braucht?
Im automotiven Bereich wird immer noch sehr viel entwickelt, und das seit über 100 Jahren, überwiegend finanziert von nicht-staatlichen Geldern. Warum sollte im Bereich der WKA in 5 bis 10 Jahren keine Forschung mehr notwendig sein.
Zitat von JunoUmweltpolitisch: In Natur und Landschaft wird so massiv eingegriffen, dass selbst Teile der Ökobewegung rebellieren.
Die Ökobewegung war schon immer etwas weltfremd. Ein Nutzwald wird nicht zum naturbelassenen Urwald, weil man ein paar Windräder NICHT baut.
Zitat
Zitat:"Energiearmut" - genauer gesagt: Armut durch politisch in die Höhe getrieben Energiepreise - wird zu einem neuen Riesenthema der Wohlfahrts-, Mieter- und Verbraucherverbände.
Energiearmut ist ein politischer Kampfbegriff. Da stecken Forderungen nach bedingungslosen und sorgenfreien Grundeinkommen dahinter. Einerseits wird das Energiesparen beschworen, andererseits soll das Energieverschwenden subventioniert werden. Die Steigerungen im EEG sind nur für einen Bruchteil der gestiegenen Energiekosten (Strom + Heizen + Verkehr) eines Privathaushaltes verantwortlich. Die Forderung nach der "gerechten" Verteilung der EEG Umlage, sprich die energieintensiven Branchen sollen endlich zahlen, offenbart nur den Hass den manche Kommentatoren auf Industrie und im speziellen große Unternehmen haben. Wo bleibt die Sorge der Gewerkschaften um die Arbeitsplätze?
Zitat Europapolitisch: Obwohl die "Energiewende" gravierende Folgen für ganz Europa hat, wurde sie im Berliner Alleingang beschlossen.
Europapolitisch gibt es verbindliche Energieziele der EU-Kommission für 2020 bis 2050. Da wird im Grunde nur das umgesetzt was von "oben" vorgegeben wird. Die europaweite Diskussion wie das Stromnetz und wo die Speichermöglichkeiten auszubauen sind, findet noch nicht wirklich statt. Schlimm ist das Beispiel Österreich: Da wird gesetzlich der schlimme Atomstrom aus den Netzen verbannt, etwas von Energieautarkie geschwafelt. Wobei in Österreich das im Jahresmittel gemeint ist, wenn man als Haushalt 3000kWh pro Jahr verbraucht und die PV-Anlage 3000kWh liefert ist man energieautark, jedenfalls nach der Logik des burgenländischen Landeshauptmann: http://www.burgenland.at/aktuell/1658
Zitat Dezentralisierung? Die alte Öko-Utopie, mit Solardach und Windrad könne jeder Dörfler aus den Zwängen des Systems aussteigen, wirkt heute absurder denn je.
Siehe oben, wenn man seltsame Definitionen von Autarkie anwendet, kann man Autarkie auch erreichen.
Zitat Das politische Motto dieser Energiewende heißt nicht: "Small is beautiful". Sondern unübersehbar: "Think big!".
Wobei eine reine Versorgung mit PV am Dach und Batterien im Keller ein Vielfaches kosten würde, im Sinne von einer wirklichen Autarkie, ohne Netzanschluss. "Think big!" weil "Small is stupid!"
Zitat von JunoKlimaschutz? Wenn CO2-freie Kernenergie gegen andere CO2-freie Technologien ausgetauscht wird, bringt das für "Klimaziele" rein gar nichts. Für eine beträchtliche Übergangszeit muss sogar verstärkt auf fossile Energien gesetzt werden. Das ist unübersehbar kontraproduktiv - deswegen ist auch von der "Klimakanzlerin" dazu nicht mehr allzu viel zu hören.
Zitat von JunoUmweltpolitisch: In Natur und Landschaft wird so massiv eingegriffen, dass selbst Teile der Ökobewegung rebellieren.
Die Ökobewegung war schon immer etwas weltfremd. Ein Nutzwald wird nicht zum naturbelassenen Urwald, weil man ein paar Windräder NICHT baut.
Das ist ein etwas eigenartiges Argument, das an Verharmlosung und Strohmannfechterei grenzt. Es ist doch so, daß durch das Bauen von "ein paar Windrädern" ein ggf. unter Landschaftsschutz stehender Nutzwald durch breite Bau- und Wartungsschneisen zerschnitten und auch optisch erheblich verändert wird, siehe etwa hier.
"Naturschutz" ist hokuspokus, aber Landschaftsschutz, d.h. Bewahrung einer gewachsenen und funktionierenden Kulturlandschaft, ist durchaus sinnvoll. Landschaftsschutzgebiete einem imaginären "Klimaschutz" (oder der jeweiligen Energiewende-Begründung des Tages) zu opfern ist ein höchst bedauerlicher Mißgriff.
Zitat von Fluminist im Beitrag #16Das ist ein etwas eigenartiges Argument, das an Verharmlosung und Strohmannfechterei grenzt. Es ist doch so, daß durch das Bauen von "ein paar Windrädern" ein ggf. unter Landschaftsschutz stehender Nutzwald durch breite Bau- und Wartungsschneisen zerschnitten und auch optisch erheblich verändert wird, siehe etwa hier.
Ich kann diesen Gegenwind-Plattformen nichts abgewinnen, überhaupt nichts. Die Argumentattion dieser Windgegener klingt immer so nach: Heiliger Sankt Florian Verschon' mein Haus Zünd' andre an!
Elektrische Energie muss irgendwo erzeugt (physikalisch korrekt: umgewandelt) werden. Mir ist keine Technologie bekannt, die das ohne Eingriffe in die Landschaft tut. Dem Wald tut es nicht weh, wenn sich ein paar weiße Riesen sanft darüber drehen.
Zitat "Naturschutz" ist hokuspokus, aber Landschaftsschutz, d.h. Bewahrung einer gewachsenen und funktionierenden Kulturlandschaft, ist durchaus sinnvoll. Landschaftsschutzgebiete einem imaginären "Klimaschutz" (oder der jeweiligen Energiewende-Begründung des Tages) zu opfern ist ein höchst bedauerlicher Mißgriff.
Wenn Landschaftsschutz wirklich so wichtig wäre, dann hätten wir: -die Autobahnen nicht bauen dürfen. -das heute bestehende Übertragungsnetz ebenfalls nicht. -die heutigen Großkraftwerke ebenfalls nicht, usw. Unsere Kulturlandschaft war schon immer im Wandel.
Zitat von xanopos im Beitrag #17Elektrische Energie muss irgendwo erzeugt (physikalisch korrekt: umgewandelt) werden. Mir ist keine Technologie bekannt, die das ohne Eingriffe in die Landschaft tut. Dem Wald tut es nicht weh, wenn sich ein paar weiße Riesen sanft darüber drehen.
Das ist immer noch ein Scheinargument. Deutschland hatte vor 2 Jahren eine vollkommen ausreichende und gesicherte Stromversorgung ohne besonders aufwendigen Ausbaubedarf. Die dafür notwendigen Eingriffe in die Landschaft hatten bereits stattgefunden. Warum also sollten wir jetzt weiteren Raubbau betreiben und ausgewiesene Landschaftschutzgebiete mit "weißen Riesen" verzieren (die nebenbei einen Teil der Lokalfauna stören, vertreiben oder sanft totschlagen), nur um einigen halbgaren Tagträumen von angeblich umsonst von Mutter Erde gespendetem Strom Genüge zu leisten?
Zitat
Zitat "Naturschutz" ist hokuspokus, aber Landschaftsschutz, d.h. Bewahrung einer gewachsenen und funktionierenden Kulturlandschaft, ist durchaus sinnvoll. Landschaftsschutzgebiete einem imaginären "Klimaschutz" (oder der jeweiligen Energiewende-Begründung des Tages) zu opfern ist ein höchst bedauerlicher Mißgriff.
Wenn Landschaftsschutz wirklich so wichtig wäre, dann hätten wir: -die Autobahnen nicht bauen dürfen. -das heute bestehende Übertragungsnetz ebenfalls nicht. -die heutigen Großkraftwerke ebenfalls nicht, usw. Unsere Kulturlandschaft war schon immer im Wandel.
Natürlich ist die Landschaft im Wandel, wie alles. Aber einige schöne Flecken wurden ihres ästhetischen und/oder ökologischen Werts wegen als vor technischem Ausbau schützenswert, eben Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Ob man das als "wichtig" empfindet, ist wohl Frage des Geschmacks bzw. dessen, was man sich leisten kann. Ich sehe jedenfalls durchaus den Sinn der Sache, andererseits aber keinen Grund, diesen Schutz auf die Schnelle unbedacht aufzugeben. Das beträfe ebenso den Bau beispielsweise einer Autobahn durch ein bestehendes Landschaftsschutzgebiet.
Ich vermute und kann es natürlich nicht beweisen, daß Lobbyismus bei der Energiewende ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielt.
Man überlege nur einmal, wie z.B. die Bauern profitieren: Windräder auf dem Grundstück, Solarscheune, Raps- und Maisanbau, Biogasanlagen usw. Warum soll der Lobbyismus nur der Glühbirne den Garaus gemacht haben? Ich fürchte, es wird von Jahr zu Jahr schlimmer...
Ein sehr guter Artikel, lieber Juno, danke. Aber ich sehe die Große Deutsche Energiewende in einem etwas anderen Kontext. Sie ja vielleicht auch, wenn ich mir die Formulierung so anschaue.
Meiner Meinung nach ist sie eingebettet in eine Politik der staatlichen Eingriffe, der umfangreichen Regulierung des Wirtschafts- und Finanzsektors. Man schaue sich nur die Beratungsgremien der Bundesregierung und ihre Veröffentlichungen an. Ich meine die Großen Transformation, welche kein Traktat eigentümlich weltfremder Sozialingenieure ist, sondern dessen Umsetzung Deutschland gerade erlebt. Hohe Energiepreise sind kein Kollateralschaden der Energiewende, sondern ihr Herz. Denn es sind letztlich Energiesteuern, die dem Staat erst die Möglichkeit geben, Subventionen zu verteilen. Allein diese Umschichtung sichert und erweitert Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor, genau wie die unausbleiblich stärkere Alimentierung der Opfer von Energiearmut staatliches Handeln ausweitet. Ich jedenfalls halte eine Prämisse der politisch gewollten günstigen Energie für falsch und Ursache für ebenso falsche Schlussfolgerungen. Jede Steuererhöhung braucht eine Rechtfertigung und im diskutierten Fall ist es der Atomausstieg mit Klimarettung, unabhängig von der soganannten Ölindustrie. Das muss nicht logisch sein, sondern einen Nerv treffen, ein Gefühl. Und das tut es; deswegen funktioniert es. Und wenn die Bürger merken, dass sie veräppelt wurden ist es zu spät, weil dann der normative Zwang des Faktischen der Regierung die Verantwortung von den Schultern nimmt. Die Bevölkerung Deutschlands wird seit einiger Zeit von diesen Beratern der Bundesregierung auf einen anderen Wohlstandsbegriff vorbereitet um über die Verteuerung der Energie das Konsumverhalten der Bürger zu lenken. Das ist die Rückkehr des Primats der Politik. Ein politisches Konzept wie diese Große Transformation wird von einer breiten Mehrheit in der politischen Klasse Deutschlands getragen. Die wirtschaftsliberalen Reformen, welche vor allem von der EU während des Ausbaus des Eropäischen Binnenmarktes Mitte der 90er voran getrieben wurden, werden seit dem Platzen der Dotcom-Blase und der sich anschließenden Finanzkrise, als politische Fehler und Ursache für die Staatsschuldenkrise angesehen. Mit der Planbewirtschaftung der Energieversorgung und der Finanzmarktregulierung ist die Zeit der wirtschaftsliberalen Reformen welche durch Politiker wie Ronald Reagan und MargaretThatcher geprägt wurde, erst einmal vorbei. Das ist kein originär deutscher Trend, aber in seinem korporativistischen Ausschlag ist er es schon.
Zitat von Fritz im Beitrag #19Ich vermute und kann es natürlich nicht beweisen, daß Lobbyismus bei der Energiewende ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielt.
Ja, das ist immer am praktischsten: wenn die eigene Überzeugung/Ideologie mit materiellen Vorteilen belohnt wird ... (Die 2 Figuren auf dem Emoticon stellen das anschaulich dar.)
Zitat von Fluminist im Beitrag #18Das ist immer noch ein Scheinargument. Deutschland hatte vor 2 Jahren eine vollkommen ausreichende und gesicherte Stromversorgung ohne besonders aufwendigen Ausbaubedarf. Die dafür notwendigen Eingriffe in die Landschaft hatten bereits stattgefunden.
Bis auf die Kohle- und Uranbergwerke stimmt das auch. Aber die sind weit entfernt von Starnberg...
Zitat Warum also sollten wir jetzt weiteren Raubbau betreiben und ausgewiesene Landschaftschutzgebiete mit "weißen Riesen" verzieren (die nebenbei einen Teil der Lokalfauna stören, vertreiben oder sanft totschlagen), nur um einigen halbgaren Tagträumen von angeblich umsonst von Mutter Erde gespendetem Strom Genüge zu leisten?
Sie verzeihen mir hoffentlich die "weißen Riesen". Möglicherweise hat ein Windpark sogar positive Auswirkungen auf Fauna und Flora, wenn weniger Hobbysportler im Wald umher trampeln.
Zitat von xanopos im Beitrag #22Möglicherweise hat ein Windpark sogar positive Auswirkungen auf Fauna und Flora, wenn weniger Hobbysportler im Wald umher trampeln.
In Anbetracht des Umstandes, dass die "sanften weißen Riesen" jedes Jahr für den Tod von zigtausend Vögeln und Fledermäusen verantwortlich sind, wirkt Ihr Satz ziemlich zynisch, finden Sie nicht? Natürlich kann man der Ansicht sein, die Natur müsse derartige Opfer im Interesse der Erzeugung "sauberer" Energie halt einfach hinnehmen (das kleinere Übel vs. das größere Gute), aber diese Argumentation passt nun definitiv nicht zu Leuten, die sonst jede einzelne Käfersorte vor Eingriffen des Menschen schützen wollen.
Zitat von RabenAas im Beitrag #23In Anbetracht des Umstandes, dass die "sanften weißen Riesen" jedes Jahr für den Tod von zigtausend Vögeln und Fledermäusen verantwortlich sind, wirkt Ihr Satz ziemlich zynisch, finden Sie nicht?
Nein, finde ich nicht! Die zigtausend Vögel und Fledermäuse sind die Summe aller 20.000 Windräder in der BRD. Pro Windrad sind das einige wenige Vögel. Eine(!) wildernde Katze kann im Jahr weitaus mehr Vögel umbringen als ein kleiner Windpark.
Juno fragt nach dem Narrativ der Energiewende. Welche große Erzählung dahinter steht? Momentan kann ich nur nur noch Rechtfertigungsnarrative erkennen, weil die ursprünglichen Gründe sich entweder schon in Luft aufgelöst haben, oder dabei sind das zu tun. Ursprünglich hatten wir es mit einem Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft zu tun, schon unter Rot-Grün beschlossen. Dann wurde es Anfangs von den Schwarzen etwas entschärft, nur um es kurze Zeit später wieder zu verschärften.
Alle vorgebrachten Gründe, warum die Energiewende notwendig sein soll, halten einer genauen Betrachtung nicht stand. Die ganze vorgebrachte Argumentationskette ist brüchig, bis hin zu den letztlich eher religiös daher kommenden Nachhaltigkeitsvorstellungen. Die große Erzählung ist also Quatsch.
Warum wird sie dennoch weiter benutzt und findet ihre Anhänger? Meine Antwort darauf ist, weil die Gegner auch kein Narrativ haben. Wo ist diese große Erzählung der anderen. Sich darauf zu einigen, dass die "Liebhaber der Nachhaltigkeit" im Grunde nackt dastehen, ist einfach. Aber zu beschreiben welche Kleider zur Auswahl stehen, um aus diesem peinlichen Zustand heraus zu kommen, das tut auch kaum einer.
Ich bin schon einige Zeit auf der Suche nach dem Narrativ welches präsentieren könnte, eines das eingängig ist, die heutige Zeit erklärt und einen positiven Ausblick auf die Zukunft erlaubt. Tolle Abhandlungen gibt es da, aber nichts was ich meinem Nachbar in drei bis fünf Sätzen erklären könnte. Und deshalb taugen solche Erzählungen eben nicht für die Masse.
Im neuen Novo wurde von Thilo Spahl der Begriff des Technium nach Kelly vorgestellt. Da der Artikel noch nicht online ist, sondern nur im gedruckten Novo nachzulesen ist, erlaube ich mir, auf meinen Kommentar dazu hinzuweisen.
Ich könnte mir vorstellen dass dies das Garn ist, aus dem man am Ende neue Kleider bekommt.
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