Der französischen UMP droht die Spaltung. Man könnte auch sagen: Der Zerfall in ihre Komponenten. Denn das ist keine alte Partei, sondern eigentlich eher ein Parteienbündnis, das erst 2002 geschlossen worden war, als gemeinsames Bollwerk der demokratischen Rechten gegen den Rechtspopulisten Jean-Marie Le Pen, der überraschend in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen eingezogen war.
Damals hatten sich Gaullisten, christdemokratische Zentristen und ein großer Teil der liberalen UDF zusammengetan. Das Kürzel UMP stand für Union pour la majorité présidentielle, Union für die Präsidenten-Mehrheit. Später, als das Wahlbündnis zur Partei wurde, erfolgte die Umdeutung in Union pour un mouvement populaire, Union für eine Volksbewegung. Mit der "Union" ist es jetzt nicht mehr weit her.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Der Zerfall in ihre Komponenten.
Ja stehen denn die beiden Kontrahenten inhaltlich für je eine der früheren Parteien? Mir ist bisher nicht klar geworden, worin sich Fillon und sein Kontrahent eigentlich politisch unterscheiden.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Der Zerfall in ihre Komponenten.
Ja stehen denn die beiden Kontrahenten inhaltlich für je eine der früheren Parteien? Mir ist bisher nicht klar geworden, worin sich Fillon und sein Kontrahent eigentlich politisch unterscheiden.
Gute Frage. Beide kommen vom gaullistischen Flügel der UMP, dem früheren RPR. Copé steht wohl etwas weiter rechts; jedenfalls schreibt man ihm das seit der "Affäre mit dem Schokoladencroissant" zu (s.u.).
Aber die UMP ist nie richtig zusammengewachsen. Und wenn die Atmosphäre derart vergiftet ist wie jetzt - der Schatzmeister der Partei ist gerade aus Protest gegen die Methoden Copés zurückgetreten -, dann besteht die Gefahr, daß sich neue Parteien bilden, mehr oder weniger als Rückkehr zu den alten Komponenten.
Die UDF hatte sich damals gespalten; nur ein Teil war zur UMP gegangen. Dann hat sich diese liberale Partei erneut gespalten, nachdem ihr Vorsitzender Bayrou nach links gerückt war. Er machte dann aus einem Teil seine eigene Partei, das MoDem, während andere sich als Nouveau Centre als Regierungspartner der UMP konstituierten.
Wenn die UMP zerbricht, dann könnten möglicherweise diese Teile der UDF - einmal die Partei des Staatspräsidenten Giscard d'Estaing - wieder zusammenfinden.
Die Affäre um den Schokoladencroissant: Copé hat kürzlich auf eine Veranstaltung sinngemäß gesagt, es gehe nicht an, daß während des Ramadan ein Jugendlicher dem anderen das Schokoladenroissant aus der Hand reiße, weil während dieser Zeit Moslems tagsüber fasten müssen. Das wurde ihm als Fremdenfeindlichkeit ausgelegt.
Hier in Frankreich wird Copé - ob zu Recht oder zu Unrecht - als Rechtsaußen der UMP angesehen. Aber die Geschichte ist schon bizzar. Vor allem verstehe ich nicht, ob nun die Stimmen noch einmal gezählt werden oder nicht. Es muß sich doch feststellen lassen, wer die Mehrheit hat. Strange. Kleiner Nachtrag: "17h20 - Un communiqué officiel des résultats vient d'être distribué. Après vingt-deux heures de délibérations, la commission confirme Jean-François Copé au poste de président de l'UMP, avec 86.911 voix pour Copé, contre 85.959 pour Fillon." http://www.bfmtv.com/politique/direct-um...ote-390688.html Also hat anscheinend Copé tatsächlich gewonnen. Bleibt abzuwarten, was Fillon dazu meint.
vielen Dank fuer den Artikel (auf den ich natuerlich schon seit Tagen gewartet habe)!
Meiner subjektiven Wahrnehmung der Ereignisse nach stellt sich der Ablauf eigentlich noch befremdlicher dar, als es nach Ihre gestrafften Zusammenfassung schon ist.
Ich habe das alles in etwa so erlebt:
Sonntag, 18. November: Wahltag, gute Beteiligung an der Urwahl, allgemeine Zufriedenheit im Lager der UMP. Am Abend sickert aus dem Lager von Copé in den Nachrichten von France 3 durch, dass er - recht knapp - gewonnen hat. Unterschied in etwa 240 Stimmen. Aus dem Lager von Fillon kommt erst nichts und dann die Gegenmeldung, dass man nach eigener Auszaehlung mit mehr als 1000 Stimmen in Front laege. Das Ganze geht dann etwas Hin und Her zwischen den beiden Lagern. Das Lager von Copé weist bspw. auf angebliche Unregelmaessigkeiten in Paris und Nizza hin, beides Hochburgen von Fillon. Die allgemeine Erwartung rechnet eher mit einem Sieg von Copé mittlerweile. Der positive Effekt der Urwahlen ist verpufft. Die Spaetnachrichten enden mit einer Reporterin vor dem QG von Fillon. Im Hintergrund hoert man einige versprengte Anhaenger trotzig die Marseillaise singen.
Die folgenden ein bis zwei Tage wird das Ausmass der Peinlichkeit mehr und mehr offenbar. Das Fillon-Lager bleibt aber relativ still. Copé gibt erste Pressekonferenzen als Parteichef und gibt sich versoehnlich.
Wieder ein oder zwei Tage spaeter platzt die Bombe. Das Fillon-Lager zaubert die nicht ausgezaehlten Stimmen aus DOM-TOM aus dem Hut und erklaert sich zum Sieger. Copé wirkt in ersten Stellungnahmen vollkommen konsterniert und weist darauf hin, am selben Morgen noch mit Fillon persoenlich gesprochen und die Lage beruhigt zu haben.
Es folgt die erfolglose Mediation durch Juppé, die unvermeidliche Einlassung von Ségolène Royal und Stimmen, die nach der Rueckkehr von Nicolas Sarkozy rufen.
Zitat von Zettel im Beitrag #3 Die Affäre um den Schokoladencroissant: Copé hat kürzlich auf eine Veranstaltung sinngemäß gesagt, es gehe nicht an, daß während des Ramadan ein Jugendlicher dem anderen das Schokoladenroissant aus der Hand reiße, weil während dieser Zeit Moslems tagsüber fasten müssen. Das wurde ihm als Fremdenfeindlichkeit ausgelegt.
Herzlich, Zettel
Die Franzosen, die ich kenne, haben sich ueber diese Sache mit den Croissants schlicht lustig gemacht.
Ansonsten ist meine Wahrnehmung aehnlich.
Fillon ist vor allem auch wirtschaftspolitisch eher linker, was ja fuer einen Gaullisten kein Problem ist, Copé ist gesellschaftspolitisch eher rechter.
Ersterer galt bis vor einer Woche auf jeden Fall als "présidentiable", also in den Augen der Oeffentlichkeit geeignet fuer den Elysée, und auch waehlbar. Bei Copé hatte ich bei beiden Kriterien so meine Zweifel. Allerdings hatte ich die auch beim jetzigen Amtsinhaber.
Zitat von Mark Mallokent im Beitrag #4Kleiner Nachtrag: "17h20 - Un communiqué officiel des résultats vient d'être distribué. Après vingt-deux heures de délibérations, la commission confirme Jean-François Copé au poste de président de l'UMP, avec 86.911 voix pour Copé, contre 85.959 pour Fillon." http://www.bfmtv.com/politique/direct-um...ote-390688.html
Je ne parle pas français, malheureusement. Pouvez-vous convertir ces phrases?
Hat man sich eigentlich in Gallien, als High-Tech-Begeisterte Alteuropäer, vor 12 Jahren angesichts des Wahl-Stanz-Debakels im Mausbereich sehr mächtig gekringelt?
Zitat von Zettel im Beitrag #3Die Affäre um den Schokoladencroissant: Copé hat kürzlich auf eine Veranstaltung sinngemäß gesagt, es gehe nicht an, daß während des Ramadan ein Jugendlicher dem anderen das Schokoladenroissant aus der Hand reiße, weil während dieser Zeit Moslems tagsüber fasten müssen. Das wurde ihm als Fremdenfeindlichkeit ausgelegt.
Wir lernen: Islamophobie liegt vor, wenn jemand mahnt, auf die Be- und Empfindlichkeiten der Religion von Friede & Freude (mais sans Eierkuchen; crêpe) Rücksicht zu üben. Unter diesem Vorzeichen kein Wunder, wenn man bei der Friedrich-Ebert-Stiftung bei, wieviel? - 9? - % ein verfinstertes Weltbild geortet hat - das dürfte dann wohl die gesamte Bonzokratie des politisch-medialen Komplexes umschließen. Es kann natürlich auch sein, daß der Tort darin liegt, daß die Damnès de la terre keine Schokocroissants zum Einander-Wegnehmen haben (unsere ÄrmstenallerArmen scheinen da findiger). An der Lösung: keine Schokocroissants für niemand wird scheints doch erfolgreich gearbeitet. Vielleicht liegt der Rassismus aber auch im Verspeisen(!) schwarzer(!) Chocolade? In Zukunft nur noch weiße anbieten. Gibt es eigentlich in Frankreich so üble Dinge wie *Neger*küsse?
PS: Oha, oha: "Le whippet, aussi connu sous la dénomination tête au choco ou tête de nègre est constitué d'un biscuit sec sur lequel repose de la guimauve en forme de dôme, le tout est enrobé de chocolat. On retrouve parfois une gelée de fruits entre la guimauve et le biscuit."
Zitat von Mark Mallokent im Beitrag #4Kleiner Nachtrag: "17h20 - Un communiqué officiel des résultats vient d'être distribué. Après vingt-deux heures de délibérations, la commission confirme Jean-François Copé au poste de président de l'UMP, avec 86.911 voix pour Copé, contre 85.959 pour Fillon." http://www.bfmtv.com/politique/direct-um...ote-390688.html
Je ne parle pas français, malheureusement. Pouvez-vous convertir ces phrases?
Also, wenn Sie traduire meinen , gern, aber in aller Schnelle und ohne Ambitionen auf eine gute B-Note: "Eine offizielle Mitteilung der Ergebnisse wurde soeben verteilt. Nach 22 Stunden Beratung bestätigt die Kommission JFC als Präsidenten der UMP, mit 86911 Stimmen für Copé gegen 85959 für Fillon."
Zitat von Zettel im Beitrag #1Der französischen UMP droht die Spaltung. Man könnte auch sagen: Der Zerfall in ihre Komponenten.
Aktuelle Entwicklung: Morgen Vormittag versammelt Fillon seine Getreuen, um zu beraten, wie es weitergehen soll. Einige wollen eine eigene Fraktion bilden, zugleich aber in der UMP bleiben.
Sarkozy schlägt eine Wiederholung der Wahl vor. Mirt scheint das auch das Vernünftigste zu sein, wenn man eine Spaltung vermeiden will.
Es ist schon traurig: Hollande und seine Sozialisten haben einen Fehlstart hingelegt. Die UMP könnte davon profitieren. Stattdessen jetzt dieses Theater. Marine Le Pen kann sich wirklich freuen. Le Point hat geschrieben, daß manche im FN jetzt die Rache dafür genießen, daß Sarkozy sich auf kein Bündnis mit ihnen eingelassen hatte.
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