Als Neuling in diesem Forum ist mir als Erstes aufgefallen, dass es hier zwei Themenbereiche gibt, die eigentlich nur noch so kommentiert werden, dass auf Katastrophenszenarien abgezielt wird, wobei der Besitzer des Blogs, Zettel, mit entsprechendem Beispiel voran geht. Ich möchte eigentlich nicht so stark inhaltlich über diese Beispiele diskutieren, sondern eher auf der Meta Ebene fragen: Gibt es zu diesem Themen nur diese Form der Diskussion, weil es keine sachlichen Argumente mehr gibt?
Die beiden Beispiele, die ich meine, sind Euro-Politik und Energiewende.
Zu beiden Themen bin ich nicht unbedingt ein Fachmann, sondern eher interessierter Amateur, aber mein Eindruck sieht wie folgt aus:
Euro-Politk: - Behalten wir Griechenland im Euroraum und garantieren in immer stärker werdenden Maße die Schulden, so ist das gegen ökonomische Vernunft und wir werden alle Finanzmöglichkeiten verlieren und das europäische Abendland geht unter. - Werfen wir Griechenland aus dem Euro und machen einen Schuldenschnitt, so ist das gegen jede politische Vernunft, Europa wird in Revolution untergehen. - Fazit: Egal was wir machen, eines ist sicher: Wir werden untergehen
Energiewende: - Behalten wir den Beschluß bei, die AKW abzuschalten, so werden wir vor Energienot Blackouts bekommen, wegen des Energieüberschusses noch zusätzliche Kraftwerke abschalten (Spiegel Artikel gestern), deindustrialisiert werden und untergehen. - Betreiben wir die AKWs weiter und setzen weiter auf Klimaschädliche Energie, so wird die Erde kippen und wir werden untergehen. - Fazit: Egal was wir machen, eines ist sicher: Wir werden untergehen.
Ich frage mich bei solchen Diskussionen immer, ob es überhaupt darauf ankommt, welcher Seite ich Glauben schenken soll (und ob jemand wie Merkel in einer besseren Lage ist). Gibt es wirklich keine Möglichkeit, bei diesen - zugegebenermaßen komplexen - Themen zu einem Konsens zu kommen?
Zitat von ThomasM im Beitrag #1Als Neuling in diesem Forum ist mir als Erstes aufgefallen, dass es hier zwei Themenbereiche gibt, die eigentlich nur noch so kommentiert werden, dass auf Katastrophenszenarien abgezielt wird, wobei der Besitzer des Blogs, Zettel, mit entsprechendem Beispiel voran geht.
Sie stellen eine kluge Frage, lieber ThomasM. Es gibt in der Tat, scheint mir, eine Neigung, Katastrophen heraufzubeschwören; wenn auch nicht immer in dieser Weise, wie Sie das schildern - nach Kierkegaards Prinzip: Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen.
Warum diese Neigung? Vielleicht, weil Pessimisten meist Recht behalten, so wie die Welt nun einmal ist? Vielleicht, weil soviel Optimismus verbreitet wird, daß es gut tut, auch einmal pessimistisch zu sein?
Da Sie mich persönlich ansprechen: Ich bin ja eher ein Optimist. Ich glaube nicht, daß ACC nachgewiesen ist. Ich glaube nicht, daß der Islamismus siegen wird oder daß Europa gar vom Islam erobert werden wird. Ich glaube nicht, daß unsere deutsche Demokratie bedroht ist.
Schon gar nicht glaube ich an den bevorstehenden Untergang des Abendlandes. Ich halte unsere Kultur im Gegenteil für die erfolgreichste und stärkste; nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der absehbaren Zukunft.
Pessimistisch bin ich, was die bürgerlichen Freiheiten in Deutschland angeht. Es gibt zu wenige Liberale in Deutschland. Es fehlt uns die Tradition der Freiheitlichkeit.
Die Mehrheit der Deutschen hat immer noch eine Untertanenmentalität, und natürlich vor allem der Deutschen aus der DDR. Sie können ja nichts dafür; sie sind über Generationen - von 1933 bis 1989 - zum Untertansein gezwungen worden.
Und die heutigen Grünen sind der deutsche Spießer par excellence; da setzt sich eine elende Tradition fort.
Pessimistisch bin ich vor allem in Bezug auf unsere demographische und industrielle Zukunft; diese letztere gefährden wir mutwillig durch die "Energiewende". Wenn es den Deutschen demnächst schlecht geht, dann haben sie das selbst zu verantworten.
Aber auch da wäre ich lieber optimistisch. Nur sind die Daten nicht so.
Als Neuling in diesem Forum ist mir als Erstes aufgefallen, dass es hier zwei Themenbereiche gibt, die eigentlich nur noch so kommentiert werden, dass auf Katastrophenszenarien abgezielt wird, wobei der Besitzer des Blogs, Zettel, mit entsprechendem Beispiel voran geht. Ich möchte eigentlich nicht so stark inhaltlich über diese Beispiele diskutieren, sondern eher auf der Meta Ebene fragen: Gibt es zu diesem Themen nur diese Form der Diskussion, weil es keine sachlichen Argumente mehr gibt?
Lieber ThomasM,
ich glaube kaum, dass im Rahmen eines solchen Forums komplexe Themen konstruktiv, d.i. auch mit einer fundierten Kosten-Nutzen-Abwägung 'bearbeitet' werden können. Das liegt auch daran, dass zuweilen nur feste Positionen ausgetauscht werden, kaum aber der Weg dazwischen.
Allerdings finde ich in Ihrer Zusammenstellung die Position des Hausherrn nicht ganz korrekt wiedergegeben:
In Bezug auf die Euro-Krise hat er immer wieder betont, dass er eben nicht beurteilen kann, was der richtige Weg aus der Krise ist, und das aber auch nicht an ein Untergangsszenario geknüpft. Ansonsten war mein Eindruck, dass die überwiegende Mehrheit gegen eine unkontrollierte Transferunion ist, viele aber womöglich noch nicht verstanden haben, dass wir diese faktisch schon haben, und dass auf die Regierungen der kritischsten Schuldner bei kühlem Kalkül kein Handlungsdruck besteht.
In Bezug auf die Energiewende schreibt der Hausherr lediglich von kollektiver Besoffenheit. Das ist nachvollziehbar, kein verantwortliches Management entzieht sich freiwillig aller fundiert planbaren Handlungsoptionen, wenn es um alternative Lösungen seiner Existenzgrundlage geht. Wer selbst Managementerfahrung hat hält dies für eine Todsünde. Ob man danach noch die Kurve kriegt oder nicht, ist davon erst mal unbenommen.
Aber beide Beispiele drehen sich um politisch gewollte Entscheidungen, gegen den Rat erfahrener Fachleute (dass es jede Menge fachlich qualifizierter Risk-Taker gibt bezweifle ich nicht). Das kann dann schon mal zu polarisierten Diskussionen führen.
Ich glaube, Katastrophenszenarien sind eine Form, Interesse anzuziehen. Das sieht man ja allgemein in den Medien: "Only bad news are good news." Als Blog- und Forenschreiber fühlt man sich anerkannt, wenn man häufig gelesen und kommentiert wird. Beim Journalisten ist die Motivation zusätzlich auch materieller Natur. Leser und Schreiber ziehen aus der Beschäftigung mit unheilvollen Zukunftsaussichten m.E. außerdem die Befriedigung, sich irgendwie auf das Übel vorbereiten zu können oder es zumindest vorherzusehen. Zusätzlich verdrängt diese Beschäftigung mit "öffentlichen" Katastrophen andere Ängste. Das schlimmste, was wir erleben können, wird nämlich niemals in einer Zeitung oder einem Blog adäquat behandelt. Das ist, wenn wir jemanden verlieren, dem unsere größte Liebe gilt.
Zitat ich glaube kaum, dass im Rahmen eines solchen Forums komplexe Themen konstruktiv, d.i. auch mit einer fundierten Kosten-Nutzen-Abwägung 'bearbeitet' werden können. Das liegt auch daran, dass zuweilen nur feste Positionen ausgetauscht werden, kaum aber der Weg dazwischen.
Ja, diese Schwierigkeiten sind mir durchaus bewusst. In einem Blog sollte man solche Abwägungen aber zitieren können - wenn es sie denn überhaupt gibt. Und auch das scheint nicht der Fall zu sein.
Ich habe grundsätzlich ein Problem mit der Konzentration auf Katastrophen Szenarien. Weil eben nie dabei gesagt wird, wie wahrscheinlich ein solches Szenario denn ist und welche Steuerungsmöglichkeiten einem denn wann noch bleiben. Ausserdem wird eine Risiko Abschätzung genau dadurch unmöglich, weil im Risiko "unendlich" eben alles untergeht, zumal die Katastrophe von beiden Seiten vorhergesagt wird.
Auf der anderen Seite ist eine "wird schon gut gehen" Haltung auch nicht immer gesund.
Unter dem Strich verdirbt die Konzentration auf Katastrophen den Kommunikationsprozess und verhindert einen Konsens. Das ist dasselbe wie jemanden mit einer Keule zu schlagen, nur um überhaupt eine Reaktion zu bekommen. Und in dieser Hinsicht ist ein Blog vielleicht nur der Spiegel der heutigen Medienlandschaft.
Zitat von ThomasM im Beitrag #1 Gibt es wirklich keine Möglichkeit, bei diesen - zugegebenermaßen komplexen - Themen zu einem Konsens zu kommen?
Den Konsens gibt es, schauen Sie sich nur die Abstimmungsergebnisse zu den von Ihnen angesprochenen Themen an. Lediglich die Linke tanzt aus der Reihe, weil es ihr nicht schnell genug geht, aber sonst? Mehr Konsens gibt es nur in Diktaturen.
Zitat von C. im Beitrag #6Lediglich die Linke tanzt aus der Reihe, weil es ihr nicht schnell genug geht, aber sonst?
Ob das auch ab 2015 oder 2016 noch gestimmt haben wird? Nach der alten Frage an Radio Jerewan: "Stimmt es, daß mit dem Sozialismus die Geschichte bestimmt werden kann?" (Antwort: "Im Prinzip ja. Die Zukunft steht fest und ist glorreich. Es ist nur die Vergangenheit, die sich ändert.") Irgendwann wird die Linke sich einmal aufs Panier heften, die einzige Partei gewesen zu sein, die die Kriegskre..., also das Ermäch..., also die Energiewende nicht mitgetragen hat & sich somit als einzige dafür qualifiziert zu haben, den übriggebliebenen Trümmerhaufen zu verwalten. Da empfiehlt es sich, die Vergangenheit umzuschminken & die Begründung ganz weit unter den Teppich zu kehren. Die andere mögliche Selbstempfehlung, nämlich daß man in dieser Partei reichliche Erfahrung mit der Verwaltung und Erhaltung von Trümmerhalden habe, macht sich optisch wohl weniger cool.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #7Irgendwann wird die Linke sich einmal aufs Panier heften, die einzige Partei gewesen zu sein, die die Kriegskre..., also das Ermäch..., also die Energiewende nicht mitgetragen hat & sich somit als einzige dafür qualifiziert zu haben, den übriggebliebenen Trümmerhaufen zu verwalten.
Passend dazu heute die Kritik der Opposition an der nächsten Strompreisumlage zur Offshorewindkraft und der Vorwurf der Planwirtschaft an die Regierung
Zitat von herki im Beitrag #9 Passend dazu heute die Kritik der Opposition an der nächsten Strompreisumlage zur Offshorewindkraft und der Vorwurf der Planwirtschaft an die Regierung
Die Frage ist ja, was als "Katastrophe" durchgeht. Nicht umsonst, werter ThomasM, überspitzen Sie ja gerade diesen Punkt. Aber es muss vielleicht nicht unbedingt der "Untergang des Abendlands" sein. Wie würden wir denn eine Verringerung des allgemeinen Wohlstandsniveaus um 10% einstufen? Und wie eine um 20%? Um 30%? Welche ökonomischen, sozialen und politischen Folgen zöge das nach sich? Wäre es besser, wir ersetzten "Katastrophe" durch "Umwälzung"?
Und warum überhaupt können wir sowas in Erwägung ziehen? Weil sich der Staat Entscheidungsbefugnisse anmaßt, die solche Folgen haben können Glauben Sie mir, ich bin ein Freund und Anhänger gradueller Prozesse, aber wir haben in der Geschichte erlebt, welches Unheil staatliche Macht auslösen kann und weiterhin auslöst. Es wäre fatal, sich als Fortsetzung eigenen Wunschdenkens diese Erfahrungen als weit weg und für die Zukunft unmaßgeblich zurechtzulegen. Die Folgen der Finanzkrise 2008 waren für viele Menschen höchst real, und wenn einige von uns zu dem Schluss kommen, dass die Bedingungen, die für diese Krise verantwortlich waren, weiterhin fortbestehen, warum sollen sie sich dann künstliche Barrieren auferlegen, wenn es darum geht, was noch auf uns zukommen kann?
Der Untergang der Menschheit bzw. Krieg in Europa, das sind die realen und höchstoffiziell propagierten Horrorszenarien dieser Tage, die nicht nur verkündet, sondern auch als Grundlage für Entscheidungen herangezogen werden. Die, weil eine wirkliche Auseinandersetzung mit bestehenden Gegenargumenten andere, vielleicht sogar realistischere Negativszenarien zu Tage brächten, zu "alternativlosen" erklärt werden, so dass man Dissidenten als "Spinner" oder, natürlich viel schlimmer, "Rechte" entlarven kann und muss.
Beunruhigt Sie vielleicht der Gedanke, dass der Wohlstand, den wir gegenwärtig in Deutschland leben, ein fragiles Gebäude sein könnte? Oder halten Sie diesen Gedanken sogar für völlig absurd? Fragen Sie mal Griechen oder Spanier. Vor fünf Jahren noch war die Welt dort eitel Sonnenschein. Passt das Wort "Katastrophe" jetzt auf das, was seitdem dort passiert ist? Geschmacksfrage. Aber drastische Folgen hat es für viele Menschen.
Katastrophen sind das, was durch Tonfall und Wortwahl dazu gemacht werden.
Beispiele:
- Im gestrigen Spiegel Online lautete eine Überschrift "Fünf Grad plus, Erde droht dramatische Erwärmung". Im Text war von "verheerenden Folgen" die Rede. Nun bin ich davon überzeugt, dass eine Erwärmung von durchschnittlich 5 Grad in den nächsten 100 Jahren für das Klima eine durchaus realistische Einschätzung ist. Wovon ich nicht überzeugt bin ist, dass die Folgen die "normaler" Naturkatastrophen unbedingt übersteigen würden. Gerade die Folgeabschätzungen von Klimaänderungen ist dazu von zu vielen Unsicherheiten geprägt. Aber eine solche sachliche Betrachtung geht bei der Wortwahl unter. Das Ziel der Wortwahl ist ja auch nicht, zu informieren, sondern politischen Druck auszuüben.
- Versicherungen sprechen in Bezug auf Rente gerne von einer "Rentenlücke" Ziel der Wortwahl ist es, Ängste zu schüren, weil sich daran gut Geld verdienen läßt. Die sachliche Erwägung, dass ich im Alter auch weniger brauche bzw. mit weniger auskomme, wird da in der Regel untergehen.
- In Bezug auf die Euro Krise werden gerne Horrorszenarien dargestellt. Mich stört, dass dadurch Ängste geschürt, Gegensätze verschäft und Kompromisse unmöglich gemacht werden. Natürlich dienen solche Worte der politischen Machtdurchsetzung. Aber was ist der gesellschaftliche Preis?
Für mich ist ein Szenario, wie "Einbruch des Wohlstandsniveaus" von der Art einer Naturkatastrophe. Natürlich sollte man sinnvolle Vorsorgemassnahmen ergreifen. Aber egal, was man macht, es gibt immer Szenarien, in denen man dann in völliger Abhängigkeit zu anderen Menschen endet. Wieso sollte ich meinen ganzen Wohlstand heute dafür ausgeben, um mich für solch einen Extremfall abzusichern? Zumal dann vermutlich auch meine Absicherung über den Jordan geht? Irgendwann wird die Angst vor einem Absturz eben zu einer Psychose.
Also: Nein, ich halte den besagten Einbruch nicht für unmöglich. Aber ich halte es ebenso für sinnlos, sich von Ängsten treiben zu lassen, denn das ist immer ein schlechter Ratgeber. Ich will vernünftig und mit Maß agieren. Das kann ich aber nur, wenn ich vernünftige Informationen bekommen kann und nicht die ganze Gesellschaft in Psychose verfällt.
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