Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #50Hier die Wahlergebnisse für die NSDAP: Preußen: 1932: 37,04 %, 1932: 32,85 %, 1933: 43,73 % Württemberg: 1932: 30,53 %, 1932: 26,46 %, 1933: 42,00 % Baden: 1932: 36,92 %, 1932: 34,09 %, 1933: 45,36 % Bayern: 1932: 32,91 %, 1932: 30,52 %, 1933: 43,08 % Hessen: 1932: 43,06 %, 1932: 40,23 %, 1933: 47,43 %http://www.gonschior.de/weimar/Bayern/Ue...W.htmlLediglich für das Münsterland konnte ich ein deutlich stärkeres Zentrum bei den Wahlen 1932 feststellen. Haben Sie, lieber Carlo M Dimhofen noch andere Quellen welche Ihre These untermauern? Ich frage rein interessehalber.
Diese Länder-Zahlen verwischen etwas den Effekt der Religion. In Bayern war der NSDAP-Anteil zum Beispiel im protestantischeren Franken wesentlich höher als im katholischen Altbayern. Dito in Preußen in den protestantischen Gebiten höher als im Rheinland.
Eine sehr gute wissenschaftliche Quelle hierzu ist: http://weimarer-wahlen.de/de/index.html (Es gibt dort u.a. eine regionale Auswertung von Geligionszugehörigkeit und NSDAP-Stimmenanteil. Wenn man das durchklickt, fällt einem die teilweise sogar sehr kleinräumige Korrelation von Protestantismus und NSDAP-Stimmen auf. Betrachten Sie z.B. Ostpreußen: dort gibt eine kleine katholische Exklave, wo deutlich weniger NSDAP gewählt wurde als in den umschließenden protestantischen Gebieten. Das gleiche kann man aber auch bei einigen anderen Exklaven betrachten).
Und anekdotisch sehr interessant ist dieser Welt-Artikel: http://www.welt.de/politik/article133153...lf-Hitlers.html Ein Artikel über zwei pfäzlizische Nachbarorte: das katholische Hauenstein hatte 1933 den deutschlandweit niedrigsten NSDAP-Anteil (4,8%). Und das unmittelbar benachbarte protestantische Darstein hatte schon 1930 sensationelle 100% für die NSDAP. (Und vielleicht ist es gar nicht so überraschend, dass in der Nachkriegszeit Hauenstein stabil CDU wählte und Darstein SPD, zwischenzeitlich auch gerne mal die NPD.).
Zitat von Florian im Beitrag #51 Diese Länder-Zahlen verwischen etwas den Effekt der Religion.
Vielen Dank für die Links, sehr interessant. Die Seite weimarer-wahlen hatte ich schon aufgrund eines älteren Beitrages von Ihnen gespeichert, tja, man muss das dann halt auch finden …
Nur ging es ja erst einmal nicht um Religionen sondern Stämme. Das mit der Religion lag als Folge zwar in der Luft und wurde von Carlo M Dimhofen ja auch angedeutet. Aber es war eben schon das gesamte Land gemeint. Natürlich gibt es nicht nur in Bayern/Franken Protestanten, sondern auch in Württemberg und Baden. Also ist die konfessionelle Durchmischung der Länder kennzeichnend, ebenso wie die regionalen Konzentrationen. Nur hat Preußen in Bezug auf die NSDAP trotz seiner evangelischen Mehrheit 1932 nicht viel anders gewählt als Länder mit katholischer Mehrheit. Im Zusammenhang mit dem Reichskonkordat seien zudem "die deutschen Bischöfe [seien] dem Vatikan bei seinen Bemühungen, möglichst viele Rechte für die Katholiken festzuschreiben, durch vorauseilenden Gehorsam praktisch in den Rücken gefallen", wie die "Welt" schreibt. Und der Münchener Kardinal Michael Faulhaber drückte seine Geringschätzung zum Parlamentarismus in einem Telegramm an Hitler so aus: "Was die alten Parlamente und Parteien in 60 Jahren nicht fertig brachten, hat Ihr staatsmännischer Weitblick in sechs Monaten weltgeschichtlich verwirklicht." http://www.welt.de/kultur/article2190184...er-Triumph.html Aber dies soll nur eine Entgegnung sein, es gibt hier im Forum, Sie eingeschlossen lieber Florian, sicher viele, die sich in dieser Frage auskennen. Ganz im Gegensatz zu mir, der nur etwas in Erfahrung bringen will.
Zitat Haben Sie, lieber Carlo M Dimhofen noch andere Quellen welche Ihre These untermauern?
Wenn Sie sich in der gleichen Quelle z.B. die Ergebnisse aus der Rheinprovinz anschauen:
32 I: 26,70% 32 II: 23,20% 33: 34,72%
Jeweils also ca. 10 Prozentpunkte unter dem Reichsdurchschnitt.
Hier die Ergebnisse der Provinz Westfalen.
32 I: 25,53% 32 II: 22,91% 33: 33,54%
Das ist sogar noch weniger als in den Rheinlanden.
Im Vergleich einmal die Ergebnisse im preußischen Kernland, der Provinz Brandenburg.
32 I: 45,25% 32 II: 39,94% 33: 52,45%
Also jeweils deutlich über dem Reichsdurchschnitt.
In Ostpreussen und Pommern, auch in Schleswig-Holstein und Hannover ergibt sich ein ähnliches Bild wie in Brandenburg.
Vor Jahren sah ich einmal in einem historischen Atlas eine Grafik, in der die Regionen - ich nehme an: Städte und Landkreise - je nach stärkster Partei eingefärbt waren. Spätestens ab den Sommerwahlen 1932 ergab sich da ein sattes Braun fast im gesamten Norden und Osten - zu den mir noch im Gedächtnis gebliebenen Ausnahmen zählte das katholische Oberschlesien. Demgegenüber waren der Süden und Westen überwiegend schwarz, teilweise auch rot. Braune Flecken gab es dort primär in protestantischen Gebieten, ich erinnere mich an Teile der Pfalz und, in meiner Heimatregion, den Hunsrück und das Bergische Land.
Danke, dass Sie danach fragen, denn genau hier scheint die Analogie nicht mehr ganz aufzugehen. Die Preußen sind meiner Ansicht nach kein reines Bierland, aber auch kein reines Schnapsland, eher eine Mischung aus beidem, wobei Bier wohl etwas überwiegt. Die Kulturgrenze zwischen Brandenburg und Preußen (in etwa auf Höhe Cottbus) ist jedoch wesentlich deutlicher als die zwischen Sachsen und Thüringen und selbst als diejenige zwischen Sachsen und Franken (Vogtand umzu).
Brandenburg/Anhalt ist eben doch eher Kartoffelschnaps-Land. :)
Zitat von Masu im Beitrag #54Die Kulturgrenze zwischen Brandenburg und Preußen (in etwa auf Höhe Cottbus) ist jedoch wesentlich deutlicher als die zwischen Sachsen und Thüringen und selbst als diejenige zwischen Sachsen und Franken (Vogtand umzu).
Meinen sie nicht eher die Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen? Also zwischen Nieder- und Oberlausitz? Die ist wirklich deutlich, aber ich lege Wert darauf, dass sie erst einige Kilometer südlich von Cottbus verläuft. Wenn ich mich recht erinnere, konnten die (Rand-)Gemeinden (des ehemaligen Bezirks Cottbus) zur Neugründung der Länder darüber abstimmen wo sie hingehören wollen. Damals war es mir unbegreiflich wie man sich entscheiden konnte zu Sachsen gehören zu wollen.
Die traditionellen regionalen Präferenzen haben ihre Wurzel übrigens im jeweiligen Klima:
Für Wein braucht man viel Sonne.
Bier kann hingegen in zu warmem Gebieten nicht gelagert werden (ganz allgemein ist Bier wesentlich empflindlicher als Wein).
Und Schnaps kann man aus einer großen Zahl verschiedener Grundstoffe produzieren (Getreide, Kartoffeln, Obst, notfalls sogar Wurzeln). Irgendeinen dieser Grundstoffe gibt es auch noch in relativ harten Klimazonen Nord- und Osteuropas.
Interessant ist übrigens, dass die regionalen Präferenzen sich über die Jahrhunderte durchaus verschoben haben. Im Mittelalter war Altbayern zum Beispiel Weinland und wurde erst im Zuge zunehmend kälteren Klimas zum Bierland. Ohne jetzt hier ein neues Faß ( ) aufmachen zu wollen: es stellt sich zumindest für Europa schon die Frage, ob eine Rückkehr zum wärmeren mittelalterlichen Klima dem landwirtschaftlichen Ertrag nicht sogar gut tun würde.
Zitat von FlorianDie traditionellen regionalen Präferenzen haben ihre Wurzel übrigens im jeweiligen Klima:
Und das nicht nur im von Dir skizzierten Sinn, sondern auch innerhalb der "Stämme": Auf dem Land, wo man sich jeden Tag aufs Neue der harten Natur stellen muss und vielleicht gerade mal ein Grundstoff für die alkoholische Gärung zur Verfügung steht, sind die wärmenden Schnäpse sehr beliebt, während in den komfortableren Städten, wo durch Handel schon mehr zusammenkommt und wo es die Arbeiterschaft nach einem anstrengenden Arbeitstag eher nach etwas Kühlendem gelüstet, die Präferenz in Richtung Bier geht.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Zettel im Beitrag #1Bevor es - vermutlich - in der Politik wieder richtig ernst wird, hier noch ein kleines Feuilleton.
Danke für alle diese klugen, witzigen, informierten Kommentare.
Mir fällt bei solchen Themen auf:
Wir können alle nicht anders, als uns mit unserer Gruppe zu identifizieren. Wie hätte auch eine Gruppe von homo sapiens überleben können ohne diese Bereitschaft? Sie wäre eben, trivialerweise, keine erfolgreiche Gruppe gewesen. Folglich ausgestorben.
Das Bedürfnis - man kann durchaus sagen: der Trieb - ist da. Man kann aber erstens den Horizont unterschiedlich weit aufspannen. Man kann zweitens diesen Trieb, wie alle Triebe, intellektuell beherrschen, ihn auch ironisieren.
Ich habe als Kind zeitweilig in einem Städtchen gelebt, das seit Jahrhunderten in erbitterter Feindschaft zum Nachbarstädtchen lag und vermutlich noch liegt.
Man spricht einen anderen Dialekt, keine 20 Kilometer entfernt. Die Leute dort wollten Kreisstädter werden, wo man doch selbst das Anrecht darauf hatte. Wenn ich einmal als Schüler dorthin fahren mußte, habe ich mich wie im feindlichen Ausland gefühlt.
Das ist ein Beispiel für einen kleinen Horizont der Identfikation. Fußballvereine sind ein Beispiel, Religionen. Man kann das dann ausdehnen. An einer europäischen Identität hapert es. Die des Weltbürgers ist eine Naivität, ein Widerspruch in sich.
Und dann kann man eben dumm und todernst mit diesem Trieb umgehen, oder aufgeklärt und spielerisch.
Als ich die kleine Glosse geschrieben habe, ist mir erst aufgefallen, wie voller Vorurteile ich gegen die deutschen Stämme stecke.
Und das sind nur die Deutschen. Nun fragen Sie mich über Russen, Amis, Griechen oder gar Italiener.
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