Zitat von Doeding im Beitrag #25Ja, das kann ich sehen, lieber Zettel. Nach dem Abkommen von München (ich glaube auch schon vorher) hat GB dann ja auch die Rüstung forciert. So naiv wie das berühmte "Peace for our time" heute anmutet, war die britische Regierung dann wohl doch nicht.
Ja, exakt. Man sollte auch die Innenpolitik nicht übersehen. Es gab in der britischen Oberschicht erhebliche Sympathien für Nazideutschland.
Churchill war ja ein Einzelgänger, ein Hinterbänkler.
Bei der Sache "Hindukusch" handelte es sich erinnerlich um den Bündnisfall. Natürlich hätte man sich auch elegant entschuldigen können, aber damit hätte man zu erkennen gegeben, daß die Deutschen verläßlich unsichere Kantonisten sind & auf die Freiheit der westlichen Welt pfeifen. Lieber glaubt man alle möglichen Feinde dadurch kaltstellen zu können, indem man Schecks in beliebiger Höhe ausstellt.
Ob die Freiheit der westlichen Welt am Hindukusch sinnvoll verteidigt werden kann, bezweifel ich an dieser Stelle. Daher kritisiere ich die Anerkennung des Bündnisfalls und somit mit den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan. Für mich persönlich hat auch die parlamentarische Entscheidung keinen Wert für die Legitimation. Wie man damit im Bündnis umgehen sollte ist eine andere Frage, aber ich bin nicht bereit jede Bündnisentscheidung hinzunehmen.
Zurück zum Ausgangsthema. Ich habe selbst Wehrdienst geleistet und stehe trotz meines Zweifels an der Notwendigkeit und Legitimation der meisten Auslandseinsätze unserer Bundeswehr hinter den Soldaten. D.h. wenn wir die Bundeswehr einsetzen, dann müssen unseren Bürgern, die wir entsenden beste Bedingungen schaffen (z.B. Ausrüstung oder Bertreuung bei der Rückkehr), egal ob diese nun "nur" ihren Job machen, oder ihr Leben für Deutschland riskieren. Ebenso unsäglich finde ich die Diskussionen über die "Fehler" beim Einsatz (Stichwort Tanklaster). Klar muss darauf geachtet werden, dass Konventionen eingehalten werden, aber wer sich einbildet ein militärischer Einsatz könne sauber und ohne potentielle Schädigung von Zivilisten ablaufen, ist weltfremd. Dazu gibt es nur eine Alternative, nämlich die Soldaten zu Hause zu lassen. Und darüber muss man zumindest diskutieren dürfen. Jeder gefallene Soldat und jeder zu unrecht getötete Zivilist (falls dies in heutigen Kriegen überhaupt zweifelsfrei feststellbar ist) ist für sich tragisch. Die Konsequenz sollte sein, darüber nachzudenken ob der Einsatz das wert war.
Zitat von Doeding im Beitrag #25 Verstehbar, aus der großen damaligen Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung heraus.
Hinzu kam aber, daß gerade in England die Weltwirtschaftskrise schwer nachwirkte:
Zitathttp://en.wikipedia.org/wiki/Great_Depre..._United_Kingdom _____ The North and Wales remained severely depressed for most of the decade. In severely depressed parts of the country, the government enacted a number of policies to stimulate growth and reduce unemployment, including road building, loans to shipyards, and tariffs on steel imports. These policies helped but were not, however, on a sufficiently large scale to make a huge impact on the unemployment levels. Rearmament and recovery From 1936 onwards, the National Government followed a policy of mass rearmament in the face of the rise of Nazi Germany. By 1937 unemployment had fallen to 1.5 million, but rose again to 1,810,000 by January 1938 suggesting that the recovery was to be short lived. _____
Inwiefern die Befürchtung, durch letztlich unproduktive vermehrte Rüstungsausgaben das damals als quälend langsam empfundene Wiederanspringen der Wirtschaft aufs Spiel zu setzen, in die konkreten Entscheidungen hineingespielt hat, ist schwer zu gewichten. Aber immerhin war England damals noch ein weltumspannendes Empire: das direkte Augenmerk lag auf den Kolonien, besonders auf Indien, und dem Nahen Osten, um die Ölversorgung sicherzustellen.
Zitat von Zettel im Beitrag #16Die Frage ist nur, ob man Frieden schaffen kann, indem man sich wehrlos den nicht Friedfertigen ausliefert.
Zwei Punkte, lieber Zettel:
Zum einen, das der Standpunkt weltfremd ist, habe ich nicht bestritten. Nur weltfremd ist nicht das selbe wie unmoralisch oder unethisch. Zwei ihrer Poster haben sich entschlossen unmoralische Gründe gegen diese Haltung ins Feld zu führen, einen dieser Ansätze finde ich persönlich sogar beleidigend. Der Punkt ist der: Es ist absolut legitim Pazifist zu sein. Es ist vielleicht nicht klug, aber das ist eine andere Frage. Ich halte auch Homöopathie für reichlich weltfremd, aber ich käme nicht auf die Idee den Glauben daran als illegitim zu bezeichnen. Welcher Ethik oder welcher Moral sich ein Mensch unterordnet ist immernoch seine Sache. Und nebenbei, ein jeder Christ, der wirklich ein Christ sein wollte, wie es mal im neuen Testament steht, dürfte sich gar nicht anders verhalten.
Zum anderen, Frieden ist eins, aber gerade in dem was Horst Köhler erklärt hat und was auch heute durchaus Realität ist, geht es nicht unbedingt immer darum Frieden zu schaffen. Es geht auch durchaus um glasklare wirtschaftliche Interessen. Ich habe damit kein Problem, ich meine nur, dass man damit ein Problem haben kann, selbst ohne ein naiver Pazifist zu sein. Ein Einsätze am Hindukusch oder jetzt eben in Mali sind ja selbst in Deutschland zu Recht umstritten. Deutschland wird eben nicht in Afghanistan verteidigt, seine Interessen vielleicht, aber sicher nicht das Land. Insofern ist das so eine Sache, ob man militärische Gewalt wirklich ablehnt. Denn dann müsste man auch konsequent dagegen sein. Insofern lieber Zettel: Sind Sie wirklich sicher, dass fast alle Leute militärische Gewalt ablehnen ? Ich glaube das nicht. Ich glaube die meisten wollen keine am eigenen Leib erfahren, aber kategorisch ablehnen tun es gar nicht so viele.
Mit dem Pazifismus ist es wie mit der Anarchie: es wäre so schön, nur geht es leider nicht. Dennoch sind beides meines Erachtens legitime Grundhaltungen, die man zwar nicht vollständig in die Praxis umsetzen kann, die aber doch als asymptotische Leitlinien dienen können.
Man kann selbstverständlich anderer Meinung sein und ebenso wie "Unterstützt die Bundeswehr!" auch "Unterstützt unsere Energiewende!", "Unterstützt den Aufbau der Zentralstrukturen der EU!" "Less bread! More taxes!" usw. aufrufen, und das wird ja auch getan. Aber wenn man es nicht tut, dann ist man deswegen noch kein schlechter Mensch mit finsteren Absichten, da gebe ich Llarian recht.
Der Begriff "Verteidigung" ist bekanntlich bis zum präventiven Angriff hin dehnbar und erstreckt sich vom gerne zur Begründung angeführten Beispiel der individuellen Notwehr oder Nothilfe bis hin zum unterstützenden Auslandseinsatz wegen Einbindung in ein internationales Verteidigungsbündnis, in dem man niemanden vor den Kopf stoßen oder eine ansehnliche Rolle spielen will; in diesem breiten Spektrum findet man für alle Gelegenheiten einen guten Grund. Analog will ja der Staat auch immer nur unser Bestes.
Gerade geordert. Ich suche schon seit längerem eine Darstellung der deutschen Seite! Im englischsprachigen Raum kann man sich vor Literatur kaum retten, aber von den Deutschen gibt es kaum etwas. Auch das ist für mich ein Zeichen dafür, daß keiner der potentiellen Autoren oder aber keiner der Verlage eine Resonanz erwartet.
Zitat von Llarian im Beitrag #15Die Amis haben da einen schönen Spruch: "Right or wrong, my country."
Dieser schöne Spruch stammt übrigens von einem Deutsch-Amerikaner, Carl Schurz (in diesem Forum muss ich wohl nicht erläutern, wer das war). Und in seiner Gesamtheit geht der wie folgt: "My country, right or wrong. If right, keep right, if wrong, put right". Also alles andere als blinder Kadavergehorsam, wohl eine der eindringlichsten Handlungsanleitungen, die ich kenne.
Lieber Andreas Döding, danke für den den klaren Artikel. Ich kann mich nur anschließen - als ehemaliger Kriegsdienstverweigerer (Mitte der 90er, geprägt von einem Armee-Bild aus der DDR und als Jugendlicher klar links sozialisiert) sehe ich die Bundeswehr heute auch deutlich anders. Man wird halt doch weiser. Ich denke da immer an das schöne Gedicht von Wilhelm Busch, "Bewaffneter Friede". Heute bedauere ich es ein wenig, nicht gedient zu haben (wobei ich den Zivildienst ebensowenig missen möchte). Und solange die Bösen dieser Welt mit Waffen rumlaufen, entsprechend viel Fußvolk oder auch Hightech mobilisieren können, sollten die Guten in der Lage sein, sich angemessen zu verteidigen. Und das heisst nun mal, auch den Bösen wehzutun.
Lieber Llarian, auch wenn Soldat ein Beruf wie jeder andere sein mag (und so sehe ich das weitestgehend auch), gibt es doch Aspekte, die über einen normalen Beruf hinausgehen. Kein Arbeitgeber verlangt, das eigene Leben zu riskieren - beim Soldaten gehört das aber naturgemäß mit dazu. Und das transzendiert das Soldat-Sein meines Erachtens über den normalen Beruf hinaus. Und das macht den Soldaten doch zu etwas anderem als, sagen wir, die Fleischereifachverkäuferin.
Lieber Llarian, auch wenn Soldat ein Beruf wie jeder andere sein mag (und so sehe ich das weitestgehend auch), gibt es doch Aspekte, die über einen normalen Beruf hinausgehen. Kein Arbeitgeber verlangt, das eigene Leben zu riskieren - beim Soldaten gehört das aber naturgemäß mit dazu. Und das transzendiert das Soldat-Sein meines Erachtens über den normalen Beruf hinaus. Und das macht den Soldaten doch zu etwas anderem als, sagen wir, die Fleischereifachverkäuferin.
Krischan
Ich möchte nicht zum Erbsenzähler werden, aber ich denke die Abgrenzung muss irgendwo anders liegen. Ein Fensterputzer oder Straßenbauarbeiter hat, je nach Statisik, das höchste Risiko bei der Arbeit zu Tode zu kommen. Zwar versucht der Arbeitgeber über Maßnahmen zur Wahrung der Arbeitssicherheit das Risiko zu minimieren, aber das ist ja bei der Bundeswehr ähnlich. Dennoch möchte ich eine Unterscheidung zwischen dem Soldaten im Kriegseinsatz,einem Polizisten oder Feuerwehrmann auf der einen und einem Fensterputzer auf der anderen Seite machen. Vielleicht liegt es an der Aufgabe das Leben anderer und ggf. noch den Rechtsstaat zu schützen, im Zweifel unter Einsatz seines eigenem Lebens, was das Soldat sein eben zu etwas anderem als nur einem Job macht. Solange die Aufgabe (Leben schützen, Rechtsstaat verteidigen) nicht von einem Bürger gesehen wird, wird sich dieser schwer tun einen Unterschied zu einem Fesnterputzer zu sehen, sondern im Zweifel noch eher abneigende Gefühle gegen einen "Agressor" hegen. Das Problem liegt also in der mangelhaften politischen Legitimation der Einsätze, denn es ist dabei nicht nur mit der parlamentarischen Freigabe getan. Vielmehr müsste bei einer validen parlamentarischen Entscheidung eine Mehrheit hinter dem Einsatz und den Soldaten stehen. In diesem Fall dürfte das Bild des Soldaten in der Öffentlichkeit ja gar nicht so schlecht sein.
Zitat von Krischanals ehemaliger Kriegsdienstverweigerer (Mitte der 90er, geprägt von einem Armee-Bild aus der DDR und als Jugendlicher klar links sozialisiert) sehe ich die Bundeswehr heute auch deutlich anders.
Ja, lieber Krischan, eine Phase linken Glaubens hatten wohl viele, ich zumindest auch. Gott sei Dank blieb das vorübergehend, ein Durchgangssyndrom sozusagen. Und eines Tages wachte ich auf und hatte ein Gehirn... Herzlichen Gruß Andreas Döding
Zitat von Doeding im Beitrag #34 Ja, lieber Krischan, eine Phase linken Glaubens hatten wohl viele, ich zumindest auch. Gott sei Dank blieb das vorübergehend, ein Durchgangssyndrom sozusagen. Und eines Tages wachte ich auf und hatte ein Gehirn...
Wer mit 20 nicht links ist, hat kein Herz. Wer mit 30 noch links ist, hat kein Gehirn.
Und doch....trotzdem ich mich mittlerweile als Rückenmarksliberalen verorte und jeglichem totalitären Gedankengut abgeschworen habe, berührt mich trotzdem sozialistische und kommunistische Kunst ungemein - sei es das "Lied vom kleinen Trompeter" oder auch der unvermeidliche "Panzerkreuzer Potjomkin". Ich sehe da eine eigenartige Faszination, die sicher vom Ideal ausgeht und den vielen guten Vorsätzen, mit denen dann der Weg zur Hölle gepflastert wird. Und dieses Ideal, der Wunsch, eine bessere Welt zu gestalten, die Aufbruchsstimmung, die rührt heute noch mein Herz.
Ich möchte mich inhaltlich meinem verehrten Mitkommentator „MadBaron“ anschließen. Auch ich habe meine Zweifel, was den Begriff des „Bündnissfalles“ angeht. Die NATO ist damals zu Recht als Verteidigungsbündnis gegen die Bedrohung des Warschauer Paktes gegründet worden. Und die Bundeswehr sollte der westdeutsche Beitrag zu diesem Verteidigungsbündnis sein. Und Deutschland sollte nur dann Krieg führen dürfen, wenn es direkt (als Frontstaat) angegriffen worden wäre. Aber nachdem der Warschauer Pakt auf dem unsichtbaren Müllhaufen der Weltgeschichte gelandet war, hat sich weder die NATO aufgelöst, noch hat sich die Bundeswehr formal auf die neue Weltlage eingestellt; sie sieht sich formal immer noch als eine reine Verteidigungsarmee, ansonsten hätte man das Grundgesetz ändern müssen. Es hilft wahrscheinlich, sich die Bundeswehr und die NATO als einen rein bürokratischen Apparat zu denken. Da die bisherige Geschäftsgrundlage weggefallen ist (der Ost-West-Konflikt), sucht man sich halt eine neue Daseinsberechtigung, unter Beibehaltung aller alten Strukturen. Und dann tritt der Bündnisfall eben auch ein, wenn nicht einmal formal irgendein Krieg erklärt worden ist und die „Kriegs“handlungen fern allen Bündnisgebietes stattfinden…
„die Daumen drücken“ würde ich einer Mannschaft beim Fußballspiel. Krieg ist eine ernstere Angelegenheit. Ansonsten gilt: “A cynic is what an idealist calls a realist.”
hier möchte ich nur einmal Proudhons Wort variieren - „Wer Nation sagt, will betrügen.“ Zudem, ich glaube, gerade die wehrhafte Schweiz weiß sehr gut, warum sie sich aus „entangling alliances“ mit anderen Nationen (Th. Jefferson) heraushält.
Zitat von Am_Rande„die Daumen drücken“ würde ich einer Mannschaft beim Fußballspiel. Krieg ist eine ernstere Angelegenheit.
[Loriot]Ach was.[/Loriot] Wer mag, darf es gerne durch "hoffen, dass sie heil aus der Sache herauskommen" ersetzen oder auch durch "alle notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben bereitstellen".
Zitat von Am_RandeAnsonsten gilt: “A cynic is what an idealist calls a realist.”
Und ein Bonmot ist ein Bonmot, nicht mehr. Mir fielen tatsächlich zunächst andere Begriffe ein, die ich mir aber mit Rücksicht auf das Diskussionsklima hier verkniffen habe.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
ein sehr von mir geschätzter Blogbetreiber hat vor ein paar Tagen einen sehr lesenswerten Artikel mit dem Titel „Wunschtraum“ veröffentlicht. Darin schreibt er:
Zitat Das Internet wäre viel weniger Thema, wenn sich diejenigen, die sich dort zu politischen und gesellschaftlichen Themen äußern, nur diese beiden Regeln befolgten: 1. Prinzip der wohlwollenden Interpretation [..]
Sie hingegen machen aus meiner Skepsis, mich einem emphatischen Bekenntnis zu „unseren Soldaten“ hinzugeben, gleich die Unterstellung „[ich] hoff[t]e, dass sie [die Soldaten] [nicht] heil aus der Sache herausk[ä]men“. Nun ja... Wenn Herr Döding fordert, dass man Soldaten, die „verwundet oder verstümmelt [oder] traumatisiert zurückkehren“ mit Achtung und Respekt begegnen sollte, so ist das in einer zivilisierten Gesellschaft ein Allgemeinplatz; und für diese Haltung bedarf es keiner Rede Herrn de Maizières; Herr von Knigge hat dazu schon vor langer Zeit alles Nötige geschrieben.
Zitat von Am RandeWenn Herr Döding fordert, dass man Soldaten, die „verwundet oder verstümmelt [oder] traumatisiert zurückkehren“ mit Achtung und Respekt begegnen sollte, so ist das in einer zivilisierten Gesellschaft ein Allgemeinplatz;
Verzeihen Sie, aber ein Allgemeinplatz war jetzt eher Ihre Aussage. Wenn Sie meinten, daß das obige eigentlich selbstverständlich sein sollte: nein, das ist es nicht.
Zitat Herr von Knigge hat dazu schon vor langer Zeit alles Nötige geschrieben.
Na, dann ist ja alles gut; wenn Herr Knigge es schon geschrieben hat...
Zitat von dem BlogbeitragSie werden sicherlich keine Hauswände mehr mit der Aufschrift "Soldaten sind Mörder!" verunstalten. Aber haben sie auch ihre Meinung geändert?
Nein Jetzt sorgen sie dafür daß die Bundeswehrsoldaten bei Auftritten in den Schulen von Wehrdeinstverweigerern und anderen Feinden dieses Staates begleitet werden.
Ich frage mich ernsthaft wie so etwas abgeht.
Wehrdienstverweigerer pauschal als "Feinde des Staates" zu bezeichnen erscheint mir nicht richtig. Es ist vermutlich auch keine annähernd richtige Pauschalisierung.
So ist es, lieber Techniknörgler. Es ist ja gerade eine Errungenschaft dieser Bundesrepublik und ein begrüßenswerter Bruch mit einer unseligen Tradition, dass die Antwort auf die Frage "Ham Se jedient?" nicht mehr als Ausweis der richtigen staatsbürgerlichen Gesinnung gilt.
Zitat Ich halte es daher mit einem ausgesprochen simplen Moralkonzept: moralisch ist, was Menschenleben rettet. Heißt im Zweifel aber auch: was möglichst wenige Menschenleben kostet.
Dann ist es also moralisch richtig einen zu ermorden um hundert zu retten ? So einfach ist es nach meinem Dafürhalten nicht, lieber Döding, auch wenn Sie den hochgeschätzten Mr. Spock damit sicher auf ihrer Seite wissen ("Das Wohl vieler ist wichtiger als das Wohl weniger. Oder eines Einzelnen."). Davon ab dass es bei den wenigsten Kriegen beweisbar sein dürfte ob sie Leben retten, denn die Gegenprobe fehlt ja zwangsnotwendig.
Zitat Beten tötet, wenn man sonst nichts tut.
Christus war anderer Meinung. Gandhi übrigens auf seine Art genauso. Man muss diese Meinung nicht teilen, aber man sollte schon einräumen das andere durchaus ganz ehrenwert zu diesem Standpunkt kommen. Es ist nicht mein Standpunkt, aber er ist legitim. Würden wir Christus auch eine heimliche Verehrung der Römer oder Pharisäer andichten als er Petrus dazu brachte das Schwert zu senken ? Ich denke doch eher nicht.
Zitat Aber um diese großen politischen und moralischen Linien ging es mir eigentlich nur am Rande, es ging mir tatsächlich um die Situation und Befindlichkeit des einfachen Soldaten. Und dessen Tätigkeit mit der einer Politesse zu vergleichen, empfinde ich als ausgesprochen zynisch. Es fehlt hier nur noch der Verweis auf dessen "Freiwilligkeit" um gänzlich bei Helmut Berger und somit im Dschungelcamp anzukommen.
Das ich das Dschungelcamp für ganz gelungen halte wird eine gute Auseinandersetzung über diesen Punkt vermutlich nicht erleichtern. :) Aber ernsthaft: Ich finde es ganz und gar nicht zynisch. Wissen Sie was noch vor 30 Jahren der gefährlichste Beruf der BRD war ? Gar nicht so einfach zu beantworten, aber die richtige Antwort läge irgendwo zwischen Bergmann und einem Arbeiter in einer Bleihütte. Die zwar nicht so "laut" sterben wie ein getöteter Soldat, die aber ihren Beruf mit einer mehr als zehn Jahre verkürzten Lebenserwartung bezahlt haben. Und ich habe noch nie irgendwo gehört "Support the Bleihüttenarbeiter !". Und ich erlaube mir auch einen drauf zu setzen: Ich kann mir härtere Jobs vorstellen. Ich kanns mir durchaus eher vorstellen in Kandahar ein Jahr durch die Strassen zu fahren als ein Jahr in einer Kinderonkologie zu arbeiten. Hier werden ja gerade so schöne Geschichten vom eigenen Wehrdienst und der eigenen Verweigerung ausgebreitet: Ich kann mich erinnern das zu meiner Zeit durchaus auch über Verweigerung gerne und viel diskutiert wurde. In meiner Bekanntschaft haben deutlich weniger Leute verweigert als gedient. Und gar nicht so wenige, weil sie das Soldat sein als deutlich angenehmer empfanden als den Zivildienst. Sinngemäss erinnere ich mich an Formulierungen wie "Ich spiel doch nicht den Urinkellner im Altersheim.". Okay, muss man nicht. Ist auch okay. Aber sich deswegen irgendwelche edlen Motive anzupappen halte ich auch nicht für richtig. Wer sich dafür entscheidet Soldat zu werden tut das weil er die Alernativen eben weniger schätzt. Und das kann auch die Alternative sein, dass man bei der ursprünglichen Qualifikation sonst weniger verdient.
Zitat von Llarian im Beitrag #43 Gandhi übrigens auf seine Art genauso. Man muss diese Meinung nicht teilen, aber man sollte schon einräumen das andere durchaus ganz ehrenwert zu diesem Standpunkt kommen.
"Hitler killed five million Jews. It is the greatest crime of our time. But the Jews should have offered themselves to the butcher's knife. They should have thrown themselves into the sea from cliffs. As it is, they succumbed anyway in their millions." The Life of Mahatma Gandhi (1950) by Louis Fischer. The quote is in the context of Gandhi's argument to his biographer that collective suicide would have been a heroic response that would have "aroused the world and the people of Germany to Hitler's violence".
Jemand hat mal im Proust'schen Fragebogen auf die Frage "Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten?" anstelle der üblichen Verdächtigen Franz von Assisi, Rousseau & Gandhi genannt. Die Einschätzung muß man auch nicht teilen, aber man kann ganz ehrenwert dazu kommen.
Ich finde den Artikel lesenswert, weil darin ganz ohne irgendeine moralische Komponente schlicht untersucht wird, ob Großbritannien seine Interessen noch militärisch verteidigen kann. (Der Autor sagt ja, ein von ihm zitierter anderer Artikel sagt nein. Entscheidend ist mir hier lediglich, dass es hierzu in Großbritannien offensichtlich eine entsprechende öffentliche Diskussion gibt, die in Deutschland schlicht fehlt).
Der Autor des Artikels betont übrigens die Bedeutung der nationalen Befindlichkeit: Ist eine Nation überhaupt willens, seine Interessen mit Blut zu verteidigen und seine Soldaten entsprechend zu unterstützen?
Zitat To the authors minds, the phrase warrior nation does not mean ‘how many tanks you can put into a hypothetical battlefield against a long vanished army’. It means ‘the willingness of a people to see violence inflicted in their name, and if needs be participate, whatever the cost may be’. The UK as a nation is one comfortable spending money on defence, comfortable using its military across the globe and although saddened, can accept the fact that this use often comes at a high cost. (...) Any nation can have a large military, but it’s about a deeper willingness to accept and understand that there are times when it must be employed for a greater good, often at a cost of treasure and blood. (...) We are a great nation, full of great people prepared to do great things. Today, let us be thankful to those who have paid so much to enable us to be where we are now.
Man mag es begrüßen oder bedauern. Aber es ist m.E. kaum vorstellbar, dass in Deutschland ähnlich argumentiert würde.
Zitat von Krischan im Beitrag #32 Dieser schöne Spruch stammt übrigens von einem Deutsch-Amerikaner, Carl Schurz (in diesem Forum muss ich wohl nicht erläutern, wer das war). Und in seiner Gesamtheit geht der wie folgt: "My country, right or wrong. If right, keep right, if wrong, put right". Also alles andere als blinder Kadavergehorsam, wohl eine der eindringlichsten Handlungsanleitungen, die ich kenne.
Und genau das ist falsch, lieber Krischan. Hätten Sie das noch einmal genauer nachgeschlagen, dann hätten Sie gefunden das der Satz bereits 70 Jahre vor Schurz von Stephen Decatur junior geäussert wurde. Und genau das ausdrückte, wovon ich sprach. Kadavergehorsam. Es wurde lediglich von Schurz aufgegriffen.
Zitat Kein Arbeitgeber verlangt, das eigene Leben zu riskieren -
Dann verlangt man von Polizisten nicht, dass sie sich auch bewaffneten Verbrechern entgegenstellen ?
Zitat von Am RandeSie hingegen machen aus meiner Skepsis, mich einem emphatischen Bekenntnis zu „unseren Soldaten“ hinzugeben, gleich die Unterstellung „[ich] hoff[t]e, dass sie [die Soldaten] [nicht] heil aus der Sache herausk[ä]men“.
Zu diesem grandiosen Textverständnis kann ich dann ja wohl nur noch gratulieren.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Doeding[...] Ohne Wachstum kein Wohlstand, [...]
Diese Pauschalisierung ist falsch.
Und das muss nicht begründet werden? Wachstum wirkt dem entgegen was man Inflation nennt. Ohne Wachstum verlieren Güter schneller an Wert, weil der Wert nicht erhalten werden kann. Stagnation ist deshalb mit Wohlstandseinbußen verbunden. Ohne Wachstum gibt es keine Investitionen, weil sie sich nicht armortisieren können. Dieses Zitat ist keine Pauschalisierung, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. Aber vielleicht begründen Sie, lieber Frankenstein, ihre Entgegnung noch, dass ich sie besser nachvollziehen kann.
Wachstum um des Wachstums Willen kann durchaus auch Wohlstand vernichten. Man kann hier grüne Themen bemühen (z. B. kann sich Wohlstand durchaus auch in sauberen Gewässern, reiner Luft und Naturflächen manifestieren), da dies in diesem Forum aber äusserst unpopulär sein dürfte, verweise ich auf das Wachstum in Südeuropa via Immobilienblase, welches - nicht nur in Südeuropa sondern auch in Deutschland - nachhaltig Wohlstand (bzw. potenziellen Wohlstand) zerstört hat (ich verweise dabei auch auf die Broken Window Fallacy von Bastiat) als auch auf Wachstum durch Militärausgaben (auch hier entsteht in der Regel eben kein Wohlstand, dieser wird der restlichen Gesellschaft entzogen). Auch das Wachstum in der Solarbranche vernichtet Wohlstand.
Was Sie genau Inflation nennen, ist mir unklar. Ich würde diese aber konservativ als Folge der Geldmengenvermehrung bezeichnen. Dass der "Wert" von Gütern durch Wachstum erhalten werden würde, scheint mir auch ziemlich daneben zu liegen, zumal der "Wert" eines Gutes ja volatil und und letztlich nicht objektiv messbar ist.
Zitat von LlarianDann ist es also moralisch richtig einen zu ermorden um hundert zu retten
Ja, ich bin mit dem Konzept des "Finalen Rettungsschusses", z. B. bei Geiselnahmen, einverstanden. Das ist dann aber kein Mord, lieber Llarian. Auch mit der Befreiung der "Landshut" 1977 hatte und habe ich kein Problem, im Gegenteil. Sie denn?
Zitat Christus war anderer Meinung. Gandhi übrigens auf seine Art genauso. Man muss diese Meinung nicht teilen, aber man sollte schon einräumen das andere durchaus ganz ehrenwert zu diesem Standpunkt kommen. Es ist nicht mein Standpunkt, aber er ist legitim.
Und beide starben eines gewaltsamen Todes. Ansonsten gebe ich Ihnen recht. Aber habe ich diesem Standpunkt denn seine Legitimität abgesprochen? Ich sehe es halt anders und habe versucht, das zu begründen. Überhaupt glaube ich, außer in der Überschrift meines Beitrages, keinerlei Imperative verwendet zu haben. Ich sage nicht, "man muß", und alles andere sei illegitim. Auch die "Vaterlandslose Gesellen!"-Keule habe ich nicht benutzt, das läge mir auch völlig fern, ich finde Krieg, wie jeder normale Mensch, entsetzlich. Ansonsten bitte ich um Textbeispiele.
Zitat Ich finde es ganz und gar nicht zynisch. Wissen Sie was noch vor 30 Jahren der gefährlichste Beruf der BRD war ? Gar nicht so einfach zu beantworten, aber die richtige Antwort läge irgendwo zwischen Bergmann und einem Arbeiter in einer Bleihütte. Die zwar nicht so "laut" sterben wie ein getöteter Soldat, die aber ihren Beruf mit einer mehr als zehn Jahre verkürzten Lebenserwartung bezahlt haben. Und ich habe noch nie irgendwo gehört "Support the Bleihüttenarbeiter !".
Meines Wissens sind und waren es die Holzrücker, die Waldarbeiter, die die größte Wahrscheinlichkeit haben, bei der Berufsausübung schwer verletzt oder getötet zu werden.
2 Szenarien, lieber Llarian.
Szenario 1: Soldat wird bei Sprengstoffanschlag in Kabul schwer verletzt, Gesicht entstellt. Er kommt nach Hause. Reaktion Person X: "Tja, das ist ja mal dumm gelaufen, aber das ist halt Berufsrisiko; stell dich mal nicht so an. Überhaupt, ihr habt in Afghanistan nix verloren. Außerdem seid ihr doch eh alle Büttel der Rüstungskonzerne und des internationalen Kapitals."
Szenario 2: Waldarbeiter wird beim Baumfällen schwer verletzt, Gesicht entstellt. Er kommt nach Hause. Reaktion Person y: "Tja, das ist ja mal dumm gelaufen, aber ist halt Berufsrisiko; stell dich mal nicht so an. Überhaupt, ihr habt im Wald nix verloren, das ist Natur. Außerdem seid ihr eh alles Büttel von Ikea und des globalisierten Holzhandels."
Preisfrage: welches Szenario ist wahrscheinlicher?
Unter anderem deshalb halte ich ausdrücklichen support für unsere Soldaten für wichtig und angebracht, für Holzrücker dagegen nicht.
Zitat von LlarianDann ist es also moralisch richtig einen zu ermorden um hundert zu retten
Ja, ich bin mit dem Konzept des "Finalen Rettungsschusses", z. B. bei Geiselnahmen, einverstanden. Das ist dann aber kein Mord, lieber Llarian. Auch mit der Befreiung der "Landshut" 1977 hatte und habe ich kein Problem, im Gegenteil. Sie denn?
Lieber Andreas Döding, das wirklich haarige Fallbeispiel ist nicht der finale Rettungsschuss, der den Übeltäter (und nur diesen) trifft, sondern z.B. der Flugzeugabschuss, bei dem auch die als Geiseln genommenen Passagiere getötet werden, weil man den von den Hijackern geplanten Kamikaze-Anschlag verhindern möchte.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.