Zitat von Doeding im Beitrag #12Schmidt hat den Nato- Doppelbeschluß durchgezogen, gegen die Öffentlichkeit, gegen die eigene Partei. Es war nicht der einzige, aber ein wesentlicher Grund für das Ende seiner Kanzlerschaft. Ein die Nerven verlierendes Volk ist nicht unbedingt ein Grund, gegen die eigenen Überzeugungen zu handeln.
Amen.
Und wie schlimm ich das damals fand als junger Erwachsener!
Erst im weiteren Verlauf der 80er Jahre sah ich ein, dass er richtig gehandelt hatte.
Zitat von Regierungserklärung vom 13.10.1982Frieden schaffen ohne Waffen: Das ist ein verständlicher Wunsch, ein schöner Traum, aber er ist vor allem eine lebensgefährliche Illusion. Frieden schaffen nur durch Waffen: Das wäre eine tödliche Verblendung. Frieden schaffen mit immer weniger Waffen: Das ist die Aufgabe unserer Zeit. Wir unterstützen deshalb die im Bündnis abgestimmten Initiativen, die in ihrer Gesamtheit das bisher umfassendste Rüstungskontrollangebot an die sowjetische Seite darstellen. Die Bundesregierung steht uneingeschränkt zum Doppelbeschluss der NATO von 1979, zu jenem Beschluss, der Verhandlungen über die Reduzierung und Begrenzung sowjetischer und amerikanischer nuklearer Mittelstreckensysteme bietet. Sie wird die Beschlüsse erfüllen und nach innen vertreten: den Verhandlungsteil und − wenn notwendig − auch den Nachrüstungsteil. Nur wenn die Sowjetunion weiß, dass sie mit einer Stationierung amerikanischer Systeme ab Ende 1983 in Europa fest rechnen muss, kann mit ihrer Bereitschaft gerechnet werden, zu guten Verhandlungsergebnissen beizutragen.
Zitat von Frank BöhmertErst im weiteren Verlauf der 80er Jahre sah ich ein, dass er richtig gehandelt hatte.
Jap. Adenauer hat mal in einem Interview sinngemäß gesagt, daß ein Politiker nicht nur klug, kühl abwägend usw. sein solle, nein, er müsse auch Mut haben. Er selbst hat ihn mehrfach bewiesen, z. B. als er auf den den alliierten Siegern vorbehaltenen Teppich trat und als er die Wiederbewaffnung durchgesetzt hat. Schmidt im deutschen Herbst und mit dem Doppelbeschluß. Kohl hat vielleicht den größten Mut bewiesen, als er den Alliierten seinen 10-Punkte-Plan vor den Latz geknallt hat. Mehr Beispiele fallen mir spontan auch schon nicht mehr ein... Herzlichen Gruß, Andreas Döding
Zitat von Frank BöhmertErst im weiteren Verlauf der 80er Jahre sah ich ein, dass er richtig gehandelt hatte.
Jap. Adenauer hat mal in einem Interview sinngemäß gesagt, daß ein Politiker nicht nur klug, kühl abwägend usw. sein solle, nein, er müsse auch Mut haben. Er selbst hat ihn mehrfach bewiesen, z. B. als er auf den den alliierten Siegern vorbehaltenen Teppich trat und als er die Wiederbewaffnung durchgesetzt hat. Schmidt im deutschen Herbst und mit dem Doppelbeschluß. Kohl hat vielleicht den größten Mut bewiesen, als er den Alliierten seinen 10-Punkte-Plan vor den Latz geknallt hat. Mehr Beispiele fallen mir spontan auch schon nicht mehr ein... Herzlichen Gruß, Andreas Döding
Zitat von Frank BöhmertErst im weiteren Verlauf der 80er Jahre sah ich ein, dass er richtig gehandelt hatte.
Jap. Adenauer hat mal in einem Interview sinngemäß gesagt, daß ein Politiker nicht nur klug, kühl abwägend usw. sein solle, nein, er müsse auch Mut haben. Er selbst hat ihn mehrfach bewiesen, z. B. als er auf den den alliierten Siegern vorbehaltenen Teppich trat und als er die Wiederbewaffnung durchgesetzt hat. Schmidt im deutschen Herbst und mit dem Doppelbeschluß. Kohl hat vielleicht den größten Mut bewiesen, als er den Alliierten seinen 10-Punkte-Plan vor den Latz geknallt hat. Mehr Beispiele fallen mir spontan auch schon nicht mehr ein... Herzlichen Gruß, Andreas Döding
Alles Beispiele für zu ihrer Zeit höchst umstrittene Maßnahmen (für die der Amtsinhaber seine Wiederwahl aufs Spiel setzte), die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt haben. Und das sind nur die großen Weichenstellungen. Auf Ministerebene gibt es auch viel Fälle, wo ein Minister seinen Job riskierte für eine von ihm als richtig erkannte Politik. Zum Beispiel Fischers Engagement für den Kosovo-Einsatz.
Alles dies würde ich als "mutig" bezeichnen.
Interessanterweise wird der Begriff "mutig" häufig jedoch für ganz andere Aktionen verwendet. Da gilt ein Regisseur als "mutig", wenn er ein klassisches Stück unkonventionell aufführt (wobei dies von ihm vom Feuilleton ja geradezu erwartet wird und es eigentlich heutzutage viel "mutiger" wäre, ein Goethe-Stück nahe an dem aufzuführen, wie Goethe selbst sich das wahrscheinlich gedacht hatte). Oder ein Beispiel aus meiner heutigen Lokalpresse: Der Kreis-Etat wird dieses Jahr einen neuen Höchststand erreichen mit vielen Ausgaben für Wunsch-Projekte einzelner Interessengruppen. Der Kommentator der Tageszeitung bezeichnet den Etatentwurf als "mutig". Dabei gibt es eigentlich für einen Politiker nichts feigeres, als allen Partikularinteressen nachzukommen.
Alles Beispiele für zu ihrer Zeit höchst umstrittene Maßnahmen (für die der Amtsinhaber seine Wiederwahl aufs Spiel setzte), die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt haben.
Gerade Brandts Ostpolitik und die Verdängung der Hallstein-Doktrin durch den Wandel durch Annäherung halte ich für einen der elementarsten Fehler in der bundesdeutschen Geschichte - die DDR wäre nämlich ohne diese Aufwertung locker schon ein Jahrzehnt eher pleite gewesen und ich wäre in einer wesentlich freieren Gesellschaft aufgewachsen. Gerade die Zugeständnisse der Bundesrepublik, von den Straußschen Milliardenkrediten bis hin zur Unterstützung der DDR-Wirtschaft durch "Gestattungsproduktion" hat doch die tatsächliche Misere verschleiert und den wirtschaftlichen Zusammenbruch massiv herausgezögert. Dieses ökonomische Sein hat das politische (Selbst-)Bewusstsein sehr stark beeinflusst - da hatte Marx schon recht.
Nein, ich kann an der geänderten Ostpolitik nichts Gutes erkennen. Außer, dass sie die politischen Verhältnisse zementierte und somit eine scheinbare Stabilität und Berechenbarkeit schuf. Aber das ist, auf lange Sicht, die schlechtere Alternative. Damit kauft man sich nur Zeit, und wenn man die nicht nutzt, dann ist sowohl die Zeit als auch das Geld weg.
Zitat von KrischanNein, ich kann an der geänderten Ostpolitik nichts Gutes erkennen. Außer, dass sie die politischen Verhältnisse zementierte und somit eine scheinbare Stabilität und Berechenbarkeit schuf. Aber das ist, auf lange Sicht, die schlechtere Alternative. Damit kauft man sich nur Zeit, und wenn man die nicht nutzt, dann ist sowohl die Zeit als auch das Geld weg.
Es ging allerdings eher um die Frage, welche Bundeskanzler bislang mutige Entscheidung getroffen haben, weniger um die Frage, ob diese auch richtig waren, lieber Krischan. Die Ostpolitik war mutig, aber nicht sooo mutig, Er hatte die Intellektuellen, die Künstler, und einen Teil der deutschen Öffentlichkeit durchaus hinter sich. Und natürlich alle anderen Linken.
Ansonsten sehe ich es so wie Sie. Ich halte Brandt für einen völlig überschätzten Kanzler. In der Helmut Schmidt-Biografie von Hartmut Soell ist überliefert, dass Brandt Schmidt nach seinem Rücktritt gebeten hat, in der Öffentlichkeit nicht deutlich zu machen, dass er einen, so wörtlich, "Scheißladen" von Brand übernommen habe. Das zeigt, wie Brandt seine eigene Kanzlerschaft wohl bewertet hat. Schmidt hat das auch nicht getan. Im Übrigen hat Brandt Schmidt das dann 8 Jahre später bei der Frage das Doppelbeschlusses ganz reizend "gedankt". Unter ihm wurde der Sozialstaat in einer Weise aufgebläht, unter der wir letztlich noch heute leiden, obwohl Schmidt anschließend manche Bremse gezogen hat. Er hat Wohltaten versprochen, die andere bezahlen sollten. Ich glaube, daß er ein depressiver, schwacher Kanzler war.
Ergänzung: das Beste, was Brandt meiner Meinung nach zustande gebracht hat, ist sein Sohn Matthias; als deutschsprachiger Schauspieler ein Ausnahmetalent!
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #24Sie haben aber, lieber Noricus, zuvor geschlussfolgert, dass die Bundeskanzlerin der Fukushima-Hysterie und CDU-affinen Bürgern gemäß handelte. Diese sind aber nicht dümmer als die Grünen, hätten also ebenso wie diese, evtl. Scheinhandlungen als solche erkannt.
Was die nicht größere Dummheit betrifft, so gebe ich Ihnen Recht. Aber die meisten Wähler schauen nicht so genau hin wie der parteipolitische Konkurrent, weil ihnen die Transaktionskosten für die Informationsbeschaffung zu hoch sind. D.h. beim Wähler hätten Placebos vermutlich schon eine weitreichende Wirkung entfaltet. Der politische Gegner sucht natürlich immer das Haar in der Suppe; die Grünen mosern jetzt ja auch noch halbherzig an der Energiewende herum, was man aber wohl in den Bereich des Rituellen verweisen darf.
Zitat Es passt m.E. nicht zu Frau Merkel bei den Grünen um eine Koalition zu werben.
Merkel geht hierbei natürlich nicht in derselben anbiedernden Weise vor wie z.B. die SPD. Sie ändert vielmehr die Positionen ihrer Partei in die entsprechende Richtung und versetzt die Grünen dadurch in die Lage, gleichsam ohne Gewissensbisse und Umfaller-Problematik mit der Union zu koalieren. Wenn die CDU sich jetzt auch noch zu einer umfassenden rechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe durchringt, dann dürften Koalitionsaversionen zwischen der CDU und den Grünen wirklich nur noch an der Inkompatibilität des Bildes von sich selbst und von der anderen Partei liegen. (Letztlich gibt es auch zwischen der CSU und den Grünen Überschneidungen, insbesondere z.B. hinsichtlich der Technikfeindlichkeit, siehe Gentechnik.)
Zitat Die Energiewende hat nicht mit der Fukushima-Hysterie begonnen. Sie war lediglich der Auslöser für den Atomausstieg, welcher den Energieunternehmen vielleicht auch das Primat der Politik klarmachen sollte. [...] Am 28.09.2010, also nach etwas mehr als einem Monat, wurde dann das Energiekonzept beschlossen, welches die Ziele der Energiewende bereits enthielt. Hier können Sie diese vergleichen: http://www.bmu.de/themen/klima-energie/e...und-massnahmen/
Ja, aber in dem von Ihnen dankenswerterweise verlinkten BMU-Dokument steht auch:
Zitat Als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe in Fukushima steigt Deutschland mit den Beschlüssen vom Sommer 2011 bis zum Jahr 2022 schrittweise aus der Nutzung der Kernenergie aus, verbessert die Energieeffizienz und beschleunigt den Umstieg auf die erneuerbaren Energien. [Hervorhebungen von mir]
Fukushima wirkte folglich als Katalysator (bzw., um die von Ihnen verwendete, bessere Formulierung zu gebrauchen: Druckerhöher) für die Energiewende. Man wollte nunmehr das Erreichen der schon vorher beschlossenen Zielbestimmungen übers Knie brechen, da hierfür durch die AKW-Restlaufzeitverkürzung und die Beibehaltung des Ziels der CO2-Reduktion ja eine Notwendigkeit geschaffen wurde.
Ich glaube aber nach wie vor (doch vielleicht ist das auch nur eine eitle Hoffnung), dass sich in der schwarz-gelben Koalition mittlerweile eine gewisse Wendemüdigkeit breitmacht. Es ist eine Sache, Ziele zu bestimmen und Beschlüsse zu fassen, und eine andere, diese umzusetzen. So naiv das vielleicht klingt, aber ich bin davon überzeugt, dass viele Probleme und Kostenfaktoren der Energiewende bei der überstürzten Inangriffnahme nach Fukushima nicht ausreichend berücksichtigt wurden. In diesem Machbarkeitswahn wurde man mit Sicherheit durch das Transformations-Gutachten bestärkt.
EDIT: ihm im zweiten Satz in ihnen geändert, da sonst falscher Bezug
Zitat von Florian im Beitrag #30Interessanterweise wird der Begriff "mutig" häufig jedoch für ganz andere Aktionen verwendet. Da gilt ein Regisseur als "mutig", wenn er ein klassisches Stück unkonventionell aufführt (wobei dies von ihm vom Feuilleton ja geradezu erwartet wird und es eigentlich heutzutage viel "mutiger" wäre, ein Goethe-Stück nahe an dem aufzuführen, wie Goethe selbst sich das wahrscheinlich gedacht hatte). Oder ein Beispiel aus meiner heutigen Lokalpresse: Der Kreis-Etat wird dieses Jahr einen neuen Höchststand erreichen mit vielen Ausgaben für Wunsch-Projekte einzelner Interessengruppen. Der Kommentator der Tageszeitung bezeichnet den Etatentwurf als "mutig". Dabei gibt es eigentlich für einen Politiker nichts feigeres, als allen Partikularinteressen nachzukommen.
Nein, wir leben nicht in der DDR 2.0. Aber in der letzten Zeit erlebe ich in immer kürzeren Abständen dieses und jenes, was sehr daran erinnert. Zum Beispiel das für totalitäre Systeme typische Selbstzuschreiben von „Mut“. In den 30ern und danach gab es viel „Mut“, der damals allerding (bei den Nazis) „heldisch“ oder (in der Sowjetunion und Satelliten) „heldenhaft“ genannt wurde. Heldenstädte gab es, Helden der Arbeit, Helden der Sowjetunion, heldenhaftes Verhalten, Helden wo Du gehst und stehst. Auch das MfS hat sich mit dem Nimbus des kämpferischen, heldenhaften umgeben. Das war kein Unterdrückungsapparat, sondern „Tschekisten“ (was als eine Art Bürgerkriegskämpfer gemeint war) oder „Schwert und Schild der Partei“. Auch das Wappen symbolisierte Heldenmut.
Die Sprache wandelt sich. Helden sind im Orkus der Geschichte verschwunden oder zur lustigen/selbstironischen Dreingabe (Clowns und Helden) mutiert. Heute gibt es Mut und noch mehr Courage. Man macht wirklich nichts falsch, wenn man davon ausgeht, dass die heutzutage als „mutig“ oder „couragiert“ Herausgehobenen stromlinienförmige, überangepasste Schleimer sind.
Botho Strauss hatte diese Vorahnung schon vor 20 Jahren.
Zitat von Anschwellender BocksgesangEs mag in Osteuropa geschehen, was will, bei uns ist links nach wie vor dort, wo sich die kulturelle Mehrheit befindet. Ohne großen Unterschied ist es die öffentliche Intelligenz, sind es die gewitzten und zerknirschten Gewissenswächter, die ihren aufrechten Gang im wesentlichen nutzen, um zum nächsten Mikrofon oder Podium zu schreiten, und die gegenwärtig allesamt sich der erbitterten Anstrengung unterziehen, mit rationalen Mitteln eine Beschwörung zu betreiben, als erstrebten sie, wenigstens für sich und ihre Rede, gerade jene magische und sakrale Autorität, die sie als aufrechte Wächter aufs schärfste bekämpfen.
Und so kam es auch. Heute nennt man es couragiert, eine politische Überzeugung kundtun, die alle Bundestagsparteien, alle großen Medien, alle Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen, alle Kirchen und großen Verbände teilen.
Heutzutage ist ein couragierter Innenminister entzückt über das mutige Urteil des Amtsgerichts Gemünden gegen einen Neonazi. Was die Frage evoziert, ob der noch alle Tassen im Schrank hat. Wie wahnsinnig muss man sein von "mutig" zu reden, wenn die Besitzer von 100% Macht die 100% Machtlosen abwatschen?
Tom Cruise hat einen Bambi abgefasst in der Kategorie (welche wohl?) „Mut“. Alle sind begeistert. Nein, nicht alle. Ein Neider hat rumgemotzt.
Zitat von Heiner LauterbachEinen Film zu drehen, dafür 50 Millionen Dollar zu bekommen - ich finde, da gibt es Mutigeres.
Nach Ihrer Alkoholfahrt im Februar 2011 hätte die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann beinahe den Zivilcourage-Preis der Europäischen Kulturstiftung Pro Europa bekommen, für den überaus mutigen Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" und für den "Mut", den sie mit ihrem Rücktritt bewiesen habe. Und das war nicht ironisch gemeint!
Es geht noch schlimmer. Eine vom Staat mit Steuermillionen und strafrechtlicher Immunität ausgestattete Schlägertruppe nennt ihre Propagandaseite Mut gegen rechte Gewalt.
Den Sinn des Courage-Theaters hat der auf den Punkt gebracht, der schon lange gegen den Gratis-Mut ätzt.
Zitat von Broder in WELT 15.11.2012, Der "German Mut" feiert sich am liebsten selbstUnd das ist in der Tat der einzige Sinn der vielen Mut- und Zivilcourage-Preise, die es jedes Jahr vom Himmel regnet. Die Guten wollen sich gut fühlen – zum Nulltarif.
Zitat von Skorpion im Beitrag #34Es geht noch schlimmer. Eine vom Staat mit Steuermillionen und strafrechtlicher Immunität ausgestattete Schlägertruppe nennt ihre Propagandaseite Mut gegen rechte Gewalt.
Nicht zu vergessen die ganzen politischen Kabarettisten, die sich irrsinnig mutig vorkommen, wenn sie schale Witzchen über die katholische Kirche reissen - als müßten sie ob ihrer "mutigen Kritik" jederzeit mit einer Vorladung vor das Inquisitionstribunal rechnen.
Wenn es um eine andere große Glaubensgemeinschaft geht, sind die Betreffenden - von Ausnahmen wie Jürgen Becker abgesehen - dann weitaus weniger mutig.
Zitat von Carlo M DimhofenWenn es um eine andere große Glaubensgemeinschaft geht, sind die Betreffenden - von Ausnahmen wie Jürgen Becker abgesehen - dann weitaus weniger mutig.
Zitat von Florian im Beitrag #30Interessanterweise wird der Begriff "mutig" häufig jedoch für ganz andere Aktionen verwendet. Da gilt ein Regisseur als "mutig", wenn er ein klassisches Stück unkonventionell aufführt (wobei dies von ihm vom Feuilleton ja geradezu erwartet wird und es eigentlich heutzutage viel "mutiger" wäre, ein Goethe-Stück nahe an dem aufzuführen, wie Goethe selbst sich das wahrscheinlich gedacht hatte). Oder ein Beispiel aus meiner heutigen Lokalpresse: Der Kreis-Etat wird dieses Jahr einen neuen Höchststand erreichen mit vielen Ausgaben für Wunsch-Projekte einzelner Interessengruppen. Der Kommentator der Tageszeitung bezeichnet den Etatentwurf als "mutig". Dabei gibt es eigentlich für einen Politiker nichts feigeres, als allen Partikularinteressen nachzukommen.
Nein, wir leben nicht in der DDR 2.0. Aber in der letzten Zeit erlebe ich in immer kürzeren Abständen dieses und jenes, was sehr daran erinnert. Zum Beispiel das für totalitäre Systeme typische Selbstzuschreiben von „Mut“. In den 30ern und danach gab es viel „Mut“, der damals allerding (bei den Nazis) „heldisch“ oder (in der Sowjetunion und Satelliten) „heldenhaft“ genannt wurde. Heldenstädte gab es, Helden der Arbeit, Helden der Sowjetunion, heldenhaftes Verhalten, Helden wo Du gehst und stehst. Auch das MfS hat sich mit dem Nimbus des kämpferischen, heldenhaften umgeben. Das war kein Unterdrückungsapparat, sondern „Tschekisten“ (was als eine Art Bürgerkriegskämpfer gemeint war) oder „Schwert und Schild der Partei“. Auch das Wappen symbolisierte Heldenmut.
Die Sprache wandelt sich. Helden sind im Orkus der Geschichte verschwunden oder zur lustigen/selbstironischen Dreingabe (Clowns und Helden) mutiert. Heute gibt es Mut und noch mehr Courage. Man macht wirklich nichts falsch, wenn man davon ausgeht, dass die heutzutage als „mutig“ oder „couragiert“ Herausgehobenen stromlinienförmige, überangepasste Schleimer sind. [...]
Erinnert mich daran, wie nach dem Anschlag vom 09.11. alle Welt von der Feigheit der Attentäter schwadronierte. Man kann denen ja nun alles Mögliche vorerfen, aber ein Flugzeug zu kapern und damit gegen ein Hochhaus zu fliegen - ich kann mir durchaus feigere Dinge vorstellen...
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