Zitat von Paul im Beitrag #24Der Staat muss steuernd eingreifen. Da sind wir uns einig.
Aber nicht im Geringsten, lieber Paul. Der Staat hat ja durch seine steuernden Eingriffe den (freien) Arbeitsmarkt erst kaputtgemacht. Er hat den größten Teil der Arbeitslosigkeit über die Jahre selbst produziert, indem er "die Arbeitenden" immer mehr schützen wollte, und gleichzeitig hat er die Beschäftigung von menschlichen Mitarbeitern teurer gemacht, wie er auch den Konsumenten einen großen Teil ihres Arbeitseinkommens wegnimmt oder in staatliche Kanäle umlenkt. Warum gibt es denn einen Schwarzmarkt für Arbeit? Weil dies für alle Beteiligten profitabler ist!
Ohne das steuernde Eingreifen gäbe es nur noch den Arbeitsmarkt. Ohne Schwarz-. Und da hätte jeder eine faire Chance sich einen Vertrag zu erhandeln. Aber zugegebenermaßen würde das heutzutage einem sozialen Kahlschlag bei den gering qualifizierten nach sich ziehen, denn für diese gibts ganz einfach kaum noch anspruchslose Beschäftigungen. Normalerweise gäbe es diese immer.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Paul im Beitrag #24Der Staat muss steuernd eingreifen. Da sind wir uns einig. Nur nicht über den Mindestlohn sondern eine Flexibilisierung der Absicherung der Grundversorgung. "Aufstocker" ist der Begriff der dazu gebildet wurde und der leider von vielen aus politischen Gründen diskriminiert wird.
Lieber Paul, ich stimme Ihnen weitgehend zu. Allerdings halte ich das Instrument der bedarfsorientierten Grundversorgung (ob das nun Hartz IV, Aufstockung oder Sozialhilfe heißt) aus rein effizienzorientierten Gründen schon für sinnlos, da mit diesen Instrumenten immer auch der Verwaltungsapparat des Wohlfahrtsstaates (die Sozialbürokratie) aufgebläht wird. Diese Sozialbürokratie ist ja auch unser vordringliches Problem mit dem Sozialstaat, denn sie produziert sich selbst die "Empfänger" der Leistungen und schafft sich damit selbst neue Berechtigung und Arbeitsplätze. Nein, trotz aller Nachteile sehe ich nur eine Möglichkeit, der ausufernden Sozialbürokratie Herr zu werden und arbeitswilligen Menschen ein würdiges (Arbeits-)Leben ohne Mindestlohn zu ermöglichen: ein eben ohne Bedarfsprüfung anstelle aller anderer Leistungen ausgezahltes Einkommen (im Sinne einer negativen Einkommenssteuer oder des bedingungslosen Grundeinkommens). Dieses ist tatsächlich nach allen gängigen Rechenmodellen nicht zu bezahlen - da der größte Sparposten, nämlich einige hunderttausend gut bis best bezahlte Arbeitnehmer in der Sozialbürokratie und einige hundert von der Sozialbürokratie vollständig abhängige "Unternehmen", nicht einberechnet wird. Kombiniert man dieses dann noch mit der Kirchhoff'schen Flat Tax, ist man beim Althoff-Modell (fixes Grundeinkommen, fixe Steuern für jeden Euro, der ansonsten verdient wird). Wichtig für den Erfolg sind dabei meiner Meinung nach aber folgende Bedingungen (die für jeden 'Linken' und 'Konservativen' leider Ablehnungsgründe sind): 1) Das Grundeinkommen, bzw. die maximal als negative Einkommenssteuer ausbezahlte Geldmenge, dürfen nur für Grundlebensbedürfnisse ausreichend sein (Nahrung, angemessener Wohnraum, gerade ausreichender Heiz- und Strombedarf, ein wenig Kleidung und ein wenig Bildung/Lesestoff) 2) die Höhe ist nicht vom Wohnort abhängig - jeder bekommt zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort das Gleiche 3) wenn das Grundeinkommen verbraucht ist, gibt es trotzdem nichts, falls der Bezieher dann immer noch Bedarf hat. Damit meine ich: Das Geld, das der Bezieher über das Grundeinkommen hinaus für was auch immer(!) benötigen könnte, muss er eben hinzuverdienen. 4) Zumindest innerhalb der Freizügigkeitsgrenzen müsste überlegt werden, ob dieses Einkommen nicht sogar überstaatlich (also von den Europäischen Gemeinschaften) gezahlt und finanziert werden müsste. Ist dieses nicht der Fall, ist das Grundeinkommen nur Bürgern dieses Staates und hier arbeitenden Bürgern anderer EU-Staaten zu gewähren; legal hier lebende Immigranten sollten eventuell aus einem anderen Topf ernährt werden. Illegal Eingewanderte sollten kein Einkommen beziehen. 5) Auch für Kinder muss eine Regelung gefunden werden, die einen Mißbrauch durch die Eltern unmöglich macht. Natürlich sollten die Eltern die Hoheit über das Geld der Kinder bekommen - allerdings nicht über den absolut lebensnotwendig Bedarf an Nahrungsmitteln und Schulmaterialien, die eben direkt als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden sollten. Ansonsten wird über die (natürlich notwendige, da die Kinder ja nicht unter den Fehlern der Eltern langfristig leiden sollten) zusätzliche Unterstützung für Kinder im Notfall der befreiende Aspekt wieder zunichte gemacht.
Ein solches Modell hätte - obwohl sicher sogar etwas teurer als die heutige Version des Sozialstaats - den wirklich großen Vorteil, dass alle berechtigten Gerechtigkeitsdiskussionen vom Tisch sind (die unberechtigten interessieren mich nicht - die Linke würde sicher trotzdem schäumen) und vor allem die Menschen wieder eigenverantwortlich mit ihrem Leben umgehen müssten. Wer sein Einkommen versäuft, ist halt von der Güte freiwilliger Spender in "Tafeln" oder was auch immer abhängig anstatt zusätzliches Geld aus dem Sozialetat zu bekommen.
Zitat von Llarian im Beitrag #182. Längst nicht jeder Lohn entspricht der Struktur, dass ein Arbeitgeber genau das zahlt, was er maximal bereit wäre für einen Arbeiter zu bezahlen (das wäre auch etwas absurd, denn dann gäbe es ja nie Verhandlungen ums Gehalt). Mancher Arbeitgeber wird beispielsweise eine Putzfrau für 8 Euro beschäftigen, würde aber auch 10 bezahlen, nur bekommt er sie halt aufgrund von Angebot und Nachfrage eben auch für 8. Warum sollte er mehr zahlen ? Steigt nur der Lohn aufgrund von Mindestlohngesetzen auf 9 Euro wird dadurch hier niemand arbeitslos. Der Gewinn des Unternehmers wird geringer, der Lohn der Putzfrau steigt. Das kann durchaus im volkswirtschaftlichen Sinne sein.
Japp, aber wir haben es hier ja mit einer flächendeckenden Lohnuntergrenze zu tun. Und da wird es auch genug Putzfrauen geben, deren Leistung bei 8 Euro noch im leistbaren Limit liegt, während die 10 eindeutig nach einer Ausweichbewegung verlangen. Manche profitieren, manche fallen aber ganz aus dem Arbeitsmarkt raus. Und jeder verlorene Job in der einen Region kann kaum durch 2 €/h Mehrverdienst in einer anderen Region kompensiert werden.
Übrigens liegen z.B. Industriereiniger (Vollzeitstellen) vielleicht so bei 6,5 €/h und aus der fleischverarbeitenden Branche (Ost) sind mir Löhne von unter 5 Euro bekannt. Und da gibt's nichtmal Trinkgeld. Dass sich da überhaupt noch Leute finden die sich nicht die Miete vom Amt bezahlen lassen wollen, ist echt erstaunlich.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat von Paul im Beitrag #24Der Staat muss steuernd eingreifen. Da sind wir uns einig.
Aber nicht im Geringsten, lieber Paul. Der Staat hat ja durch seine steuernden Eingriffe den (freien) Arbeitsmarkt erst kaputtgemacht. Er hat den größten Teil der Arbeitslosigkeit über die Jahre selbst produziert, indem er "die Arbeitenden" immer mehr schützen wollte, und gleichzeitig hat er die Beschäftigung von menschlichen Mitarbeitern teurer gemacht, wie er auch den Konsumenten einen großen Teil ihres Arbeitseinkommens wegnimmt oder in staatliche Kanäle umlenkt. Warum gibt es denn einen Schwarzmarkt für Arbeit? Weil dies für alle Beteiligten profitabler ist!
Dann habe ich etwas falsch verstanden, lieber Calimero.
Richtig ist, dass die Eingriffe des Staates oft gegen den Markt waren und dadurch Fehlentwicklungen befördert wurden. Häufig sind es vom Wahlkampf diktierte Entscheidungen und systembedingt, weil nur die Legislaturperiode im Blick ist, auch zu kurzatmige. Jede Partei scheut sich den großen Schnitt zu propagieren, weil sie befürchtet Wähler zu verlieren. Kann es sein, dass ein großer Teil der Bevölkerung dieses Herumlavieren satt hat und die Zeit für Konsquenz und den "großen Wurf" reif ist? Kann aber sein, dass dies nur meine Wahrnehmung ist und bei mir der "Wunsch der Vater des Gedanken" ist.
Zurück zum staatlichen Eingriff. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass er grundsätzlich erforderlich ist, weil sonst die Gefahr des "Manchesterkapitalismus" droht. Der Staat darf aber nicht steuernd und lenkend in den Markt eingreifen, sondern nur unterstützend oder, noch besser, ermöglichend und befördernd. Es muss für die Marktteilnehmer - Arbeitskraftgeber und Arbeitskraftnutzer - attraktiv sein, den Anregungen des Staates zu folgen.
Wenn der Staat nur eine Seite, entweder Unternehmerinteressen oder Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt, dann greift er unzulässig in den Markt ein uns stört das Marktgefüge. (Ganz besonders auch deswegen, weil die Arbeitnehmerinteressen oft nicht durch dire Gewerkschaften vertreten werden, weil sie ihre eigenen Interessen, die Gewerkschaftsinteressen durchsetzen. Wer es nicht glaubt möge sich mal mit den Gewerkschaften in der Rolle des Arbeitgebers beschäftigen.)
Zitat von adder im Beitrag #271) Das Grundeinkommen, bzw. die maximal als negative Einkommenssteuer ausbezahlte Geldmenge, dürfen nur für Grundlebensbedürfnisse ausreichend sein (Nahrung, angemessener Wohnraum, gerade ausreichender Heiz- und Strombedarf, ein wenig Kleidung und ein wenig Bildung/Lesestoff) 2) die Höhe ist nicht vom Wohnort abhängig - jeder bekommt zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort das Gleiche 3) wenn das Grundeinkommen verbraucht ist, gibt es trotzdem nichts, falls der Bezieher dann immer noch Bedarf hat. Damit meine ich: Das Geld, das der Bezieher über das Grundeinkommen hinaus für was auch immer(!) benötigen könnte, muss er eben hinzuverdienen. 4) Zumindest innerhalb der Freizügigkeitsgrenzen müsste überlegt werden, ob dieses Einkommen nicht sogar überstaatlich (also von den Europäischen Gemeinschaften) gezahlt und finanziert werden müsste. Ist dieses nicht der Fall, ist das Grundeinkommen nur Bürgern dieses Staates und hier arbeitenden Bürgern anderer EU-Staaten zu gewähren; legal hier lebende Immigranten sollten eventuell aus einem anderen Topf ernährt werden. Illegal Eingewanderte sollten kein Einkommen beziehen. 5) Auch für Kinder muss eine Regelung gefunden werden, die einen Mißbrauch durch die Eltern unmöglich macht. Natürlich sollten die Eltern die Hoheit über das Geld der Kinder bekommen - allerdings nicht über den absolut lebensnotwendig Bedarf an Nahrungsmitteln und Schulmaterialien, die eben direkt als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden sollten. Ansonsten wird über die (natürlich notwendige, da die Kinder ja nicht unter den Fehlern der Eltern langfristig leiden sollten) zusätzliche Unterstützung für Kinder im Notfall der befreiende Aspekt wieder zunichte gemacht.
Ein solches Modell hätte - obwohl sicher sogar etwas teurer als die heutige Version des Sozialstaats - den wirklich großen Vorteil, dass alle berechtigten Gerechtigkeitsdiskussionen vom Tisch sind (die unberechtigten interessieren mich nicht - die Linke würde sicher trotzdem schäumen) und vor allem die Menschen wieder eigenverantwortlich mit ihrem Leben umgehen müssten. Wer sein Einkommen versäuft, ist halt von der Güte freiwilliger Spender in "Tafeln" oder was auch immer abhängig anstatt zusätzliches Geld aus dem Sozialetat zu bekommen.
Lieber adder, ich fürchte Sie konnten mich bislang noch nicht von den Vorzügen eines solchen Modells überzeugen. Sie schreiben, das Modell sei etwas teurer als die heutige Version des Sozialstaats. Wenn ich die Kosten betrachte, komme ich zu einem anderen Ergebnis. Das Grundeinkommen soll ausreichend sein, um notfalls davon wohnen und leben zu können, müsste sich also wohl grob an den bisherigen ALG-II-Sätzen orientieren (selbst wenn man meint, hier und da noch einen Euro kürzen zu können, weit darunter wird es nicht gehen). Der Satz soll einheitlich sein, es müsste also sichergestellt sein, dass auch ein Single die Miete zahlen kann. Nun sind die Mieten z.B. in Hamburg oder München natürlich deutlich höher als anderswo, aber selbst wenn man das außer acht lässt, kommt man zu dem Ergebnis, dass ein bundesweites Existenzminimum kaum unter 750 Euro monatlich angesiedelt werden kann (Essen, Kleidung, Wohnen, Strom, Heizung). Das sind dann 9000 Euro jährlich. Wenn jeder Einwohner leistungsberechtigt sein soll, komme ich auf schlanke 730 Mia Euro (Achtung Edit: hier stand fälschlich Mio). Zum Vergleich: die Gesamtausgaben Arbeit und Soziales lagen 2011 bei ca. 130 Mia Euro. Allein für das Grundeinkommen müssten wir die Sozialausgaben (den größten Posten im Bundeshaushalt) also mehr als verfünffachen. Und da wären bereits alle Ausgaben für Arbeitsvermittlung, Wiedereingliederung, Umschulung, Verwaltungskosten etc. komplett gestrichen. Nun, jetzt können Sie natürlich hingehen und das Einkommen bei Kindern noch ein wenig runterrechnen, weil Sie (wie Sie geschrieben haben) Sachleistungen erbringen wollen. Das wird aber zum einen die Zahlen nur geringfügig verbessern können und erfordert zum anderen auch wieder Bürokratie. Das war der finanzielle Aspekt. Ansonsten würde ich sagen, das Ganze ist eben wie bislang mit Hartz IV, nur dass es keine Überprüfung der Leistungsberechtigung gibt. Das hat, wie Sie richtig erwähnen, den Vorteil, dass der Bürokratieaufwand sinkt. Die Notwendigkeit der aktiven Arbeitssuche entfällt ebenfalls. Es ist also legitim, auf Kosten des Grundeinkommens zu leben, ohne Gegenleistung. Leistungsberechtigt sind also alle Personen, nicht nur bedürftige. Daraus folgt, dass es sehr hohe Ausgaben gibt, die durch einen hohen Steuersatz auf das tatsächlich erwirtschaftete Einkommen ausgeglichen werden müssen. Also eine starke Progression. Ich fasse mal kurz zusammen, was sich gegenüber dem jetzigen Modell der Arbeitslosensicherung ändert: 1) geringerer bürokratischer Aufwand 2) Abschaffung der Verpflichtung zur aktiven Arbeitssuche bei Arbeitslosen 3) keine Förderung der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, Fortbildung 4) vielfach höhere Sozialausgaben, mehr Umverteilung, dadurch auch 5) hohe Steuern durch starke Progression beim tatsächlich erwirtschafteten Einkommen, wenig "Leistungsgerechtigkeit"
Vielleicht habe ich bislang auch immer etwas übersehen und Sie können mich doch noch von den Vorzügen des bedingungslosen Grundeinkommens überzeugen. Bislang sehe ich selbst in der "harten" Variante hauptsächlich mehr Umverteilung, mehr Steuern, mehr Sozialismusdingens.
Herzliche Grüße Robin
Edit: Mio -> Mia (habe mir erlaubt, das nach Solus' Hinweis zu korrigieren, vielen Dank!)
Zitat von Paul im Beitrag #24Der Staat muss steuernd eingreifen. Da sind wir uns einig.
Aber nicht im Geringsten, lieber Paul. Der Staat hat ja durch seine steuernden Eingriffe den (freien) Arbeitsmarkt erst kaputtgemacht. Er hat den größten Teil der Arbeitslosigkeit über die Jahre selbst produziert, indem er "die Arbeitenden" immer mehr schützen wollte, und gleichzeitig hat er die Beschäftigung von menschlichen Mitarbeitern teurer gemacht, wie er auch den Konsumenten einen großen Teil ihres Arbeitseinkommens wegnimmt oder in staatliche Kanäle umlenkt. Warum gibt es denn einen Schwarzmarkt für Arbeit? Weil dies für alle Beteiligten profitabler ist!
Dann habe ich etwas falsch verstanden, lieber Calimero.
Richtig ist, dass die Eingriffe des Staates oft gegen den Markt waren und dadurch Fehlentwicklungen befördert wurden. Häufig sind es vom Wahlkampf diktierte Entscheidungen und systembedingt, weil nur die Legislaturperiode im Blick ist, auch zu kurzatmige. Jede Partei scheut sich den großen Schnitt zu propagieren, weil sie befürchtet Wähler zu verlieren. Kann es sein, dass ein großer Teil der Bevölkerung dieses Herumlavieren satt hat und die Zeit für Konsquenz und den "großen Wurf" reif ist? Kann aber sein, dass dies nur meine Wahrnehmung ist und bei mir der "Wunsch der Vater des Gedanken" ist.
Zurück zum staatlichen Eingriff. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass er grundsätzlich erforderlich ist, weil sonst die Gefahr des "Manchesterkapitalismus" droht. Der Staat darf aber nicht steuernd und lenkend in den Markt eingreifen, sondern nur unterstützend oder, noch besser, ermöglichend und befördernd. Es muss für die Marktteilnehmer - Arbeitskraftgeber und Arbeitskraftnutzer - attraktiv sein, den Anregungen des Staates zu folgen.
Wenn der Staat nur eine Seite, entweder Unternehmerinteressen oder Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt, dann greift er unzulässig in den Markt ein uns stört das Marktgefüge. (Ganz besonders auch deswegen, weil die Arbeitnehmerinteressen oft nicht durch dire Gewerkschaften vertreten werden, weil sie ihre eigenen Interessen, die Gewerkschaftsinteressen durchsetzen. Wer es nicht glaubt möge sich mal mit den Gewerkschaften in der Rolle des Arbeitgebers beschäftigen.)
MfG, Paul
Vielleicht ist die Begrifflichkeit falsch gewählt. Ich sähe in einem BGE oder einer Grundsicherung keinen staatlichen Eingriff im Sinne von direktem Handeln sondern eher eine staatliche Rahmensetzung im Sinne einer ordoliberalen Grenzsetzung. Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass der Staat (als Gemeinschaft der Souveräne über legislativen Weg, eventuell in seiner Funktion als "Schiedsrichter") den Rahmen setzen muss, in dem der Markt dann tatsächlich funktioniert. Ein gänzlich unkontrollierter Markt neigt zur Kartell- und Oligopolbildung, einschließlich marktschädlicher Preisabsprachen und anderer unappetitlicher Nebenwirkungen. Der "Staat" ist hier tatsächlich gefordert, durch Gesetze, Kontrollinstanzen und daraus folgender Jurisdiktion einen Rahmen zu bilden, in dem die Interessen der Bürger durch sie selbst vertreten werden können - ohne Kartelle, Zünfte oder marktfeindliche Absprachen.
"People of the same trade seldom meet together, even for merriment and diversion, but the conversation ends in a conspiracy against the public, or in some contrivance to raise prices." (Adam Smith)
Zitat von Robin im Beitrag #30[Lieber adder, ich fürchte Sie konnten mich bislang noch nicht von den Vorzügen eines solchen Modells überzeugen. Sie schreiben, das Modell sei etwas teurer als die heutige Version des Sozialstaats. Wenn ich die Kosten betrachte, komme ich zu einem anderen Ergebnis. Das Grundeinkommen soll ausreichend sein, um notfalls davon wohnen und leben zu können, müsste sich also wohl grob an den bisherigen ALG-II-Sätzen orientieren (selbst wenn man meint, hier und da noch einen Euro kürzen zu können, weit darunter wird es nicht gehen). Der Satz soll einheitlich sein, es müsste also sichergestellt sein, dass auch ein Single die Miete zahlen kann. Nun sind die Mieten z.B. in Hamburg oder München natürlich deutlich höher als anderswo, aber selbst wenn man das außer acht lässt, kommt man zu dem Ergebnis, dass ein bundesweites Existenzminimum kaum unter 750 Euro monatlich angesiedelt werden kann (Essen, Kleidung, Wohnen, Strom, Heizung). Das sind dann 9000 Euro jährlich. Wenn jeder Einwohner leistungsberechtigt sein soll, komme ich auf schlanke 730 Mio Euro. Zum Vergleich: die Gesamtausgaben Arbeit und Soziales lagen 2011 bei ca. 130 Mio Euro. Allein für das Grundeinkommen müssten wir die Sozialausgaben (den größten Posten im Bundeshaushalt) also mehr als verfünffachen. Und da wären bereits alle Ausgaben für Arbeitsvermittlung, Wiedereingliederung, Umschulung, Verwaltungskosten etc. komplett gestrichen. Nun, jetzt können Sie natürlich hingehen und das Einkommen bei Kindern noch ein wenig runterrechnen, weil Sie (wie Sie geschrieben haben) Sachleistungen erbringen wollen. Das wird aber zum einen die Zahlen nur geringfügig verbessern können und erfordert zum anderen auch wieder Bürokratie. Das war der finanzielle Aspekt. Ansonsten würde ich sagen, das Ganze ist eben wie bislang mit Hartz IV, nur dass es keine Überprüfung der Leistungsberechtigung gibt. Das hat, wie Sie richtig erwähnen, den Vorteil, dass der Bürokratieaufwand sinkt. Die Notwendigkeit der aktiven Arbeitssuche entfällt ebenfalls. Es ist also legitim, auf Kosten des Grundeinkommens zu leben, ohne Gegenleistung. Leistungsberechtigt sind also alle Personen, nicht nur bedürftige. Daraus folgt, dass es sehr hohe Ausgaben gibt, die durch einen hohen Steuersatz auf das tatsächlich erwirtschaftete Einkommen ausgeglichen werden müssen. Also eine starke Progression. Ich fasse mal kurz zusammen, was sich gegenüber dem jetzigen Modell der Arbeitslosensicherung ändert: 1) geringerer bürokratischer Aufwand 2) Abschaffung der Verpflichtung zur aktiven Arbeitssuche bei Arbeitslosen 3) keine Förderung der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, Fortbildung 4) vielfach höhere Sozialausgaben, mehr Umverteilung, dadurch auch 5) hohe Steuern durch starke Progression beim tatsächlich erwirtschafteten Einkommen, wenig "Leistungsgerechtigkeit"
Vielleicht habe ich bislang auch immer etwas übersehen und Sie können mich doch noch von den Vorzügen des bedingungslosen Grundeinkommens überzeugen. Bislang sehe ich selbst in der "harten" Variante hauptsächlich mehr Umverteilung, mehr Steuern, mehr Sozialismusdingens.
Herzliche Grüße Robin
Sie übersehen dabei den größten Vorteil, den dieses Modell bietet (und der mir eine höhere Steuerbelastung durch einen einheitlich Steuersatz durchaus wert ist): dieses Modell zerschlägt den unheilvollen circulus vitiosus, der die Sozialbürokratie so stark und überall präsent macht, indem es die Sozialbürokratie unnötig macht. Wir haben im Moment das Problem, dass jede auch noch so sinnvolle Kürzung des Sozialetats nicht einmal angedacht werden kann, da eine sehr starke Lobby aus Angestellten der Sozialbürokratie (alle in entsprechenden Ämtern oder Agenturen beschäftigten, plus die ganzen Angestellten der Profiteure dieses aufgeblähten Apparates) sich sofort dagegen wehrt - und natürlich bei ihren Verbündeten in den Medien Unterstützung findet. Wie viele völlig sinnlose "Fortbildungen" werden denn durchgeführt? Der Großteil der dafür vorgesehenen Gelder wird nicht für Umschulungen sondern für "Bewerbungstrainings" und andere sinnlose Maßnahmen ausgegeben - meist an Pseudofirmen, die von Gewerkschaften oder sog. Sozialverbänden getragen werden. Durch eine bedingungslose Zahlung des Grundeinkommens bzw. eine negative Einkommenssteuer wird diese Bürokratie und die entsprechende Soziallobby völlig kaltgestellt (was auch der Grund dafür ist, dass dieses Modell schlecht geredet wird und sowieso in Deutschland utopisch ist - selbst die FDP fordert ja kein bedingungsloses GEK, sondern eine Zahlung nur an "Bedürftige").
Ein progressives Steuersystem ist eigentlich für ein solches Grundeinkommen nicht geeignet, daher sollte es immer mit einer Flat Tax, bzw. einem einstufigen Einkommenssteuersatz gekoppelt sein. Das Althaus-Modell sah vor, eine Wahlmöglichkeit einzuführen zwischen 800€ Einkommen und 50% Steuern auf der einen und 400€ Einkommen und 25% Steuern auf der anderen Seite (und Kinder, wenn ich mich nicht täusche bei 400) - wobei die Finanzämter, die auch für die Abwicklung des BGE zuständig gewesen wären, bei der Jahressteuererklärung den für die Steuerzahler günstigere Option auswählen müssten. Diese Variante wurde damals zumindest als finanzierbar angesehen.
Zitat von adder im Beitrag #31 Der "Staat" ist hier tatsächlich gefordert, durch Gesetze, Kontrollinstanzen und daraus folgender Jurisdiktion einen Rahmen zu bilden, in dem die Interessen der Bürger durch sie selbst vertreten werden können - ohne Kartelle, Zünfte oder marktfeindliche Absprachen.
Ja, lieber adder, so stelle ich mir das auch vor.
Mir ist noch etwas zu dieser Überlegung eingefallen:
Der Eigennutz ist die stärkste Triebkraft des Menschen. Deshalb muss jede staatliche Einflussnahme ihn befördern. Aber er muss an den Gemeinnutz gekoppelt werden. Daraus ergibt sich, dass mit höherem Eigennutz zwangsläufig auch ein höherer Gemeinnutz entstehen muss. Ganz praktisch: Je höher der Profit, desto höher die Steuer. Die Abgabenlast darf aber das Gewinnstreben nicht eliminieren. (Siehe Nell-Breuning - "Sozialbindung des Eigentums") Natürlich muss auch das von Nell-Breuning entwickelte Subsidiaritätsprinzip bei allen Entscheidungen beachtet werde.
(Wie dieses Prinzip verletzt wird erleben wir gerade in Berlin: Wowereit kümmert sich um die East Side Gallery, für die er keine Zuständigkeit hat. Dafür kümmert er sich um BER nicht!)
Zitat von adder im Beitrag #32Sie übersehen dabei den größten Vorteil, den dieses Modell bietet (und der mir eine höhere Steuerbelastung durch einen einheitlich Steuersatz durchaus wert ist): dieses Modell zerschlägt den unheilvollen circulus vitiosus, der die Sozialbürokratie so stark und überall präsent macht, indem es die Sozialbürokratie unnötig macht. Wir haben im Moment das Problem, dass jede auch noch so sinnvolle Kürzung des Sozialetats nicht einmal angedacht werden kann, da eine sehr starke Lobby aus Angestellten der Sozialbürokratie (alle in entsprechenden Ämtern oder Agenturen beschäftigten, plus die ganzen Angestellten der Profiteure dieses aufgeblähten Apparates) sich sofort dagegen wehrt - und natürlich bei ihren Verbündeten in den Medien Unterstützung findet. Wie viele völlig sinnlose "Fortbildungen" werden denn durchgeführt? Der Großteil der dafür vorgesehenen Gelder wird nicht für Umschulungen sondern für "Bewerbungstrainings" und andere sinnlose Maßnahmen ausgegeben - meist an Pseudofirmen, die von Gewerkschaften oder sog. Sozialverbänden getragen werden. Durch eine bedingungslose Zahlung des Grundeinkommens bzw. eine negative Einkommenssteuer wird diese Bürokratie und die entsprechende Soziallobby völlig kaltgestellt (was auch der Grund dafür ist, dass dieses Modell schlecht geredet wird und sowieso in Deutschland utopisch ist - selbst die FDP fordert ja kein bedingungsloses GEK, sondern eine Zahlung nur an "Bedürftige").
Ein progressives Steuersystem ist eigentlich für ein solches Grundeinkommen nicht geeignet, daher sollte es immer mit einer Flat Tax, bzw. einem einstufigen Einkommenssteuersatz gekoppelt sein. Das Althaus-Modell sah vor, eine Wahlmöglichkeit einzuführen zwischen 800€ Einkommen und 50% Steuern auf der einen und 400€ Einkommen und 25% Steuern auf der anderen Seite (und Kinder, wenn ich mich nicht täusche bei 400) - wobei die Finanzämter, die auch für die Abwicklung des BGE zuständig gewesen wären, bei der Jahressteuererklärung den für die Steuerzahler günstigere Option auswählen müssten. Diese Variante wurde damals zumindest als finanzierbar angesehen.
Lieber adder, vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie haben noch einmal den Punkt betont, dass Sie vor allem die ausufernde Sozialbürokratie stört. Den Gedanken möchte ich eindeutig unterstützen, und er wurde ja von mir keinesfalls übersehen, er wird ja von mir in meinem vorangegangen Beitrag mehrfach erwähnt. Sie haben außerdem erläutert, dass es Ihnen dabei nicht nur um die Bürokratiekosten geht, sondern auch um eine Soziallobby, die von den Sozialmaßnahmen "lebt". Auch dass Ihnen das missfällt, kann ich gut nachvollziehen, kann aber dennoch nicht glauben, dass man dafür die Pille "bedingungslose Grundeinkommen" schlucken sollte. Ich sehe mehrere Schwachstellen dabei. Fortbildungsmaßnahmen und Sozialarbeiter sind Ihrer Meinung nach überflüssig und unnötig. Ja, vielleicht sind Sie das, wenigstens zum Teil. Aber was ändert sich da durch das Grundeinkommen? Wenn Sie überflüssig sind, können wir diese Maßnahmen auch heute schon sein lassen. Wenn Sie es nicht sind, ändert auch das Grundeinkommen nichts. Desweiteren fällt ja auch keinesfalls die ganze Soziallobby durch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens weg, das würde ich auch gar nicht für erstrebenswert halten. Denn eine Gesellschaft braucht auch karitative Einrichtungen, da ist ja per se nichts schlechtes dran. Und letztlich ist eben auch nicht viel gewonnen, wenn man diese Maßnahmen einsparen kann, aber die Kosten für den Sozialsektor trotz dieser Einsparung um ein Vielfaches steigen, wie ich oben erläutert habe.
Zu Ihrem Steuermodell: ich kann mir kaum vorstellen, dass das Ganze seriös gerechnet sein soll. Denn effektiv hieße das ja, eine Vervielfachung der Sozialausgaben durch eine Steuersenkung finanzieren zu können. Das scheint mir Wunschdenken zu sein. Selbst wenn man annähme, dass der Arbeitsanreiz unter den Grundeinkommensbedingungen ungebrochen erhalten bleibt und die Anzahl der Jobs sich nicht ändert, muss da eine enorme Finanzierungslücke bestehen. Zumal, die Steuerentwicklung sieht dann ungefähr so aus: 1600 Euro Gesamteinkommen (inkl. 800 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 50%) -> 400 Euro Steuern (effektiver Satz: 25%) 2399 Euro Gesamteinkommen (inkl. 800 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 50%) -> 799.50 Euro Steuern (33%) 3000 Euro Gesamteinkommen (inkl. 400 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 25%) -> 650 Euro Steuern (21.7%)
Das ist also noch nicht ein mal eine wirkliche Flattax, sondern die mittleren Einkommen zahlen effektiv die höchsten Steuersätze. Finde ich nicht so pralle. Und in Deutschland ist ein Modell, wo die Bestverdiener die niedrigsten Steuersätze haben, sowieso kaum durchzusetzen.
Ich kann grundsätzlich die Hoffnungen, die Sie mit diesem Modell verbinden, gut nachvollziehen. Ich habe jedoch großen Zweifel, dass das Grundeinkommensmodell diese Hoffnungen auch nur ansatzweise erfüllen kann. Denn abgesehen von den Finanzierungsproblemen, wird es effektiv womöglich eher das Anspruchsdenken und die Erwartungshaltung steigern: "das Geld kommt eben vom Staat". Ganz regulär und selbstverständlich, nicht bloß in einer außergewöhnlichen persönlichen Notlage.
Herzliche Grüße Robin
Edit: kleine Korrektur bei der Berechnung zum Steuermodell
Zitat von Paul im Beitrag #29 Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass er grundsätzlich erforderlich ist, weil sonst die Gefahr des "Manchesterkapitalismus" droht.
Ich möchte gern einmal den vermutlich berühmtesten deutschen Manchesterkapitalisten, in Bezug auf diesen Begriff, zu Wort kommen lassen. Übrigens waren es auch dieselben, welche die deutsche Genossenschaftsbewegung ins Leben riefen. Hier also Eugen Richter:
Zitat von http://de.m.wikipedia.org/wiki/Mancheste...ismus#section_3„Manchester ist eine Stadt in England, in welcher seiner Zeit die Ideen und Interessen des Freihandels vorzugsweise vertreten waren. Die Schutzzöllner legen den deutschen Freihändlern gern diesen ausländischen Namen bei, obwohl die deutschen Freihändler nicht um englische Interessen, sondern um deutsche Interessen willen für den Freihandel eintreten. Abgesehen von Freihandel und Schutzzoll wird auch diejenige Richtung als Manchesterpartei bezeichnet, welche den Gegensatz zum Staatssozialismus und zur Sozialdemokratie bildet und in erster Reihe überall für die Freiheit des Einzelnen und der Gesellschaft auf wirtschaftlichem Gebiet eintritt und Beschränkungen dieser Freiheit nur soweit zulassen will, wie die Notwendigkeit und Nützlichkeit derselben im Einzelnen unzweifelhaft erwiesen werden kann.
Das Programm der wirtschaftlichen Freiheit für die Gesetzgebung stammt nicht aus Manchester, der englischen Fabrikstadt, sondern aus der preußischen Gesetzgebung von Stein und Hardenberg aus den Jahren 1808 und 1810. Die Gegner werfen dem Prinzip vor, daß es die Förderung der Selbstsucht bezwecke. Gerade umgekehrt! In der Freiheit findet die Selbstsucht eine Schranke in der Selbstsucht des Andern. Derjenige, der möglichst teuer verkaufen will, findet ein Hindernis in den Bestrebungen derjenigen, die möglichst vorteilhaft kaufen wollen. Wird dem einen mit dem andern Teil die Freiheit gelassen, so müssen beide ihre Selbstsucht dem gemeinsamen Interesse unterordnen. Wenn aber jemand behindert wird, so billig wie möglich zu kaufen, z. B. durch Zollbeschränkung der Einfuhr aus dem Auslande, während der andere Teil nicht verhindert wird, so teuer wie möglich zu verkaufen, beispielsweise durch Ausfuhr nach dem Auslande, so wird gerade die Selbstsucht des Einen auf Kosten des Andern unterstützt und statt der Gerechtigkeit ein System der Ungerechtigkeit begünstigt.“
adder: Was bei einem bedingungslosen Grundeinkommen gestrichen werden könnte, geht noch viel weiter. Das entzieht auch dem Kündigungsschutz, Mitspracherechten für Arbeitnehmer und all dem Zeug die Grundlage. Das wäre für die Unternehmen dann auch vorteilhaft. Noch ein weiterer Vorteil des Grundeinkommens, sofern es ausreichend bemessen ist: Man kann von einer sinkenden Kriminalitätsrate ausgehen, jedenfalls was Eigentumsdelikte anbelangt. Was wiederum dem Ruf nach mehr Polizei und Überwachung wenigstens ein bisschen einen Knacks zufügen dürfte.
Robin: Bei 9000 Euro jährlich und 80 Millionen Einwohnern komme ich auf 720. Milliarden, nicht Millionen.
Zitat von Solus im Beitrag #36Robin: Bei 9000 Euro jährlich und 80 Millionen Einwohnern komme ich auf 720. Milliarden, nicht Millionen.
Hallo Solus,
Vielen Dank für die Korrektur. Es müssen natürlich 720 Mia. sein und ca. 130 Mia. für Arbeit und Soziales im Haushalt (2011), davon übrigens ca. 20 Mia. für ALG-II-Leistungen.
Sorry, ist mir gar nicht aufgefallen. Ist ja auch "nur" ein kleiner Buchstabe
Zitat von Robin im Beitrag #34Lieber adder, vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie haben noch einmal den Punkt betont, dass Sie vor allem die ausufernde Sozialbürokratie stört. Den Gedanken möchte ich eindeutig unterstützen, und er wurde ja von mir keinesfalls übersehen, er wird ja von mir in meinem vorangegangen Beitrag mehrfach erwähnt. Sie haben außerdem erläutert, dass es Ihnen dabei nicht nur um die Bürokratiekosten geht, sondern auch um eine Soziallobby, die von den Sozialmaßnahmen "lebt". Auch dass Ihnen das missfällt, kann ich gut nachvollziehen, kann aber dennoch nicht glauben, dass man dafür die Pille "bedingungslose Grundeinkommen" schlucken sollte. Ich sehe mehrere Schwachstellen dabei. Fortbildungsmaßnahmen und Sozialarbeiter sind Ihrer Meinung nach überflüssig und unnötig. Ja, vielleicht sind Sie das, wenigstens zum Teil. Aber was ändert sich da durch das Grundeinkommen? Wenn Sie überflüssig sind, können wir diese Maßnahmen auch heute schon sein lassen. Wenn Sie es nicht sind, ändert auch das Grundeinkommen nichts. Desweiteren fällt ja auch keinesfalls die ganze Soziallobby durch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens weg, das würde ich auch gar nicht für erstrebenswert halten. Denn eine Gesellschaft braucht auch karitative Einrichtungen, da ist ja per se nichts schlechtes dran. Und letztlich ist eben auch nicht viel gewonnen, wenn man diese Maßnahmen einsparen kann, aber die Kosten für den Sozialsektor trotz dieser Einsparung um ein Vielfaches steigen, wie ich oben erläutert habe.
Tatsächlich karitative Einrichtungen, die sich von Spenden freier Bürger finanzieren, sind ja auch kein Problem, da diese ja auch nicht immer mehr "Bedürftige" produzieren, nur um dann wieder mehr Geld fordern zu können. Im Übrigen sind die Kosten im Vergleich zum Status quo ja auch gar nicht so horrend hoch: denn wir haben ja jetzt auch schon mit den diversen (Einkommenssteuer-) Steuerfreibeträgen, die dann wegfallen würden, eine Erhöhung der Steuereinnahmen, die einen Teil der Kosten auffangen dürfte. Ebenso würde natürlich eine Streichung von Ausnahmetatbeständen und die Straffung der Staatsapparate Geld bringen.
Zitat Zu Ihrem Steuermodell: ich kann mir kaum vorstellen, dass das Ganze seriös gerechnet sein soll. Denn effektiv hieße das ja, eine Vervielfachung der Sozialausgaben durch eine Steuersenkung finanzieren zu können. Das scheint mir Wunschdenken zu sein. Selbst wenn man annähme, dass der Arbeitsanreiz unter den Grundeinkommensbedingungen ungebrochen erhalten bleibt und die Anzahl der Jobs sich nicht ändert, muss da eine enorme Finanzierungslücke bestehen.
Das ist nicht von mir gerechnet, und ich habe auch keinen Link mehr. Allerdings, als Dieter Althaus, damals noch Ministerpräsident von Thüringen, dieses BGE-Modell vorstellte, hiess es immer, es sei durchgerechnet worden und bezahlbar. Nicht einmal die SPD hat das grundlegend kritisiert, von denen kamen eher "gerechtigkeitsbezogene Argumente" (wie "Der Chefarzt und seine Putzfrau bekommen dann ja gleich viel Geld und zahlen gleich viel Steuern... das ist ungerecht!")
Zitat Zumal, die Steuerentwicklung sieht dann ungefähr so aus: 1600 Euro Gesamteinkommen (inkl. 800 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 50%) -> 400 Euro Steuern (effektiver Satz: 25%) 2399 Euro Gesamteinkommen (inkl. 800 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 50%) -> 799.50 Euro Steuern (33%) 3000 Euro Gesamteinkommen (inkl. 400 Euro Grundeinkommen, Steuersatz 25%) -> 650 Euro Steuern (21.7%)
Das ist also noch nicht ein mal eine wirkliche Flattax, sondern die mittleren Einkommen zahlen effektiv die höchsten Steuersätze. Finde ich nicht so pralle. Und in Deutschland ist ein Modell, wo die Bestverdiener die niedrigsten Steuersätze haben, sowieso kaum durchzusetzen.
Ich will nicht behaupten, dass das so falsch ist. Allerdings bleibt die einfache Tatsache, dass jeder Euro, den man zum BGE dazuverdient, eben auch mit mindestens 50 cent bei einem ankommt. Jemand, der arbeitet, hat also immer einen Vorteil von seiner Arbeit.
Zitat Ich kann grundsätzlich die Hoffnungen, die Sie mit diesem Modell verbinden, gut nachvollziehen. Ich habe jedoch großen Zweifel, dass das Grundeinkommensmodell diese Hoffnungen auch nur ansatzweise erfüllen kann. Denn abgesehen von den Finanzierungsproblemen, wird es effektiv womöglich eher das Anspruchsdenken und die Erwartungshaltung steigern: "das Geld kommt eben vom Staat". Ganz regulär und selbstverständlich, nicht bloß in einer außergewöhnlichen persönlichen Notlage.
Herzliche Grüße Robin
Das Problem kann auftreten, ja. Deshalb bevorzuge ich die Benennung als negative Einkommenssteuer, die natürlich nur der erhält, der auch eine Einkommenssteuererklärung beim Finanzamt macht (und wenn er eben 0 Euro Einkommen hat...). Allerdings glaube ich nicht daran, dass der Missbrauch größer/häufiger ist als heute. Schon heute arbeiten manche Mitbürger, obwohl es sich für sie lohnen würde, nicht zu arbeiten.
Es lohnt mE nach ein BGE auch als ausgezahlten Steuerfreibetrag wahrzunehmen. Natürlich wirkt es erst einmal nach rechte-Tasche-linke-Tasche, wenn jemand zuerst Steuern auf seinen bisherigen Freibetrag abführt und diese dann über ein BGE unterm Strich zurück erhält. Normalerweise beudeutet linke-Tasche-rechte-Tasche mehr bürokratie, aber hier könnte es Außnahmsweise umgekehrt sein.
Ein weiterer Aspekt der angesprochen wurde war der wegfallende Zwang sich um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Stimmt schon. Aber ist der derzeitige, formale Zwang dazu denn so effektiv oder unterm Strich nicht selber auch wieder ein ineffizientes Bürokratiemonster ist.
Gerade der Fall mit den Leiharbeitern zeigt doch folgendes: Der aktuelle "Arbeitszwang" ist nicht sonderlich effektiv, wenn Amazon Leiharbeit aus Spanien für Arbeit in Deutschland anwerben muss, trotz zahlreicher einheimischer Arbeitsloser. Zum anderen wird ein eher linker Einwand durch diesen Fall widerlegt. Angeblich würde ein BGE bei gleichzeitiger Deregulierung des Arbeitsmarktes das Lohnniveau und die Standards am Arbeitsplatz senken. Ein linkes Argument für ein BGE wird dagegen untermauert. Ein BGE stärkt die Verhandlungsposition gerade der Schwächsten. Und eigentlich haben wir das alles schon heute, bloß mit viel mehr Bürokratier, undurchsichtigen Regeln und vor allem hauptsächlich auf Kosten derjenigen, die sich am ernsthaftesten um eine Arbeitsstelle bemühen, denn wenn diese deswegen ein Angebot bekommen und es ablehnen, sind theoretisch Sanktionen möglich.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not." -Thomas Jefferson Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/
Zitat von Paul im Beitrag #25 Nein, es nicht möglich die Arbeitskraft ungeschützt dem Markt auszusetzen.
Selbstverständlich ist das möglich. Wurde ja auch lange, lange Zeit so gemacht. Das Ergebnis: Feste Löhne und äußerst aggressive (und mächtige) Gewerkschaften. Die Geschichte der Menschheit beginnt nicht mit der Weimarer Republik und beschränkt sich nicht auf Mitteleuropa.
Zitat von Calimero im Beitrag #26Aber zugegebenermaßen würde das heutzutage einem sozialen Kahlschlag bei den gering qualifizierten nach sich ziehen, denn für diese gibts ganz einfach kaum noch anspruchslose Beschäftigungen. Normalerweise gäbe es diese immer.
Das sehe ich nicht unbedingt so. Weniger staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt bedeutete ja auch weniger Bedarf an Bürokraten, somit geringere Belastung der Steuer- und Beitragszahler. Zudem eben weniger Papierkram für alle Arbeitgeber. Dies könnte - m.E.: würde - dazu führen, dass ein deutlich höherer Anteil der Bezieher höherer oder mittlerer Einkommen einen Teil ihres zusätzlichen (falsch: ihres wiedergewonnenen) Geldes für Hausangestellte ausgeben würden - Gärtner, Hausmädchen, Putzfrau etc. Es gibt ja schließlich genug zu tun, nur werden die "anspruchslosen" Tätigkeiten heutzutage in ihrer Freizeit z.B. von den Hausbesitzern selber erbracht, die für diese Tätigkeiten zwar überqualifiziert sind, sich aber angesichts eines allzeit mitkassieren wollenden - vulgo: parasitären - Staatsapparates die Putzfrau plus - plus Steuern, plus "Sozialversicherung" etc. - nicht leisten können.
Wie gesagt, zu tun gäbe es auch für gering Qualifizierte mehr als genug. Problematisch könnte allerdings werden, dass sich der "Sozialstaat" inzwischen eine recht große Klientel herangezüchtet hat, die seit Generationen von Staatsknete einigermaßen einträglich lebt und jeden Gedanken an Arbeit vermutlich als groteske Zumutung empfinden würde.
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