"Bilder sagen mehr als tausend Worte", heißt es sprichwörtlich. Von den tausend gestrigen Worten Obamas wird wohl nicht viel bleiben. An einem Reuters-Foto bin ich aber hängen geblieben.
Wobei Obama vermutlich an dieser Entwicklung unschuldig ist.* Er ist da wohl auch selbst ein Gefangener der Sicherheitsbedenken des Secret Service. Und dieser wiederum reagiert auf eine wohl auch tatsächlich bestehende Bedrohungslage.
(Objektiv gibt es wohl heutzutage ein aggressiveres terroristisches Potenzial als vor 30 Jahren. Wenn es dennoch seit 30 Jahren kein erfolgreiches Attentat mehr auf den Präsidenten gab, dann ist dies wohl auch den gesteigerten Sicherheitsbemühungen zu verdanken. Als Kennedy im offenen Cabriot durch Dallas fuhr, war die Welt einfach noch "heiler" oder zumindest die Sicherheitsbehörden naiver).
Was die Sache aber natürlich nicht besser macht. Denn es ist ja schon tragisch, dass durch Terrorakte letztlich die Entfremdung von Regierung und Regierten forciert wird.
*Abgesehen natürlich von seiner Teleprompter-verliebtheit. Aber irgendwie scheinen die Medien ihm das zu verzeihen. Wenn ein G.W.Bush sich mal in einer frei gehaltenen Rede verhaspelt oder wenn eine Sarah Palin sich für eine Rede ein paar Stichpunkte in der Handinnenfläche notiert, dann wird das genüsslich ausgebreitet und als Zeichen für mangelnde intellektuelle Kapazität interpretiert. Wenn hingegen ein Präsident während seiner gesamten Amtszeit grundsätzlich jedes einzelne offizielle Wort vom Teleprompter abliest, ist das nicht erwähnenswert - sofern dieser Präsident nur links genug ist...
Sehr gut beobachtet. Diese Glaswand war das erste (und eigentlich einzige) was mir an der Berichterstattung über die Obama-Rede aufgefallen ist. Der Wert dieses ersten Eindrucks ist kaum zu überschätzen.
Ich stellte mir bei diesem Anblickd ie Frage, wo eigentlich der Wert eines persönlichen Besuchs liegt, wenn der Redner nur in einem Gefängnis aus Glas auftreten darf. In Reagans Auftritt sieht man eine große Geste an die Welt, die er zu ändern hofft – in Obamas Auftritt dagegen einen Rückzug vor einer Welt, die Angst einflößt. Ein erstaunlicher Kontrast zur üblichen Wahrnehmung von Konservativen, die den Status quo bewahren und jede Neuerung als Bedrohung betrachten – und Linken, die das «Primat der Politik» beanspruchen und alles reformieren und gestalten. Diese Wahrnehmung entspricht seit mindestens drei Jahrzehnten nicht mehr der Realität. Der Vergleich von Obama und Reagan ist dafür ein Indiz.
Zitat von Florian im Beitrag #2 […] Als Kennedy im offenen Cabriot durch Dallas fuhr, war die Welt einfach noch "heiler" oder zumindest die Sicherheitsbehörden naiver).
Im Gegenteil. Die beiden Kennedys und Martin Luther King (vermutlich auch noch viele andere) fielen inneramerikanischen Konflikten zum Opfer, während der Terrorismus doch eher einen Angriff «von außen» darstellt – von Menschen, die den westlichen Erfolg beneiden. Auch wenn Terroristen sich in Amerika befinden. Was ist der Einsturz des WTC gegen Atomraketen auf Kuba? Was ist eine Bombe in der Londoner U-Bahn gegen die Möglichkeit einer sowjetischen Invasion Westeuropas?
Zitat Was die Sache aber natürlich nicht besser macht. Denn es ist ja schon tragisch, dass durch Terrorakte letztlich die Entfremdung von Regierung und Regierten forciert wird.
Wenn Obama sich selbst hinter Glas abschottet ist das nicht mehr als ein unschönes Symbol. Problematisch wird es aber, wenn Internet- und Zahlungsverkehr (Swift) der gesamten Welt ohne jeden Verdacht überwacht werden; wenn Verdächtige verschleppt und ohne Anklage oder Prozess für Jahre festgehalten werden; wenn Bankkonten ohne Gerichtsbeschluss eingefroren werden. Vollständig inakzeptabel ist aber, dass Regierungen versuchen, alle diese Maßnahmen zu verschleiern. Wenn Überwachungen dem Bürger verheimlicht werden, wenn Anordnungen von Geheimgerichten getroffen werden, wenn es Betroffenen nicht mehr möglich ist, sich gegen ihre Behandlung zu wehren, so kann von einem Rechtsstaat keine Rede mehr sein und eine demokratische Kontrolle der Regierung wird unmöglich.
Zitat von Christophin Obamas Auftritt dagegen einen Rückzug vor einer Welt, die Angst einflößt.
Absolut. Wobei ich Florian zustimme, daß das mit Obama selbst wenig zu tun hat; es sind die Konsequenzen einer Sicherheitsdoktrin, die wohl schon unter G.W.Bush begonnen hat. Und die ihre Gründe hat; verständliche Gründe. Und daß man das Risiko eines Präsidenten minimiert ist auf einer anderen Ebene nur folgerichtig. Ich fürchte nur, daß dieser Rückschritt in eine Art "selbstverschuldete Unfreiheit" eine Konzession an den internationalen Terrorismus ist. So gesehen hat der Terror teilweise gewonnen, wenn Zivilgesellschaften sich einmauern. Wie gesagt, dabei geht es nicht um Obama als Person; das Bild symbolisiert gewissermaßen eine Krise der Zivilgesellschaft als solche. Was es nicht besser macht.
Für mich nimmt solches Gebahren langsam monarchistische Züge an. Was muß man sich als freier Bürger noch alles gefallen lassen?
Bei Honecker gab es jährlich eine "Staatsjagd", mit Parteiprominenz und Leuten vom diplomatischen Korps. Der Weg zwischen Bahnhof und Hotel war korridormäßig von (gefühlten) 50 Polizisten abgesperrt, dazu eine vielleicht 50 Meter breite äußere Absperrung. Wem es nach näherem Winken zumute war, der konnte diese äußere Absperrung durchqueren. Die einzige Kontrolle war ein knapper Blick in die Aktentasche bei Dämmerung (Bierflaschen oder Handgranaten?) - mehr nicht. Danach konnte man sich der "Prominenz" bei Interesse auf 2 Meter nähern.
Vor ausreichender "Sicherheit" im Hintergrund durfte natürlich ausgegangen werden. Aber nichtmal der öffentliche Nahverkehr war davon wesentlich beeinflußt.
mfG
----------------------------------------------------- Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel
Zitat von Doeding im Beitrag #1"Bilder sagen mehr als tausend Worte", heißt es sprichwörtlich. Von den tausend gestrigen Worten Obamas wird wohl nicht viel bleiben. An einem Reuters-Foto bin ich gestern aber hängen geblieben.
Das Panzerglas geht mir, seit ich das Foto sah, nicht mehr aus dem Kopf. Danke für den, wie immer exzellenten Artikel, lieber Doeding. Mein erster Gedanke war: Seine Antwort auf unsere Kritik. Wir sollen sehen, wie sicher er sich bei uns fühlt. Dass wir nicht genug tun, können oder wollen, um ihn vernünftig wie bei ihm zu Hause reden zu lassen. Und nun wissen wir auch warum er so lange nicht kam: Zu gefährlich in Deutschland, wo der 11. September geplant wurde.
Zitat von Florian im Beitrag #2Schöne Gegenüberstellung.
Wobei Obama vermutlich an dieser Entwicklung unschuldig ist.* Er ist da wohl auch selbst ein Gefangener der Sicherheitsbedenken des Secret Service. Und dieser wiederum reagiert auf eine wohl auch tatsächlich bestehende Bedrohungslage.
Ein US-Präsident kann sich durchaus gegen den Secret Service durchsetzen. Wäre ich US-Amerikaner, wäre er "#notmypresident", alleine schon für diesen Mißtrauensbeweis.
Zitat (Objektiv gibt es wohl heutzutage ein aggressiveres terroristisches Potenzial als vor 30 Jahren. Wenn es dennoch seit 30 Jahren kein erfolgreiches Attentat mehr auf den Präsidenten gab, dann ist dies wohl auch den gesteigerten Sicherheitsbemühungen zu verdanken.
Diese Sicherheitsvorkehrungen schützen ihn absolut nicht gegen einen engagierten Terroristen. Wohl aber vor der (eigenen) Bevölkerung. Nichts gegen AF1 oder Marine1 oder gar Cadillac1. Diese Sicherheitsfahrzeuge sind für Terrorabwehr konstruiert. Aber man hätte ihn schon in eine Panzerglaszelle packen müssen, um seine Rede terrorsicher zu machen. Als Terrorist liesse sich diese Absperrung nämlich viel zu einfach umgehen. Aber sie schützt - wie schon gesagt - genauso zuverlässig vor faulen Eiern oder Schuhen wie vor Handfeuerwaffen.
Zitat von Florian im Beitrag #2Wobei Obama vermutlich an dieser Entwicklung unschuldig ist.
Wohl eher nicht. Seine Vorgänger Bush und Clinton haben das noch deutlich lockerer gehalten. Und ich glaube nicht, daß die Bedrohungslage insbesondere bei Bush weniger kritisch war.
Zitat von Frank Böhmert im Beitrag #12 Bleibt noch die Frage, ob das an Obama lag oder an den Regierenden der Weltstadt Berlin.
Ich glaube nicht, dass sich Obama zwischen zwei Panzerglasscheiben zwingen ließ und die Weltstadt Berlin, welche zur WM 2006 jeden Tag Massenansammlungen veranstaltete, auf eine derartige Symbolik wert legt. Obama und die Kanzlerin trugen hier in einem Prisma der Eitelkeiten eine Art Wettkampf aus.
Ronald Reagen war eine Kämpfernatur mit einem klaren Weltbild. Wahrscheinlich wusste er als ehemaliger Schauspieler auch instiktiv, wie er sich zu positionieren und dazustellen hatte, um zu verkünden, für was er einstand: Ein starkes Amerika, groß geworden und erhalten aus eigener Kraft und Charakterstärke. Welt, gewöhne dich daran!
Und Obama? Die sichtbare Entfremdung vom Fussvolk und das Unvermögen, sich als mitfühlender Mensch und/oder vertrauenswürdiger Leithengst zu präsentieren? Für Eiertanz und den Wunsch die "alten" amerikanischen Werte zu modifizieren?
Zitat von Zaungast im Beitrag #14Ronald Reagen war eine Kämpfernatur mit einem klaren Weltbild. Wahrscheinlich wusste er als ehemaliger Schauspieler auch instiktiv, wie er sich zu positionieren und dazustellen hatte, um zu verkünden, für was er einstand: Ein starkes Amerika, groß geworden und erhalten aus eigener Kraft und Charakterstärke. Welt, gewöhne dich daran!
Und Obama? Die sichtbare Entfremdung vom Fussvolk und das Unvermögen, sich als mitfühlender Mensch und/oder vertrauenswürdiger Leithengst zu präsentieren? Für Eiertanz und den Wunsch die "alten" amerikanischen Werte zu modifizieren?
MfG, Zaungast
Sehr schön pointiert, lieber Zaungast, ich stimme Ihnen zu. Kleiner Nebeneffekt: die USA geben ihren Führungsanspruch zugunsten Chinas zunehmend auf (die Gründe sind allerdings vielschichtig), fordert aber das chronisch unschlüssige und zaudernde, gleichsam als Zaungast auftretende, Deutschland auf, mehr internationale Verantwortung zu übernehmen. Zaungäste unter sich .
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