Richtig populär war der Kolonialismus bei den von den Europäern beherrschten Völkern wohl nie. Was man ja auch verstehen kann. Aber mindestens in einer Region muß man sich allmählich fragen, ob das mit der Unabhängigkeit wirklich funktioniert.
Danke für die erhellende Perspektive, lieber R.A. Ob allerdings Dein Vorschlag, die Türken mögen das Ruder wieder übernehmen, praktikabel ist, möchte ich bezweifeln. Immerhin waren diese Regionen auch während der formellen Oberhoheit der "Hohen Pforte" immer sehr selbstständig - sei es der Scherif von Mekka, der Pascha von Ägypten oder von Tunesien, die Stämme im Maghreb, in Arabien oder auch in Mesopotamien. Formal unterstellt, faktisch politisch recht unabhängig. Die einzige halbwegs geordnete türkische Verwaltung gab es meines Wissens in den europäischen Landesteilen, also das, was mal Jugoslawien war und Bulgarien / Rumänien ist.
Im Endeffekt ist es wichtig, dass die Konflikt-Linien "da unten in diesen Ländern" nicht zwangsläufig zwischen Progressiven und Reaktionären oder gar zwischen absurden Verwaltungseinheiten wie "Syrien", "Libanon" oder "Irak" verlaufen, sondern einerseits zwischen verschiedenen Stämmen und quasi orthogonal nochmal dazu zwischen den diversen Religionen wie Sunniten, Schiiten, Wahabiten, Drusen, Christen, Juden etc. pp UND zu allem Übel auch zwischen Clans und Großfamilien. Ich verweise zur Illustration mal auf diese Zeichnung hier.
Zitat von Krischan im Beitrag #2Ob allerdings Dein Vorschlag, die Türken mögen das Ruder wieder übernehmen, praktikabel ist, möchte ich bezweifeln.
Es ist hoffentlich deutlich geworden, daß dieser "Vorschlag" zutiefst sarkastisch gemeint war. Es wäre aber vielleicht sinnvoll wenn die westlichen Diplomaten die diversen Machthaber dort immer wieder deutlich (aber nichtöffentlich) spüren lassen würde, daß man sie nicht wirklich für voll nehmen kann, solange sie nicht eine gewisse Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme zeigen. Ich halte es z. B. für einen Fehler, einen Staat wie Saudi-Arabien zum Kreis der G20 einzuladen.
Zitat Ich verweise zur Illustration mal auf diese Zeichnung hier.
Sehr schön. Da könnte man jetzt noch einen Kasten mit "Deutschland" daneben malen und viele grüne Pfeile zu den übrigen Kästen ...
Zitat von Krischan im Beitrag #2Ob allerdings Dein Vorschlag, die Türken mögen das Ruder wieder übernehmen, praktikabel ist, möchte ich bezweifeln.
Es ist hoffentlich deutlich geworden, daß dieser "Vorschlag" zutiefst sarkastisch gemeint war.
Das Osmanische Reich war nicht erst ab 1850 der "kranke Mann am Bosporus" - auch wenn die Bezeichnung erst im Nachspann des Krimkriegs oder nach dem Türkisch-Russischen Krieg aufkommt. Zu einer klassischen Kolonialverwaltung, im europäischen Sinn - d.h. als Kornkammer (bzw. Tabak, Baumwolle, Zuckerrohr pp.) & als strategisches Hinterland, hauptsächlich von Strafgefangenen zur Reduzierung der Gefängniskosten, unfähigen Beamten & überschüssigen Soldaten - war das Osmanische Reich eigentlich niemals fähig. Das fällt nicht nur europäischen Besuchern, wie Lady Mary Wortley Montague, Joseph v. Hammer-Purgstall oder Alexander William Kingslake auf, sondern auch den - wenigen - Einheimischen Reiseberichterstatern wie Evliya Çelebi. Handel- & Steuerabgaben an die Hohe Pforte waren praktisch nichtexistent; die Statthalter (sehr oft Griechen aus dem Istanbuler Phanarioten-Viertel) waren mit der Ruhighaltung der lokalen Bevölkerung & der Selbstverwaltung beschäftigt. Daß man nach ca.1650 nicht mehr in der Lage war, die Devşirme zu organisieren, war nicht humanitärer Aufklärung geschuldet. Worauf man sich verstand, war, aufständige Rebellen kleinzuhalten, wie im griechischen Unabhängigkeitskrieg *. Ivo Andric hat in seinem Roman Die Brücke über die Drina die entsprechende Alltagspraxis bebildert.
Zitat Der jugoslawische Bürgerkrieg war ein Problem der Europäer. Um das sie sich auch gekümmert haben. Bei der militärischen Komponenten brauchten sie zwar - wie üblich - die Hilfe der USA. Aber ansonsten wurde das regional gelöst, inklusive der Aufnahme von Flüchtlingen. Kein arabischer Staat wäre damals auch nur auf die Idee gekommen, irgendetwas zur Problemlösung beizutragen
An den UNPROFOR-Truppen war Jordanien beteiligt; es stellte eines der größten Truppenkontingente. http://de.wikipedia.org/wiki/UNPROFOR Auch ansonsten war das sehr gemischt, Zitat Wikipedia: "An der UNPROFOR beteiligten sich Truppen aus Argentinien, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Indonesien, Jordanien, Kanada, Kenia, Nepal, den Niederlanden, Norwegen, Tschechien, Pakistan, Polen, Russland, der Slowakei, Schweden, der Ukraine und den USA."
Zitat von Frank Böhmert im Beitrag #5An den UNPROFOR-Truppen war Jordanien beteiligt ...
Danke für den Hinweis, dann war "Kein arabischer Staat ..." nicht korrekt. Und daß die UNPROFOR insgesamt ein ziemlich trübes Kapitel in der Geschichte der UN-Einsätze darstellt ist hier kein Gegenargument - denn dafür können die Jordanier gar nichts, da haben Europäer versagt.
Auch generell kann man sagen, daß Jordanien wohl in vielen Punkten eine positive Ausnahme ist bei meiner notwendigerweise etwas pauschalen Beurteilung der arabischen Länder. Eine arabische Liga nur mit Ländern der Jordanien-Kategorie könnte wohl eine bessere Bilanz vorweisen.
Als echtes Gegenbeispiel sehe ich diesen UN-Einsatz in Jugoslawien aber nicht. Da hat ein arabischer Staat als Mitglied der UN gehandelt, die UNPROFOR war eine UN-Unternehmung auf Initiative des Westens hin. Daß sich die arabischen Länder in irgendeiner Weise für den Jugoslawienkonflikt verantwortlich fühlen würden - wie das jetzt umgekehrt der Westen für den Syrienkonflikt tun soll - das kann man aus diesem Beispiel wohl nicht schließen.
Zitat von R.A. im Beitrag #6Auch generell kann man sagen, daß Jordanien wohl in vielen Punkten eine positive Ausnahme ist bei meiner notwendigerweise etwas pauschalen Beurteilung der arabischen Länder.
Na ja Wenn man bedenkt daß der Staatshaushalt Jordaniens zu großen Teilen von den USA gedeckt wird und Jordanien insgesamt von der UN Flüchtlingshilfe lebt (ein Großteil der Einwohner Jordaniens gelten ja als "Flüchtlinge")sehe ich die positive Ausnahme nicht. Ihre "Beurteilung der arabischen Länder" zeigt eigentlich nur, daß auch etwas pauschales nicht unbedingt falsch sein muß.
Zitat von R.A. im Beitrag #6Daß sich die arabischen Länder in irgendeiner Weise für den Jugoslawienkonflikt verantwortlich fühlen würden - wie das jetzt umgekehrt der Westen für den Syrienkonflikt tun soll - das kann man aus diesem Beispiel wohl nicht schließen.
Aber natürlich haben sich arabische Länder in Bosnien-Herzegovina engagiert - und auch wohl im Kosova. Nur eben nicht mit Friedenslösungen oder Truppen (außer das wohl westlichste Land wie von Frank Böhmert gefunden), sondern vor allem mit Geld für Waffen und Moscheen.
Ich wundere mich etwas, dass ausgerechnet der Bosnien-Konflikt als ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit des Westens dienen soll.
Die Situation in Bosnien (plus zuvor Kroatien plus danach Kosovo) war ganz eindeutig der "Hinterhof" der EU. Dennoch dennoch tat sich die EU sehr schwer mit einer Intervention bzw. ließ vor den Augen ihrer eigenen Soldaten einen Völkermord geschehen. Letztlich brauchte es die (eigentlich viel weniger betroffenen) USA, um die Situation stabilisieren zu können.
Genau der Vorwurf, den R.A. (zu Recht) der arabischen Region macht, wäre doch ganz genauso im Falle Bosnien der EU zu machen: um ein eigentlich internes regionales Problem lösen zu können, braucht man die Unterstützung der USA. (Was allerdings weder die arabische Welt noch Europa davon abhält, im nächsten Atemzug den "Polizisten" USA genau dafür zu rügen, dass er diese Aufgabe wahrnimmt).
Die Handhabung von Bosnien durch Westeuropa mag graduell etwas besser gewesen sein als die Handhabung von Syrien durch die arabische Welt. Aber das ist wirklich nur ein gradueller Unterschied, kein grundsätzlicher. Insbesondere ist eine gemeinsame Wurzel des Problems erkennbar: Die divergierenden Eigeninteressen der regionalen Mächte.
Im Falle Jugoslawien war z.B. auffallend, dass Deutschland sich bereits in der Frühphase des Konflikts aus Schutzmacht von Kroatien und Slowenien positionierte, während Frankreich dem traditionellen Verbündeten Serbien bzw. dem jugoslawischen Zentralstaat die Stange hielt. Auch die religöse Komponente spielte eine Rolle. Jugoslawien liegt an der Bruchkante* von Islam sowie orthodoxen und katholischem Christentum. Die umliegenden Staaten vergaben entsprechend ihre Loylitäten.
Fazit: Jugoslawien ist weniger ein positives Beispiel dafür, wie der Westen mit regionalen Konflikten umgeht. Sondern eher ein Mahnmal dafür, dass auch der Westen sich mit diesen sehr schwer tut.
* Kleiner Exkurs: Diese Bruchkante ist übrigens uralt. Quer durch Jugoslawien lief die (abgeshen von Nordafrika) einzige Landgrenze der römischen Reichsteilung. Dadurch wurde die Westgrenze des mittelalterlichen byzantinischen Reichs vorbestimmt und damit die Ausdehnung des orthodoxen Glaubens. (Und weil das Osmanische Reich zwar Byzanz eroberte, den österreichischen Kaiser aber nicht bezwingen konnte, war die Region auch die Begrenzungslinie für den muslimischen Vorstoß in Südosteuropa). Ein schönes Beispiel, wie eine "am grünen Tisch" willkürlich gezogene Verwaltungsgrenze über Jahrtausende eine faktische kulturelle Grenze sein kann.
Inwieweit verdankt sich die Teilnahme Jordaniens und Pakistans an der UNPROFOR-Mission der Tatsache, daß der Krieg in Jugoslawien im islamischen Raum als christlicher Kreuzzug, in diesem Fall der Serben gegen die bosnischen Muslime, wahrgenommen wurde?
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #10Inwieweit verdankt sich die Teilnahme Jordaniens und Pakistans an der UNPROFOR-Mission der Tatsache, daß der Krieg in Jugoslawien im islamischen Raum als christlicher Kreuzzug, in diesem Fall der Serben gegen die bosnischen Muslime, wahrgenommen wurde?
Die UNPROFOR Truppen haben ja nicht an Kampfhandlungen teilgenommen. Wenn man sich die schwache Leitung der holländischen Soldaten vor Srebrenica ansieht ist überhaupt die Frage zu stellen was die da so gemacht haben. Jordanien und Pakistan werden eher Truppen geschickt haben, um damit Geld zu verdienen.
Zitat von Florian im Beitrag #9Ich wundere mich etwas, dass ausgerechnet der Bosnien-Konflikt als ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit des Westens dienen soll.
Von Handlungsfähigkeit habe ich nicht gesprochen - die war eher mäßig und zu spät.
Aber es war durchgängig klar, daß das ein regionales Problem ist, für das in erster Linie die Europäer zuständig sind. Die ja auch versucht haben, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Was bei der Aufnahme von Flüchtlingen auch geschah, bei der militärischen Komponente lief es eher auf ein "hat sich stets bemüht" hinaus und letztlich mußte dann der große Bruder wieder einmal aushelfen.
Nach dem Militäreinsatz haben dann die Europäer noch weiter die Verantwortung übernommen - sowohl politisch und finanziell als auch militärisch. Es gibt bei der KFOR noch eine gewisse US-Beteiligung (und interessanterweise auch ein paar Marokkaner - das wäre dann die zweite Ausnahme neben Jordanien), ansonsten machen da sowohl die europäischen NATO-Partner die Arbeit wie Nicht-EU-Europäer wie die Schweizer, Österreicher und Schweden.
Zitat um ein eigentlich internes regionales Problem lösen zu können, braucht man die Unterstützung der USA.
Es wäre ja nichts dagegen zu sagen, wenn die arabische Liga bei ihren Bemühungen um Syrien am Ende feststellt, daß sie für gewisse Sachen US-Unterstützung braucht und diese dann anfordert. Aber es gibt diese Bemühungen nicht wirklich.
Zitat Im Falle Jugoslawien war z.B. auffallend, dass Deutschland sich bereits in der Frühphase des Konflikts aus Schutzmacht von Kroatien und Slowenien positionierte, während Frankreich dem traditionellen Verbündeten Serbien bzw. dem jugoslawischen Zentralstaat die Stange hielt.
Richtig. Und trotzdem haben sich Deutschland und Frankreich dann auf eine gemeinsame Linie verständigt und gemeinsam mit den übrigen europäischen Ländern (und den USA) umgesetzt.
Zitat Auch die religöse Komponente spielte eine Rolle. Jugoslawien liegt an der Bruchkante* von Islam sowie orthodoxen und katholischem Christentum. Die umliegenden Staaten vergaben entsprechend ihre Loylitäten.
Nur begrenzt. Das katholische Frankreich sympathisierte aus historischen Gründen eher mit dem orthoxen Serbien. Das orthodoxe Griechenland hat dagegen heftigen Streit mit dem orthodoxen Mazedonien. Die katholischen Nachfolgestaaten Slowenien und Kroatien stehen sich in Rivalität und Abneigung gegenüber. Das orthodoxe Bulgarien mißtraut traditionell dem orthodoxen Serbien. Das islamische Albanien ist traditioneller Schützling Österreichs und de facto hat Deutschland das übernommen. Die wesentliche religiöse Komponente wurde schon genannt: Die Unterstützung diverser islamischer Staaten gezielt für die Muslime vor allem in Bosnien.
Zitat Jugoslawien ist weniger ein positives Beispiel dafür, wie der Westen mit regionalen Konflikten umgeht. Sondern eher ein Mahnmal dafür, dass auch der Westen sich mit diesen sehr schwer tut.
Nochmal: Ich sage nicht, daß der Umgang Europas mit dem Jugoslawienkonflikt ein Erfolgsmodell war. Aber das Europa akzeptiert hat, daß Jugoslawien ein europäisches Problem ist. Und natürlich kein arabisches.
Während umgekehrt alle Welt davon ausgeht, daß Syrien nicht in erster Linie Sache der Araber ist. Obwohl der Zusammenhalt und die gemeinsame Verantwortung der arabischen Staaten viel größer sein müßte als im heterogenen Europa.
Ein schönes Beispiel, wie eine "am grünen Tisch" willkürlich gezogene Verwaltungsgrenze über Jahrtausende eine faktische kulturelle Grenze sein kann.
Ja das stimmt genau. Sowas gibt es übrigens viel häufiger in der Geschichte (und auch in der Geologie), als man denkt. Das sind sog. "Palimpseste" was im Griechischen alte abgekratzte Schriftzüge auf Pergamenten bedeutet, die überschrieben werden und dann irgendwann wieder durchscheinen. Man denke z.B. an den Limesgürtel von Xanten bis Wien oder an die alten Deutschen Reichsgrenzen von 1914, die sich heute in Polen immer wieder durchpausen (z.B. im Wahlverhalten).
Daß Jordanien hier als löbliche Ausnahme in der sonst maroden arabischen Welt bezeichnet wurde, muss ich ausdrücklich bestätigen. Das Land ist zivilisatorisch geradezu eine Oase. Ich bin fest überzeugt, daß es an seiner Monarchie liegt (wobei ich das Gegenargument der Saudischen Monarchie nicht so einfach enträften könnte).
Sie haben kein Wasser und kein Öl (letzteres ist eher ein Segen)und leben von Tourismus und von intensivster Ausbildung und von Ihren phänomenalen Krankenhäusern)
Zitat von Geonaut 2 im Beitrag #13Ein schönes Beispiel, wie eine "am grünen Tisch" willkürlich gezogene Verwaltungsgrenze über Jahrtausende eine faktische kulturelle Grenze sein kann.
Das ist aber wohl eher Zufall bzw. stimmt nur sehr oberflächlich betrachtet. Da finden sich einige orthodoxe Gebiete westlich der alten römischen Grenze (sonst hätte es in Kroatien und Bosnien keinen Bürgerkrieg gegeben), an der Küste reicht der katholische Bereich dagegen in das alte Ostreich (vor allem wegen der venezianischen Staatsbildung). Für das nur zeitweilig römische Gebiet nördlich der Donau paßt es schon gar nicht mehr.
Zitat Man denke z.B. an den Limesgürtel von Xanten bis Wien ....
Woran sieht man den heute noch? Der hat m. E. fast gar keine kulturellen Spuren hinterlassen.
Zitat oder an die alten Deutschen Reichsgrenzen von 1914, die sich heute in Polen immer wieder durchpausen (z.B. im Wahlverhalten).
Wo die Grenzen wirklich nur die von 1914 sind (also in Westpreußen) gibt es m. W. keine nennenswerten Besonderheiten. Wenn man aber die Grenzen meint, die noch 1937 galten - dann ist das unterschiedliche Wahlverhalten leicht zu erklären. Denn die nach 1945 zu Polen gekommenen deutschen Ostgebiete wurden ja fast komplett neu besiedelt (durch Umsiedler aus dem polnischen Osten), das gibt einen ganz anderen Erfahrungshintergrund der Menschen, die dort heute leben und die ja noch deutlich von den Erlebnissen ihrer Eltern und Großeltern geprägt sind.
Zitat Daß Jordanien hier als löbliche Ausnahme in der sonst maroden arabischen Welt bezeichnet wurde, muss ich ausdrücklich bestätigen. Das Land ist zivilisatorisch geradezu eine Oase.
Und das hat wohl eine gewisse Tradition - schon in britischer Mandatszeit ging es dort wohl konstruktiver zu als in anderen Ländern der Region.
Zitat Ich bin fest überzeugt, daß es an seiner Monarchie liegt (wobei ich das Gegenargument der Saudischen Monarchie nicht so einfach enträften könnte).
Das ist eben das Würfelspiel mit einer Monarchie. Mit einem guten Monarchen können die Ergebnisse natürlich besser sein als in einer Demokratie. Nur ist halt die Wahrscheinlichkeit dafür begrenzt und einen schlechten Monarchen wird man nicht mehr los. Die jordanischen Herrscher waren wohl deutlich überdurchschnittlich.
Zitat von AldiOn im Beitrag #11Die UNPROFOR Truppen haben ja nicht an Kampfhandlungen teilgenommen. Wenn man sich die schwache Leitung der holländischen Soldaten vor Srebrenica ansieht ist überhaupt die Frage zu stellen was die da so gemacht haben.
Hatten die überhaupt ein Mandat und die Ausrüstung, um an Kampfhandlungen teilzunehmen? Nein. Ich würde eher nicht groß rummeckern, dass die Soldaten versagt hätten - sie haben halt nur nicht entgegen dem Auftrag gehandelt. Sicherlich hätten die Niederländischen Soldaten auf die serbischen Truppen feuern können. Danach hätte es aber genauso viele Tote und genau die gleichen Kriegsverbrechen gegeben - nur halt noch zusätzlich einige Gefallene mehr. Tolle Leistung. IIRC hat der Kommandeur der Niederländer sogar um Luftunterstützung nachgefragt, weil er mit Luftunterstützung sogar kämpfen wollte. Da die versagt wurde, hat er gute Miene zum bösen Spiel gemacht und versucht, wenigstens seine Jungs zu retten. http://www.srebrenica.nl/Pages/OOR/23/377.bGFuZz1OTA.html
Zitat After the attack on the enclave at the beginning of July 1995, from a military perspective Dutchbat had few grounds for mounting a counterattack on its own initiative, according to the inquiry, especially because of the limited mandate:
active defence of the enclave by military means was not in accordance with the mandate, the UN policy (the maintenance of impartiality) or the Rules of Engagement the instruction was for military reaction to be above all reticent military means could only be deployed if the safety of the battalion was in danger and if it was the target of direct fire - the 'smoking gun' requirement -which the VRS deliberately avoided the military balance of power was such that, without outside support, Dutchbat (200 lightly armed combat soldiers) would have been defenceless against the VRS in a serious confrontation as a result of the 'stranglehold strategy' (the blockade policy of the Bosnian Serbs), Dutchbat III was no longer a fully operational battalion in terms of manpower, supplies or morale.
Zitat von AldiOn im Beitrag #11Die UNPROFOR Truppen haben ja nicht an Kampfhandlungen teilgenommen. Wenn man sich die schwache Leitung der holländischen Soldaten vor Srebrenica ansieht ist überhaupt die Frage zu stellen was die da so gemacht haben.
Hatten die überhaupt ein Mandat und die Ausrüstung, um an Kampfhandlungen teilzunehmen? Nein. Ich würde eher nicht groß rummeckern, dass die Soldaten versagt hätten - sie haben halt nur nicht entgegen dem Auftrag gehandelt.
Nun... das wurde bei der aktuellen Gerichtsentscheidung in den Niederlanden ganz anders gesehen.
Sie haben natürlich recht als die UN da sehr großspurig "safe heavens" erklärte und dann der Einheit der Niederlande jegliche Unterstützung verweigerte. Letztlich waren die ja von einer viel größeren Armee eingekesselt und es hätte massiver - zumindest - Luftunterstützung bedurft, um den Kessel wenigstens halten zu können. Mir ging es ja mehr um die UNPROFOR Soldaten an sich. Diese hatten nur ein eingeschränktes Mandat und durften sich allenfalls selber verteidigen. Insofern ist diese Gerichtsentscheidung zu Lasten der eingesetzten Soldaten auch äußerst fragwürdig.
Zitat von adder im Beitrag #15Sicherlich hätten die Niederländischen Soldaten auf die serbischen Truppen feuern können.
Dazu hätten die serbischen Truppen ja erst einmal angreifen müssen. Und es ist ziemlich unwahrscheinlich, daß die sich das getraut hätten.
Denn die Serben waren zwar numerisch überlegen, aber ein Frontalangriff auf eine gut ausgerüstete Truppe in Stellung gewinnt man nicht in wenigen Minuten. Und bei einem echten Angriff wäre auch in kürzester Zeit die Luftunterstützung gekommen.
Es gab ja einen ähnlichen Fall mit einer von Kanadiern bewachten Schutzzone. Da hat der kanadische Kommandant die serbische Aufforderung einfach mit Nein beantwortet - und dann sind sie wieder abgezogen.
Denn die Serben waren zwar numerisch überlegen, aber ein Frontalangriff auf eine gut ausgerüstete Truppe in Stellung gewinnt man nicht in wenigen Minuten. Und bei einem echten Angriff wäre auch in kürzester Zeit die Luftunterstützung gekommen.
Waren die überhaupt gut ausgerüstet? Gab es überhaupt ausgebaute Stellungen? Hätte es wirklich umgehende Luftunterstützung gegeben?
Nach meiner Erinnerung stand eine recht kleine niederländische Truppe in der recht großen Gemeinde Srebrenica. Es war nicht möglich alle Zivilisten in den Aufenthaltsort (eine ehemalige Fabrik oder so was)der Soldaten zu bringen. Die UNPROFOR Truppen hätten also die serbischen Einheiten bei ihrer Bewegung auf den Ort zu angreifen müssen, um die Gefangennahme der Zivilbevölkerung zu verhindern. Wie gesagt: Das mit dem Safe heaven war einfach Großmäuligkeit.
Zitat von R.A. im Beitrag #17Es gab ja einen ähnlichen Fall mit einer von Kanadiern bewachten Schutzzone. Da hat der kanadische Kommandant die serbische Aufforderung einfach mit Nein beantwortet - und dann sind sie wieder abgezogen.
Zitat In Anbetracht dieser Eskalation forderte der Kommandant der Blauhelme, Thomas Karremans, mehrfach NATO-Luftunterstützung an. Umfassende Luftunterstützung blieb jedoch aus. Zwei niederländische Flugzeuge der NATO bombardierten einen Panzer der bosnischen Serben und setzten diesen außer Gefecht. Sofort darauf drohten die bosnischen Serben, bei Fortsetzung von NATO-Luftangriffen würden sie die UNPROFOR-Soldaten, die sie bereits als Geiseln interniert hatten, ermorden. Ferner würden sie die zusammengedrängten Flüchtlingsmassen gezielt unter Beschuss nehmen. Daraufhin wurden alle Bemühungen eingestellt, die eindringenden bosnisch-serbischen Truppen durch Luftangriffe zu stoppen.
Wo die Grenzen wirklich nur die von 1914 sind (also in Westpreußen) gibt es m. W. keine nennenswerten Besonderheiten. Wenn man aber die Grenzen meint, die noch 1937 galten - dann ist das unterschiedliche Wahlverhalten leicht zu erklären. Denn die nach 1945 zu Polen gekommenen deutschen Ostgebiete wurden ja fast komplett neu besiedelt (durch Umsiedler aus dem polnischen Osten), das gibt einen ganz anderen Erfahrungshintergrund der Menschen, die dort heute leben und die ja noch deutlich von den Erlebnissen ihrer Eltern und Großeltern geprägt sind.
Sicher R.A. genau das ist ja gemeint (das Wahlverhalten wird aber doch von der alten Grenze 1918 geprägt, ich finde nur die entsprechende Graphik gerade nicht.
Palimpseste sind ja keine Zauberei, sondern haben Ursachen.
Aber sie bilden leicht erkennbare und irrsinnig lange durchhaltende Muster in der physischen und kulturellen Landschaft (in der Geologie manchmal hunderte Millionen Jahre lang). Und mit Limesgürtel habe ich natürlich nicht diese Palisade gemeint, sondern den Umstand daß dort 400 Jahre lang eine der effizientesten Organisationen der Menschheitsgeschichte Dienst tat, die römische Armee. Hinter ihr langweilige Etappe, vor ihr 3000 km Barbarei, Aber dort wo sie stationiert war entstand das alte Deutsche Judentum, nur dort gab es früher Karneval, bevor er exportiert wurde, der Unterschied zu den östlicheren Teilen Deutschlands fällt ja geradezu eklatant ins Auge. Genau dort bildete sich übrigens der spanische Militärkorridor (freies Durchmarschrecht) des 16. und 17. JH.usw.usf.
Zitat In Anbetracht dieser Eskalation forderte der Kommandant der Blauhelme, Thomas Karremans, mehrfach NATO-Luftunterstützung an. Umfassende Luftunterstützung blieb jedoch aus. Zwei niederländische Flugzeuge der NATO bombardierten einen Panzer der bosnischen Serben und setzten diesen außer Gefecht. Sofort darauf drohten die bosnischen Serben, bei Fortsetzung von NATO-Luftangriffen würden sie die UNPROFOR-Soldaten, die sie bereits als Geiseln interniert hatten, ermorden. Ferner würden sie die zusammengedrängten Flüchtlingsmassen gezielt unter Beschuss nehmen. Daraufhin wurden alle Bemühungen eingestellt, die eindringenden bosnisch-serbischen Truppen durch Luftangriffe zu stoppen.
Für seinen heldenhaften Einsatz ist Herr Karremans dann ja auch befördert worden. BTW: Die »wikipedia.de« beinhaltet zum Thema Srebrenica einen mehr als lausigen Artikel. Na ja, das übliche halt; nicht zitierfähig;
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Irgendwie - nur so ganz vage - beschleicht einen das Gefühl, daß diese beiden aktuellen Meldungen in unseren Medien zum Großen Aufmacher avancieren werden:
Zitat NYT/Reuters 17 Sept 2013 ______________ "Israel plans to allow building materials meant for private projects into the Gaza Strip for the first time in six years, an Israeli defense official said Tuesday. Gaza has been struggling with a shortage of building materials that has worsened since July, when the Egyptian military shut down many of the tunnels used to smuggle goods and weapons from Egypt into the Palestinian enclave. The Israeli official said that 350 trucks of cement, steel and concrete would cross into Gaza weekly. Israel imposed a blockade on Gaza in 2007 after the militant group Hamas seized control of the territory. Israel began to ease the blockade in 2010 under international pressure, and further eased restrictions at the end of last year." ______________
AFP: "Hamas: Egypt destroying Gaza tunnels to tighten blockade" ______________ "Gaza rulers Hamas and residents of the Palestinian territory fear Egypt's destruction of tunnels used to smuggle goods across the border is part of a plan to tighten a blockade of the Strip. "The Egyptian army has destroyed 95 percent of the tunnels with the aim of setting up a security buffer zone," Sobhi Ridwan, head of the Palestinian municipality in the border town of Rafah, told AFP. Hamas spokesman Fawzi Barhum echoed the concern. "We have big fears of a buffer zone being set up and the tunnels all being shut down," Barhum said. Egypt's army has destroyed many of the tunnels on the Egyptian side of Rafah which are used to smuggle goods, including building material and fuel, into the blockaded Palestinian territory. Egypt says it is part of a crackdown against Islamist militants in the Sinai Peninsula who have links to extremists in Gaza." ______________
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