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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 60 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.01.2013 06:15
"Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Die FDP hat gestern einen nachgerade triumphalen Wahlsieg eingefahren. Es ist schon ein bemerkenswertes Stück Dialektik, wenn beispielsweise Markus Horeld, Super-Ressortleiter bei "Zeit-Online", daraus eine "Entkernung" und "Degradierung" der FDP macht. Ein Artikel über "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP.

Siehe dazu auch die Diskussion gestern Abend in diesem Thread.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

21.01.2013 08:07
#2 Das Narrativ... Antworten

So ein Wahlabend bietet die Möglichkeit, den "Qualitätsjournalismus" zu erleben. Wenn sich Hr. Markquart vom FOCUS deutlich gegen die Leihstimmeninterpretation ausspricht, dabei Argumente ähnlich Zettel über die prinzipien der Demokratie anführt und die Moderatorin kleinlaut etwas nachschiebt nach dem Motto "stimmt doch garnicht", dann ist das nur traurig.
Genauso traurig aber auch, dass sich das Narrativ "Leihstimmen" durchsetzen wird: Die FDP hat zwar gewonnen, aber von der Union Gnaden. Die Union ist nun in der Position der moralischen Überlegenheit dem marktwirtschaftlichen Appendix gegenüber.
Persönlich denke ich aber auch, dass der Streit innerhalb der FDP taktisch nicht unklug war. Soviel Medienaufmerksamkeit für die Liberalen hätte es sonst nicht gegeben.

Für die Bundestagswahlen werden alle Parteien wohl "weiter so" machen. Piraten werden nicht in den Bundestag einziehen, die Kommunisten knapp und daher wird es für eine CDU-geführte Koalitonsregierung reichen. Allerdings eher mit der SPD oder gar den Grünen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.425

21.01.2013 08:46
#3 RE: Das Narrativ... Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag RE: Rösler, Steinbrück, Niedersachsen
Es wird aber zunehmend fraglich, ob die Umfragewerte überhaupt aussagekräftig sind. Die FDP lag bei beiden Landtagswahlen bei 4% in den Umfragen - um dann 8% am Wahltag zu holen. Wenn jetzt in Niedersachsen bei ähnlich niedrigen Umfragen trotzdem ein Wahlerfolg käme (also 7% oder besser) - dann sind auch die Bundesumfragen als wertlos zu erachten.


Sieht ganz so aus. Und diese Gemeinheit gegenüber dem nach eigenem Verständnis wirklichen Souverän - i.e. der Schurnalje - gilt es a) abzustrafen & b) ungeschehen zu machen. Das Narrativ wird schon einen Zacken weiter gedreht & dem unfolgsamen Wähler bestimmt die Toursiege aberkannt: FDP-Doping kannibalisiert schwarz-gelbes Bündnis

Zitat Welt:
________
Man verleiht nichts, was man selber zum Leben braucht. Die CDU hat Stammwähler an die FDP ausgeliehen. Das passiert im Herbst nicht noch einmal.
________

Immer schön, wenn die, die gerade die Lesung aus dem Kaffeesatz so vergeigt haben, genau wissen, wie die nächste Runde ausgeht.

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

21.01.2013 09:45
#4 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Hat jemand hier im Forum vielleicht einen Link zu den tatsächlich gestellten Fragen bezüglich der angeblichen "Leihstimmen"? Nur aus der Tatsache, dass ein Stimmensplitting erfolgt ist, kann man ja nicht eindeutig den Schluss ziehen, dass ein CDU-naher Wähler mit der Zweitstimme die FDP gewählt hat.

Auch umgekehrt wird ja ein Schuh draus. Wenn ich z.B. die FDP wähle, mache ich mir schon Gedanken, ob es sinnvoll ist, dem FDP-Kandidaten in meinem Wahlkreis auch die Erststimme für das Direktmandat zu geben. Meist hat der kaum eine Chance dieses Direktmandat zu gewinnen, so dass ich meine Erststimme dem für mich "zweitbesten" Kandidaten gebe. Das Ergebnis (Erststimme CDU, Zweitstimme FDP) ist dann dasselbe.

A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools.
Douglas Adams

Economist Offline



Beiträge: 10

21.01.2013 10:18
#5 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Ein sehr wichtiger Punkt, den Sie da in Ihrem Beitrag ansprechen. Das Ergebnis und vor allem das Abschneiden der FDP und dessen Erklärung stimmt mich nicht nur positiv, weil eine liberale Partei gewonnen hat (obwohl ich kein "Stammwähler" der FDP bin). Was mich mehr bewegt und zugegebenermaßen aus einem bei mir persönlich anzutreffenden und latent immer gegenwärtigen Kulturpessimusmus zu reißen vermag ist, dass die Wahlberechtigten in diesem Land (bzw. in diesem Fall in Niedersachsen) noch immer so gut informiert sind, dass sie von der Politik erreichbar sind. Offensichtlich hat eine politisch-taktische Kampagne wie jene, die sich nun auf die Zweitstimmen bezog, funktioniert. Das heißt, wie bereits hier angesprochen, dass es um die Demokratie in diesem Land besser bestellt ist, als man manchmal den Eindruck hat -- oder geht Letzteres auf Grund einer zu negativen Meinung über die sich verschlechternde Allgemeinbildung und eines unkritisch hingenommenen politisch-ideologischen Einheitsbreis in den Medien sowie der politischen Landschaft nur mir so? Auch wenn man einwendet, dass diese Aussage insofern verzerrt ist, als dass sie auf Basis der tatsächlichen Wähler sich gründet und die Nicht-Wähler und deren "politische Kompetenz" außen vor lässt: Die Konstellation, dass nur (vorwiegend oder zumindest für ein solches Ergebnis hinreichend viele) Interessierte und Informierte zur Wahl gehen und die anderen die Nicht-Wähler stellen, ist mir lieber als irgendeine andere Kombination (von offensichtlichen, aber unrealistischen Idealfällen abgesehen).
Es ist also ein guter Tag für die Demokratie in diesem Land -- um es etwas pathetisch auszudrücken. Umso betrüblicher ist es zu sehen, wie die Darstellung des Wahlasugangs und der Wähler in den Medien ist. Dies gerade auf Grund dessen, dass die Wähler den Beweis erbrachten in der Lage zu sein die Möglichkeiten des Wahlrechts auszuschöpfen. Aber ein politischer Mainstream, der auf den unkritischen und einer Ideologie empänglichen Bürger angewiesen ist um fortzubestehen, kann über eine solchen Wahlausgang natürlich nicht erfreut sein.

Grüße
Econ

DrNick Online




Beiträge: 809

21.01.2013 10:25
#6 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #4
Hat jemand hier im Forum vielleicht einen Link zu den tatsächlich gestellten Fragen bezüglich der angeblichen "Leihstimmen"?


Auf den Seiten der FG Wahlen findet sich sowohl eine Zusammenfassung [1] ("Für nicht weniger als 80 Prozent der aktuellen FDP-Wähler ... heißt die präferierte Partei eigentlich CDU.") als auch einige Grafiken [2], die vermutlich die tatsächlichen Fragen wiedergeben. Die genannte "80" sieht man dann in einer Grafik, an deren oberem Rand steht: "Am besten gefällt FDP-Anhängern die ...".

Soll man das so verstehen, daß man den Leuten einerseits die Frage gestellt hat, welche Partei ihnen am besten gefällt, als auch, welcher Partei sie "anhängen"?

[1] http://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Wahl_Niedersachsen/

[2] http://www.forschungsgruppe.de/Wahlen/Gr...ersachsen_2013/

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

21.01.2013 10:35
#7 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #6
Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #4
Hat jemand hier im Forum vielleicht einen Link zu den tatsächlich gestellten Fragen bezüglich der angeblichen "Leihstimmen"?


Auf den Seiten der FG Wahlen findet sich sowohl eine Zusammenfassung [1] ("Für nicht weniger als 80 Prozent der aktuellen FDP-Wähler ... heißt die präferierte Partei eigentlich CDU.") als auch einige Grafiken [2], die vermutlich die tatsächlichen Fragen wiedergeben. Die genannte "80" sieht man dann in einer Grafik, an deren oberem Rand steht: "Am besten gefällt FDP-Anhängern die ...".

Soll man das so verstehen, daß man den Leuten einerseits die Frage gestellt hat, welche Partei ihnen am besten gefällt, als auch, welcher Partei sie "anhängen"?

[1] http://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Wahl_Niedersachsen/

[2] http://www.forschungsgruppe.de/Wahlen/Gr...ersachsen_2013/

Genau das ist ja mein Problem. Ich sehe nur die Bewertung bzw. Zusammenfassung. Ohne die tatsächlich gestellten Fragen und die dazugehörigen Antworten zu kennen, kann ich nicht beurteilen, ob die Bewertung korrekt ist oder nicht.

A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools.
Douglas Adams

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.01.2013 10:38
#8 RE: Das Narrativ... Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
Das Narrativ wird schon einen Zacken weiter gedreht & dem unfolgsamen Wähler bestimmt die Toursiege aberkannt: FDP-Doping kannibalisiert schwarz-gelbes Bündnis

Zitat Welt:
________
Man verleiht nichts, was man selber zum Leben braucht. Die CDU hat Stammwähler an die FDP ausgeliehen. Das passiert im Herbst nicht noch einmal.
________

Immer schön, wenn die, die gerade die Lesung aus dem Kaffeesatz so vergeigt haben, genau wissen, wie die nächste Runde ausgeht.

Fehlt jetzt eigentlich nur noch, dass der CDU und der FDP Wahlbetrug vorgeworfen wird.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Florian Offline



Beiträge: 3.171

21.01.2013 10:56
#9 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Die gestrige Wahl war natürlich ein absolutes Debakel für die Demoskopie.

Wie man hier (http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/niedersachsen.htm) sieht, gab es seit Mai 2011 keine einzige Umfrage, die die FDP in Niedersachsen über 5% gesehen hätte.
Höchstwert waren genau 5% (so wurde die FDP auch mehrheitlich in den letzten Umfragen vor der Wahl taxiert. Teilweise aber auch unter 5%, z.B. am 12.1. die Befragung im Auftrag des Focus und am 3.1. durch Infratest Dimap).

Laut Forschungsgruppe Wahlen (http://www.forschungsgruppe.de/Rund_um_d...Politbarometer/):

Zitat
Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte.



Was "Fehlerbereich" bedeutet, ist nicht ganz klar. Ich vermute einmal, das bedeutet ein Konfidenzintervall mit 95% Konfidenzniveau.
Ein Abweichung von Umfrageergebnis und Wahlergebnis von 5% bedeutet bei der FDP somit mindestens 2, vielleicht sogar 3 Konfidenzintervalle.
Falls mich meine Statistikkenntnisse jetzt nicht im Stich lassen (bitte ggf. um Korrektur), ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis der FDP um 5% vom Umfrageergbnis abweicht somit höchstens 1%.
Anders gesagt: Eigentlich sollte ein solcher Fehler nur bei einer Wahl alle 500 Jahre auftauchen.

Ein totales Debakel für die Demoskopie.
Umso mehr, wenn man noch folgendes bedenkt:
- Die 5% waren nicht ein einmaliger Ausrutscher eines Instituts, sondern wurden von allen Instituten prognostziert.

- Die "Leihstimmenkampagne" der CDU lief ja (wenn ich die Presse richtig verfolgt habe) schon seit Wochen. Sie hätte also in den Umfrageergbnissen "eingespreist" sein müssen. (Zumal nach meinem Empfinden die CDU kurz vor der Wahl von dieser Kampagne eher wieder etwas zurück gerudert ist).


Wenn sich nun ein Umfrageinstitut hinstellt und nach der Wahl genau auseinandersetzt, wie viele FDP-Wähler eigentlich CDU-Symphatisanten waren, dann wäre es eigentlich Journalistenpflicht, hier einmal kritisch nachzufragen: Wie kann das Institut da nun so sicher sein, wenn es den Effekt im Vorfeld nicht einmal ansatzweise bei den Umfragen gemessen hat?

Aber irgendwie sind Umfrageinstitute heilige Kühe. Sie können noch so großen Blödsinn publizieren, noch so viele Kehrtwendungen machen - ihre Aussage nehmen die Medien immer für bare Münze

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

21.01.2013 11:15
#10 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Schade fuer die Landesregierung in Niedersachsen und vielleicht auch um Niedersachsen, dass es dort nicht gereicht hat.

Was die Demoskopen angeht, lagen sie zwar zum wiederholten Male absolut daneben, was die FDP angeht. Allerdings lagen Infratest und co. nicht zum ersten Mal recht gut, was die "Lager" (rotgruen vs. schwarzgelb) betrifft. Da hatten sie vor den Wahlen ein 46 zu 46 prognostiziert.

Ich ziehe daraus zwei Vermutungen:

1. Ich sehe Anzeichen, dass FDP-Waehler sich in Umfragen nicht zu ihrer Partei bekennen. Das kannte man bisher nur von Paria-Parteien wie der NPD.

2. Die aktuellen Umfragen sind, was die "Lagerstaerke" angeht, recht exakt. Wenn dem so ist, waere eine Fortsetzung der aktuellen Bundesregierung (bei 46 Prozent) (wegen der Linken (7-8 Prozent) unwahrscheinlich und eine rotgruene Regierung (39-41 Prozent) noch etwas unwahrscheinlicher.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.01.2013 11:33
#11 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Zitat von FTT_2.0 im Beitrag #10
Allerdings lagen Infratest und co. nicht zum ersten Mal recht gut, was die "Lager" (rotgruen vs. schwarzgelb) betrifft.

Das kann man so nicht wirklich sagen.
Es gibt vor den meisten Wahlen einige "Prognosen", die bei den Lagern recht dicht lagen. Das ist aber nicht nur die wirklich einfachste Prognose, sondern es gab im jeweils gleichen Zeitraum auch immer andere Prognosen, die um einige Prozent daneben lagen.
Und einige Prozent bedeuten Sieg oder Niederlage.

Im Prinzip sind die Institute (bei knappen Wahlausgängen, ansonsten ist das ohnehin trivial) nicht viel besser als eine Wettervorhersage, die immer Sonnenschein behauptet. Das wird oft stimmen - aber oft eben auch nicht. Und damit ist sie wertlos.

Zitat
1. Ich sehe Anzeichen, dass FDP-Waehler sich in Umfragen nicht zu ihrer Partei bekennen. Das kannte man bisher nur von Paria-Parteien wie der NPD.


Das trifft es wohl teilweise.
Ansonsten sehe ich hier immer noch eine deutliche Verärgerung vieler liberaler Wähler über den Mißerfolg der Berliner Koalition. Diesen Ärger lassen sie ab, wenn man sie befragt. Aber am Ende wählen sie dann doch wieder FDP - was denn auch sonst.

Zitat
2. Die aktuellen Umfragen sind, was die "Lagerstaerke" angeht, recht exakt.


Überhaupt nicht.
Erstens gibt es eben immer noch eine wesentliche Fehlerquote. Und zweitens kamen die Umfragen erst ganz kurz vor der Wahl halbwegs in die Nähe der Realität.
Was vor einigen Monaten für Niedersachsen behauptet wurde, war in ziemlich allen Faktoren völlig grottig: FDP draußen, Linken drinnen, Riesenvorsprung des rot/grünen Lagers.
Nichts davon hat sich bewahrheitet.

Und deswegen kann man die aktuellen Behauptungen (Prognosen kann man die sowieso nicht nennen) für die Bundestagswahl völlig vergessen. Die sind schlicht wertlos.

Insbesondere behaupten ALLE Institute, die FDP würde nicht mehr in den Bundestag kommen. Und das war und ist sehr unrealistisch.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.425

21.01.2013 11:50
#12 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Gemeines Demoskopen-Bashing...
Dabei ermitteln die doch nur das Wahlklima.
Und in der Klimaforschung fallen derartige Diskrepanzen zwischen Prognose & Realwirklichkeit locker unter die zulässige Irrtumsmarge.

Ulli Kulkes "Donner und Doria" - "Der Videobeweis: Klimaforscher schulen schon mal heimlich um"

"Für alle, denen es jetzt langweilig wird, solange es nicht wärmer wird, hier ein nettes Musikvideo. Dort dürfen wir verfolgen, wie manche Klimaforscher sich jetzt in weiser Voraussicht schon mal umschulen lassen."

Ich weiß auch schon, zu was.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

21.01.2013 12:10
#13 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Zitat
Ein wirklich "taktisches" Wählen liegt dann vor, wenn jemand, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, eine Partei wählt, mit der er überhaupt nicht übereinstimmt. Angenommen, die Kommunisten hätten in den Umfragen vor den kommenden Bundestagswahlen Werte knapp unter 5 Prozent. Dann könnte jemand, der unbedingt eine Große Koalition will, die Partei "Die Linke" wählen, um zu erreichen, daß weder Schwarzgelb noch Rotgrün eine Mehrheit hat und nur eine Große Koalition bleibt.



Im Falle Niedersachsen hätte man angesichts der Wahlprognose umgekehrt annehmen können, dass so mancher FDP-Wähler taktischerweise seine Stimme der CDU geliehen hat, damit diese nicht ganz 'verloren' ist.

Gruß, Martin

C. Offline




Beiträge: 2.639

21.01.2013 14:50
#14 RE: Das Narrativ... Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Die FDP hat gestern einen nachgerade triumphalen Wahlsieg eingefahren.


Lieber Zettel,

leider ist das nicht richtig, es waren die Grünen, die triumphal gesiegt haben (+ 5,7 Prozentpunkte), die FDP hat leicht dazugewonnen (+1,7 Prozentpunkte). SPD/Grüne haben in Summe 8 Prozentpunkte dazugewonnen, CDU/FDP haben 4,8% verloren. Es hat keinen Sinn auf Umfragen zu schielen, es zählen nur Wahlen. Umfragen, vor allem die Exit-Polls, können allerdings nützlich sein um Wahlergebnisse zu verstehen, bei aller geratenen Vorsicht.

Gemäß dem vorläufigen Wahlergebnis hat die FDP 354.971 Stimmen erhalten. Laut angeblicher Wählerwanderung ist es ihr gelungen, 12.000 Nichtwähler zu mobilisieren, hat aber an Linke (1000), Piraten (5000), Grüne (9000) und SPD (20.000) insgesamt 35.000 verloren oder "ausgeliehen". Von der ehemaligen CDU-Wählern soll sie 101.000 Stimmen erhalten haben. Bereinigt um die "CDU-Stimmen" komme ich auf ein Ergebnis von 254.000, das entspricht prozentual 7,1 % der gültigen Stimmen, selbst bei leichten Verlusten wäre das ein sauberer Sprung über die 5%-Hürde gewesen.

Wenn ich die virtuellen 101.000 Wählerstimmen der CDU zurückgebe, dann hätte die CDU 1.389.000 Stimmen (38,9%)erhalten. Diese 39% entsprechen auch der Vorhersage der Forschungsgruppe Wahlen vom 10.1.2013 und dem 6.12.2012.,allerdings hat die Forschungsgruppe Wahlen die FDP zu diesem Zeitpunkt bei 5 und 4 % gesehen. Die gefühlten 70, 80, 90% der FDP-Wähler, deren eigentliche Präferenz die CDU sein sollte, sind dummes Zeug, das ungehemmt nachgeplappert wird, weil es so schön in den Kram passt.

Zitat von Zettel

Es ist schon ein bemerkenswertes Stück Dialektik, wenn beispielsweise Markus Horeld, Super-Ressortleiter bei "Zeit-Online", daraus eine "Entkernung" und "Degradierung" der FDP macht. Ein Artikel über "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP.



Du hast es bereits gesagt, die ZEIT ist das Propagandablättchen für rot-grün, da erwarte ich nichts anderes, noch nicht einmal dass einem Volontär ein Taschenrechner in die Hand gedrückt wird. An ein Demokratieabgabenfernsehen sollten höhere Ansprüche gestellt werden.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

dafi Offline



Beiträge: 5

21.01.2013 15:23
#15 These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zu Recht behauptet Zettel, dass heutzutage die Bezeichnung „liberal“ eher negativ behaftet ist. Dies liegt m. E. auch oder vor allem daran, dass die Mehrheit der Bürger die Bedeutung des Begriffs "liberal" nicht kennt bzw. fehldeutet. Ich unterstelle weiter, dass die Mehrheit der Bürger den Begriff zuerst mit der FDP assoziiert. Die FDP vertritt aber nur in engen Grenzen den Liberalismus. Sie ist vielmehr eine sozialdemokratische Partei mit vereinzelt liberalen Ideen. So widerstrebt ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Hotelleistungen, die Unterstützung der Förderung erneuerbarer Energien oder der Merkel‘schen Europapolitik eklatant liberalen Grundsätzen. Kein Wunder also, dass die Bürger bei einer Gleichsetzung des Liberalismus mit der FDP ersteren ablehnen. In diesem Zusammenhang ist meine provokante These: die FDP schadet dem Liberalismus. Zumindest mit ihrem aktuellen Programm…

Rudolf Kipp Offline




Beiträge: 36

21.01.2013 15:58
#16 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Die Demoskopen haben bei den letzten 3 Landtagswahlen was das Abschneiden der FDP angeht jedes Mal meilenweit daneben gelegen. Das kann sicher passieren, ist aber peinlich.

Ebenso peinlich sollte es der versammelten linken Journaille sein, wieder einmal in den vorgezogenen Totengesang mit eingestimmt und diesen auch nach kräften befeuert zu haben. Das allerdings würde ein kritisches Reflektieren der eigenen Fehler voraussetzen. Dazu scheinen die Damen und Herren Qualitätsjournalisten allerdings weder willens noch in der Lage zu zu sein. Stattdessen sucht man lieber nach einer "externen" Ursache, die den für völlig unmöglich gehaltenen Wahlerfolg der FDP verursacht haben muss.

Der Narrativ zum unerwartet guten Abschneiden der FDP lautet: Die Prognosen der Institute waren richtig und die Analysen und Bewertungen der politischen Redaktionen ebenfalls. Nur hat die CDU in einem perfiden Spiel die ganzen tollen Vorhersagen ad absurdum geführt, indem man zugelassen hat, dass die Wähler sich ihren Interessen entsprechend klug verhalten haben.

Der Endsieg der sozialistischen Einheitsfront gegen das (Neo)Liberale an sich in Deutschland stand kurz bevor, aber dann kam die CDU Niedersachsens, die aus Gründen des reinem Machterhalts der im medialen Felde ungeschlagenen antilibertären Bewegung in Deutschland von hinten einen Dolchstoß verpasst hat.

Lächerlicher geht es eigentlich kaum. Ich habe jedes mal, wenn ich bei Wahlen bei der FDP mein Kreuz gemacht habe meine Erststimme dem CDU-Kandidaten gegeben. Alles andere wäre ja auch schön blöd. Oder soll ich mich jetzt missbraucht fühlen, weil ich all die Jahre als Leihstimm-Vieh vom Establishment ausgenutzt worden bin?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

21.01.2013 16:20
#17 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von dafi
In diesem Zusammenhang ist meine provokante These: die FDP schadet dem Liberalismus. Zumindest mit ihrem aktuellen Programm…

Ein wirklich liberales Programm würde als "sozialdarwinistisch" sofort in die rechtsextreme Ecke gerückt werden und damit der Partei wirklich den Todesstoß versetzen.Die entsprechenden Rhetorik-Versatzstücke werden auf Wikipedia längst angewendet.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Fritz ( gelöscht )
Beiträge:

21.01.2013 17:05
#18 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #17
Ein wirklich liberales Programm würde als "sozialdarwinistisch" sofort in die rechtsextreme Ecke gerückt werden und damit der Partei wirklich den Todesstoß versetzen.Die entsprechenden Rhetorik-Versatzstücke werden auf Wikipedia längst angewendet.


Da kann ich leider nicht zustimmen. Die FDP hat doch jetzt schon den maximalen Gegenwind von unseren links-dominierten Medien.

Warum hat die FDP bei der letzten Bundestagswahl so gut abgeschnitten? Weil ein nicht unbedeutender Teil der Wähler "die Schnauze voll hatte" vom Linksruck der Merkel-Union und man zwar eine bürgerliche Regierung wollte, aber der Einfluß der sozialdemokratischen Merkel sollte zurückgedrängt werden.

Was hat die FDP aus dieser triumphalen Ausgangslage gemacht? Nichts.

Ein Graf Lambsdorff, natürlich der Otto, hat sich um den Gegenwind und die schlechte Presse nicht geschert und die FDP konstant erfolgreich gehalten. Sein Sohn kämpft nur noch für den Freiheitsentzug Richtung Brüssel.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

21.01.2013 17:25
#19 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von Fritz im Beitrag #18
Zitat von Rayson im Beitrag #17
Ein wirklich liberales Programm würde als "sozialdarwinistisch" sofort in die rechtsextreme Ecke gerückt werden und damit der Partei wirklich den Todesstoß versetzen.Die entsprechenden Rhetorik-Versatzstücke werden auf Wikipedia längst angewendet.


Da kann ich leider nicht zustimmen. Die FDP hat doch jetzt schon den maximalen Gegenwind von unseren links-dominierten Medien.

Warum hat die FDP bei der letzten Bundestagswahl so gut abgeschnitten? Weil ein nicht unbedeutender Teil der Wähler "die Schnauze voll hatte" vom Linksruck der Merkel-Union und man zwar eine bürgerliche Regierung wollte, aber der Einfluß der sozialdemokratischen Merkel sollte zurückgedrängt werden.

Was hat die FDP aus dieser triumphalen Ausgangslage gemacht? Nichts.

Ein Graf Lambsdorff, natürlich der Otto, hat sich um den Gegenwind und die schlechte Presse nicht geschert und die FDP konstant erfolgreich gehalten. Sein Sohn kämpft nur noch für den Freiheitsentzug Richtung Brüssel.


Der letzte Schritt, die aktuelle FDP in den MSM als rechtsextrem zu bezeichnen, ist noch nicht möglich, es wäre dann doch zu absurd.

Also doch, es ginge noch einen darauf zu setzen.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.01.2013 17:33
#20 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von Fritz im Beitrag #18
Da kann ich leider nicht zustimmen. Die FDP hat doch jetzt schon den maximalen Gegenwind von unseren links-dominierten Medien.

Auch wenn es einem manchmal so vorkommen mag - das ist noch lange nicht "maximal".

Robin Offline



Beiträge: 317

21.01.2013 17:35
#21 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von Fritz im Beitrag #18
Ein Graf Lambsdorff, natürlich der Otto, hat sich um den Gegenwind und die schlechte Presse nicht geschert und die FDP konstant erfolgreich gehalten. Sein Sohn kämpft nur noch für den Freiheitsentzug Richtung Brüssel.

Anmerkung am Rande: Alexander ist der Neffe, nicht der Sohn.

Quentin Quencher Offline




Beiträge: 120

21.01.2013 17:36
#22 RE: "Leihstimmen" und die Kampagne gegen die FDP Antworten

Bei der SPD und und den Gründen existiert dieses Verhalten doch auch, doch da juckt das keine mediale Sau. Die Grünen haben ja auch 116.236 mehr Zweitstimmen als Erststimmen zu verbuchen. Wo sind denn die geblieben?

Und noch was anderes:

Zitat
Wenn es diese Wählerwanderung - ein schreckliches Wort, doch das ist ein anderes Thema - nicht gegeben hätte, so wäre der Stimmenanteil der Liberalen bei 7,13% gelegen. Und dies ist, nach all dem medialen Abgesang auf die FDP, auch schon ein beachtenswertes Ergebnis.
Gabriel, die FDP und die Medien

Quentin Quencher
Glitzerwasser

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.01.2013 18:06
#23 RE: Das Narrativ... Antworten

Zitat von C. im Beitrag #14
Zitat von Zettel im Beitrag #1
Die FDP hat gestern einen nachgerade triumphalen Wahlsieg eingefahren.


Lieber Zettel,

leider ist das nicht richtig, es waren die Grünen, die triumphal gesiegt haben (+ 5,7 Prozentpunkte), die FDP hat leicht dazugewonnen (+1,7 Prozentpunkte).

Für einen Totgesagten, dear C., ist schon munteres Weiterleben ein Triumph. Und manchmal siegt ja auch mehr als einer.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.01.2013 18:20
#24 RE: These: FDP schadet dem Liberalismus! Antworten

Zitat von dafi im Beitrag #15
In diesem Zusammenhang ist meine provokante These: die FDP schadet dem Liberalismus. Zumindest mit ihrem aktuellen Programm…

Sie ist, lieber dafi, nun einmal die einzige liberale Partei, die wir in Deutschland haben. Eine radikal liberale Partei, wie Sie Ihnen vielleicht vorschwebt, hätte in der heutigen Bundesrepublik keine Chance.

Man mag das bedauern - ich bedaure es auch -, aber es ist nun einmal so. Der Liberalismus hat in Kontinentaleuropa niemals die Bedeutung gehabt, die er seit Adam Smith und der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung in den angelsächsischen Ländern hat. Schon in der Weimarer Republik waren die beiden liberalen Parteien schwach. In der Bundesrepublik war die FDP von Anfang an eine Nischenpartei, obwohl sich in ihr der nationalliberale Flügel (DNVP bzw. DVP) und der linksiberale Flügel (DDP bzw. DStP) des Liberalismus zusammengefunden hatten.

Übrigens ist in Frankreich die Situation ähnlich. In den Anfängen der V. Republik gab es einmal eine relativ bedeutende liberale Partei, der Parti Républicain, der sogar mit Giscard d'Estaing einen Staatspräsidenten stellte. Heute sind die Liberalen zersplittert, und Bayrou und sein MoDem vertreten Postitionen, die Sie, lieber dafi, gewiß auch als nicht liberal bezeichnen würden.

Soweit ich sehe, ist es in Italien, in Spanien nicht anders; obwohl ich die Lage dort schlecht beurteilen kann.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer!

C. Offline




Beiträge: 2.639

21.01.2013 18:32
#25 RE: Das Narrativ... Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #23
Für einen Totgesagten, dear C., ist schon munteres Weiterleben ein Triumph. Und manchmal siegt ja auch mehr als einer.

Herzlich, Zettel


Seit wann glauben wir, was so gesagt und geschrieben wird?* . Das überlassen wir Frau Verleihnix und den Wähler_innen der Grün_innen.

Nachtrag:

Zitat von "Politologe"
Die Liberalen sind die Achillesferse des bürgerlichen Lagers, sind rein parasitär, gewinnen nicht in neuen bürgerlichen Milieus hinzu, sondern schöpfen allein im CDU-Lager ab. Daraus wird eine kühle Machtpolitikerin wie Merkel unzweifelhaft ihre Folgen ziehen.



unn änner geht noch:

Zitat von Rot-Grünes Wahlkampfblättchen
Die Grünen haben in Niedersachsen gewonnen, weil sie das Gegenteil der FDP sind.



Zum grünen Candystorm (obacht: schamlose Lobhudelei)

Der Riesling gehört zu Deutschland.

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