Viele unterschiedliche Vorstellungen zum Begriff Netzneutralität geistern in der Diskussion herum. Gleichzeitig versuchen die Lautesten den Eindruck zu erwecken, sie hätten jeweils die offensichtlich "richtige Definition", welche die alles entscheidenden und alles andere an Relevanz übertreffenden Probleme ohne Kompromiss anspricht. Ich möchte mit meinem Artikel die unterschiedlichen Positionen und ihre Beweggründe zusammenfassen, um eine Diskussion zu ermöglichen. Denn auch wenn die meisten Aspekte im Interesse nahezu jeden Internetnutzers stehen, so hat doch jeder aus seinen subjektiven Erfahrungen und Wertemaßstäben andere Prioritäten und ist von unterschiedlichen Befürchtungen getrieben.
Mich beispielsweise treibt eher die Sorge nach einer zentralistischen Festlegung der Wichtigkeit bestimmten Datenverkehrs, sei es durch eine Behörde oder ein marktstarkes oder marktbeherrschendes Unternehmen, sei es im Endkundenbereich, sei es bei den Backbone-Netzen. Gleichzeitig sehe ich das nicht auszuschließende Bedürfnis nach einer Zuteilung knapper Kapazitäten bezüglich der Sicherstellung bestimmte Qualitätsansprüche für bestimmte Anwendungen, die andere Anwendungen so gar nicht haben und an die jene Kapazitäten deshalb verschwendet wären. Die von Verfechtern absoluter Netzneutralität vorgeschlagene Lösung einfach immer, egal was an Ansprüchen kommt, das Netz bis zum kleinsten Kaff für Unsummen soweit auszubauen, dass allzeit gigantische Überkapazitäten vorhanden sind, erscheint nicht unbedingt ökonomisch sinnvoll.
Ich tendiere daher eher zu einer gesetzlichen Verankerung der Dienstneutralität, unter der Voraussetzung niedrigerer Prioritätsklassen - wenn möglich - mit den gleichen Ressourcen und Methoden möglichst schnell ans Ziel zu bringen wie höhere Prioritätsklassen, sofern diese sonst frei und ungenutzt wären. Das Paket der höheren Prioritätsklasse hätte lediglich Vorrang vor einer Warteschlange niedriger priorisierter Pakete. Solange aber kein vorrangiges Paket die Ressourcen beansprucht, muss die volle Kapazität den anderen Datenströmen zugute kommen. Eine künstliche Verknappung unter die installierten Kapazitäten sollte so nicht möglich sein. Allerdings würde ich für VoIP und (Bild-)Telefonie eine Ausnahme machen und eine gesonderte Dienst-Prioritätsklasse zulassen, um die gewohnte Grundversorgung mit Telefonverbindungen in heutiger Qualität sicherstellen zu können. Dies ist auch notwendig, um wiederum priorisierte Telefongespräche, wie beispielsweise Notrufe, zu ermöglichen. Ein Stichprobenartiges Deep Packet Inspection, um Missbrauch dieser Dienst-Prioritätsklasse aufzudecken, ließe sich dann nicht vermeiden. In anderen Prioritätsklassen wäre DPI aber nicht notwendig, das es auf den Inhalt nicht ankäme und alle Dienstkategorien zulässig wären (selbstverständlich auch VoIP und Telefonie).
Optimal wäre das nicht. Es würde nicht alle Sorgen zufrieden stellen, insbesondere nicht die linke Ablehnung der Ressourcenzuteilung über den Preis. Aber die Dienstneutralität erscheint mir die einzige Alternative zum Verzicht auf Netzneutralität, ohne breitflächig auf Deep Packet Inspection zurückgreifen oder auf geschickte Ressourcennutzung verzichten zu müssen.
Die dargestellten Komplikationen bestärken bei mir die Position, daß es zu diesem Thema überhaupt keine staatlichen Festlegungen geben sollte. Wenn der Gesetzgeber sich in so ein Thema reinhängt, dann wird er im Laufe der Zeit immer weitgehendere Festlegungen treffen, um "Neutralität" zu gewährleisten. Und damit sowohl Innovationen wie auch den Wettbewerb zwischen den Dienstleistern ausbremsen.
Voraussetzung ist allerdings dabei, daß auch wirklich ein voller Wettbewerb möglich ist. Was immer noch an Resten des alten Staatsmonopols à la "letzte Meile" zu finden ist, muß dabei vielleicht überprüft werden. Es muß grundsätzlich möglich sein, daß man an jedem Ort einen Netzanbieter nach eigener Wahl bekommen kann (was nicht heißt, daß faktisch vor Ort jeder Anbieter präsent sein muß).
Solange aber Wettbewerb möglich ist, kann eine zentral kontrollierte "Neutralität" nur schaden.
Zitat von R.A. im Beitrag #2 Die dargestellten Komplikationen bestärken bei mir die Position, daß es zu diesem Thema überhaupt keine staatlichen Festlegungen geben sollte. Wenn der Gesetzgeber sich in so ein Thema reinhängt, dann wird er im Laufe der Zeit immer weitgehendere Festlegungen treffen, um "Neutralität" zu gewährleisten. Und damit sowohl Innovationen wie auch den Wettbewerb zwischen den Dienstleistern ausbremsen.
Voraussetzung ist allerdings dabei, daß auch wirklich ein voller Wettbewerb möglich ist. Was immer noch an Resten des alten Staatsmonopols à la "letzte Meile" zu finden ist, muß dabei vielleicht überprüft werden. Es muß grundsätzlich möglich sein, daß man an jedem Ort einen Netzanbieter nach eigener Wahl bekommen kann (was nicht heißt, daß faktisch vor Ort jeder Anbieter präsent sein muß).
Solange aber Wettbewerb möglich ist, kann eine zentral kontrollierte "Neutralität" nur schaden.
Ich plädiere eher für eine ausgewogene Setzung der staatlichen definierten Rahmenbedingungen.
Das Problem sind ja die Kosten, die ein eigenes Netz mit sich bringt (siehe Versuche der "Drosselkom"). Solche Investitionen kann nur ein großes Unternehmen stemmen. Wenn dies nun gleichzeitig als Anbieter auftritt, dann gibt es Interessenkonflikte.
Beispiel: Jemand baut Strassen und verlangt Maut dafür - so weit so normal. Gleichzeitig betreibt derjenige aber ein LKW Transportunternehmen und verlangt dann von den eigenen LKWs nichts, von der Konkurrenz aber das zehnfache an Maut. Überdies kann man manche Firmen nur über die Strassen dessen erreichen, der die Maut verlangt. Das wäre wettbewerbswidrig.
Also wenn reiner Markt, dann darf der Natzanbieter nicht gleichzeitig als Inhalteanbieter auftreten. Das wäre gesetzlich zu regeln.
Zitat von Kritiker im Beitrag #3Beispiel: Jemand baut Strassen und verlangt Maut dafür - so weit so normal. Gleichzeitig betreibt derjenige aber ein LKW Transportunternehmen und verlangt dann von den eigenen LKWs nichts, von der Konkurrenz aber das zehnfache an Maut.
Erst einmal überhaupt kein Problem. Da schädigt er eben eines seiner Unternehmen zugunsten des anderen.
Zitat Überdies kann man manche Firmen nur über die Strassen dessen erreichen, der die Maut verlangt.
DAS dagegen wäre ein Problem. Wer über ein Monopol verfügt, kann damit natürlich fast nach Belieben Schindluder treiben. Im konkreten Fall muß der Monopolist gar nicht über den Umweg Transportunternehmen gehen - er kann die seinem Monopol offenbar ausgelieferten Firmen und ihre Geschäftspartner fast nach Belieben ausplündern. Die Obergrenze für seine Forderungen liegt eigentlich nur in der Gesamtertragskraft der Firma bzw. der Gefahr, daß sie den Standort wechselt.
Deswegen habe ich ja die Einschränkung gemacht, daß Wettbewerb möglich sein muß. Wenn die Gefahr von Monopolen gebannt ist, erübrigen sich staatliche Eingriffe.
Zitat von R.A. im Beitrag #2Die dargestellten Komplikationen bestärken bei mir die Position, daß es zu diesem Thema überhaupt keine staatlichen Festlegungen geben sollte. Wenn der Gesetzgeber sich in so ein Thema reinhängt, dann wird er im Laufe der Zeit immer weitgehendere Festlegungen treffen, um "Neutralität" zu gewährleisten. Und damit sowohl Innovationen wie auch den Wettbewerb zwischen den Dienstleistern ausbremsen.
Genau diese Gefahr sehe ich auch. Wenn der Gesetzgeber erstmal irgendwo einen Fuß in der Tür hat, wird er sich auch alsbald mit breitem Kreuz dort reindrängeln. Man sollte den (zunächst) gutwilligen, aber täppischen, Elefanten aus dem ihm unbekannten Porzellanladen raushalten. Bevor er rabiat wird, weil jeder seiner bemühten Versuche irgendetwas geradezurücken, zu Scherbenhaufen an anderer Stelle führen dürfte.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #1Ich tendiere daher eher zu einer gesetzlichen Verankerung der Dienstneutralität, unter der Voraussetzung niedrigerer Prioritätsklassen ...
Zunächst einmal vielen Dank für die Aufdröselung des Themas. Ich glaube, ich sehe jetzt klarer.
Aber dann doch noch eine technische Frage. Ich begebe mich jetzt mal weit auf mir unbekanntes Terrain hinaus: Ist ein Datenpaket auf Reisen nicht zunächst nur eine völlig anonyme Ansammlung von Bits + angehängter Zustelladresse? Daran sind ja meines Wissens nach die hochfliegenden Internet-Sperrpläne der Ursula v.d.L. gescheitert. Wenn man jetzt Prioritäten einführen möchte, müssten dann nicht an jedes Datenpaket noch ein paar Bits drangehängt werden, die dem Prioritätsfilter sagen "Ich bin ein Video!", "Ich bin ein Telefongespräch!" etc? Um diese Klassifizierung derzeit vornehmen zu können, müsste man doch in die einzelnen Datenpakete hineinsehen, oder? Das wäre dann diese Deep Packet Inspection, von der sie reden. Heutzutage ist das doch nicht so einfach machbar (technisch und rechtlich), aber wenn erstmal Prioritätsklassen zugelassen werden, würde eine Internetüberwachung, -filterung oder teilweise -sperrung wesentlich vereinfacht werden, oder?
Wo einmal Identifikationsbits möglich sind, sind sie bald auch vorgeschrieben. Und dann muss es ja nicht bei Video, VoIP und Notruf bleiben. Dann kommt mit Sicherheit bald die Forderung nach Identifikationsbits für z.B. FSK18-Inhalte (das wäre sogar naheliegend) und nach und nach immer mehr Wünsche von *-schützern und *-wächtern. Die stichprobenartige DPI wäre dann ja schon installiert.
Im günstigsten Fall würde dann z.B. ein Regimekritiker-Video, welches sich (ohne Prioritätsbits) als statische Website tarnt um unter dem Filterradar durchzuflutschen, eben drei Tage Übermittlungszeit brauchen.
Wie gesagt, ich bin da absoluter Laie mit minimalem Schnipselwissen. Liege ich mit meinen Befürchtungen halbwegs richtig?
Beste Grüße, Calimero
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Zitat von Calimero im Beitrag #6Eenn man jetzt Prioritäten einführen möchte, müssten dann nicht an jedes Datenpaket noch ein paar Bits drangehängt werden, die dem Prioritätsfilter sagen "Ich bin ein Video!", "Ich bin ein Telefongespräch!" etc?
So habe ich das verstanden. Und diese Bits können eigentlich nur von der Applikation des Nutzers selber drangehängt werden - den im Paket befindlichen Datenbruchstücken kann m. E. keiner zuverlässig ansehen, was sie repräsentieren.
Mit anderen Worten: Man verläßt sich auf die ehrliche Deklaration der Enduser. Was m. E. in der Praxis nicht funktionieren wird. Jedenfalls nicht, solange die priorisierte Zustellung nicht mit Preisschild versehen wird.
Zitat Und dann muss es ja nicht bei Video, VoIP und Notruf bleiben.
Es wird bestimmt nicht dabei bleiben. Alleine schon, weil ja beständig neue Anwendungsarten dazu kommen (oder eben nicht, wenn man das per Gesetz einschränkt).
"VoiP" ist ja z. B. eine Anwendungsart, die m. W. überhaupt erst entstanden ist, als eine Firma eine entsprechende innovative Anwendung gebracht hat.
xanopos
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Beiträge:
25.11.2013 13:58
#8 RE: Sollen und wenn ja wie wollen wir Netzneutralität ausgestallten? Ein Aufruf zur Diskussion!
Zitat von Kritiker im Beitrag #3Beispiel: Jemand baut Strassen und verlangt Maut dafür - so weit so normal. Gleichzeitig betreibt derjenige aber ein LKW Transportunternehmen und verlangt dann von den eigenen LKWs nichts, von der Konkurrenz aber das zehnfache an Maut. Überdies kann man manche Firmen nur über die Strassen dessen erreichen, der die Maut verlangt. Das wäre wettbewerbswidrig.
Wenn die Straße dadurch ausgelastet wird, warum nicht. Ansonsten wird der Betreiber der Straße bestrebt sein, dass die Straße ausgelastet ist, und die Mautgebühren entsprechend gestalten.
Zitat von R.A. im Beitrag #7Mit anderen Worten: Man verläßt sich auf die ehrliche Deklaration der Enduser. Was m. E. in der Praxis nicht funktionieren wird. Jedenfalls nicht, solange die priorisierte Zustellung nicht mit Preisschild versehen wird.
Was aber vielleicht sinnvoll wäre und im übrigen die Inhalts-Deklaration auch unnötig machen würde.
Also: Wer viel zahlt, bekommt viel Leistung. Erscheint mir erst einmal eine absolut sinnvolle marktwirtschaftliche Lösung.
Wir gehen hier ja von einer Realität aus, in der die Übertragungskapazität ein limitierender Faktor ist. D.h. wir haben hier ein knappes Gut. Und knappe Güter sollten so verteilt werden, dass sie einen möglichst hohen Nutzen stiften. Und da hat sich nun einmal der Preismechanismus als eine sehr effiziente Zuteilungsmethode herausgestellt. Auf jeden Fall viel effizienter als "first come, first serve". Und ganz sicher auch effizienter als eine Prioritätenverteilung nach Inhalten. Warum bitte schön soll z.B. ein Video grundsätzlich wichtiger sein als ein Mail? (oder umgekehrt).
Zitat von Calimero im Beitrag #6 Aber dann doch noch eine technische Frage. Ich begebe mich jetzt mal weit auf mir unbekanntes Terrain hinaus: Ist ein Datenpaket auf Reisen nicht zunächst nur eine völlig anonyme Ansammlung von Bits + angehängter Zustelladresse? Daran sind ja meines Wissens nach die hochfliegenden Internet-Sperrpläne der Ursula v.d.L. gescheitert. Wenn man jetzt Prioritäten einführen möchte, müssten dann nicht an jedes Datenpaket noch ein paar Bits drangehängt werden, die dem Prioritätsfilter sagen "Ich bin ein Video!", "Ich bin ein Telefongespräch!" etc? Um diese Klassifizierung derzeit vornehmen zu können, müsste man doch in die einzelnen Datenpakete hineinsehen, oder? Das wäre dann diese Deep Packet Inspection, von der sie reden. Heutzutage ist das doch nicht so einfach machbar (technisch und rechtlich), aber wenn erstmal Prioritätsklassen zugelassen werden, würde eine Internetüberwachung, -filterung oder teilweise -sperrung wesentlich vereinfacht werden, oder?
Wo einmal Identifikationsbits möglich sind, sind sie bald auch vorgeschrieben.
Was Sie beschreiben wäre das, was ich Anbieterneutralität genannt habe: Es wird nach Dienstklasse unterschieden, aber jeder Anbieter muss gleich behandelt werden. Es besteht das von ihnen genannte Problem: Man benötigt DPI um die Art des Inhaltes zu überprüfen.
Was ich bevorzuge ist Dienstneutralität: Nach Inhalt und Dienstkategorie darf nicht unterschieden werden. Man muss nicht in das Paket reinschauen. Es würde allerdings im Header des IP-Paketes mit bestimmten Bits festgelegt, welche Priorität das Paket hat, unabhängig von seinem Inhalt. Natürlich würde fast jeder dem Paket die höchste Priorität zuweisen, wenn eine höhere Priorität nicht mehr Kosten würde (ausgenommen die Standardeinstellung in einem Programm würde eine niedrigere Priorität vorsehen, der Durchschnittsnutzer würde das vermutlich nicht in den Optionen ändern, obwohl er könnte). Aber so ist es ja auch bei der Post. Würde eine Eilzustellung nicht mehr kosten, dann würde sie jeder für nahezu alles nutzen. Der Inhalt geht die Post jedoch nichts an. Die Priotiäts-Bits wären also eine Art Briefmarke. Übrigens sind solche Bits für QoS bereits in den IP-Standards vorgesehen.
Werden dagegen Indentifikations-Bits für die Art des Inhaltes vorgeschrieben, dann haben Sie recht. Daher sehe ich in Anbieterneutralität keine Lösung.
Zitat von Calimero im Beitrag #6Eenn man jetzt Prioritäten einführen möchte, müssten dann nicht an jedes Datenpaket noch ein paar Bits drangehängt werden, die dem Prioritätsfilter sagen "Ich bin ein Video!", "Ich bin ein Telefongespräch!" etc?
So habe ich das verstanden. Und diese Bits können eigentlich nur von der Applikation des Nutzers selber drangehängt werden - den im Paket befindlichen Datenbruchstücken kann m. E. keiner zuverlässig ansehen, was sie repräsentieren.
Mit anderen Worten: Man verläßt sich auf die ehrliche Deklaration der Enduser. Was m. E. in der Praxis nicht funktionieren wird. Jedenfalls nicht, solange die priorisierte Zustellung nicht mit Preisschild versehen wird.
Außer man nutzt DPI. Es ist schon möglich, kostet aber natürlich auch etwas.
Deshalb würde ich es auch auf Telefoniedienste beschränken eine Bevorzugung nach Dienstart zuzulassen. Es könnte vermutlich auch ohne DPI verwirklicht werden, wenn nur registrierte Telefonanbieter berechtigt sind diese spezielle Dienstklasse zu nutzen. Diese unterstünden dann wohl der Überwachung und Regulierung der Bundesnetzagentur, der Missbrauch für andere Datenarten wird mit Bußgeldern gegen den Telefondienstleister geahndet und die Regulierung schreibt wie heute eine Bevorzugung von Notrufen vor.
Beim Rest würde ich es so machen wie Florian: Ein Netzbetreiber dürfte höhere Prioritätsklassen gegen höheren Entgelt anbieten (welche Seite der Kommunikationspartner, Sender oder Empfänger, für die Priorisierung bezahlt kann ihm egal sein). Die Angebote müssen aber transparent ausgestaltet und öffentlich bekannt gemacht werden. Jeder interessierte, potentielle Kunde, der den Tarif mit Priorisierung für die von ihm abgesendeten Daten haben will, muss auch ein vergleichbares Angebot unterbreitet werden.
Netzneutralität kann man unterschiedlich definieren, die Frage ist letzten Endes ob das sinnvoll ist und wo das hinführt. Die Unterscheidung in Anbieter- und Dienstneutralität ist zwar theoretisch machbar, dürfte aber in der Praxis nicht zuletzt daran scheitern, wer die Dienstklassen jetzt genau festlegt. So oder so läuft traffic-shaping immer auf das Risiko hinaus, den Mechanismus für sich und sein Geschäftsmodell auszunutzen. Sprich: Ein Speditionsbetreiber der einen Großteil der Autobahnen kontrolliert, wird am Ende immer ein Interesse daran haben die Standards für die Autobahn, wenn er sie festlegen kann, so zu legen, dass sie seinem Geschäftsmodell am meisten nützen und dem Wettbewerb am meisten schaden.
Wie dem aber auch genau sei, es ist ein Streit im Kaisers Bart, bzw. wird hier ein Problem "gelöst", dass in freier Wildbahn eigentlich immer seltener wird. In Zeiten wo wir noch in Baud gerechnet haben und die damalige Post noch behauptet hat mehr als 20.000 Baud zerstöre die Leitungen (heute schwafelt man an selber Stelle vom Breitbandausbau), war Bandbreite ein extrem kostbares Gut. Es wurde riesiger Aufwand betrieben um Datenmengen zwischen Server und Client zu komprimieren, Dienste wurden eingerichtet die den Traffic auf die Nachstunden verbannten, um möglichst viel wertvolle Tagesbandbreite zu schonen. Heute ist das im Wesentlichen überholt, Downloads finden, egal wie gross, zu jeder Zeit statt, die Idee Traffic in grossem Stile zu komprimieren ist eher selten zu finden. Bandbreite ist mehr und mehr gewachsen und auch in Zeiten von HDTV, Youtube und Steam sind Sprachnachrichten und Webseiten nicht im selben Stile mitgewachsen. Die Technik ist am Ende schneller gewachsen als die Ansprüche und das, obwohl mehr und mehr Menschen das Internet nutzen, die Wachstumsrate Netznutzer wächst heute langsamer als noch vor 10 Jahren. Der Grund warum Bandbreite knapp geredet wird liegt am Geschäftsmodell der Anbieter. Man möchte halt an beiden Seiten verdienen, aber das knappe Gut ist so knapp nicht mehr. Hat jemand in letzter Zeit mal Skype probiert ? Das läuft ohne Probleme selbst mit Videostream, völlig ohne jedes traffic shaping. Videos flüssig laufen zu lassen ist schon gar kein Thema, dafür gibts entsprechende Puffer.
Und vielleicht noch etwas zu den Netzaktivisten und der deep packet inspection. Natürlich gibt es Netzaktivisten im Stile von Heise-Kiddies, die einem mit ihren stolzen 14 Lenzen nicht nur erzählen wie das Netz aufgebaut werden sollte, sondern auch was sie von der Mutter des Gegenüberliegenden halten. Sowas gibts immer. Es gibt aber auch die etwas stilleren, die vielleicht nicht so laut auftreten, denen aber vielleicht weil sie vom Fach sind, klar ist, was deep packet inspection am Ende bedeutet und deshalb nicht ganz so grosse Freunde von eingeschränkten Neutralitäten sind. Zum Beispiel das Ende der Privatssphäre was in Zeiten der NSA Affäre ja nun durchaus ein Thema ist. 95% meines Datentraffics sind grundverschlüsselt, das beisst sich die deep packet inspection die Zähne aus. (Idealerweise wäre es eher 100%, aber der Mensch ist auch faul.) Gerade im Kontext dessen, dass einem ja empfohlen wird mehr und mehr zu verschlüsseln, wenn man seine Privatsspähre schützen will, wirkt der Ruf nach deep packet inspection schon fast wie aus einer anderen Welt. Verschlüsselte Telefonate, weil man seine Geschäftsgeheimnisse nicht mit der NSA teilen will ? Leider nicht, andere Dienste haben Vorrang, weil wir die Packete nicht prüfen können. So schön kann die neue Welt sein.
Nur eins möchte ich richtig stellen: Dienstneutralität braucht keine Einteilung in Dienstklassen und kein DPI. Der Name sagt es ja schon: Auf den konkreten Dienst oder die Dienstkategorie kommt es nicht an. Die extra Dienstklasse für VoIP und (Bild-)Telefonie, die ich ins Spiel gebracht habe, wäre eine Ausnahmeregelung gewesen. Ansonsten kämme es auf die Prioritätsklasse an, die der Absender dem Paket zuteilt. Der Inhalt und der konkrete Dienst (Web, eMail, Video, Online-Computerspiel) wäre dabei egal und es wäre bei einem dienstneutralen Anschluss auch nicht zulässig danach zu differenzieren. Natürlich würde Traffic mit einer höheren Priorität mehr Kosten...
Deshalb gilt
Zitat und deshalb nicht ganz so grosse Freunde von eingeschränkten Neutralitäten sind.
auch nur für Anbieterneutralität, denn hier käme es tatsächlich auf den Inhalt an.
Zitat Verschlüsselte Telefonate, weil man seine Geschäftsgeheimnisse nicht mit der NSA teilen will ? Leider nicht, andere Dienste haben Vorrang, weil wir die Packete nicht prüfen können. So schön kann die neue Welt sein.
Wenn die Bandbreite kein Problem wäre, dann sollte eine niedrigere Prioritätsklasse ja keine Probleme bereiten, oder? Höher priorisierte Pakete hätten nur Vorrang, freie Kapazitäten müssten natürlich auch anderen Paketen zugute kommen.
Zitat (heute schwafelt man an selber Stelle vom Breitbandausbau)
Oh nein, man schwafelt nicht nur. Die Lobby der Netzaktivisten hat bei der Politik zusammen mit Providern kräftig die Werbetrommel gerührt Breitband auf dem Land aus zu bauen - für viel Geld, auf Steuerzahlerkosten versteht sich, denn sonst würde es sich wohl nicht rentieren, da dem potentiellen Kunden der Anschluss sonst der Preis nicht wert wäre. Und Breitband heißt hier nicht mindestens 10 MBit/s für einen vernünftig nutzbaren Anschluss, nein, unter Breitband versteht man heute gleich 50 MBit/s aufwärts. Doch wie viele wollen das wirklich? In meinem Artikel habe ich es ja schon verlinkt: Es sind ziemlich wenige. Die anderen kämen wohl auch mit weniger aus und das um so mehr, wenn die Ressourcen geschickt zugeteilt werden. Das könnte vermutlich schon Geld sparen. Es geht eben nicht nur um die Backbones, es geht auch um die Kosten des Ausbaus der Nadelöre zum Kunden. Den Traffic durch einen DSL-Anschluss, der durch den örtlichen Verteilerkasten geleitet wird, kann man preislich nicht mit einem Anschluss in einem Rechenzentrum vergleichen. Das Rechenzentrum ist bestimmt nicht per DSL ans Internet angebunden.
In Großstädten ist die Lage ja anders, hier lohnt sich ein intensiver Ausbau und dann ist das alles kein Problem. Da muss man auch nicht priorisieren, da hat man keine Bandbreitenprobleme, wird man auch nicht bekommen, da lohnt sich ein großzügiger Ausbau immer. In mittelgroßen und auch kleineren Städten geht es auch. Aber auf dem Land, da muss - bei weitem nicht überall, aber häufig - hart subventioniert werden, um 50MBit/s aufwärts zu ermöglichen. Die Kosten, die das verursacht, will kein Endkunde tragen, aber interessierte Lobbyisten erklären allen anderen, was für unglaublichen wirtschaftlichen Nutzen das hätte...
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #13 Ansonsten kämme es auf die Prioritätsklasse an, die der Absender dem Paket zuteilt. Der Inhalt und der konkrete Dienst (Web, eMail, Video, Online-Computerspiel) wäre dabei egal und es wäre bei einem dienstneutralen Anschluss auch nicht zulässig danach zu differenzieren. Natürlich würde Traffic mit einer höheren Priorität mehr Kosten...
Das wäre denkbar, lieber Techniknörgler, nur will das eben keiner. Das ist weder im Interesse des Kunden, der dadurch maximal Mehrkosten hat, noch im Interesse der großen Provider (vor allem nicht im Interesse eines ganz bestimmten davon), der eigentlich ganz andere Ziele verfolgt. Im Endeffekt ist das ein dicker technischer Aufwand, von dem sie nix haben. Zeigen Sie mir mal eine Anwedungen, die das zur Zeit wirklich braucht (ich kenne einige ganz, wenige versprengte, und die sind so speziell, dass die meisten davon vermutlich nie gehört haben).
Zitat Wenn die Bandbreite kein Problem wäre, dann sollte eine niedrigere Prioritätsklasse ja keine Probleme bereiten, oder?
So lange alle die selbe Priorität haben, ist das auch so. Das ändert sich schlagartig wenn das Prioritätsprinzip geändert wird. Das weiss man ziemlich gut aus der Betriebssystemtehorie, wo man sich um faire Verteilung von Ressourcen bemüht. Es gibt mehrere faire Prinzipien, beispielsweise first-in-first-out oder Round-Robin. Beide kann man verwenden, aber für Netzwerkverkehr bietet sich FIFO an. Es gibt aber auch unfaire Prinzipien, beispielsweise last-in-first-out oder eben das Setzen von Prioritäten. Da kann einer ganz schnell verhungern, deswegen wird das normalerweise vermieden. Bei Netzwerken verhält es sich genau so, Prioritäten sind in der Lage niederprioritäre Netzwerkverbindungen zu zerstören. Das ist sicher nicht Sinn und Zweck der Übung. So lange sich alle die Bandbreite teilen funktioniert es ziemlich gut, vor allem weil es viel Bandbreite gibt und jeder durch die Zeit gestreckt wird. Sind einige Verbindungen priorisiert, wird der Rest behindert, unter Umständen verhindert.
Zitat Die Lobby der Netzaktivisten hat bei der Politik zusammen mit Providern kräftig die Werbetrommel gerührt Breitband auf dem Land aus zu bauen
Die der Skript-Kiddies vielleicht, unabhängig davon ist das ein Popanz. Die Entscheidung ob es sich lohnt in ländlichen Gegenden Glasfasern zu verlegen (weil das Kupfer von der Länge her nicht passt) ist eine, die völlig unabhängig von dem getroffen wird, was in anderen Geschäftsbereichen verdient wird. Die Telekom, um das Kind beim Namen zu nennen, wird nicht, weil sie in den Städten durch die Monopolisierung ihrer Dienste mehr Geld verdient, all das Geld in den Breitbandausbau stecken. Sie wird das genau dann tun, wenn es sich lohnt.
Zitat Die anderen kämen wohl auch mit weniger aus und das um so mehr, wenn die Ressourcen geschickt zugeteilt werden.
Und hier steckt das große Mißverständnis. Die knappe Ressource ist nicht die Bandbreite ab dem Verteiler, die knappe Ressource ist das Kabel oder die Faser zum Endkunden. Da muss nichts geschickt zugeteilt werden. Der Vorteil in Städten ist, dass in der Nähe eines Verteilers so viele Kunden so nahe leben, dass die Kosten von diesem Verteiler zu den Kunden zu kommen gering sind. Genau das ist auf dem Land nicht der Fall, da die Distanzen so gross sind, dass man entweder Glasfasern verlegen muss (Kosten) oder man mit niedrigen Bandbreiten durch eben diese Kupferader leben muss (Qualität). Die Kosten ab dem Verteiler dagegen sind eben nicht dramatisch. Anders gesagt: Der Kunde auf dem Land hat überhaupt nix vom traffic shaping, weil der Teil der Leitung, der teuer ist, seine eigene ist, die er ohnehin nicht teilt. Das was er teilt, ist nicht bandbreitenknapp.
Zitat Es geht eben nicht nur um die Backbones, es geht auch um die Kosten des Ausbaus der Nadelöre zum Kunden.
Exakt so ist es. Nur werden die nicht geringer, wenn man weniger Daten durch diese schickt. Die Kosten, da haben Sie absolut recht, sind gross, weit grösser als in den Städten. Aber das hat nichts mit dem traffic zu tun. Die Preise für Busunternehmen sind auf dem Land auch deutlich teurer, deswegen käme kein Betreiber auf die Idee, höhere Preise in Städten damit zu begründen, dass er das quersubventionieren müsse. Zumindest kein privater Betreiber.
Zitat Aber auf dem Land, da muss - bei weitem nicht überall, aber häufig - hart subventioniert werden, um 50MBit/s aufwärts zu ermöglichen. Die Kosten, die das verursacht, will kein Endkunde tragen, aber interessierte Lobbyisten erklären allen anderen, was für unglaublichen wirtschaftlichen Nutzen das hätte...
Der Versuch ist nicht strafbar. Nur geht deswegen kein privates Unternehmen darauf ein. Die erzählen das vielleicht, aber rechnen tun die trotzdem.
Zitat Das wäre denkbar, lieber Techniknörgler, nur will das eben keiner. Das ist weder im Interesse des Kunden, der dadurch maximal Mehrkosten hat, noch im Interesse der großen Provider (vor allem nicht im Interesse eines ganz bestimmten davon), der eigentlich ganz andere Ziele verfolgt. Im Endeffekt ist das ein dicker technischer Aufwand, von dem sie nix haben. Zeigen Sie mir mal eine Anwedungen, die das zur Zeit wirklich braucht (ich kenne einige ganz, wenige versprengte, und die sind so speziell, dass die meisten davon vermutlich nie gehört haben).
Es würde nicht für alle Kunden "maximal Mehrkosten" verursachen. Nur für diejenigen, die eine Priorisierung wollen, der Rest käme günstiger weg.
Und im übrigen: Für genau diese versprengten, speziellen Dienste wäre es doch sinnvoll, wenn die nun reibungslos funktionieren würden, falls gebraucht, oder? Und wenn es nicht so viele sind, dann sollten sie den Rest des Datenverkehrs auch nicht groß behindern.
Zitat Die der Skript-Kiddies vielleicht, unabhängig davon ist das ein Popanz. Die Entscheidung ob es sich lohnt in ländlichen Gegenden Glasfasern zu verlegen (weil das Kupfer von der Länge her nicht passt) ist eine, die völlig unabhängig von dem getroffen wird, was in anderen Geschäftsbereichen verdient wird.
Ich sehe nicht den Widerspruch zu meiner Aussage. Sie wird natürlich nach dem Rentabilität der Anschlüsse auf dem Land entschieden, wonach sonst? Außer sie wird staatlich subventioniert, dann ändert sich die Kalkulation.
Zitat
Die Telekom, um das Kind beim Namen zu nennen, wird nicht, weil sie in den Städten durch die Monopolisierung ihrer Dienste mehr Geld verdient, all das Geld in den Breitbandausbau stecken. Sie wird das genau dann tun, wenn es sich lohnt.
Mal abgesehen davon, das gerade in den Städten die Telekom nicht der einzige Anbieter ist (für die letzte Meile als natürliches Monopol gibt es die BNetzA als Monopolaufsicht), hat das auch niemand behauptet. Es geht nicht um firmeninterne Quersubventionierung, sondern um steuerzahlerfinanzierte Quersubventionierung. Und mir ging es nicht um die mögliche Mehreinnahmen in der Stadt, sondern um mögliche Mehreinnahmen auf dem Land durch Priorisierung.
Zitat Und hier steckt das große Mißverständnis. Die knappe Ressource ist nicht die Bandbreite ab dem Verteiler, die knappe Ressource ist das Kabel oder die Faser zum Endkunden. Da muss nichts geschickt zugeteilt werden. Der Vorteil in Städten ist, dass in der Nähe eines Verteilers so viele Kunden so nahe leben, dass die Kosten von diesem Verteiler zu den Kunden zu kommen gering sind. Genau das ist auf dem Land nicht der Fall, da die Distanzen so gross sind, dass man entweder Glasfasern verlegen muss (Kosten) oder man mit niedrigen Bandbreiten durch eben diese Kupferader leben muss (Qualität). Die Kosten ab dem Verteiler dagegen sind eben nicht dramatisch. Anders gesagt: Der Kunde auf dem Land hat überhaupt nix vom traffic shaping, weil der Teil der Leitung, der teuer ist, seine eigene ist, die er ohnehin nicht teilt. Das was er teilt, ist nicht bandbreitenknapp.
Danke für die Aufklärung, aber ich meine mich erinnern zu können Sie hätten selber mal geschrieben, dass es auf die verwendete Technik ankommt. In Kabelnetzen sieht es, so schrieben sie glaube ich selber, nämlich anders aus. Warum dort verbieten, wo es sinnvoll ist? Wäre es nicht angemessen, wenn der Upload eines Vielnutzers, der bereits mehr als 10 GB upload (nicht download!) am Tag hatte den Rest des Tages eine Prioritätsstufe niedriger gesetzt wird?
Im Übrigen bleibe ich bei einer Ausnahme: Ein Anbieter sollte eine Priorisierung für seine VoIP- und (Bild-)Telefonie-Dienste festlegen können bzw. durch eine extra Qualitätsklasse eine gewisse Mindestbandbreite hierfür garantieren können, um klassische Telefondienste zu gewährleisten, die auch der bisherigen Telefon-Regulierung unterstehen (vor allem bezüglich Notrufen). Es sollte diese Priorisierung auch anderen Anbietern von Telefonie-Diensten anbieten können.
Zitat von Llarian im Beitrag #14 Die knappe Ressource ist nicht die Bandbreite ab dem Verteiler, die knappe Ressource ist das Kabel oder die Faser zum Endkunden. Da muss nichts geschickt zugeteilt werden. Der Vorteil in Städten ist, dass in der Nähe eines Verteilers so viele Kunden so nahe leben, dass die Kosten von diesem Verteiler zu den Kunden zu kommen gering sind. Genau das ist auf dem Land nicht der Fall, da die Distanzen so gross sind, dass man entweder Glasfasern verlegen muss (Kosten) oder man mit niedrigen Bandbreiten durch eben diese Kupferader leben muss (Qualität). Die Kosten ab dem Verteiler dagegen sind eben nicht dramatisch. Anders gesagt: Der Kunde auf dem Land hat überhaupt nix vom traffic shaping, weil der Teil der Leitung, der teuer ist, seine eigene ist, die er ohnehin nicht teilt. Das was er teilt, ist nicht bandbreitenknapp.
Danke für diesen Hinweis. Auch meiner Erfahrung nach fehlt es oft bereits an brauchbarer Bandbreite (dabei meine ich keine 50 Mbit/s, sondern alles über 2 Mbit/s). Meine Eltern wohnen in einer der typischen Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand von Erfurt (Landeshauptstadt, größte Stadt Thüringens mit 200.000 Einwohnern) und die Leitung gibt gerade einmal 800 kbit/s her. Da würde auch eine Priorisierung in keiner Weise helfen, sondern nur der Ausbau der Netze bis zum Endkunden. Und so sieht es leider in vielen Gebieten der neuen Bundesländer aus. In den großen Städten gibt es schnelle Breitbandanschlüsse, aber bereits an den Rändern der Stadt sind die Bandbreiten mickrig und zum Heulen, auf dem Land ganz zu schweigen (da bekommt man auch über das Mobilfunknetz nur mit Glück 2 Mbit/s).
Zitat Natürlich gibt es Netzaktivisten im Stile von Heise-Kiddies, die einem mit ihren stolzen 14 Lenzen nicht nur erzählen wie das Netz aufgebaut werden sollte, sondern auch was sie von der Mutter des Gegenüberliegenden halten. Sowas gibts immer.
Was mir dazu noch einfiel: Da frage ich mich, ob netzpolitik.org auch von Heise-Kiddies betrieben wird.
Zitat von B.Th.FL im Beitrag #16 In den großen Städten gibt es schnelle Breitbandanschlüsse, aber bereits an den Rändern der Stadt sind die Bandbreiten mickrig und zum Heulen, auf dem Land ganz zu schweigen (da bekommt man auch über das Mobilfunknetz nur mit Glück 2 Mbit/s).
Das ist eben der Preis, den man dafür zahlt, dass man nicht in einer grossen Stadt wohnt. Dafür zahlt man dort Mieten von fünf Euro und weniger, bzw. findet Baugrund für 100 Euro den Quadratmeter. Ich hab ne 50er Leitung (die auch wirklich erreicht wird), aber ich tausche das gerne gegen ein bezahlbares Grundstück.
Zitat von B.Th.FL im Beitrag #16 In den großen Städten gibt es schnelle Breitbandanschlüsse, aber bereits an den Rändern der Stadt sind die Bandbreiten mickrig und zum Heulen, auf dem Land ganz zu schweigen (da bekommt man auch über das Mobilfunknetz nur mit Glück 2 Mbit/s).
Das ist eben der Preis, den man dafür zahlt, dass man nicht in einer grossen Stadt wohnt. Dafür zahlt man dort Mieten von fünf Euro und weniger, bzw. findet Baugrund für 100 Euro den Quadratmeter. Ich hab ne 50er Leitung (die auch wirklich erreicht wird), aber ich tausche das gerne gegen ein bezahlbares Grundstück.
Wobei der Inhaber des gute gelegenen Grundstücks ja auch nichts für die gute Infrastruktur um ihn herum kann. Am hohen Miet- und Pachtpreis wird es nichts ändern, aber eigentlich müsste man die Bodenrente über eine Bodenwertsteuer zu Gunsten der Allgemeinheit abziehen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #15 Es würde nicht für alle Kunden "maximal Mehrkosten" verursachen. Nur für diejenigen, die eine Priorisierung wollen, der Rest käme günstiger weg.
1. Nein. 2. Auch nein. Günstiger käme keiner bei weg, weil hier das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt. Teurer würde es alleine deswegen, weil wieder neue Netzinfrastruktur benötigt wird, die einer bezahlen muss.
Zitat Und im übrigen: Für genau diese versprengten, speziellen Dienste wäre es doch sinnvoll, wenn die nun reibungslos funktionieren würden, falls gebraucht, oder? Und wenn es nicht so viele sind, dann sollten sie den Rest des Datenverkehrs auch nicht groß behindern.
Jedes traffic shaping birgt das Risiko des Missbrauchs durch den Anbieter. Die Telekom zeigt ihr Gesicht in der Beziehung schon ziemlich klar, andere sind geschickter aber nicht besser. Warum sollte man dieses Risiko eingehen für einige esoterische Anwendungen, die die meisten User nicht einmal vom Namen her kennen ? Ich humpele mal einen Vergleich heran: Es gibt Situationen, wo es von Vorteil wäre, dass ein Polizist direkt ein Urteil in einer Diebstahlssache sprechen könnte. Das hätte Vorteile. Aber das Missbrauchsrisiko wäre immens. Der Preis ist zu hoch, selbst wenn man einen kleinen Nutzen postuliert.
Zitat Es geht nicht um firmeninterne Quersubventionierung, sondern um steuerzahlerfinanzierte Quersubventionierung.
Das ist ein gänzlich anderes Thema und hat mit Netzneutralität nichts zu tun.
Zitat Und mir ging es nicht um die mögliche Mehreinnahmen in der Stadt, sondern um mögliche Mehreinnahmen auf dem Land durch Priorisierung.
Die praktisch nicht vorhanden sind. Ich kann nur wiederholen, was ich auch im letzten Disput gesagt habe: Die Telekom versucht Bären aufzubinden. Der Grund die Netzneutralität aufzulösen oder die Datenmengen zu begrenzen hat nichts mit dem Breitbandausbau auf dem Land zu tun. Es geht um mehr Geld an den Stellen, wo es sich lohnt. Und das bleiben die Städte. Die Telekom wird nicht einen "Landanschluss" breiter machen, weil sie mehr Geld in den Städten verdient und was auf dem Land dazu kommt macht den Kohl nicht fett. Die Telekom hat ein simples Problem: Einfach zu sagen man wolle mehr Geld kommt schlecht an. Also erzählt man was vom Ausbau. Genauso machts die Politik. Die wollen auch nicht zugeben einfach mehr Geld haben zu wollen, sondern schwatzen was von Geld für die Bildung oder Geld für die Armen. Das zweckgebundene Steuern in Deutschland nicht existieren ficht die Politik nicht an. Genausowenig wie die Telekom.
Zitat In Kabelnetzen sieht es, so schrieben sie glaube ich selber, nämlich anders aus. Warum dort verbieten, wo es sinnvoll ist? Wäre es nicht angemessen, wenn der Upload eines Vielnutzers, der bereits mehr als 10 GB upload (nicht download!) am Tag hatte den Rest des Tages eine Prioritätsstufe niedriger gesetzt wird?
Technisch haben Sie recht, praktisch lösen Sie ein eher seltenes Problem. Und bringen einen Rattenschwanz von neuen mit ins Haus. Ich könnte mich ihrem Ansatz ja durchaus anschließen, wenn die Telekom nicht schon so eindeutig verkündet hätte, was sie zu tun gedenkt. Das werden andere genauso tun. Ich könnte mit solchem shaping leben (es betrifft mich ohnehin nicht), wenn ich den Missbrauch aber schon sehen kann, dann bin ich da ein bischen anders drauf.
Zitat Im Übrigen bleibe ich bei einer Ausnahme: Ein Anbieter sollte eine Priorisierung für seine VoIP- und (Bild-)Telefonie-Dienste festlegen können bzw. durch eine extra Qualitätsklasse eine gewisse Mindestbandbreite hierfür garantieren können, um klassische Telefondienste zu gewährleisten, die auch der bisherigen Telefon-Regulierung unterstehen (vor allem bezüglich Notrufen). Es sollte diese Priorisierung auch anderen Anbietern von Telefonie-Diensten anbieten können.
Welches Problem lösen Sie denn damit ? Wir haben doch gar kein Bandbreitenproblem, weder auf dem Land noch bei Kabelmodems. Haben Sie Probleme mit VOIP Diensten ? Ich nicht. Ich hatte auch nie welche, selbst aus China habe ich mit Skype nie Probleme gehabt. In Zeiten der Terabit Backbones sehe ich nicht wirklich ein Problem, das gelöst werden muss.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #19 Wobei der Inhaber des gute gelegenen Grundstücks ja auch nichts für die gute Infrastruktur um ihn herum kann.
Muss er auch nicht. Er hats ja gekauft, damit gehören die Wertsteigerungen ihm. Wenn Sie 1970 eine Erstausgabe von Spider Man erworben haben, können Sie auch nix dafür, dass die jetzt ein Vermögen wert ist. Gehört trotzdem Ihnen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #19 Wobei der Inhaber des gute gelegenen Grundstücks ja auch nichts für die gute Infrastruktur um ihn herum kann.
Muss er auch nicht. Er hats ja gekauft, damit gehören die Wertsteigerungen ihm. Wenn Sie 1970 eine Erstausgabe von Spider Man erworben haben, können Sie auch nix dafür, dass die jetzt ein Vermögen wert ist. Gehört trotzdem Ihnen.
Stimmt, da steckt aber auch die Arbeit von jemandem drin, der das Produkt seiner Arbeit verkauft hat. Gleiches gilt für eine Immobilie. Durch wessen Arbeit ist das Land entstanden?
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #15 Es würde nicht für alle Kunden "maximal Mehrkosten" verursachen. Nur für diejenigen, die eine Priorisierung wollen, der Rest käme günstiger weg.
1. Nein. 2. Auch nein. Günstiger käme keiner bei weg, weil hier das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt. Teurer würde es alleine deswegen, weil wieder neue Netzinfrastruktur benötigt wird, die einer bezahlen muss.
Von günstiger als heute war ja auch keine Rede. Sie schrieben von "maximale Mehrkosten", also mehr Kosten als bei allen anderen alternativen Vorgehensweisen. Und das stimmt halt so nicht: Priorisierung bringt nicht für alle mehr Kosten als der Verzicht auf sie.
Zitat
Zitat Es geht nicht um firmeninterne Quersubventionierung, sondern um steuerzahlerfinanzierte Quersubventionierung.
Das ist ein gänzlich anderes Thema und hat mit Netzneutralität nichts zu tun.
Aber es kann doch darüber diskutiert werden, oder?
Zitat
Zitat In Kabelnetzen sieht es, so schrieben sie glaube ich selber, nämlich anders aus. Warum dort verbieten, wo es sinnvoll ist? Wäre es nicht angemessen, wenn der Upload eines Vielnutzers, der bereits mehr als 10 GB upload (nicht download!) am Tag hatte den Rest des Tages eine Prioritätsstufe niedriger gesetzt wird?
Technisch haben Sie recht, praktisch lösen Sie ein eher seltenes Problem. Und bringen einen Rattenschwanz von neuen mit ins Haus. Ich könnte mich ihrem Ansatz ja durchaus anschließen, wenn die Telekom nicht schon so eindeutig verkündet hätte, was sie zu tun gedenkt. Das werden andere genauso tun. Ich könnte mit solchem shaping leben (es betrifft mich ohnehin nicht), wenn ich den Missbrauch aber schon sehen kann, dann bin ich da ein bischen anders drauf.
Wie soll die von mir genannte Regel missbraucht werden? Sie bezieht sich nur auf ein (recht hohes) tägliches Datenvolumen im Upload und sieht lediglich zwei Prioritätsstufen vor: Eine Standardstufe, die erst einmal jedem zur Verfügung steht, und einer einzigen weiteren Stufe darunter für Vielnutzer knapper Ressourcen. Und gäbe es die Möglichkeit Datenvolumen zu zukaufen, dann muss diese Möglichkeit natürlich jedem zu gleichen Konditionen angeboten werden.
Zitat
Zitat Im Übrigen bleibe ich bei einer Ausnahme: Ein Anbieter sollte eine Priorisierung für seine VoIP- und (Bild-)Telefonie-Dienste festlegen können bzw. durch eine extra Qualitätsklasse eine gewisse Mindestbandbreite hierfür garantieren können, um klassische Telefondienste zu gewährleisten, die auch der bisherigen Telefon-Regulierung unterstehen (vor allem bezüglich Notrufen). Es sollte diese Priorisierung auch anderen Anbietern von Telefonie-Diensten anbieten können.
Welches Problem lösen Sie denn damit ? Wir haben doch gar kein Bandbreitenproblem, weder auf dem Land noch bei Kabelmodems.
An bestimmten Stellen doch und ich finde es faszinierend, wie Probleme verdrängt werden können, um sich nicht über Abwegungen gedanken machen zu müssen.
Zitat Haben Sie Probleme mit VOIP Diensten ?
Gute Nachfrage, hier scheinen wir wohl unterschiedliche Erfahrungen gemacht zu haben. An meinem jetzigen Internetanschluss nicht, da gibt es wohl kaum etwas schnelleres. Aber bei meinen Eltern ja. Und das ist eine Großstadt mit einer relativ Zentrumsnahen Wohnung und einem Kabelanschluss. Es besteht auch ein Telefonanschluss über Kabel, der funktioniert einwandfrei (obwohl technisch auch über VoIP abgewickelt), aber VoIP über den eigentlichen Internetanschluss läuft nicht immer rund. Ich glaube auch nicht das es aktuell heimlich und illegal (da vertragswidrig) künstlich ausgebremst wird, da der offizielle Telefonanschluss sowieso eine Flat für Inlandsgespräche enthält (außer Sonderrufnummern natürlich, aber das ist keine Entscheidung des Anbieters, sondern von der BNetzA so vorgegeben).
Zitat Ich nicht. Ich hatte auch nie welche, selbst aus China habe ich mit Skype nie Probleme gehabt. In Zeiten der Terabit Backbones sehe ich nicht wirklich ein Problem, das gelöst werden muss.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #23Aber bei meinen Eltern ja. Und das ist eine Großstadt mit einer relativ Zentrumsnahen Wohnung und einem Kabelanschluss. Es besteht auch ein Telefonanschluss über Kabel, der funktioniert einwandfrei (obwohl technisch auch über VoIP abgewickelt), aber VoIP über den eigentlichen Internetanschluss läuft nicht immer rund. Ich glaube auch nicht das es aktuell heimlich und illegal (da vertragswidrig) künstlich ausgebremst wird, da der offizielle Telefonanschluss sowieso eine Flat für Inlandsgespräche enthält (außer Sonderrufnummern natürlich, aber das ist keine Entscheidung des Anbieters, sondern von der BNetzA so vorgegeben).
Lieber Techniknörgler, sind Sie sicher, dass dieses Phänomen mit der Datenübertragung des Internetanschlusses zusammenhängt und nicht mit der bei Ihren Eltern vorhandenen Hardware? Das Kabelmodem sollte die volle Leistung für alle angehängten Geräte zur Verfügung stellen, aber Router, Verteiler und Lan-Kabel, aber auch der Rechner selbst könnten auch ein Nadelöhr darstellen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #23Aber bei meinen Eltern ja. Und das ist eine Großstadt mit einer relativ Zentrumsnahen Wohnung und einem Kabelanschluss. Es besteht auch ein Telefonanschluss über Kabel, der funktioniert einwandfrei (obwohl technisch auch über VoIP abgewickelt), aber VoIP über den eigentlichen Internetanschluss läuft nicht immer rund. Ich glaube auch nicht das es aktuell heimlich und illegal (da vertragswidrig) künstlich ausgebremst wird, da der offizielle Telefonanschluss sowieso eine Flat für Inlandsgespräche enthält (außer Sonderrufnummern natürlich, aber das ist keine Entscheidung des Anbieters, sondern von der BNetzA so vorgegeben).
Lieber Techniknörgler, sind Sie sicher, dass dieses Phänomen mit der Datenübertragung des Internetanschlusses zusammenhängt und nicht mit der bei Ihren Eltern vorhandenen Hardware? Das Kabelmodem sollte die volle Leistung für alle angehängten Geräte zur Verfügung stellen, aber Router, Verteiler und Lan-Kabel, aber auch der Rechner selbst könnten auch ein Nadelöhr darstellen.
Lieber adder,
da können Sie natürlich recht haben. Am Rechner liegt es eher nicht, denn der ist ein Laptop und ich nutze ihn auch an meinem Anschluss. Aber am Router könnte es liegen, insbesondere W-LAN könnte ein Nadelöhr sein, dafür gibt es ja auch theoretisch den von mir im genannten Artikel genannten QoS-W-LAN-Standard, den es wohl nicht grundlos gibt.
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