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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 23 Antworten
und wurde 4.319 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

12.01.2014 16:18
Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Mir scheint, das einige der Polemiken an der de-Mail an der Sache vorbei gehen. Doch ich denke, wer die online-Variante der Zustellungsurkunde für unsicherer hält als die offline-Variante, der muss auch auf die offline-Variante eingehen und vergleichen und darf sie nicht ignorieren. Ich sehe in der de-Mail nicht das Problem im Vergleich zur Zustellungsurkunde.

Der geschätzte Mitautor Llarian sieht das teilweise anders und hat seinerseits vor seine Kritik an der de-Mail ebenfalls auf ZR zu veröffentlichen, in der er auch auf den Vergleich mit den offline-Alternativen eingehen wird.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.01.2014 19:42
#2 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel, lieber Techniknörgler. Gegen Ende Ihres Artikels kam mir etwas in den Kopf was ich dann plötzlich las:

Zitat von Techniknörgler in ZR
Man kann natürlich den de-Mail-Anbietern misstrauen. Genauso kann man die Vertrauenswürdigkeit der tausenden an Gerichtsvollziehern in Zweifel ziehen. Erst recht der noch viel zahlreicheren Postzustellern. Aber mit einem solchen Misstrauen ist keine Rechtsordnung möglich.


Da musste ich dann laut auflachen, grad so wie bei der Entladung die einst Freud beschrieb.

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

12.01.2014 20:44
#3 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Vielen Dank für diese ausführliche Darstellung.

Auch ich war bisher zwar wenig informiert über die "de-Mail", stand ihr aber schon ziemlich ablehnend gegenüber. Das sah mir nach bürokratischer Neuerfindung der bewährten Email aus, ohne zusätzliche Vorteile (wie z. B. eben die Verschlüsselung).
Aber es ist einleuchtend, daß diese weit verbreitete Kritik an der eigentlichen Intention der de-Mail völlig vorbeigeht. Die Idee mit der sicheren Zustellung ist durchaus überzeugend und würde im täglichen Rechtsverkehr weiterhelfen.

Die de-Mail will also gar nicht das Ziel "sicher verschlüsselte Kommunikation für den Normalbürger" erreichen, damit ist sie auch nicht dafür zu kritisieren.
Bleibt die Frage, ob dieses Ziel realistisch ist und wie man es erreichen könnte. Es stimmt pessimistisch, daß dieses Ziel seit vielen Jahren propagiert wird, aber keinerlei Fortschritte in diese Richtung zu sehe sind.

HStafo Offline



Beiträge: 43

13.01.2014 06:55
#4 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Das Entscheidende aber, was gegen De-Mail spricht, ist die Tatsache, daß jedermann täglich gezwungen ist, sein Postfach zu checken. Jedermann ist also in gewissem Umfang jederzeit ansprechbar für eben die Übersendung z.B. eines Verwaltungsakts. Also nichts da mit Urlaub auf den Malediven und gänzlich abgeschottet von der Welt. Diese enge Bindung an bürokratische Prozesse ist aus meiner Sicht so etwas wie Überwachung, und da möchte ich nicht noch einen weiteren "Kanal", auf dem ich (möglicherweise) beobachtet werden kann. Ohnehin gibt es kaum noch Privatheit gegenüber dem Zugriff des Staates, man denke nur z.B. an das sang- und klanglos verschwundene Bankgeheimnis (worüber sich niemand aufregt, merkwürdig) oder auch die "Gesundheitskarte".

Die vieldiskutierten Sicherheitsfeatures sind aus meiner Sicht demgegenüber zweitrangig.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.01.2014 08:35
#5 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von HStrafo
Das Entscheidende aber, was gegen De-Mail spricht, ist die Tatsache, daß jedermann täglich gezwungen ist, sein Postfach zu checken. Jedermann ist also in gewissem Umfang jederzeit ansprechbar für eben die Übersendung z.B. eines Verwaltungsakts. Also nichts da mit Urlaub auf den Malediven und gänzlich abgeschottet von der Welt. Diese enge Bindung an bürokratische Prozesse ist aus meiner Sicht so etwas wie Überwachung, und da möchte ich nicht noch einen weiteren "Kanal", auf dem ich (möglicherweise) beobachtet werden kann

.

Ist das denn etwas grundsätzlich anderes als die (behördliche) Erwartung, regelmäßig in den eigenen Briefkasten zu schauen? Auch offizielle amtliche Zustellungen landen ja oft im Briefkasten (viele davon sind übrigens für böswillig motivierte, mit einer Fleischzange Bewaffnete, ja ohne weiteres zugänglich)? Die Fristen laufen dann jedenfalls auch...

Herzliche Grüße,
Andreas

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.01.2014 08:44
#6 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #1
Mir scheint, das einige der Polemiken an der de-Mail an der Sache vorbei gehen. Doch ich denke, wer die online-Variante der Zustellungsurkunde für unsicherer hält als die offline-Variante, der muss auch auf die offline-Variante eingehen und vergleichen und darf sie nicht ignorieren. Ich sehe in der de-Mail nicht das Problem im Vergleich zur Zustellungsurkunde.

Der geschätzte Mitautor Llarian sieht das teilweise anders und hat seinerseits vor seine Kritik an der de-Mail ebenfalls auf ZR zu veröffentlichen, in der er auch auf den Vergleich mit den offline-Alternativen eingehen wird.


Interessanter Text. Ein Nebenaspekt: Mir scheint, wenn es um Datensicherheit geht, geht schnell der Bezugspunkt verloren. Solange alles noch in den "alten", unsicheren Bahnen läuft, regt sich keiner auf, sobald aber jemand ein verbessertes (!) Sicherheitsniveau verspricht, wird er mit der Vorstellung einer absoluten, nicht knackbaren Sicherheit konfrontiert und daran gemessen. Ein schönes Beispiel war der Fingerabdrucksensor im aktuellen iPhone. Der eigentliche Bezugspunkt war, daß bis dahin 60% aller Smartphonenutzer ihr Gerät überhaupt nicht gegen fremden Zugriff geschützt hatten. Dagegen bildet der äußerst leicht bedienbare Sensor einen Riesengewinn. In der öffentlichen Diskussion war aber v. a. der gelungene Hack des CCC zu lesen (der sich für mich als Laien ziemlich aufwendig angehört hat). Plötzlich sei das iPhone "unsicher" und habe eine "Sicherheitslücke". Der, bei Licht betrachtet, enorme Gewinn gegenüber dem Ausgangszustand war dann kaum noch Thema.
Wobei natürlich auch die Hersteller es oft nicht so genau nehmen, und eine Sicherheit suggerieren, die eben nicht realistisch ist und damit erst die Erwartungen schüren, an denen sie dann scheitern (müssen).

Herzliche Grüße,
Andreas

HStafo Offline



Beiträge: 43

13.01.2014 11:21
#7 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Aus meiner Sicht ja. Sie sind dann nämlich gebunden, täglich Ihre Mails zu checken. Ich persönlich mache meine Elektronik aus, wenn ich in Urlaub fahre Und ich möchte auch nicht in Aufregung versetzt werden, wenn ich in Urlaub bin und erfahre, da ist irgendetwas z.B. vom Finanzamt angekommen.
Beim traditionellen Verfahren können Sie in der Regel belegen, nicht dagewesen zu sein. Sie sind aber nicht verpflichtet, jemanden zu beauftragen, daß er Ihre Briefe durchsucht.

Die elektronische Kopplung und Vernetzung beginnt aus meiner Sicht auszuufern. Der Staat verspricht immer mehr Wohltaten (die er nicht finanzieren kann), er tritt wie ein Raubritter auf (Steuern, Abgaben, ...) - und will die Kontrolle über jeden und alles. Ohne auf das Argument z.B. der Verbrechensbekämpfung eingehen zu wollen: Ich möchte diese enge Kopplung an den Staat und damit die Überwachbarkeit jedenfalls nicht. Von daher stehe ich der De-Mail sehr skeptisch gegenüber.

Viele Grüße
HStafo

Florian Offline



Beiträge: 3.180

13.01.2014 11:46
#8 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von HStafo im Beitrag #7

Beim traditionellen Verfahren können Sie in der Regel belegen, nicht dagewesen zu sein. Sie sind aber nicht verpflichtet, jemanden zu beauftragen, daß er Ihre Briefe durchsucht.



Da haben Sie m.W. nicht recht.

Ob Sie belegen können, nicht dagewesen zu sein, ist für den Zugang eines amtlichen Schreibens irrelevant.
Ebenso, ob Sie jemanden mit der Dursicht Ihrer Post beauftragen.
Entscheidend für den rechtzeitigen Zugang bzw. für die Berechnung von Fristen ist, dass der Brief in Ihrem Briefkasten und somit in Ihrem Zugriffsbereich ist.

In sofern ist die de-Mail ja gerade für jemand, der gerne lange in Urlaub fährt, eine große Verbesserung.
Sie haben dadurch sehr effizient die Chance, die wichtige Korrespondenz von unterwegs aus zu kontrollieren.
(z.B. können Sie ja auf Ihrem Smartphone wenn Sie möchten nur ein Account für Ihr de-Mail-Konto installieren. Dann bleibt Ihnen der ganze "normale" eMail-Verkehr erspart und sie bekommen nur die wichtigen und dringlichen Dinge mitgeteilt.
Finde ich gut.
(Und wenn Sie das anders sehen, sind Sie ja nicht GEZWUNGEN, ein de-Mail-Konto einzurichten. Das ist nur eine zusätzliche Option, sein Leben zu organisieren, aber keine Pflicht).
Also ich kann durch die Einführung des de-Mails keinen Nachteil erkennen.

Kritiker Offline



Beiträge: 274

13.01.2014 13:04
#9 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Lieber Techniknörgler

Inhaltlich kann ich ihren Ausführungen folgen und ihnen auch zustimmen. Aber die Kritik muss breiter streuen.
Denn nicht nur die Überwachungsstaat-Befürchter und Total-Verschlüsselungs-Befürworter zünden Nebelbomben, um ihre politischen Interessen zu verfolgen, auch die Regierung und die Behörden tun das. Mit anderen Worten: von allen Seiten wird der Normalbürger belogen.

Denn die Regierung betituliert die de-Mail ja als "sicher", "sie können sich auf uns verlassen" und "niemand kann ihre Daten lesen". Das ist so aber faktisch falsch. Und es wird auch nicht auf die verbliebenen Unsicherheiten hingewiesen und was man machen könnte, wenn man diese nicht will.

Dasselbe geht ab bei vielen Themen, die die Sicherheit und den Datenschutz angeht. Für meinen Reisepass musste ich mich erkennungsdienstlich auf einer Behörde behandeln lassen. Auf Nachfragen, was denn mit diesen meinen Daten geschieht, bekam ich im Prinzip keine Antwort, die Dame auf dem Amt hatte nämlich keinerlei Ahnung und war noch weniger informiert als ich,der ich wenigstens ein wenig technisches Wissen mitbrachte.

Also: Nicht einseitig Technik nörgeln. Man kann heutzutage alle Beteiligten in einen Sack stecken und draufhauen. Man trifft immer den Richtigen.

Der Kritiker

HStafo Offline



Beiträge: 43

13.01.2014 13:10
#10 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

...na, dann lesen Sie mal im De-Mail-Kleingedruckten Ihre Pflichten nach.

Und schauen Sie doch mal im Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Bekanntgabe...8Deutschland%29 nach, und zwar unter Bekanntgabefiktion (ohne das jetzt hier und ggf. auch später weiter diskutieren zu wollen). Die Unterschiede werden deutlich - insbesondere bei einem Auslandsaufenthalt.

Natürlich ist es jedem selbst überlassen, ob er das insgesamt als Verbesserung ansieht oder nicht. Ich habe die genannten grundsätzlichen Bedenken.

Das damit apostrophierte Thema "Sicherheit" ist, auch das wurde hier schon gesagt, nicht wirklich der Treiber, weil bereits heute jeder mehr für seine E-Mail-Sicherheit tun kann als es gemeinhin üblich ist. Z.B. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung - oder im Notfall ein verschlüsseltes Dokument (mit separatem Schlüsselversand).

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

13.01.2014 13:49
#11 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von HStafo im Beitrag #10
Die Unterschiede werden deutlich - insbesondere bei einem Auslandsaufenthalt.
Sehe ich nicht. "Im Ausland" bei Wikipedia meint "Sitz im Ausland". Ansonsten landet, während du z.B. im Urlaub bist, der Verwaltungsakt immer in deinem deutschen Briefkasten - mit Bekanntgabefiktion.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.01.2014 13:53
#12 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von HStafo im Beitrag #10
Und schauen Sie doch mal im Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Bekanntgabe...8Deutschland%29 nach, und zwar unter Bekanntgabefiktion (...). Die Unterschiede werden deutlich - insbesondere bei einem Auslandsaufenthalt.

Nur um Mißverständnisse zu vermeiden: "Bekanntgabe ins Ausland" gilt nur für Leute mit einem ständigen Wohnsitz im Ausland, die dort auch ihre ladungsfähige Hauptadresse haben.
Für den Fall einer Auslandsreise gilt immer noch die Dreitagesfrist einer Briefzustellung an die heimische Adresse.

Für Inländer gibt es also durch die de-Mail keine Verschlechterung ihrer Rechtsposition. Wohl aber die Möglichkeit, auf eigenen Wunsch schneller informiert zu sein.

Zitat
weil bereits heute jeder mehr für seine E-Mail-Sicherheit tun kann als es gemeinhin üblich ist. Z.B. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung


In der Theorie könnte man. Wie aber die jahrelange Erfahrung zeigt, kann man in der Praxis nicht - weil die verschlüsselungswilligen Partner fehlen.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

13.01.2014 21:03
#13 Das Marketing der de-Mail trägt seine Mitschuld Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #6
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #1
Mir scheint, das einige der Polemiken an der de-Mail an der Sache vorbei gehen. Doch ich denke, wer die online-Variante der Zustellungsurkunde für unsicherer hält als die offline-Variante, der muss auch auf die offline-Variante eingehen und vergleichen und darf sie nicht ignorieren. Ich sehe in der de-Mail nicht das Problem im Vergleich zur Zustellungsurkunde.

Der geschätzte Mitautor Llarian sieht das teilweise anders und hat seinerseits vor seine Kritik an der de-Mail ebenfalls auf ZR zu veröffentlichen, in der er auch auf den Vergleich mit den offline-Alternativen eingehen wird.


Interessanter Text. Ein Nebenaspekt: Mir scheint, wenn es um Datensicherheit geht, geht schnell der Bezugspunkt verloren. Solange alles noch in den "alten", unsicheren Bahnen läuft, regt sich keiner auf, sobald aber jemand ein verbessertes (!) Sicherheitsniveau verspricht, wird er mit der Vorstellung einer absoluten, nicht knackbaren Sicherheit konfrontiert und daran gemessen. Ein schönes Beispiel war der Fingerabdrucksensor im aktuellen iPhone. Der eigentliche Bezugspunkt war, daß bis dahin 60% aller Smartphonenutzer ihr Gerät überhaupt nicht gegen fremden Zugriff geschützt hatten. Dagegen bildet der äußerst leicht bedienbare Sensor einen Riesengewinn. In der öffentlichen Diskussion war aber v. a. der gelungene Hack des CCC zu lesen (der sich für mich als Laien ziemlich aufwendig angehört hat). Plötzlich sei das iPhone "unsicher" und habe eine "Sicherheitslücke". Der, bei Licht betrachtet, enorme Gewinn gegenüber dem Ausgangszustand war dann kaum noch Thema.
Wobei natürlich auch die Hersteller es oft nicht so genau nehmen, und eine Sicherheit suggerieren, die eben nicht realistisch ist und damit erst die Erwartungen schüren, an denen sie dann scheitern (müssen).

Herzliche Grüße,
Andreas


Ja, lieber Doeding, da sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. In einem gewissen Rahmen sind die de-Mailanbieter da mit ihrer Werbung auch selber Schuld und erwecken auch einen gänzlich falschen Eindruck, der für den CCC natürlich eine Steilvorlage liefert. Das möchte ich auch nicht unter den Teppich kehren.

Das könnte der CCC auch zu Recht anprangern. Aber dabei bleibt es ja nicht. Die de-Mail wird total zerissen, weil Sie nicht die Prioritäten des CCC teilt und nicht so gestaltet ist, wie man sich das beim CCC wünscht. Aber der CCC zieht gleich mal wieder alle Register an Vorwürfen.

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― Robert A. Heinlein

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

15.01.2014 19:21
#14 Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Wie vom Techniknörgler angekündigt, habe ich ein kleines Kontra zu DE-Mail geschrieben, da ich das System für schlecht halte. Da die beiden Artikel zusammengehören, habe ich den Kommentarthread an den ursprünglichen angehangen.



Der Artikel ist inzwischen (März 2023) nur noch im Webarchiv frei verfügbar:
https://web.archive.org/web/202109190553...on-de-mail.html

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

15.01.2014 20:39
#15 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #14
kleines Kontra

Lieber Llarian,

ich stimme Ihnen hundertprozentig zu. Das Ding ist überflüssiger und gefährlicher Murks. Anfangs dachte ich okay, das ist wieder mal ein politischer Spleen, ein irgendwelchen Politniks von IT- und Com-Lobbyisten eingeimpftes Must-have-Projekt (was es ja prinzipiell auch ist). Man denkt sich ein Problem aus und geht mit Feuereifer und ministerieller Rückendeckung daran dieses zu lösen. Kostet zwar wieder sinnlos teuer, aber man kann es ja letztlich ignorieren, indem man da einfach nicht mittut. Nur ... kann man das noch lange? Wann kommt der staatliche Zwang?

Hadmut Danisch hat sich in einigen Artikeln mit der technischen und juristischen Seite beschäftigt (kann man googlen, derzeit macht er aber leider eine Serverwartung) und letztens habe ich mir einen einstündigen Vortrag von Linus Neumann auf dem diesjährigen ccc-Kongress dazu angesehen. Für mich (unvollständig) zusammengefasst:

De-Mail ist nicht sicher (kann es nicht sein), aber es gaukelt Sicherheit vor, was zur Nachlässigkeit verführt.
De-Mail-Benutzung zeigt jedem Angreifer erst an, dass da wirklich etwas Wichtiges in der Pipeline ist. Kein unbefugter Mitleser muss sich noch durch bergeweise Infomüll wursteln.
De-Mail läuft nur über, ich glaube, 3 Server. Diese zu knacken dürfte einen enormen Anreiz für die Hackerszene darstellen.
De-Mail würde mich zwingen, meine Wichtig-Wichtig-Korrespondenz über einen quasi-staatlichen Verteilweg zu schicken. Sorry, so staatsgläubig und vertrauensselig bin ich nicht, dass ich das möchte.

Es ist letztlich wie mit dem Bargeld. Klar ist es unheimlich praktisch alles per e-cash zu machen, aber letztlich möchte ich die stinknormale Banknote und Münze unter meinem persönlichen Zugriff haben. Bits und Bytes habe ich nicht mal auf meinem eigenen Rechner "in der Hand", geschweige denn wenn sie irgendwo im Netz unterwegs sind und auf fremden Servern liegen. Schon gar nicht, wenn mir jemand verspricht, dass er sich um alles kümmern werde.
Die juristisch wasserfeste Willensbekundung per Elektronenimpuls ist da nur das Tüpfelchen auf dem i.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

15.01.2014 20:45
#16 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #15
De-Mail würde mich zwingen, meine Wichtig-Wichtig-Korrespondenz über einen quasi-staatlichen Verteilweg zu schicken.
Und was ist die "Deutsche Post" anderes?

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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

15.01.2014 20:54
#17 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Leicht OT: Ich kann auch kleineren Unternehmen und Selbständigen nur empfehlen, möglichst wenig offizielle Korrespondenz per Mail zu führen. Egal ob DE-Mail oder andere. Die steuerlichen Anforderungen an eine revisionssichere Archivierung sind so gestaltet, dass man mit guter, alter Briefpost viel kostengünstiger und komplexitätsreduzierender fährt.

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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

15.01.2014 23:27
#18 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Lieber Calimero,

die Texte von Danisch habe ich auch gelesen, ebenso wie ich ein Video des Vortrages von Linus Neumann beim CCC gesehen habe.

So sehr ich Danisch zutraue die technische Seite erfassen und beurteilen zu können, so sehr scheint auch er den eigentlichen Sinn nicht erfasst zu haben. Insbesondere wird der Vergleich mit der Offline-Variante nicht richtig gezogen: Alle Nachteile hat man schon heute. Ganz ohne de-Mail. Nur teurer.

Die Zustellfiktion gibt es schon heute. Wer in den Urlaub fährt muss sicherstellen, das an seine ladungsfähige Anschrift im Inland gesendete Schreiben ausreichend schnell zu seine Kenntnis gelangen. Bezahlen muss man für die Zustellung auch über seine Steuern und Abgaben. Die Offline-Variante ist aber deutlich teurer.

Mir scheint, das einige Nachteile der derzeitigen Offline-Variante Zustellurkunde erst wahrgenommen werden, sobald es an die Online-Umsetzung geht.

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Llarian Offline



Beiträge: 7.127

15.01.2014 23:52
#19 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #18
Alle Nachteile hat man schon heute. Ganz ohne de-Mail. Nur teurer.

Das ist nicht ganz richtig, lieber Techniknörgler.

Die offline Version ist deutlich schlechter anzugreifen, insbesondere ist das Risiko des Angriffs deutlich höher. Ich muss entweder beim Gerichtsvollzieher einbrechen oder diesen bestechen, im harmlosesten Falle eine Unterschrift fälschen, alles Dinge, die mit einem sehr hohen Risiko verbunden sind. Und alles Dinge, bei denen Gerichte auch annehmen, dass sowas vorkommt.
Bei der online Version dagegen bleibt der Angreifer im Dunkeln, wenn er es richtig macht, ist das Risiko erkannt zu werden überschaubar. Einen Angriff auf ihr WLAN, auf ihren Rechner oder ihre Leitung bekommen Sie nicht mit und selbst wenn könnten Sie im Leben nicht nachweisen wo der Angriff herkam. Dazu kommt ein ganz verheerender Effekt und das ist die Unkenntnis von Gerichten im Bezug auf digitale Technologie. Die glauben schlicht die Verfahren sind sicher, so lange ihnen das Gegenteil nicht im Details bewiesen wird. Es gibt im Internetbereich Dutzende von Skandalurteilen, die allesamt auf Arroganz und Unkenntnis von deutschen Gerichten zurückgehen (Stichwort Landgericht Hamburg).

Man kann folgenden Vergleich ganz gut ziehen: Homebanking ist eine tolle Sache. Sehr bequem und schnell, ich nutze es selbst. Aber es ist nicht ohne Risiko. Und das Risiko ist erheblich. Und für den Kunden auch erheblich höher als das Risiko jeder offline-Bank. Die kann auch überfallen werden. Und der Kunde kann auch vor der Bank überfallen werden. Aber das Risiko ist geringer. Und das Risiko für den Täter deutlich höher. Die Nachteile sind in der Wirkung ähnlich. Aber das Risiko ist ein ganz anderes.

Zitat
Mir scheint, das einige Nachteile der derzeitigen Offline-Variante Zustellurkunde erst wahrgenommen werden, sobald es an die Online-Umsetzung geht.


Reale Bankraube sind für die meisten kein übliches Problem. Skimming dagegen schon.

crastro Offline



Beiträge: 212

16.01.2014 07:01
#20 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Zuerst mal einen Dank an den Techniknörgler, der in seinem Beitrag mit einigen Unsicherheiten betreff der "de"-mail aufräumt und damit für Klarheit sorgt.
In der Sache selbst bin ich aber bei Llarian, aus zusätzlich einem sehr einfachen Grund: Wie oft erhält denn der Normalbürger, wie ich, etwas analog zur alten und bewährten Zustellungsurkunde? Das ist und bleibt für die übergrosse Mehrheit der Bürger eine Ausnahme. Warum also der Aufwand für Ausnahmen? Da wird eher der Sinn darin sein, mancherlei auch zweifelhaften Absendern eine Zustellung zu erleichtern - dabei denke ich spontan an beispielsweise eine Kostenminimierung für die Abmahnindustrie. Muss das sein?

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.01.2014 11:10
#21 RE: Warum ich nichts von DE-Mail halte Antworten

Zitat von crastro im Beitrag #20
Zuerst mal einen Dank an den Techniknörgler, der in seinem Beitrag mit einigen Unsicherheiten betreff der "de"-mail aufräumt und damit für Klarheit sorgt.
In der Sache selbst bin ich aber bei Llarian, aus zusätzlich einem sehr einfachen Grund: Wie oft erhält denn der Normalbürger, wie ich, etwas analog zur alten und bewährten Zustellungsurkunde? Das ist und bleibt für die übergrosse Mehrheit der Bürger eine Ausnahme. Warum also der Aufwand für Ausnahmen? Da wird eher der Sinn darin sein, mancherlei auch zweifelhaften Absendern eine Zustellung zu erleichtern - dabei denke ich spontan an beispielsweise eine Kostenminimierung für die Abmahnindustrie. Muss das sein?


Die Abmahnindustrie legt ihre Kosten auf die Abgemahnten um. Die Porto- und Versandkosten müssen vom Abgemahnten zusätzlich zu den eigentlichen Anwaltsgebühren bezahlt werden (wenn er die Abmahnung akzeptiert oder vor Gericht unterliegt).

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Xälsbär ( gelöscht )
Beiträge:

16.01.2014 13:32
#22 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Die Regierung müsste doch nur den digitalen Radiergummi mit de-Mail kombinieren, und schon wäre das Sicherheitsproblem gelöst ...



„Demokratisierung impliziert [...] eine Zunahme der für bedrohliche Aktivitäten gesellschaftlich aufgewendeten Zeit; und sie ist ein Vorgang, der naturgemäß auch die sozialen Aufwendungen an Zeit erhöht, die zur Abwehr solcher zunehmenden bedrohlichen Aktionen auf sich genommen werden müssen.“ -- Hans-Hermann Hoppe

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.01.2014 18:22
#23 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von Xälsbär im Beitrag #22
Die Regierung müsste doch nur den digitalen Radiergummi mit de-Mail kombinieren, und schon wäre das Sicherheitsproblem gelöst ...

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Elmar Offline



Beiträge: 282

17.01.2014 07:44
#24 RE: Sinn und Unsinn der de-Mail Antworten

Zitat von Xälsbär im Beitrag #22
Die Regierung müsste doch nur den digitalen Radiergummi mit de-Mail kombinieren, und schon wäre das Sicherheitsproblem gelöst ...
Das wäre dann der "D-ummi"

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