Ich finde, Martin Schulz könnte die EU wie kein Anderer verkörpern.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Doeding im Beitrag #1Ambitioniert ist er ja, der Martin Schulz. Ein etwas boshafter Kommentar.
Lieber Andreas,
zur Erklärung des Schulz'schen Damaskus möchte ich ein bisschen in Ihrer Wissenschaft wildern: Ich diagnostiziere hier - laienhaft formuliert - akutes Fracksausen vor einem Ereignis, das Ende Mai 2014 stattfinden wird. Als Kapitelüberschrift in einem augenzwinkernden historischen Traktat könnte man vielleicht folgendes Sätzlein wählen: Wie die EU aus Angst vor den bösen Rechtspopulisten EU-kritisch wurde ...
Falls nach dem 25.5. aus Sicht von Schulz et alii alles gutgegangen sein sollte, dürften wir noch des großen Tucholsky gedenken, der sein Gedicht Dantons Tod mit folgenden Worten schließen lässt:
Zitat von Tucholsky, Dantons TodStille. Vorbei. Es war nicht viel./Ein Spiel. Ein Spiel.
Ich mag den Herrn Schulz gar nicht. Weder politisch noch menschlich.
Aber ich finde es gut, dass es nun für die Europawahl so eine Art Spitzenkandidatur gibt. Wenn es das gleiche auch auf bürgerlicher Seite gäbe, dann könnte endlich einmal inhaltlich über europäische Politik gestritten werden. Das würde der Diskussionskultur in Europa nur gut tun. Und es wäre auch demokratischer.
Denn die bisherige Praxis kann einem ja kaum gefallen: Da gibt es eine Wahl zum Europaparlament. Wen dieses Parlament dann im Anschluss zum Kommissionspräsidenten wählt, darüber wurde in den bisherigen Wahlkämpfen aber nie gesprochen. Diese Personalie wurde den Unionsbürgern dann einfach als Ergebnis eines Hinterzimmer-Geklüngels präsentiert.
Zitat von Florian im Beitrag #4Denn die bisherige Praxis kann einem ja kaum gefallen: Da gibt es eine Wahl zum Europaparlament. Wen dieses Parlament dann im Anschluss zum Kommissionspräsidenten wählt, darüber wurde in den bisherigen Wahlkämpfen aber nie gesprochen. Diese Personalie wurde den Unionsbürgern dann einfach als Ergebnis eines Hinterzimmer-Geklüngels präsentiert.
Ich finde die Diskussion eher müssig. Ja, wer neuer Kommissionspräsident wird, soll sich an den Mehrheitsverhältnissen im Europa- "Parlament" orientieren. Frau Merkel und andere Konservative werden aber nicht müde, das "orientieren" zu betonen. Am Ende entscheidet doch wieder das Hinterzimmer.
Zitat von Prospero im Beitrag #5Am Ende entscheidet doch wieder das Hinterzimmer.
Am Ende entscheidet der historisch gewachsene Proporz. D.h. es wechseln sich immer ein konservativer und ein sozialistischer Kandidat ab. Und es sollten sich die Regionen etwas abwechseln.
D.h. ein Sozialist ist derzeit dran, und die Sozialisten haben einen entsprechenden Spitzenkandidaten aufgestellt. Und die Deutschen waren noch nie vertreten, also stimmt auch der Regionalproporz.
Die Wähler könnten das eigentlich nur verhindern, wenn sie den Konservativen eine absolute Mehrheit im Parlament bescheren. Was aber extrem unwahrscheinlich ist - es werden sehr viele Sitze an den linken und rechten Rand gehen, eine Mehrheit wird es wie üblich nur mit der konservativen-sozialistischen Koalition geben.
Zitat von Florian im Beitrag #4 Aber ich finde es gut, dass es nun für die Europawahl so eine Art Spitzenkandidatur gibt. Wenn es das gleiche auch auf bürgerlicher Seite gäbe, dann könnte endlich einmal inhaltlich über europäische Politik gestritten werden.
Die EVP wird sehr wahrscheinlich auch einen Spitzenkandidaten präsentieren. Juncker würde gerne (nach seiner Wahlniederlage), der französische Kandidat Barnier wohl auch und persönlich als Außenseiterkandidat könnte ich mir Van Rompuy vorstellen. Ansonsten habe ich noch die Namen Reinfeldt und - oh je - Reding gehört.
Bei den... nun ja... "Liberalen" hat sich Verhofstadt - der neue ziemlich beste Freund von Dany le Rouge - gegen Olli Rehn durchgesetzt.
Zitat von Prospero im Beitrag #5Am Ende entscheidet doch wieder das Hinterzimmer.
Am Ende entscheidet der historisch gewachsene Proporz. D.h. es wechseln sich immer ein konservativer und ein sozialistischer Kandidat ab. Und es sollten sich die Regionen etwas abwechseln.
D.h. ein Sozialist ist derzeit dran, und die Sozialisten haben einen entsprechenden Spitzenkandidaten aufgestellt. Und die Deutschen waren noch nie vertreten, also stimmt auch der Regionalproporz.
Kann man Prodi wirklich als Sozialist bezeichnen? Sein Olivenbündnis, aber auch die von ihm gegründete I Democtatici waren ja eher Sammlungsbewegungen der Mitte, und seine pol. Herkunft bei den Christdemokraten ist ja auch eher bürgerlich?
Zitat von Doeding im Beitrag #8Kann man Prodi wirklich als Sozialist bezeichnen?
Welchen EU-Spitzenpolitiker kann man nicht als Sozialisten bezeichnen ;-)
Hier war das aber eher gemeint als "Kandidat der eher linken Seite". Persönlich kam er zwar aus der Christdemokratie (die ja bekanntlich auch ziemlich linke Strömungen hat) und war bei "Olivo" eher Richtung Mitte - aber aus Sicht EU-Parlament stand er für das linke Italien und sein Gegenspieler Berlusconi für das rechte.
Wobei ich auch nicht sicher bin, ob es wirklich einen ganz strengen rechts-links-Reißverschluß bei den Kommissionspräsidenten gibt. Dafür gibt es eigentlich zu wenige Beispiele aus der Zeit, in der das EP mitmischen durfte.
Aber insgesamt gibt es eben im EP einen konservativ-sozialistischen Grundproporz für die wichtigen Ämter. Und das muß auch gar nicht grundsätzlich falsch sein, weil das Parlament ja eine sehr heterogene Struktur hat und die übliche Alternative "Mehrheit bügelt alles nieder" da gar nicht passen würde.
Zitat von Prospero im Beitrag #5Am Ende entscheidet doch wieder das Hinterzimmer.
Am Ende entscheidet der historisch gewachsene Proporz. D.h. es wechseln sich immer ein konservativer und ein sozialistischer Kandidat ab. Und es sollten sich die Regionen etwas abwechseln.
D.h. ein Sozialist ist derzeit dran, und die Sozialisten haben einen entsprechenden Spitzenkandidaten aufgestellt. Und die Deutschen waren noch nie vertreten, also stimmt auch der Regionalproporz.
Kann man Prodi wirklich als Sozialist bezeichnen? Sein Olivenbündnis, aber auch die von ihm gegründete I Democtatici waren ja eher Sammlungsbewegungen der Mitte, und seine pol. Herkunft bei den Christdemokraten ist ja auch eher bürgerlich?
Herzliche Grüße, Andreas
Prodi selber ist wohl ein Zentrist, der allerdings auch Mitgründer des mittelinken Partito democratico.
Was den Ulivo angeht, ist selbiger meines Erachtens ebenfalls im linksmittigen Spektrum anzusiedeln. Neben den ganzen Zentrumsparteien war ja eine der größten Komponenten des Ulivo der postkommunistische PDS (sic!) von d'Alema. Dazu war die erste Regierung Prodi auf die externe Unterstützung der richtigen Kommunisten von Bertinotti angewiesen. Im Wahlbündnis, das zur zweiten Regierung Prodi im Jahr 2006 führt, waren die dann direkt beteiligt.
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