Vielen Dank, lieber Kallias, für diese Neuaufbereitung. Ich glaube ja, Zettel hat - bei aller Zustimmung zur These an sich - eine weitere Kausalität unterschlagen: je schlechter es den Menschen eines Landes wirtschaftlich geht, desto wahrscheinlicher ist, dass sie extrem rechten und linken Volksverführern hinterherlaufen. Das heißt aber auch, dass es schwer für die Bundesländer ist, aus dem resultierenden Circulus vitiosus auszubrechen. Ihre schlechte (linke, aber auch in wenigen Fällen extrem rechte) Regierung häuft Schulden an und sorgt für wirtschaftliches Abdriften, welches dazu führt, dass unfähige Regierung oder extreme Parteien stärkere Wahlerfolge haben, welches wieder zu mehr Schulden... Ich glaube sogar, dass sich das auch in Resteuropa finden lassen wird.
Ich schreibe bewusst "extrem rechts", obwohl es mir nicht behagt - denn obwohl Zettel in seinem Artikel "rechts" und "links" verwendet, ist doch die FDP keine "rechte" Partei, auch wenn uns die MSM und die Linken das gerne so verkaufen wollen. Die CDU war hingegen gemäßigt "rechts"/"konservativ". In seiner heutigen Konnotierung jedoch trifft es auf keine der genannten zu, wie auch "links" eigentlich mittlerweile eher einen fahlen, ja fauligen Beigeschmack bekommt...
Eine liberale Regierung, eine wirtschafts"freundliche" (= zumindest teilweise marktliberale) Regierung (konservativ ist ja in der CDU/CSU vor allem das Gesellschaftsbild, nicht so sehr die Wirtschaftspolitik) führt eben zu Wirtschaftswachstum. Eigentlich etwas, für das man nen Fünfer in den Binsentopf geben müsste, heute aber fast eine bahnbrechende Erkenntnis ;)
Zitat von adder im Beitrag #2Vielen Dank, lieber Kallias, für diese Neuaufbereitung. Ich glaube ja, Zettel hat - bei aller Zustimmung zur These an sich - eine weitere Kausalität unterschlagen: je schlechter es den Menschen eines Landes wirtschaftlich geht, desto wahrscheinlicher ist, dass sie extrem rechten und linken Volksverführern hinterherlaufen.
Mag sein. Spielt aber hier keine Rolle. Denn die deutschen Bundesländer wurde ja (fast) immer von Parteien regiert, die gemeinhin nicht als links- oder rechtsextrem gelten. (Die ganz, ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. die Regierungsbeteiligung der Linkspartei in Brandenburg sind einfach zu selten um darauf eine Theorie aufzubauen). Nein, wenn man eine Kausalität ableiten will, dann muss man untersuchen ob sich langjährige SPD-Regierung anders auswirkt als langjährig Unions-Regierung. Da hatte Zettel schon recht.
Allerdings finde ich Zettels Argumentation aus anderem Grund relativ schwach (und daher auch keine besonders gelungene Auswahl für eine Jubiläums-Edition):
Dass eine Landesregierung Einfluss auf das Einkommen eines Bürgers nehmen kann, erscheint mir plausibel. Aber wie es mit der Verschuldung der privaten Haushalte? Zettel stellt ja (durchaus überraschend) fest, dass die Verteilung der Verschuldung mit der Verteilung der privaten Einkommen kaum korreliert. Und stellt dann fest, dass es eine Korrelation zwischen privater Verschuldung und Färbung der Landespolitik gibt. Aber wie soll da die Kausalität laufen? Eben gerade NICHT über das private Einkommen. Aber wie dann? Ich kann in Zettels Artikel hier keine gute Begründung sehen.
Zitat von Florian im Beitrag #3Dass eine Landesregierung Einfluss auf das Einkommen eines Bürgers nehmen kann, erscheint mir plausibel. Aber wie es mit der Verschuldung der privaten Haushalte? Zettel stellt ja (durchaus überraschend) fest, dass die Verteilung der Verschuldung mit der Verteilung der privaten Einkommen kaum korreliert. Und stellt dann fest, dass es eine Korrelation zwischen privater Verschuldung und Färbung der Landespolitik gibt. Aber wie soll da die Kausalität laufen? Eben gerade NICHT über das private Einkommen. Aber wie dann? Ich kann in Zettels Artikel hier keine gute Begründung sehen.
Ein Versuch diesen anscheinenden Widerspruch aufzulösen, auch wenn es reine Spekulation ist:
Die Durchschnittseinkommen werden möglicherweise durch wenige sehr hohe Einkommen stark "nach oben gedrückt", geben aber keine sinvolle Aussage darüber ab, wie die Einkommen im Durchschnitt der Bevölkerung tatsächlich verteilt sind. Wenn also sehr wenige, sehr sehr viel Geld besitzen, die Masse aber eher wenig, wäre das Durchschnittseinkommen zwar möglicherweise hoch, die Finanzkraft der meißten Haushalte aber eher niedrig. Es ist also die Frage in wie Fern es Sinn macht, Durchschnittseinkommen als Kaufkraft/Wohlstand für die "durchschnittliche Bevölkerung" oder einen "Großteil der Bevölkerung" zu definieren.
Möglicherweise ist die Verschuldung der Privathaushalte dafür ein besseres Maß, da die Verschuldung sicher sehr viel gleichmäßiger gestreut ist als die Einkommen und sicherlich auch "singuläre Ausreißer nach oben" (wie bei den Einkommen) fehlen. Damit hätte der durchschnittliche Schuldenstand möglicherweise eine höhere Aussage bezüglich der Finanzkraft und dem Wohlstand der Privathaushalte, als die durchschnittliche Einkommenssituation. Das kommt dadurch zustande, dass für einen Großteil der Bevölkerung das Einkommen nicht aussreicht das "standardmäßige Konsumverhalten" über ihr Einkommen zu finanzieren und dass, wenn man rein die Einkommen betrachtet, diese Haushalte von singulär hohen Einkommen "überkompensiert" würden.
Letztendlich sagen diese beiden Karten daher vielleicht sogar aus, dass der Wohlstand in den südlichen Bundesländern sehr viel gleichmäßiger gestreut ist, als in den nördlichen, obwohl das durchschnittliche Einkommen in manchen nördlichen Regionen denen im Süden durchaus vergleichbar ist. Damit wäre dann implizit Wohlstand damit definiert, dass man sein Konsumverhalten (welches ich über Deutschland recht gleich verteilt annehme) aus seinem Einkommen bestreiten kann.
Wie gesagt ist das reine Spekulation, ohne belastbare Fakten dazu. - Vielleicht weiß ja jemand ganaueres über die angewandten Mittelwerte zu den Durchschnittseinkommen und Schuldenständen.
Sollte meine Spekulation aber stimmen, würde sich ein weiterer Schluß aufdrängen den "Linke" möglicherweise garnicht so gerne hören werden: "Links regierte Länder fördern eine ungleiche Verteilung des Wohlstands." -- Zumindest wenn man Wohlstand so definiert, dass man sein Konsumverhalten aus seinem Einkommen bestreiten kann und sich dafür nicht verschulden muß. -- Das wäre eine brisante Erkenntnis, vor dem Hintergrund der Arm/Reich Schere, die ja von linker Seite so gerne als Argument für mehr linke Politik befeuert wird.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von adder im Beitrag #2Ich schreibe bewusst "extrem rechts", obwohl es mir nicht behagt - denn obwohl Zettel in seinem Artikel "rechts" und "links" verwendet, ist doch die FDP keine "rechte" Partei, auch wenn uns die MSM und die Linken das gerne so verkaufen wollen. Die CDU war hingegen gemäßigt "rechts"/"konservativ". In seiner heutigen Konnotierung jedoch trifft es auf keine der genannten zu, wie auch "links" eigentlich mittlerweile eher einen fahlen, ja fauligen Beigeschmack bekommt...
Ich vermute dass Zettel hier "rechts" und "links" ausschließlich auf die wirtschaftliche Ausrichtung bezog, wobei rechts für die freie Markwirtschaft und "links" für die staatlich gelenkte Wirtschaft steht. Da "rechts" in Deutschland jedoch stark vorbelastet ist und vor allem mit Nationalismus in Verbindung gebracht wird tue ich mich auch immer schwer damit mich auch in diesem Kontext als "rechts" zu bezeichnen. Ich ziehe hier "bürgerlich" (als Bezeichnung für das ehemalige CDU/FDP Lager) oder eben "liberal" vor.
Was Zettel in seinem Artikel meiner Meinung nach unterschlägt ist die rein psychologische Komponente. Ich glaube, dass vor allem die Wirtschaft einfach positiver und optimistischer gestimmt ist, wenn sie vom bürgerlichen Lager regiert wird. Dieses Diagramm des IFO-Geschäftsklimaindex bestätigt mich in dieser Ansicht.
Nach der Wahl von Schröder 1998 ging es zunächst bergauf (vermutlich dachten die meißten, dass nach 16 Jahren Kohl Veränderung nur gut sein kann und Schöder galt ja auch als der Genosse der Bosse), in der Folge aber wieder rapide bergab. Kurz vor der Wahl hellt sich die Stimmung in Erwartung eines Regierungswechsels auf, jedoch nach dem erneuten Sieg von rot-grün geht es erneut bergab. Zwar steigt die Stimmung vermutlich bedingt durch die Arbeitsmarktreformen danach wieder, richtig nach oben geht es aber erst nach dem Sieg der CDU 2005 und mit der großen Koalition. Ab 2007 zeigt die Finanzkrise ihre Wirkung. Mit dem Sieg des schwarz-gelben Lagers macht der Index dann seinen größten Sprung nach vorne.
Die jeweiligen Sprünge sind meiner Meinung nach nicht wirklich mit der tatsächlichen Politik der jeweiligen Regierung in Einklang zu bringen, vor allem nicht bei der letzten schwarz-gelben Regierung, sondern spiegeln zu einem großen Teil Erwartungen und Hoffnungen wieder.
_____
”If it tastes good you should sequence it.” Wang Jun
Zitat von adder im Beitrag #2Vielen Dank, lieber Kallias, für diese Neuaufbereitung. Ich glaube ja, Zettel hat - bei aller Zustimmung zur These an sich - eine weitere Kausalität unterschlagen: je schlechter es den Menschen eines Landes wirtschaftlich geht, desto wahrscheinlicher ist, dass sie extrem rechten und linken Volksverführern hinterherlaufen.
Mag sein. Spielt aber hier keine Rolle. Denn die deutschen Bundesländer wurde ja (fast) immer von Parteien regiert, die gemeinhin nicht als links- oder rechtsextrem gelten. (Die ganz, ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. die Regierungsbeteiligung der Linkspartei in Brandenburg sind einfach zu selten um darauf eine Theorie aufzubauen). Nein, wenn man eine Kausalität ableiten will, dann muss man untersuchen ob sich langjährige SPD-Regierung anders auswirkt als langjährig Unions-Regierung. Da hatte Zettel schon recht.
Lieber Florian, extrem rechte Regierungen hatten wir in DE tatsächlich nicht. Linke (nicht extrem linke) dagegen schon. Es ging mir nicht um die "extrem linken Volksverführer" - das extrem bezog sich auf "rechts".
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #4 Ein Versuch diesen anscheinenden Widerspruch aufzulösen, auch wenn es reine Spekulation ist
Ich möchte auch ein bisschen spekulieren: Es handelt sich hier um zwei Mentalitäten, die "linke" Auf-Pump-Einstellung und die "rechte" Mit-den-Mitteln-auskommen-Philosophie. Diese beiden Mentalitäten schlagen sowohl im privaten Bereich als auch bei den politischen Präferenzen durch.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.