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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 1.469 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.06.2014 08:14
Gabriels Populismus Antworten

Ein kurzer Kommentar zu Gabriels Politikstil anhand eines Zitats.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Florian Offline



Beiträge: 3.180

21.06.2014 09:41
#2 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat
Nur mal zur Erinnerung:
Der Anteil der Union in der EVP-Fraktion beträgt 34 Abgeordnete - von 221 und in der SPE-Fraktion sitzen 27 SPD-Abgeordnete von 191.

Gabriel meint wohl mit der Suggestion, in Europa tanze alles nach der deutschen bzw. nach seiner Pfeife, die krachende Niederlage von Martin Schulz in einen Sieg umzumünzen. Der deutsche Wähler ist seiner Ansicht nach wohl nur für Europa zu begeistern, wenn er das Gefühl vermittelt bekommt, seine Institutionen zu beherrschen.




Überraschenderweise scheint es aber - zumindest im EU-Parlament - tatsächlich so zu sein.

Gehen wir einmal die Posten durch (Stand: altes Parlament. die neuen Posten sind ja noch nicht vergeben):

Präsident: Martin Schulz (Deutschland), zuvor war es kurze Zeit Jerzey Buzek (Polen). Davor Hans-Gert Pöttering (Deutschland).

Fraktionsvorsitzende:
EVP: Manfred Weber (ein Deutscher). Historisch betrachtet war ungefähr jeder zweite Vorsitzende ein Deutscher
S&D (Sozialdemokraten): Hannes Swoboda (Österreicher), zuvor von 2004 bis 2012 Martin Schulz (Deutscher). Historisch betrachtet waren rund 40% der Vorsitzenden Deutsche.
Grüne: Reinhard Bütikofer, Helga Trüpel (wie immer bei den Grünen eine Doppelspitze. Beide (!) sind Deutsche)
Alde (Liberale): Guy Verhofstadt (Belgien), Vorgänger habe ich gerade nicht gefunden.
GUE/NGL (Linke/Kommunisten): Gabriele Zimmer (Deutschland). Ihr Vorgänger war Lothar Bisky (auch Deutscher).
[in den weiteren - kleineren - Fraktionen gibt es keine deutschen Mitglieder. Und daher kann dort logischerweise kein Deutscher Vorsitzender sein].


Fazit:
Deutschland hat in den Spitzenämtern im europäischen Parlament ein ganz auffallendes Übergewicht.
Circa 30% bis 40% der Spitzenämter gehen an Deutsche, obwohl diese nur etwa 12% der Abgeordneten stellen.

Woran das liegt, weiß ich nicht.
Es bedeutet aber, dass der deutsche Einfluss im EU-Parlament deutlich größer ist, als die reinen Sitzzahlen vermuten lassen würden.
Und es bedeutet, dass Gabriel zwar nicht juristisch recht hat, allerdings vermutlich doch faktisch: Deutschland hat ein großes Mitspracherecht bei der Postenvergabe.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2014 11:16
#3 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #2
Zitat:Fazit:
Deutschland hat in den Spitzenämtern im europäischen Parlament ein ganz auffallendes Übergewicht.
Circa 30% bis 40% der Spitzenämter gehen an Deutsche, obwohl diese nur etwa 12% der Abgeordneten stellen.

Woran das liegt, weiß ich nicht.

Weil das Posten sind, die niemanden interessieren. Diese Personalien kennt kein Mensch, wie wahrscheinlich auch die wenigsten Europäer wissen, welche Parteien nun welchen Fraktionen angehören.

Würde es um wichtige Funktionen gehen, kann man sicher sein, dass z.B. die Franzosen mit allen verfügbaren Mitteln darum kämpfen würden. So aber geht es nur um eine Art Bedeutungskompensation für den leicht trotteligen Onkel, der die ganze Party zahlt. Ein bissl unbedeutendes Lametta wird großzügig gewährt, damit dem Michelvolk daheim suggeriert werden kann, dass seine EUropäischen Vertreter was zu melden hätten.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.06.2014 11:44
#4 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #2

Es bedeutet aber, dass der deutsche Einfluss im EU-Parlament deutlich größer ist, als die reinen Sitzzahlen vermuten lassen würden.
Und es bedeutet, dass Gabriel zwar nicht juristisch recht hat, allerdings vermutlich doch faktisch: Deutschland hat ein großes Mitspracherecht bei der Postenvergabe.

Dass der deutsche Einfluss in Europa groß ist, habe ich immer betont und ich gebe Ihnen natürlich recht bei Ihrer Analyse, lieber Florian.
Nur, treibt es Gabriel nicht zu weit, wenn er die "Postenvergabe" in den europäischen Institutionen zu einer Koalitionsangelegenheit macht? Wo beginnt der Größenwahn?
Und besonders professionell agiert er auch nicht gerade:

Zitat von http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...kanzlerkandidat
Jenseits der rhethorischen Akrobatik steckt Gabriel bereits mitten in einer Zwickmühle. Entweder er wird ein aktiver Spieler in der Euro-Liga der linken Größen und nimmt deren anti-deutsche Positionen ein. Dann aber riskiert er daheim als Verräter deutscher Interessen und einer nachhaltigen Reformstrategie dazustehen. Oder aber er verfolgt den deutschen Stabilitätskurs – und isoliert sich europäisch, denn den verkörpert ja schon Angela Merkel.


Er gibt den Sigi Pop; nur das Pop steht nicht für eine musikalische Richtung.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.06.2014 11:53
#5 RE: Gabriels Populismus Antworten

Und was ist Martin Schulz' Beitrag zu Gabriels Pop-Show?

Zitat von http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...nd_macht_weiter
Überraschung! Martin Schulz ist von seinem Amt als Präsident des Europaparlaments zurück getreten und zeitgleich zum Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament gewählt worden. Schulz werde das Amt “nur vorübergehend übernehmen, um direkt bei der Besetzung mehrerer EU-Schlüsselposten mitreden zu können”. Denn eigentlich, so der Deutschlandfunk, wollte Schulz ja Präsident der Kommission werden. Nun sei er aber “als deutscher EU-Kommissar im Gespräch”. Jedes EU-Land darf einen Kommissar in die Kommission entsenden.

Das heisst: Als Fraktionschef der Sozialdemokraten wird der “Spitzenkandidat” nicht nur “bei der Besetzung mehrerer EU-Schlüsselposten mitreden”, er wird auch darüber mitreden, welchen Job er bekommen soll, quasi als Entschädigung dafür, dass es zum Kommissionspräsidenten nicht gereicht hat. Immer vorausgesetzt, “Mutti” erhebt keine Einwände.

So viel zu der famosen Vorwahl-Lüge, zum ersten Mal in der Geschichte der EU entscheide der Wähler darüber, wer Präsident der EU-Kommission werden soll.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Florian Offline



Beiträge: 3.180

21.06.2014 11:57
#6 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #3
Zitat von Florian im Beitrag #2
Zitat:Fazit:
Deutschland hat in den Spitzenämtern im europäischen Parlament ein ganz auffallendes Übergewicht.
Circa 30% bis 40% der Spitzenämter gehen an Deutsche, obwohl diese nur etwa 12% der Abgeordneten stellen.

Woran das liegt, weiß ich nicht.

Weil das Posten sind, die niemanden interessieren. Diese Personalien kennt kein Mensch, wie wahrscheinlich auch die wenigsten Europäer wissen, welche Parteien nun welchen Fraktionen angehören.

Würde es um wichtige Funktionen gehen, kann man sicher sein, dass z.B. die Franzosen mit allen verfügbaren Mitteln darum kämpfen würden. So aber geht es nur um eine Art Bedeutungskompensation für den leicht trotteligen Onkel, der die ganze Party zahlt. Ein bissl unbedeutendes Lametta wird großzügig gewährt, damit dem Michelvolk daheim suggeriert werden kann, dass seine EUropäischen Vertreter was zu melden hätten.

Beste Grüße, Calimero



Sehe ich nicht so.
(Und ich finde, sie argumentieren hier auch nicht ganz stringent).

Wo soll ich anfangen?

Nehmen wir die Fraktionsvorsitzenden:
Innerhalb eines Parlaments sind das die entscheidenden Leute. Ganz besonders im EU-Parlament, wo es ja keine festen "Regierungsfraktionen" gibt.
(In Deutschland mag man argumentieren, dass die Regierungsfraktionen abnicken, was die Regierung will. In Europa haben die Fraktionen mehr eigenständige Gestaltungsmacht - d.h. deren Vorsitzende sind wirklich einflussreich).

Und auch wenn es immer anders dargestellt wird: das EU-Parlament hat Macht. Auf unser Leben hat ein EU-Parlamentarier mittlerweile wahrscheinlich mehr Einfluss als ein MdB.

Gleichzeitig haben Sie natürlich recht: diese Leute kennt keiner.
Was aber eben gerade bedeutet, dass diese Posten das genaue Gegenteil von dem sind, was Sie vermuten:
Eben gerade kein "Lametta", mit dem man dem "Michelvolk" irgendetwas suggeriert. Denn damit diese Taktik aufgeht müsste das Michelvolk diese Posten ja erst einmal überhaupt zur Kenntnis nehmen, was es aber überhaupt nicht tut.
Die Posten sind also das genaue Gegenteil von "Lametta" (also Schein ohne Macht). Eher "graue Eminenzen" (also Macht ohne Schein).

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.06.2014 10:51
#7 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #2
[in den weiteren - kleineren - Fraktionen gibt es keine deutschen Mitglieder. Und daher kann dort logischerweise kein Deutscher Vorsitzender sein].

Und das ist auch schon ein wesentlicher Teil der Erklärung: Die Deutschen konzentrieren sich auf die klassischen (und Europa-freundlichen) Parteien. In diesen haben sie also mehr Anteil als nur 12%. Das gilt vor allem für Grüne und Linke. Gerade die Grünen sind ja nachgerade eine deutsche Erfindung, das führt zu einer gewissen Dominanz.

Dazu kommt wohl, daß die deutsche Parteienfinanzierung ihnen einen organisatorischen Vorsprung verschafft. Z. B. lebt die sozialistische Internationale im wesentlichen von der SPD - das gibt im internationalen Bereich einen Bekanntheits- und Vernetzungs-Vorteil für SPD-Politiker.
Das wirkt dann auch im EP, obwohl dort die Fraktionen ja ausreichend eigene Finanzen haben.

Demgegenüber schießen sich viele andere Nationen ins Abseits, weil sie stark durch EU-kritische Parteien vertreten sind - und die beteiligen sich nur sehr eingeschränkt an den Netzwerken zur Vergabe von Spitzenpositionen.
Insbesondere die Briten werden naheliegenderweise fast überhaupt keine Spitzenämter bekommen - entsprechend steigt der Anteil anderer Nationen, insbesondere der besonders europafreundlichen Deutschen.

Zitat
Circa 30% bis 40% der Spitzenämter gehen an Deutsche ...


Da wäre ich skeptisch. Wenn man nicht nur die Fraktionsvorsitzenden (auch der Fraktionen ohne deutsche Beteiligung) zählt, sondern auch Ausschußvorsitzende und andere wichtige Positionen, dürfte der Anteil niedriger sein.

Zitat
Und es bedeutet, dass Gabriel zwar nicht juristisch recht hat, allerdings vermutlich doch faktisch: Deutschland hat ein großes Mitspracherecht bei der Postenvergabe.


Deutschland nicht. Es gibt m. E. überhaupt kein konzertiertes Vorgehen deutscher Politiker, den deutschen Anteil an EU-Positionen zu erhöhen.
Aber hat Merkel eine Schlüsselposition, und damit auch ihre Koalitionspartner.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

24.06.2014 16:02
#8 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #7
Zitat von Florian im Beitrag #2
[in den weiteren - kleineren - Fraktionen gibt es keine deutschen Mitglieder. Und daher kann dort logischerweise kein Deutscher Vorsitzender sein].

Und das ist auch schon ein wesentlicher Teil der Erklärung: Die Deutschen konzentrieren sich auf die klassischen (und Europa-freundlichen) Parteien. In diesen haben sie also mehr Anteil als nur 12%. (...)

Insbesondere die Briten werden naheliegenderweise fast überhaupt keine Spitzenämter bekommen - entsprechend steigt der Anteil anderer Nationen, insbesondere der besonders europafreundlichen Deutschen. (...)





@ R.A.:
gute Argumente, danke.

Was die Fraktionsvorsitzenden betrifft, überzeugen mich Ihre Argumente. Es bleibt dann allerdings weiterhin das auffallende deutsche Gewicht beim Parlamentspräsidenten (2 der letzten 3 Präsidenten waren Deutsche).

Und so oder so:
Sie liefern überzeugende Erklärungen für ein Phänomen, dass ich mir nicht so recht erklären konnte.
Aber das ändert nichts daran, dass dieses Phänomen eben existiert: die Deutschen haben im Europaparlament ein recht starkes Gewicht, insbesondere da, wo es zählt: im Fraktionsvorsitz der "gestaltenden" Parteien und im Präsidium.
Was eben dem in Deutschland weit verbreiteten Eindruck, wir Deutsche würden in Brüssel untergebuttert, widerspricht.

(Zugegeben: In der Kommission mit seiner Besetzungsregel - genauso viele Posten für große wie für kleine Länder - ist das sicher anders. Auch beim Kommissionspräsidenten. Und auch im Beamtenapparat mag das vielleicht anders sein.)

Übrigens ist das britische Gewicht bei der Postenvergabe vielleicht gar nicht so klein.
Immerhin stellen sie derzeit mit Lady Asthon die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin für Außenpolitik.
(Und im Gegensatz zu Deutschland haben sie mit Roy Jenkins auch schon einmal einen Kommissionspräsidenten gestellt).

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.06.2014 18:02
#9 RE: Gabriels Populismus Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #8
Aber das ändert nichts daran, dass dieses Phänomen eben existiert: die Deutschen haben im Europaparlament ein recht starkes Gewicht, ...

Unbestreitbar.
Die Deutschen legen ja auch besonderen Wert auf das Europaparlament (während z. B. die Franzosen sich eher auf die EU-Verwaltung konzentrieren).

Zitat
Was eben dem in Deutschland weit verbreiteten Eindruck, wir Deutsche würden in Brüssel untergebuttert, widerspricht.


Schon. Wobei dieser Eindruck in erster Linie deswegen falsch ist, weil Deutschland im Rat so stark ist. Der Parlamentseinfluß ist deutlich geringer - auch weil die starke deutsche Stellung dort nicht für deutsche Interessenverfolgung eingesetzt wird.

Zitat
Übrigens ist das britische Gewicht bei der Postenvergabe vielleicht gar nicht so klein.


Bei den von den Regierungschefs vergebenen Posten nicht (jedenfalls bisher). Aber im EP kriegen sie natürlich kein Bein auf den Boden.

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