Eigentlich ein Fall für die Literatur: aus der Sparte "Magischer Realismus, lateinamerikanische Abteilung", von jener Art, für deren realweltliche Ausprägungen Gabo in seinem buchlangen Interview mit Plinio Apulyeo Mendoza, "Der Geruch der Guave", ein paar Beispiele aufführt: wie der Diktator Paraguays, Gaspar Rodríguez de Francia, der bei einer Choleraepidemie alle Straßen Laternen rot verhängen ließ, um die Erreger abzutöten, oder Papa Doc, der 1963 alle schwarzen Hunde auf Haiti töten ließ, weil man ihm erzählt hatte, Clément Barbot (der Chef der berüchtigten tonton macoutes), den er unter Putschverdacht hatte, habe sich in einen solchen verwandelt.
In Bolivien reiht man sich jetzt in die Tradition des "truth is stranger than fiction" ein: "Bolivien dreht die Uhren auf links":
Zitat SpOn, 26.06.2014
"Am Kongressgebäude von La Paz flattert die bolivianische Flagge, darüber gibt eine Uhr die Zeit an. Es ist allerdings eine neue Zeit. Denn die Uhr läuft jetzt gegen den Uhrzeigersinn.
Die Eins steht demnach links neben der Zwölf und die Zeiger laufen links herum statt rechts.
Die Regierung will damit ein Zeichen setzen und alte Spuren der Kolonialisten tilgen. "Ganz logisch" sei der Schritt, meint Außenminister David Choquehuanca. Eine Uhr auf der südlichen Erdhalbkugel drehe sich eben genau andersherum als eine Uhr auf der nördlichen Halbkugel."
"'Die Dinge entwickeln sich rückwärts in Bolivien', höhnte ein Oppositionsführer." Und zwar recht weit. Außer in manchen Coiffeursalons, die (früher zumindest) mitunter ungewohnt laufende Uhren aufhingen, die dem Kunden im Spiegel das gewohnte Bild präsentierten, ist die einzige öffentliche Uhr dieser Art eines der ältesten Exemplare aus der frühesten Ära der mechanischen Uhren, als sich die Gewohnheit noch nicht gefestigt hatte: Paolo Uccelos Uhr am Florenzer Dom von 1433. (Und die
astronomische Uhr im Dom von Münster.
Aber da war man schon immer mit Passion
Derrière garde.)