Der zum Teil gewalttätige Widerstand in Berlin gegen die Umfeldveränderung ist kein spezifisch linkes Problem. Derartigen Widerstand gegen eine Umfeldveränderung gibt es auch in konservativen Wohngegenden oder spezifisch von Migranten bewohnten Gebieten. Besonders ist in Berlin allerdings der Umstand, das der Widerstand teilweise (zumindest mentale) Rückendeckung durch Politik, Medien Kunst und Kultur bekommt.
Halten wir zunächst mal fest, warum überhaupt der Konflikt entsteht: wegen der berüchtigten EXTERNEN EFFEKTE.
Denn natürlich ist unstrittig, dass auch in Berlin die Mieterrechte gelten; sollte ein Neueigentümer versuchen, seine Altmieter mit böswilligen Aktionen aus den Wohnungen zu vertreiben, dann gibt es selbstverständlich ein Recht für die Mieter, sich mit allen legalen Mitteln dagegen zu verteidigen.
Aber ein Mieter lebt nicht allein auf weiter Flur; sein Lebensgefühl und seine Möglichkeiten werden nicht unwesentlich davon mitgeprägt, wer noch so da wohnt. Das Wohnumfeld bestimmt den Wert von Wohnungen und Häusern; bestimmt indirekt die Miete (über die "ortsübliche Miete"); bestimmt die Sauberkeit, den Geräuschpegel, die örtlichen Geschäfte und ein dutzend weitere Themen des Miteinanders. All das nennt man "externe Effekte": der eigene Nutzen ist zum Teil anhängig davon, was andere tun. Und diese unterschiedlichen Interessen können nur schwer oder gar nicht in der Form von Verhandlungen in Übereinstimmung gebracht werden. Unklar ist dabei schon am Anfang, welche Interessen als legitim und damit verhandelbar anerkannt werden. Gibt es zum Beispiel Vorrechte von Alteingessenen oder hat der Neuankömmling die gleichen Rechte wie jemand, der schon seit x Jahrzehnten das Gebiet als Machtbereich beansprucht?
Diese Diskussion gab es vor 40 Jahren schon mal, als sich bürgerliche Gebiete beschwerten, der starke Zuzug von Migranten würde sie in ihrem Wohnumfeld beeinträchtigen. Damals gab es einen Schulterschluss der medialen Öffentlichkeit, dass "Alteingessene" keine besonderen Schutzrechte hätten. Wohnumfeldveränderungen wären sogar aktiv zu begrüßen als Beitrag für Vielfältigkeit, MultiKulti und so weiter.
Tatsächlich geht die Diskussion auch weiter, wenn man sich auf die politische oder wirtschaftliche Ebene begibt. Haben die Präsenz-Buchhändler besondere Schutzrechte im Vergleich zum Neuankömmling Amazon? Hat die Erinnerungsindustrie der Anti-Nazi-Kultur besondere Schutzrechte gegen die Neuankömmlinge aus der Anti-DDR-Kommunimus-Kultur? Und gibt es überhaupt ein Recht der Deutschen, deutsche Politik zu machen oder müsste man nicht einfach die Grenzen aufheben, 100 Millionen Neuankömlinge ins Land lassen und per Ortsansässigkeit zur Wahl zulassen? ("Offene Grenzen" und ähnliche Initiativen).
Vermutlich läuft es auf das seit Jahrtausenden bewährte Skt Florians-Prinzip hinaus. Vorrechte für Erstankömmlinge sind "berechtigt", wenn man selbst zu den Erstankömmlingen gehört. Und unberechtigt, wenn man selbst als Nachzügler ankommt. Das wäre alles so weit OK, wenn in spezifisch linken Kreisen nicht noch die schwer zu ertragende Arroganz dazu kommt, eine derartige Ungleichbehandlung wäre gerechtfertigt, ja ethisch zwingend geboten, wenn die Ungleichbehandlung zu Gunsten von politisch links stehenden Gruppen ausgeht...
Ein anderer Berliner hat mal gesagt: "Tiefer hängen!" Es folgt ja nichts draus, außer der üblichen Selbstentblößung von Metropolengewächsen, die *nackig* mit *sexy* verwechseln & *arm* aufs Materielle beschränken. Wenn man in dem Miljöh alle zausen würde, die an hypertropher Selbstbezogenheit & unterbelichtetem Verständnis von gelebter Demokratie laborieren, wäre nicht nur Balin von 80% Glatzerten bewohnt. Und an dem Glauben, für alles & jedes seien die Politiker direkt zuständig, je-höher-desto-mehr, daran hat die politische Kaste selbst am heftigsten mitgezimmert. Angefangen mit dem obgenannten Plakatumhänger.
Seit Tagen huscht mir ein Gedankensplitter durch den Kopf, ohne dass ich ihn zu fassen bekomme. Er dreht sich um Gewissheit und Zweifel - Warum Menschen sind, wie sie nun einmal sind. Nach Lektüre dieses Beitrags, bekommt mein Gedanke endlich Konturen.
Einer meiner größeren Aha Effekte in letzter Zeit. -- Danke.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Ja, lieber nachdenken-schmerzt-nicht, mir kam es auch einer Offenbarung gleich.
Und ich wollte auch schon immer mal eine Artikelserie darüber in Zettels Raum schreiben. Am Anfang eine (möglichst sachliche und neutrale) Zusammenfassung, ohne Polemik. Und in späteren Folgen dann meine (subjektiven) Folgerungen und Intepretation aus meinen Beobachtungen und diesem Blinkwinkel.
Was mich neben einer weiteren Artikelserie davon abgehalten hat: Der erste Teil, die möglichst sachliche und neutrale Zusammenfassung, die gibt es halt schon bei deliberatian daily. Gibt es Sinn das Rad neu zu erfinden? Würde es nicht Zwangsläufig wie (wenn auch nich wörtlich, so doch) inhaltlich abgeschrieben wirken?
Ich denke aber, dass ich es nochmal in eigenen Worten Zusammenfassen werden, auch weil ich die Wortwahl von politischen Achsen für missverständlich halte: Es klingt so nach den zweidimensionalen politischen Kompässen, bei denen man nach einem Test in einem 2D-Koordinatensystem vorortet wird. Dabei geht es aber eher um politische Linsen: Den Blickwinkel, aus dem heraus man andere beurteilt. Welche Achse zu einordnen des Gegenübers bevorzugt man. Wo man sich selber auf der Achse verortet ist klar: Auf der guten Seite der Macht - äh: Achse - natürlich. Was Zivilisiert, wer der Unterdrücker und wer der Unterdrückte ist, das kann jedoch sehr subjektiv sein. Sogar was genau Freiheit von Gewalt und Zwang durch andere Personen meint, kann in einem gewissen Rahmen subjektiv sein (hier stammen die meisten Verdrehungen und abwegigen Interpretationen jedoch von Leuten, die selber eher durch die konservative oder linke Brille schauen).
Ich finde das Vorgehen der Briefschreiber nicht allzu dramatisch und habe den Eindruck, dass sich Herr Sasse hier ein bischen am falschen Ziel abarbeitet. Das fängt schon mit dem Begriff "Aktivistin" an, der in unserer Gesellschaft ja nun eher für ahnungslose bis strunzdumme Soziologiestudentinnen steht, die gegen die Anreicherung von Dihydrogenmonoxid in der Atmosphäre demonstrieren. Der Begriff ist dem Originalartikel entnommen (bei der TAZ ist ja ein jeder ein "Aktivist"), aber das geht an den eigentlichen Personen vorbei. Es handelt sich hier eher um ein paar direkte betroffene Mieter, die keine Lust haben ihre Wohnung zu verlieren. Dieses Anliegen ist im Unterschied zu dem meisten für das "Aktivisten" heute so stehen, doch recht legitim. Wenn ich fast fünfzig Jahre in einer Mietwohnung leben würde, hätte ich auch wenig Lust am Lebensende nochmal umzuziehen.
Das man sich an politische Vertreter wendet ist auch nichts so ungewöhnliches. Wenn Leute Probleme mit dem örtlichen Bauamt haben, schreiben sie auch schonmal an ihren Abgeordneten, auch wenn der in der Regel dafür nicht zuständig ist. Denn auch wenn die "direkte Dienstkette" hier gebrochen wird, ist doch am Ende Frau Merkel dafür verantwortlich, was ihre Regierung so tut. Und das gilt auch für bundeseigene Gesellschaften. Ich finde es ein bischen hoch aufgehangen, aber was illegitimes kann ich nicht daran sehen, seinen politischen Vertretern zu schreiben. Im Unterschied übrigens dazu Vergleiche und Anspielungen auf die Nazis oder die DDR zu ziehen, das finde ich doch recht daneben, denn da steckt ja nichts weiter als die Aussage drin, das Politikverständnis der Briefschreiber sei das der Nazis oder zumindest damit zu vergleichen. Reichlich daneben.
Das die Regierung übrigens auf "Petitionen" auch reagiert, kann ich nur hoffen, sie unterhält einen eigenen Petitionsausschuss dafür und ich kann mich nicht entsinnen, dass dort reine Wünsche des Adels bearbeitet würden.
Aber vielleicht nochmal zum Kern: Wir wählen politische Vertreter nach Mehrheiten. Das ist Demokratie. Und diese regieren uns dann für eine bestimmte Zeit. Das ist Demokratie. Repräsentative um genau zu sein. Wie die Politiker dann zu ihrem Handeln kommen, steht da nirgendwo. Ob sie das aus einer Glaskugel nehmen, aus der Zeitung, von ihren Fachberatern oder ihren Nachbarn, all das steht da nicht. Und da steht auch nichts davon, dass sich Politiker keine Briefe schreiben lassen dürfen. Der demokratische Aspekt liegt erst einmal darin, dass wir Vertreter wählen, die regieren. Und sich an diese zu wenden und um etwas zu bitten ist alles, nur nicht illegitim. Es zwingt ja niemand Frau Merkel hier etwas tun. Und wenn sie es doch tut, ist das auch nicht undemokratisch. Ganz und gar nicht. Denn wir haben sie gewählt im Vertrauen darauf, dass sie regiert und das tut, was sie (!) für richtig hält. Wenn sie die Petition der Briefeschreiber für legitim hält, dann ist doch absolut nichts dagegen zu sagen, wenn sie sich damit befasst (so es ihre Zeit zulässt). Deswegen wird an keiner Stelle der Rechtsstaat oder die Demokratie in Frage gestellt oder unterminiert.
Das einzige was ich wirklich sehen kann, ist eine gewisse Naivität zu glauben, Frau Merkel würde wirklich aufgrund ein paar alteingesessener Mieter den Aufwand treiben. Das ist schon ein bischen realitätsfern, aber auch einer gewissen Verzweifelung geschuldet. Ich kann nur gerade nach Schröder-Holzmann, Müntefering-Opel oder schlimmer noch Merkel-Banken nix, aber auch gar nix extremes darin sehen, die Politik um Hilfe zu bitten. Das einzige was sich unterscheidet ist der Maßstab.
Vielleicht lohnt es sich für den einen oder anderen mal den Stein des Anstosses zu lesen. Ich kann hier jedenfalls kein Nazigedankengut finden (mal ab von der Quelle selbst, ist aber nun einmal da erschienen):
Zitat Den Blickwinkel, aus dem heraus man andere beurteilt. Welche Achse zu einordnen des Gegenübers bevorzugt man. Wo man sich selber auf der Achse verortet ist klar: Auf der guten Seite der Macht - äh: Achse - natürlich. Was Zivilisiert, wer der Unterdrücker und wer der Unterdrückte ist, das kann jedoch sehr subjektiv sein. Sogar was genau Freiheit von Gewalt und Zwang durch andere Personen meint, kann in einem gewissen Rahmen subjektiv sein (hier stammen die meisten Verdrehungen und abwegigen Interpretationen jedoch von Leuten, die selber eher durch die konservative oder linke Brille schauen).
Ich habe in den letzten Monaten sehr viel über die Diskussionen zum Klimawandel nachgedacht, darüber gelesen -- Vor allem erst kürzlich Zettels herausragende Serie dazu, mit all ihren Links. Mir wurde dabei, abseits des eigentlichen Themenfeldes, etwas immer klarer: Menschen leben in Gewissheiten und nur selten in Zweifeln. Warum ist das so? Ich weiß es nicht. Aber diese Achsen auf denen sich das Denken bewegt, könnten der Grund sein. Sie definieren die eigene Logik, die eigene Kausalität und sind damit der Fixpunkt des eigenen Denkens. Doch wo das Denken an Fixpunkten hängt, ist es nicht mehr frei im Vertstehen, sondern lediglich frei von Zweifeln. Um zu verstehen, muß man zweifeln können, dass ist mir bei den Artikeln von Zettel zum Klimwandeln in anderem Zusammenhang immer klarer geworden. Da die wenigsten Menschen nun an sich selbst zweifeln, sondern die Fixpunkte des eigenen Denkens zur Gewissheit haben, können sie sich selbst nicht verstehen. Sie können nur andere verstehen, in ihrer eigenen Logik. Die eigene Logik wird gewissermaßen zum Axiom, aus dem die Welt hergeleitet wird und zu verstehen ist. Alles was nicht der eigenen Axiomatik genügt, muß falsch sein. Warum reflektiert man die Taten anderer (worauf mich Erling Plaethe hier im Forum kürzlich richtiger Weise hinwies) mehr und öfter als die eigenen? Weil die eigenen natürlich der "richtigen Axiomatik" genügen und nicht überdacht werden müssen.
Will man der Vernuft folgen, muß man dem Zweifel großen Raum geben. Dem Zweifel an dem was man für selbstverständlich hält, denn das Selbstverständliche ist der Inzest unserer eigenen Logik. Doch wer kann schon das Schwinden des eigenen Selbstverständnisses ertragen!? Vielleicht ist es genau das, was Descartes mit einem meiner Lieblingsaphorismen auf den Punkt bringt: "Verstand ist die am gerechtesten verteilte Sache der Welt. Selbst diejenigen, die mit nichts zufrieden sind, möchten nie mehr Verstand haben, als sie besitzen.
Möglicherweise rede ich gerade wirr , aber irgendwie fügt sich in meinem Kopf gerade zusammen, warum Menschen sich oft so schwer tun, sich gegenseitig zu verstehen....
Herzlich
n_s_n
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
beim lesen ihres Beitrags musste ich schmunzeln. Immer wieder muss ich meiner Frau klar machen, dass Frau Merkel nicht alles machen kann und machen soll, weil wir dann sofort wieder in den Zustand der Gesetzlosigkeit kommen würden, der in der DDR herrschte. Ein regieren nach Gutsherrenart ist ein großes Übel.
Es wundert mich schon, dass die TAZ, die wohl eher gegen den Lobbyismus ist, der Frau Tarra nicht klar macht, dass ihr Anliegen das eines Lobbyisten ist. Verstehen kann ich, dass man Lobbyismus immer nur für etwas Schlechtes hält, wenn es nicht der eigenen Zielstellung dient. Aber billigen kann ich diese Haltung nicht.
Vor diesem Hintergrund kann ich verstehen, dass diese Frau sich an Frau Merkel persönlich wendet. Ich kann auch noch verstehen, dass die Frau sich über die Mitteilung des Referenten aufregt. Nicht verstehen kann ich, dass die TAZ diese Meinung der Frau unwidersprochen wiedergibt. Die Frau befindet sich in einem Irrtum. Sie hat ein falsches Demokratieverständnis und niemand widerspricht ihr. Man lässt sie bei ihrem Irrtum. Nicht nur das, sondern durch die unwidersprochene Artikulierung in der Zeitung, offenbaren die Reporter auch ein falsches Demokratieverständnis.
Das erschüttert mich viel mehr als die Naivität von Frau Tarra.
Abgesehen davon, finde ich es schon merkwürdig wie Mieter versuchen die Eigentumsrechte auszuhebeln. Also wenn ich mein Haus verkaufen wollte, würde ich es auch an den Meistbietenden verkaufen und mir von meinen Mietern keine Vorschriften machen lassen. Habe ich jetzt auch ein gestörtes Verhältnis zum Eigentum oder gar zur Demokratie?
Zitat von Llarian im Beitrag #7Denn auch wenn die "direkte Dienstkette" hier gebrochen wird, ist doch am Ende Frau Merkel dafür verantwortlich, was ihre Regierung so tut.
Jupp, für sowas zum Beispiel:
Zitat von TAZBarbara Tharra: Entweder die wollen uns mit energetischer Sanierung rauskriegen, weil sie da die Miete verdreifachen können. Oder sie wandeln unsere Wohnung in eine Eigentumswohnung um.
Diese Möglichkeit, bzw. diesen Zwang haben Altbaubewohner und -eigner ja durchaus unserer Klimakanzlerin zu verdanken, der es, wenn es um "Klimarettung" und Ökoaktionismus geht, ja völlig wurscht ist, wer eine solche "Sanierung" bezahlen kann.
Davon aber mal abgesehen, halte ich die "Aktivisten" auch ganz einfach für naiv. Nicht nur, weil sie überhaupt daran denken, dass ihnen die hohe Politik beispringen würde, sondern vor allem, weil sie davon ausgehen, dass ihr liebgewonnener status quo irgendeine schützenswerte Sache wäre. Das ist bei einer Mietwohnung, trotz aller Mieterschutzgesetze, schon mehr als blauäugig. Wäre es allerdings auch bei Wohneigentum, heute noch viel mehr als früher. Zum Beispiel wegen irgendwelcher Dämm- oder Anschlusszwänge, aber eben auch weil sich jedes Wohnumfeld in ein paar jahren drastisch ändern kann. Die eine Gegend wird gentrifiziert, die andere verslumt. Von daher gehts diesen Graukopf-Aktivisten doch noch ganz gut. Die können immerhin noch einfach weg und woanders zur Miete wohnen. Wobei sich bei ihnen noch nicht einmal mehr ein Arbeitsweg verkomplizieren würde.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Calimero
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Beiträge:
22.08.2014 01:17
#11 RE: Ein starkes Stück: Das Demokratieverständnis einer Aktivistin
Zitat von Paul im Beitrag #9Es wundert mich schon, dass die TAZ, die wohl eher gegen den Lobbyismus ist, der Frau Tarra nicht klar macht, dass ihr Anliegen das eines Lobbyisten ist.
Das wundert mich bei der TAZ kein bisschen. Und sie doch auch nicht ernsthaft, lieber Paul ... oder? So schön, wie sie das zusammengefasst haben. Die Bösen sind doch immer die Mächtigen, während Aktivisten immer (fast) ohnmächtig sind und stets für eine gute Sache streiten. Selbst wenn diese gute Sache ausschließlich ihrem persönlichen Wohlergehen dient, haben Aktivisten jede Unterstützung verdient. Unterdrückte haben doch keine Lobby! Die haben nur immer mächtige Gegner.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat von Llarian im Beitrag #7Ich finde das Vorgehen der Briefschreiber nicht allzu dramatisch...
Vielleicht lohnt es sich für den einen oder anderen mal den Stein des Anstosses zu lesen. Ich kann hier jedenfalls kein Nazigedankengut finden (mal ab von der Quelle selbst, ist aber nun einmal da erschienen):
Lieber Llarian, das habe ich gemacht. Vielen Dank für den Link. Deshalb habe ich Ihre Zwischenüberschrift auch nicht verändert. Nur ich verstehe sie anders.
Ich finde das Vorgehen der Eigentümerin nicht allzu dramatisch. Insofern hat sich die TAZ hier ein bischen am falschen Ziel abgearbeitet.
Das möchte ich gerne mit eigener Erfahrung erläutern:
Meine Frau und ich sind nur unwesentlich älter als das Ehepaar Tarra. Seit 1966 haben wir in einer Altbauwohnung mit Ofenheizung gewohnt. 2006 sind wir umgezogen, weil meine Frau auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr Treppen steigen konnte. Jetzt wohnen wir in einem Neubau (1997), Barrierefrei mit Fahrstuhl. Dieses Haus, die gesamte Wohnanlage, hat inzwischen zweimal den Eigentümer gewechselt. Die Mieter wurden nach dem Verkauf von diesem Eigentümerwechsel jeweils unterrichtet. Das war's! Niemand hat sich aufgeregt. Warum auch? Ist mir doch sch... egal wem dieses Haus gehört. Geht mich doch eigentlich auch nichts an.
Unsere Wohnanlage besteht aus Eigentümerwohnungen und Mietwohnungen. Im gegenwärtigen Betongoldrausch, sollen alle Wohnungen verkauft werden. Wegen der Kündigungsfrist von 10 Jahren, auch bei Eigenbedarf, regt mich das auch nicht auf. Andere anscheinend auch nicht. Jedenfalls gibt es bei uns keine Mieterinitiative. In die Zeitung kommen wir deshalb auch nicht. Warum auch? Nach den 10 Jahren habe wir und sicherlich auch die Familie Tarra eine Sozialklausel und sind unkündbar. Oder wir sind dann schon im Altersheim, pardon Seniorenresidenz.
Der Familie Tarra wurde mitgeteilt, dass ein Verkauf der Wohnungen nicht beabsichtigt ist. Weshalb machen die sich Sorgen? Der Mietspiegel bremst die Mietpreiserhöhungen. Warum wollen die jetzt schon freiwillig 25% mehr zahlen? Das verstehe ich nicht.
Mieterhöhungen durch z.B. unsinnige Wärmedämmungen oder andere gesetzliche Anforderungen, zu denen die Eigentümer gezwungen werden, würden sie auch beim jetzigen Eigentümer ertragen müssen.
Gut darüber könnten sie sich beschweren. Aber bei wem? Wer hat denn das Gesetz beschlossen? Soll doch Frau Tarra mal schreiben an den "Sehr geehrten Herrn/Frau Bundestag/In"! (Entschuldigung für die satirische Entgleisung.)
Zitat von Paul im Beitrag #9Es wundert mich schon, dass die TAZ, die wohl eher gegen den Lobbyismus ist, der Frau Tarra nicht klar macht, dass ihr Anliegen das eines Lobbyisten ist.
Das wundert mich bei der TAZ kein bisschen. Und sie doch auch nicht ernsthaft, lieber Paul ... oder? So schön, wie sie das zusammengefasst haben.
Oh weh, oh weh, lieber Calimero, Sie sind ja ein ganz gefährlicher. Sie haben mich durchschaut.
Zitat von Calimero im Beitrag #10 sondern vor allem, weil sie davon ausgehen, dass ihr liebgewonnener status quo irgendeine schützenswerte Sache wäre. Das ist bei einer Mietwohnung, trotz aller Mieterschutzgesetze, schon mehr als blauäugig.
Jein. Die Rechtssprechung geht schon sehr deutlich in die Richtung, dass Miete eben auch eine ganze Reihe von Rechten mit sich bringt, die man normalerweise nicht aus dem Besitz sondern eher aus Eigentum herleitet. Der Staat hat schon eine besondere Mietrechtssprechung geschaffen, die einen schon vermuten lassen könnte, dass der Staat im Schutz von Mietern ein wichtiges Ziel sieht. Man muss diese Meinung nicht teilen, aber blauäugig ist es eigentlich eher nicht, man kann schon zu der Vermutung kommen.
Zitat Von daher gehts diesen Graukopf-Aktivisten doch noch ganz gut. Die können immerhin noch einfach weg und woanders zur Miete wohnen.
So simpel ist es dann aber doch nicht. Meine Erfahrung ist, dass man alte Menschen nicht gut verpflanzen kann, die leiden da schon deutlich mehr drunter als ein junger Mensch. Im Extremfall gehen sogar welche daran ein. Ich bin kein Freund der ganzen Pro-Mieter Rechtssprechung, aber das man über die Umwege von Luxussanierungen und Energiesanierungen die Preise so hoch treibt und damit die formale (und vertraglich vereinbarte) Kündigungsfrist umgeht, stösst mir schon ein bischen auf.
Zitat von Paul im Beitrag #12 Wegen der Kündigungsfrist von 10 Jahren, auch bei Eigenbedarf, regt mich das auch nicht auf. Andere anscheinend auch nicht. Jedenfalls gibt es bei uns keine Mieterinitiative. In die Zeitung kommen wir deshalb auch nicht. Warum auch?
Weil es Sie ja gar nicht betrifft, lieber Paul. Aber das ist genau der Punkt: Man regt sich selten über Dinge auf, die einen selber gar nicht betreffen. Bei Ihnen ist jede Folge ausgeblieben, aber das gilt ja nicht für alle anderen. Die Tarras dagegen sind betroffen. Eigenbedarf ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Ich kann Ihnen das Haus auch so sanieren, dass sich ihre Miete verdoppelt. Ob Sie sich dann nicht aufregen wage ich ein wenig anzuzweifeln. Als Investor habe ich es doch gar nicht nötig wegen Eigenbedarfs zu kündigen, ich ziehe die Mieten dahin, wo ich sie haben will. Wenn Sie es dann zahlen, wunderbar, gehts mir ja gut. Und wenn Sie es nicht können, vermiete oder verkaufe ich es an jemand anderen. Nur eins wird nicht bleiben, das alte Mietverhältnis mit der alten Miete.
Zitat Der Familie Tarra wurde mitgeteilt, dass ein Verkauf der Wohnungen nicht beabsichtigt ist. Weshalb machen die sich Sorgen?
Ich glaube Sie müssen den Artikel noch einmal lesen, lieber Paul. Der Verkauf ist sehr wohl vorgesehen, aber nicht an die Mieter. Das ist genau das, was einem Sorgen machen sollte, wenn man dort wohnt.
Zitat Der Mietspiegel bremst die Mietpreiserhöhungen.
Iwo. Der bremst begründungslose Erhöhungen. Luxussanierungen, insbesondere energetische werden davon nahezu nie erfasst. Ich zahle hier wo ich wohne mehr als 10 Euro kalt, das hat meinen Vermieter nicht im Ansatz daran gehindert vor 2 Jahren die Miete satt zu erhöhen. Er muss es nur richtig machen.
Zitat Warum wollen die jetzt schon freiwillig 25% mehr zahlen? Das verstehe ich nicht.
Weil sie glauben, dass es bei 25% nicht bleiben wird.
Zitat Mieterhöhungen durch z.B. unsinnige Wärmedämmungen oder andere gesetzliche Anforderungen, zu denen die Eigentümer gezwungen werden, würden sie auch beim jetzigen Eigentümer ertragen müssen.
Nein. Tatsächlich wird man zu einigem gezwungen, Stichwort ENEV, aber jede Menge "Sanierungen" sind nicht erzwungen und wirtschaftlich sinnlos. Teilweise mit Amortisierungen von 30-50 Jahren. Werden aber trotzdem gemacht, weil der Vermieter derzeit das Geld billig bekommt und sich über seine Mieter super refinanzieren kann. Und Mietpreise sind so herrlich unelastisch, da die Kosten für Umziehen und Makler doch auch ganz ordentlich sind. Nur macht das eben nicht jeder Vermieter. Und ich kann den Wunsch absolut nachvollziehen bei einem zu bleiben, der sowas nicht macht und die staatliche Gesellschaft hat das wohl in der Vergangenheit nicht getan.
Zitat Der Familie Tarra wurde mitgeteilt, dass ein Verkauf der Wohnungen nicht beabsichtigt ist. Weshalb machen die sich Sorgen?
Ich glaube Sie müssen den Artikel noch einmal lesen, lieber Paul. Der Verkauf ist sehr wohl vorgesehen, aber nicht an die Mieter. Das ist genau das, was einem Sorgen machen sollte, wenn man dort wohnt.
Habe ich gemacht und das hier gefunden:
Zitat:Wolfgang Tharra: Ich kann Ihnen das zeigen. Hier steht es: Sehr geehrte Mieterin, sehr geehrter Mieter, ich möchte Sie darüber informieren, dass ich die Veräußerung der oben genannten Wohnliegenschaften im Rahmen eines öffentlichen Bieterverfahrens beabsichtige. Das Verfahren beginnt am 23. Mai. Und am 21. Mai ist der Brief bei uns eingegangen. Und dann heißt es: Ein Verkauf einzelner Wohnungen an Mieter oder Dritte ist nicht vorgesehen. So ging das los.
Meine Frage bleibt. Weshalb macht die Familie Tarra sich sorgen?
Zitat von Paul im Beitrag #12 Wegen der Kündigungsfrist von 10 Jahren, auch bei Eigenbedarf, regt mich das auch nicht auf. Andere anscheinend auch nicht. Jedenfalls gibt es bei uns keine Mieterinitiative. In die Zeitung kommen wir deshalb auch nicht. Warum auch?
Weil es Sie ja gar nicht betrifft, lieber Paul. Aber das ist genau der Punkt: Man regt sich selten über Dinge auf, die einen selber gar nicht betreffen. Bei Ihnen ist jede Folge ausgeblieben,...
Sicherlich habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt.
Alle Mietwohnungen in unserer Wohnanlage sollen verkauft werden. Von dem Vorkaufsrecht, dass mir eigeräumt wurde, konnte ich keinen Gebrauch machen. Inzwischen haben sich schon zwei Interessenten die Wohnung in der wir wohnen angesehen. Irgendwann wird jemand die Wohnung kaufen. Das regt mich wegen der Kündigungsfrist, s.o., nicht auf.
Sie lesen, lieber Llarian, dass es mich schon betrifft, auch wenn bis heute die Folgen ausgeblieben sind. Aber schon morgen, dass ist jetzt durchaus wörtlich zu nehmen, können sie eintreten.
Trotzdem rege ich mich aus den o.g. Gründen nicht auf.
Die Familie Tarra sollte sich auch nicht aufregen, zumal die Einzelwohnungen nicht verkauft werden sollen.
Unsere Wohnanlage wurde schon zwei mal verkauft. Was soll ich dagegen machen? Warum, lieber Llarian, soll ich dagegen etwas machen?
Es bleibt dabei: ich kann die Aufregung der Familie Tarra nicht nachvollziehen.
Zitat von Llarian im Beitrag #15 Ich kann Ihnen das Haus auch so sanieren, dass sich ihre Miete verdoppelt. Ob Sie sich dann nicht aufregen wage ich ein wenig anzuzweifeln. Als Investor habe ich es doch gar nicht nötig wegen Eigenbedarfs zu kündigen, ich ziehe die Mieten dahin, wo ich sie haben will.
Das schreibt sich so locker dahin, lieber Llarian. Die Wirklichkeit sieht dann auch schon ein wenig anders aus. Also, wenn Sie der Eigentümer unerer Wohnanlage wären, hätten wir beide viel Spass miteinander. Miete verdoppeln?
Also, so ganz schutzlos ist der Mieter nun auch nicht.
Bin gerade noch darüber gestolpert, lieber Llarian:
Zitat von Llarian im Beitrag #15 ...aber jede Menge "Sanierungen" sind nicht erzwungen und wirtschaftlich sinnlos. Teilweise mit Amortisierungen von 30-50 Jahren. Werden aber trotzdem gemacht, weil der Vermieter derzeit das Geld billig bekommt und sich über seine Mieter super refinanzieren kann.
Also bei einer Amortisierung von 2-3% p.a. würde ich nur Schwarzgeld investieren.
Aber im Fernsehen wird ja oft genug darüber berichtet, welche Leute sich Wohnungen kaufen und dabei tüchtig auf die "Fresse fallen". Auch von Großinvestoren in Wohnanlagen liest man das immer wieder. Diese Leute verfrühstückt der Rechtsanwalt vom Mieterverein.
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