„Die vollkommene Anpassung des Bewusstseins und seine objektive Unfähigkeit, sich Alternativen zum Bestehenden auch nur vorzustellen, ist die Ideologie der Gegenwart.“
Herbert Schnädelbach
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Wie könnte man den derzeitigen EU-Zustand besser beschreiben? Und, wer hat's erfunden? Nee, diesmal nicht die Schweitzer. Die sind zwar schon kräftig dabei sich anzupassen, dennoch EU-Mitglied sind sie ja nicht. Obwohl, das Thema betrifft auch die Schweiz.
Wie viel Vernunft gestatten sich die Mitgliedsstaaten der EU bei der derzeitigen "Völkerwanderung"?
Wohin mit Millionen von wirklichen Asylanten und Flüchtlingen? Wohin mit Menschen, zumeist aus den Krisen/Kriegs-gebieten die an Leib und Leben bedroht sind? Gibt es für uns einen Unterschied zwischen Flüchtlingen aus verschiedenen Kontinenten? Ist uns ein Asiate genauso willkommen wie ein Afrikaner? Vielleicht doch besser ein Syrer oder Iraker? Wer ermittelt die Dringlichkeit, wer muss und wer kann/braucht keine Flüchtlinge aufnehmen? Oder muß man zuerst die Nachbarstaaten in die Pflicht nehmen, mit und durch unsere finanziellen Unterstützungen?
Mit Moral hat das alles nichts mehr zu tun. Moral war gestern, als Asylanten die Wirtschaftsflüchtlingen gleichkamen von linksrotgrünkarierten Gutmenschen millionenfach vor dem "sicheren Tod" gerettet werden mußten. Moral innerhalb der Flüchtlinge selbst? Gibt's nicht, oder haben sie schon vom Tausch der sicheren Unterkunft gegen die wirklich zur Zeit aus Kriegsgebieten an Leib und Leben Bedrohten gehört? Ist z.B. ein Rumäne oder Bulgare oder ein Türke freiwillig zurück in seine Heimat gegangen, so aus Solidarität? Alles was die europäischen Staaten leisten können, ist nicht zuletzt durch Asylbetrug oder Wirtschaftsflüchtlinge schon an Grenzen gestoßen, nebst kultureller/religiöser Verschiedenheit, die sich als dramatisch erweist.
Anfang 2014 betrug die Gesamtbevölkerung (28 Staaten) der EU geschätzt rund 507,4 Millionen Einwohner. Ca. Ein Sechstel davon hat Deutschland zur Zeit mit ca. 82 Mill. Nimmt man die Bevölkerungsdichte - Einwohner pro km² - liegt Deutschland von 28 Mitgliedsstaaten an 5. Stelle ganz oben mit 229,4 gleich hinter England oder im Vergleich an 15. Stelle Frankreich mit ca. 103,4 gleich gefolgt von Österreich mit 102,3.
Nun ist ja bewohnbare Fläche nicht mit vorhandener Gesamtfläche eines Landes errechenbar. Die Türkei z.B. hat ca. 800.000 km² Fläche und hat lt. Wiki 76.667.864 Einwohner, damit eine Bevölkerungsdichte von 98 Einwohner pro km².
Zitat Großen Belastungen sind auch Jordanien und die Türkei ausgesetzt: In Jordanien kommen auf sechs Millionen Einwohner mehr als 600 000 registrierte Flüchtlinge. In der Türkei - die aber deutlich größer ist - wurden nach Regierungsangaben mehr als 1,5 Millionen Syrer aufgenommen.
Etwa 220 000 syrische Flüchtlinge sind im Irak untergekommen, rund 140 000 Syrer verschlug es nach Ägypten. Deutschland hat seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs vor dreieinhalb Jahren selbst nach großzügigen Berechnungen nur knapp 70 000 Menschen aufgenommen. Im europäischen Vergleich nimmt die Bundesrepublik damit aber noch immer eine Spitzenposition ein.
Und so ist der Streit vorprogrammiert, wie ich finde zurecht:
Zitat
Die deutsche Bundesregierung hält erstmals einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für möglich. Hintergrund sind Andeutungen des britischen Premierministers David Camerons zur Einführung einer Quote für Zuwanderer aus EU-Staaten nach Großbritannien.
Britischer Schatzkanzler George Osborne:
“David Cameron und wir Konservativen werden für die britischen Interessen kämpfen. Und wir werden für eine gerechte Behandlung unserer Interessen in Europa sorgen. Das letzte Wort werden die Briten in einer Volksabstimmung haben.”
Camerons Ziel für die geplante Neuverhandlung der britischen EU-Verträge scheint eindeutig: Mehr Kontrolle über die britischen Grenzen in Form von Deckelung oder Quoten für die Zuwanderung.
Ein Geschäftsinhaber in der Stadt Rochester sagt:
“Ich persönlich habe kein Problem mit dem Thema Zuwanderung. Aber ich kann den Frust der Briten über solche Immigranten verstehen, die nur Ansprüche stellen, aber nicht hier arbeiten wollen.”
Zitat von Nola im Beitrag #1[...] Und so ist der Streit vorprogrammiert, wie ich finde zurecht:
Zitat
Die deutsche Bundesregierung hält erstmals einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für möglich. Hintergrund sind Andeutungen des britischen Premierministers David Camerons zur Einführung einer Quote für Zuwanderer aus EU-Staaten nach Großbritannien.
Britischer Schatzkanzler George Osborne:
“David Cameron und wir Konservativen werden für die britischen Interessen kämpfen. Und wir werden für eine gerechte Behandlung unserer Interessen in Europa sorgen. Das letzte Wort werden die Briten in einer Volksabstimmung haben.”
Camerons Ziel für die geplante Neuverhandlung der britischen EU-Verträge scheint eindeutig: Mehr Kontrolle über die britischen Grenzen in Form von Deckelung oder Quoten für die Zuwanderung.
Ein Geschäftsinhaber in der Stadt Rochester sagt:
“Ich persönlich habe kein Problem mit dem Thema Zuwanderung. Aber ich kann den Frust der Briten über solche Immigranten verstehen, die nur Ansprüche stellen, aber nicht hier arbeiten wollen.”
Die Sache mit der EU-internen Migration ist allerdings wohl eher ein passender Anlaß als Ursache der derzeitigen Zwistigkeiten zwischen UK und EU. Die Wurzel reicht zurück zum Euro ("follow the money", wieder einmal). Seinerzeit ist als Protestpartei gegen eine von Labour in Erwägung gezogene Euro-Einführung im Vereinigten Königreich die UK Independence Party ("keep the pound!") entstanden, ähnlich wie - reichlich verspätet - die AfD. Seither hat die UKIP alles, was an der EU fragwürdig ist, zu ihrer wahrgenommenen Kernkompetenz gemacht, immer mit dem Allheilmittel des EU-Austritts. Stimmungsmache gegen Einwanderer aus den neuesten EU-Ländern ist nur eine Farbe auf der Palette; die dubiose Finanz- und Wirtschaftspolitik der EU-Granden und irritierende Scherzpakete wie das Glühbirnenverbot und neuerdings der Zwang zum staubfreundlichen Staubsauger sind weitere.
Für einen gewissen Anteil der Wählerschaft ist es hinreichender Grund, den wenig Neues bietenden Standardparteien Labour, Conservatives, Libdems ihre Unterstützung aufzukündigen und UKIP zu wählen. Vor allem die Konservativen befürchten, hier ein wenig auszubluten, und mit den Wahlen vor der Tür wird es Mr Cameron etwas schwül unter dem Hemdkragen. Er fährt verbal einen harten Kurs gegenüber der EU in der Hoffnung, daß die konservative Partei auch von der EU enttäuschten Wählern eine Heimat bleiben kann. Seine markigen Sprüche sind also vor allem nach innen orientiert.
Die EU zeigt sich wenig beeindruckt and calls his bluff. Nicht nur das, man präsentiert ohne mit der Wimper zu zucken eine Nachzahlungsrechnung über ca. £ 1700000000,- mit kurzfristigem Zahlungsziel, allem Augenschein nach eine Strafe für (relative) wirtschaftliche Prosperität und eine Quittung dafür, daß die UK-Regierung zumindest den Versuch macht ihren Haushalt zu konsolidieren. Sind sich die EU-Oberen darüber im klaren, welche verheerende Wirkung das in der vorgeheizten Situation auf die britischen Wählerseelen hat, und tun das mit Absicht? Oder ist ihnen diese Wirkung völlig egal? Es ist nicht einmal klar, welche dieser Alternativen schlimmer ist.
It is only by the collision of adverse opinions that the remainder of the truth has any chance of being supplied. - J. S. Mill
Zitat Die Sache mit der EU-internen Migration ist allerdings wohl eher ein passender Anlaß als Ursache der derzeitigen Zwistigkeiten zwischen UK und EU. Die Wurzel reicht zurück zum Euro ("follow the money", wieder einmal). Seinerzeit ist als Protestpartei gegen eine von Labour in Erwägung gezogene Euro-Einführung im Vereinigten Königreich die UK Independence Party ("keep the pound!") entstanden, ähnlich wie - reichlich verspätet - die AfD. Seither hat die UKIP alles, was an der EU fragwürdig ist, zu ihrer wahrgenommenen Kernkompetenz gemacht, immer mit dem Allheilmittel des EU-Austritts. Stimmungsmache gegen Einwanderer aus den neuesten EU-Ländern ist nur eine Farbe auf der Palette; die dubiose Finanz- und Wirtschaftspolitik der EU-Granden und irritierende Scherzpakete wie das Glühbirnenverbot und neuerdings der Zwang zum staubfreundlichen Staubsauger sind weitere.
Der Aufbruch, ein "geeinigtes Europa" zu Beginn des 21. Jahrhundert zu erreichen, hat m.E. zu euphorisch stattgefunden. Die Ursache aller (nicht nur zwischen UK und EU) Probleme sehe ich in einer Gleichmacherei, die notfalls durch Zwang ausgeübt wird, nebst finanzieller Unterstützungserpressung. Was einmal gut gedacht und gemeint war, nämlich ein Zusammenschluss von Staaten auf Augenhöhe, die Handels- und Außenpolitisch stark agieren kann, ist der moralischen linksgrünen Verpflichtung unterworfen, die Welt von derzeit 28 Ländern innerhalb "Europas" zu retten. Und es werden immer mehr.
Die Euphorie ist gewichen, lieber Fluminist, sichtbar werden die kaum zu händelnden Probleme, die eben nicht durch "Gelddrucken" gelöst werde können. Dem Bürger wurden einstmals alle Vorteile geöffneter Grenzen aufgezeigt, was nach Deutscher History gut ankam. Aber von Völkerwanderung war nicht die Rede. Auch nicht die angestrebte Aufgabe der nationalen Souveränität.
Karl Brinke vom dt. Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt soeben im TV auf euronews, daß die Währungsunion viel zu früh kam (wenn das nicht Gedankenübertragung war).
Und ich würde das Flüchtlingsproblem auch nicht als Stimmungsmache gegen Einwanderer bezeichnen. Die Frage einer Problemlösung, die ja von niemandem bestritten wird, muß erlaubt sein, ohne das es als Stimmungsmache gegen "wenauchimmer" umgemünzt wird. Probleme kleinreden, am besten aussitzen, Flickschusterei in der Vorgehensweise und von Wahl zu Wahl durchhangeln ist ja Ursache der jetzigen unkoordinierten Wurschtelei.
edit/Nachtrag
Zitat Die EU zeigt sich wenig beeindruckt and calls his bluff. Nicht nur das, man präsentiert ohne mit der Wimper zu zucken eine Nachzahlungsrechnung über ca. £ 1700000000,- mit kurzfristigem Zahlungsziel, allem Augenschein nach eine Strafe für (relative) wirtschaftliche Prosperität und eine Quittung dafür, daß die UK-Regierung zumindest den Versuch macht ihren Haushalt zu konsolidieren. Sind sich die EU-Oberen darüber im klaren, welche verheerende Wirkung das in der vorgeheizten Situation auf die britischen Wählerseelen hat, und tun das mit Absicht? Oder ist ihnen diese Wirkung völlig egal? Es ist nicht einmal klar, welche dieser Alternativen schlimmer ist.
Das verstehe wer will. Ich verstehe es auch nicht. Aber es zeigt mir die Arroganz mit der sich die Führung der EU umgibt. Na Bravo, Linksgrün hat es sich bequem im EU-Sessel gemacht und wird bis zum bitteren Ende auf falsche Ideologien setzen, schließlich irrt die Sonnenblume nie.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von Nola im Beitrag #3Und ich würde das Flüchtlingsproblem auch nicht als Stimmungsmache gegen Einwanderer bezeichnen. Die Frage einer Problemlösung, die ja von niemandem bestritten wird, muß erlaubt sein, ohne das es als Stimmungsmache gegen "wenauchimmer" umgemünzt wird. Probleme kleinreden, am besten aussitzen, Flickschusterei in der Vorgehensweise und von Wahl zu Wahl durchhangeln ist ja Ursache der jetzigen unkoordinierten Wurschtelei.
Auch ich würde ein Flüchtlingsproblem nicht als Stimmungsmache gegen Einwanderer bezeichnen. Was ich gemeint hatte, war die Instrumentalisierung der Tatsache, daß nach EU-Recht das Vereinigte Königreich wenig dagegen tun kann, daß EU-Bürger, nun auch aus Rumänien und Bulgarien, sich dort ansiedeln. Diese ggf. als beunruhigend wahrnehmbare Tatsache zusammen mit Migrationsstatistiken werden von UKIP, und nun auch Teilen der Conservatives, zu einem Panikszenario zusammengerührt, das den Verlust eines Teils der nationalen Souveränität illustrieren soll.
Etwas verschärft ist diese Sache dadurch, daß offenbar der Zugang zu Sozialleistungen für EU-Bürger seit ein paar Jahren deutlich erleichtert wurde, so daß der Verdacht des Schmarotzermigrantentums entstehen kann (NB. ich kenne einige Rumänen und Bulgaren, die in Großbritannien leben, und das sind alles sehr nette, intelligente, anständige und arbeitsame Leute - aber das sagt vielleicht mehr über mein gesellschaftliches Umfeld aus als über die Einwanderer im allgemeinen). Vor Jahren galt der Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb der EU unter der Voraussetzung, daß der Migrant selbst für sich aufkommt; wann genau das über Bord ging, habe ich verpaßt.
Etwas völlig anderes ist das Flüchtlingsproblem (denn EU-Bürger sind ja keine Flüchtlinge). Da hat Großbritannien noch den marginalen Vorteil, daß die boat people schon in Calais am Einschiffen gehindert werden, also die Franzosen auf dem Problem sitzenbleiben. Aber dieses separate Problem wollte ich oben nicht ansprechen.
Zitat von Nola im Beitrag #3Aber es zeigt mir die Arroganz mit der sich die Führung der EU umgibt. Na Bravo, Linksgrün hat es sich bequem im EU-Sessel gemacht und wird bis zum bitteren Ende auf falsche Ideologien setzen, schließlich irrt die Sonnenblume nie.
Amen to that!
NACHTRAG: Es hilft wahrscheinlich auch nicht, daß der bekannteste rumänische Einwanderer in England so aussieht.
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Zitat Zitat Fluminist: Etwas verschärft ist diese Sache dadurch, daß offenbar der Zugang zu Sozialleistungen für EU-Bürger seit ein paar Jahren deutlich erleichtert wurde, so daß der Verdacht des Schmarotzermigrantentums entstehen kann (NB. ich kenne einige Rumänen und Bulgaren, die in Großbritannien leben, und das sind alles sehr nette, intelligente, anständige und arbeitsame Leute - aber das sagt vielleicht mehr über mein gesellschaftliches Umfeld aus als über die Einwanderer im allgemeinen). Vor Jahren galt der Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb der EU unter der Voraussetzung, daß der Migrant selbst für sich aufkommt; wann genau das über Bord ging, habe ich verpaßt.
Der Focus hatte im Januar darüber berichtet, dazu im Vergleich:
Die Daten stammen aus dem „Sozialkompass Europa“ des Bundesarbeitsministeriums. In der Regel gibt es in den einzelnen Ländern keine besonderen Voraussetzungen, um die Leistungen zu erlangen – oft reicht allein ein Wohnsitz in dem betreffenden Land. Deutschland Leistungen:
- Familie mit zwei Kindern (5 und 8 Jahre): 1144 Euro - Alleinerziehende, ein Kind (zehn Jahre): 625 Euro - zusätzlich Hilfen unter anderem für Heizkosten und Wohnung (im Durchschnitt 547 Euro). Steuern: keine Voraussetzung: Wartefrist von drei Monaten für Ausländer; weitere Bedingung: Arbeit in Deutschland gehabt. Die Frage, ob in Deutschland lebende EU-Ausländer bereits während der Arbeitssuche Anspruch auf Hartz IV haben, ist umstritten.
Frankreich Leistungen: - Paar mit zwei Kindern: 997,35 Euro - Alleinerziehende mit einem Kind: 813,16 Euro Steuern: keine
Luxemburg Leistung (ohne Kindergeld): - Familie mit zwei Kindern (10 und 12 Jahre): 2158,18 Euro - Alleinerziehende mit einem Kind (10 Jahre): 1399,90 Euro Steuern: ja
Im Sozialkompass findet man auch die gesetzl. Regelungen und seit wann.
Mein Favorit steht schon mal fest. Das sind ja utopische Zahlungen in Luxemburg.
Oder in Deutschland und in Relation gestellt die Renten und die obligatorische Zankerei um ein paar Cent mehr, wofür die Bürger über 40 Jahre gearbeitet haben. (Ich meine auch Rente, keine Pensionen) Die Durchschnittsrente (2015) von ca. 1.150,-- verschleiert den Blick, denn viele Versicherte mit weniger als 45 Beitragsjahren müssen mit 900 oder 1000 Euro auskommen.
Ja, ja ich weiß, das kann man ja gaaaaaaaaaaar niiiiiiiiiiiiiicht miteinander vergleichen.
♥lich Nola
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Zitat von Fluminist im Beitrag #2 Für einen gewissen Anteil der Wählerschaft ist es hinreichender Grund, den wenig Neues bietenden Standardparteien Labour, Conservatives, Libdems ihre Unterstützung aufzukündigen und UKIP zu wählen.
Ein "gewisser Anteil" klingt leicht abwertend. Ich hätte fast UKIP gewählt (EU-Parlament), aber meine Entscheidung ist dann doch auf Nichtwählen gefallen. Kollegen und Bekannte fürchten einen EU Austritt, weil der bedeuten könnte, dass internationale Geschäfte gleich den Regularien mehrerer Staaten angepasst werden müssen. Aber ich denke das verkennt, dass zwar der 2. Hauptsatz des Staatswesens ("Die Bürokratie nimmt im Zeitverlauf zu"), das aber unabhängig von den Instutionen gilt. Will sagen, zu jedem Zeitpunkt ist die Summe der Bürokratie wohl eher durch die Gesamtzahl der Staatsdiener bestimmt als durch die Anzahl der Verwaltungsgebiete.
Zitat von dirk im Beitrag #8Ein "gewisser Anteil" klingt leicht abwertend.
War aber nicht so gemeint. Nicht "ein gewisser Teil" (die berühmten fruitcakes?), sondern rein numerisch ein gewisser Prozentsatz. Besonders bei den Konservativen war immer eine EU-skeptische Gruppe, die die UKIP abzusaugen droht, und der Wechsel zweier Parlamentarier von Conservative zu UKIP vor ein paar Wochen läßt in der Gipfeltruppe um Cameron gewiß die Alarmglocken schrillen.
Käme der EU-Austritt wirklich in ernsthafte Erwägung, dann gingen die Schotten auf die Barrikaden. Der First Minister von Wales schwärmt auch schon von einem Veto.
It is only by the collision of adverse opinions that the remainder of the truth has any chance of being supplied. - J. S. Mill
Zitat von dirk im Beitrag #8Kollegen und Bekannte fürchten einen EU Austritt, weil der bedeuten könnte, dass internationale Geschäfte gleich den Regularien mehrerer Staaten angepasst werden müssen. Aber ich denke das verkennt, dass zwar der 2. Hauptsatz des Staatswesens ("Die Bürokratie nimmt im Zeitverlauf zu"), das aber unabhängig von den Instutionen gilt. Will sagen, zu jedem Zeitpunkt ist die Summe der Bürokratie wohl eher durch die Gesamtzahl der Staatsdiener bestimmt als durch die Anzahl der Verwaltungsgebiete.
Nicht ganz. Da ich in einem stark regulierten Sektor (Pharma) arbeite und dort auch noch (obendrein) im sog. "Regulatory Affairs" - also der Arzneimittelzulassung - kann ich mit einigem Hintergrundwissen sagen, dass die EU zumindest in dieser Hinsicht eine Vereinfachung erreicht hat, weil wir eben nicht mehr die Regularien von 25 Staaten erfüllen müssen, sondern nur noch die der EU (und in wenigen Sonderfällen noch ein paar wenige Gesetzesvorschriften, die diesen noch nicht entsprechen - quasi nationale Besonderheiten). Obwohl das Arzneimittelrecht der EU komplizierter ist als das deutsche Arzneimittelgesetz alter Fassung, und obwohl die Variation Regulation (inkl. zugehöriger Guidelines) deutlich mehr Umfang hat und deutlich komplexer ist als der §29 AMG (der sich eben auch mit den Änderungen einer Zulassung befasst), hat das für uns zu einer Vereinfachung geführt. Wir haben jetzt nicht mehr 2 Systeme parallel, sondern nur noch eins.
(...) dass die EU zumindest in dieser Hinsicht eine Vereinfachung erreicht hat, weil wir eben nicht mehr die Regularien von 25 Staaten erfüllen müssen, sondern nur noch die der EU (und in wenigen Sonderfällen noch ein paar wenige Gesetzesvorschriften, die diesen noch nicht entsprechen - quasi nationale Besonderheiten). Obwohl das Arzneimittelrecht der EU komplizierter ist als das deutsche Arzneimittelgesetz alter Fassung, und obwohl die Variation Regulation (inkl. zugehöriger Guidelines) deutlich mehr Umfang hat und deutlich komplexer ist als der §29 AMG (der sich eben auch mit den Änderungen einer Zulassung befasst), hat das für uns zu einer Vereinfachung geführt. Wir haben jetzt nicht mehr 2 Systeme parallel, sondern nur noch eins.
Darf ich dann, lieber adder, die Frage an den Fachmann stellen: ist die Qualität der Erzeugnisse nach oben oder nach unter korrigiert worden bzw. gleich geblieben? Und sind die Kosten für Arzneimittel nicht immer noch in jedem EU-Land verschieden (besonders die deutsche Pharma Lobby ist ja sehr streitbar wenns um Preise geht). Ich kann jetzt noch nicht erkennen, welchen Vorteil der Bürger aus dieser EU-gemeinsamen Regelung hat. Werden Medikamente in der Zulassungsphase wirklich nur durch Fachleute oder mehr durch Lobbyisten geprüft und bewertet? Schweden z.B. war oftmals den Deutschen immer eine Nasenlänge voraus, wenn ich das richtig erinnere, einen sehr hohen Standard zum Schutz der Volksgesundheit zu erhalten.
Gut es gibt EU-Staaten, die sicherlich profitieren, aber meine Meßlatte ist natürlich eine Orientierung am obersten Level und nicht rückwärts gewandt.
Einen klar erkennbaren Vorteil würde ich in gemeinsamer Forschung sehen, aber da werden die Konzerne nicht mitmachen, denn eigene Patente bringen das Geld.
Im Falle von Ebola z.B. zeigt sich, dass die allumfassenden Maßnahmen bei weitem nicht einem gemeinsamen Standard entsprachen (Prüfung und Kontrolle sowie Quarantäne bei Einreise).
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
(...) dass die EU zumindest in dieser Hinsicht eine Vereinfachung erreicht hat, weil wir eben nicht mehr die Regularien von 25 Staaten erfüllen müssen, sondern nur noch die der EU (und in wenigen Sonderfällen noch ein paar wenige Gesetzesvorschriften, die diesen noch nicht entsprechen - quasi nationale Besonderheiten). Obwohl das Arzneimittelrecht der EU komplizierter ist als das deutsche Arzneimittelgesetz alter Fassung, und obwohl die Variation Regulation (inkl. zugehöriger Guidelines) deutlich mehr Umfang hat und deutlich komplexer ist als der §29 AMG (der sich eben auch mit den Änderungen einer Zulassung befasst), hat das für uns zu einer Vereinfachung geführt. Wir haben jetzt nicht mehr 2 Systeme parallel, sondern nur noch eins.
Darf ich dann, lieber adder, die Frage an den Fachmann stellen: ist die Qualität der Erzeugnisse nach oben oder nach unter korrigiert worden bzw. gleich geblieben?
Die Qualität der Arzneimittel ist seit Jahren unverändert hoch, die Anforderungen an neue Arzneimittel steigen ebenfalls stetig an. Den größten Sprung haben wir allerdings schon laaaaange hinter uns: 1976, spätestens 1983 wurden die Grundlagen für die gesamte Bewertung gelegt - nach dem Eindruck der Contergan-Vorgänge.
Zitat Und sind die Kosten für Arzneimittel nicht immer noch in jedem EU-Land verschieden (besonders die deutsche Pharma Lobby ist ja sehr streitbar wenns um Preise geht).
Das ist richtig, hat aber erst einmal nichts mit der EU-Regulierung zu tun. Die Kosten ergeben sich eben aus besonderen Regeln, die nicht harmonisiert sind.
Zitat Ich kann jetzt noch nicht erkennen, welchen Vorteil der Bürger aus dieser EU-gemeinsamen Regelung hat.
Alle Europäischen Mitgliedsstaaten bewerten Arzneimittel durch die gleichen Verfahren. Die Kosten sinken, da weniger verschiedene Systeme bedient werden müssten.
Zitat Werden Medikamente in der Zulassungsphase wirklich nur durch Fachleute oder mehr durch Lobbyisten geprüft und bewertet?
In der Zulassungsphase werden Arzneimittel generell nur durch Fachleute geprüft und bewertet. Für jedes neue Arzneimittel muss seine Wirksamkeit und seine "Unbedenklichkeit" (also ein positives Nutzen-Risiko-Verhälntnis) nachgewiesen werden.
Zitat Schweden z.B. war oftmals den Deutschen immer eine Nasenlänge voraus, wenn ich das richtig erinnere, einen sehr hohen Standard zum Schutz der Volksgesundheit zu erhalten.
Gut es gibt EU-Staaten, die sicherlich profitieren, aber meine Meßlatte ist natürlich eine Orientierung am obersten Level und nicht rückwärts gewandt.
Da die Regularien heute für alle Mitgliedsstaaten deutlich schärfer sind als noch vor 10 Jahren, ist nichts verloren.
Zitat Einen klar erkennbaren Vorteil würde ich in gemeinsamer Forschung sehen, aber da werden die Konzerne nicht mitmachen, denn eigene Patente bringen das Geld.
Nur dieses System sichert überhaupt die Versorgung mit guten Arzneimitteln. Nur das kapitalistische Wirtschaftssystem sichert unser Wohlergehen.
Zitat Im Falle von Ebola z.B. zeigt sich, dass die allumfassenden Maßnahmen bei weitem nicht einem gemeinsamen Standard entsprachen (Prüfung und Kontrolle sowie Quarantäne bei Einreise).
Zitat Im Falle von Ebola z.B. zeigt sich, dass die allumfassenden Maßnahmen bei weitem nicht einem gemeinsamen Standard entsprachen (Prüfung und Kontrolle sowie Quarantäne bei Einreise).
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Das hat nichts mit den Konzernen zu tun.
Das habe ich nicht im Zusammenhang gemeint, lieber adder. Natürlich ist das nicht Sache der Konzerne. Es war als Beispiel zur EU-Gesundheitsvor(für)sorge gedacht, die offenbar keine gemeinsame Krisenabstimmung getroffen hat.
Aber ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von adder im Beitrag #10 Da ich in einem stark regulierten Sektor (Pharma) arbeite und dort auch noch (obendrein) im sog. "Regulatory Affairs" - also der Arzneimittelzulassung - kann ich mit einigem Hintergrundwissen sagen, dass die EU zumindest in dieser Hinsicht eine Vereinfachung erreicht hat, weil wir eben nicht mehr die Regularien von 25 Staaten erfüllen müssen, sondern nur noch die der EU
Danke für den fachkundigen Einwand. Was mich interessieren würde, ist: Wie sieht der eingeschätzte Vorteil im Zeitverlauf aus? Das Ersetzen von 25 Regulatorien durch eins ist sicher ein Vorteil - wenn das neue über die Zeit nicht immer komplexer und aufwendiger zu erfüllen wird, so dass er Schritt für Schritt sich der Kompleyität von 25 Einzelregularien annähert oder diese gar überschreitet.
Ich kann mich irren, aber das Bild, das ich im Kopf habe ist, dass Bürokratie hauptsächlich durch die Kosten begrenzt wird. Erstrangig die zur Bewältigung einzusetzenden Beamten und nachrangig auch die Kosten auf Seiten der Wirtschaft. Das Level der "Gleichgewichtsbürokratie" ist dann durch das Ausmaß der gerade noch durch die Staaten tolerierten Kosten bestimmt- und nicht durch die Anzahl der Verwaltugen (Wenn das ein korrektes Modell ist, muss man eine effiziente Bürokratie fürchten :-))
Zitat von adder im Beitrag #10 Da ich in einem stark regulierten Sektor (Pharma) arbeite und dort auch noch (obendrein) im sog. "Regulatory Affairs" - also der Arzneimittelzulassung - kann ich mit einigem Hintergrundwissen sagen, dass die EU zumindest in dieser Hinsicht eine Vereinfachung erreicht hat, weil wir eben nicht mehr die Regularien von 25 Staaten erfüllen müssen, sondern nur noch die der EU
Danke für den fachkundigen Einwand. Was mich interessieren würde, ist: Wie sieht der eingeschätzte Vorteil im Zeitverlauf aus? Das Ersetzen von 25 Regulatorien durch eins ist sicher ein Vorteil - wenn das neue über die Zeit nicht immer komplexer und aufwendiger zu erfüllen wird, so dass er Schritt für Schritt sich der Kompleyität von 25 Einzelregularien annähert oder diese gar überschreitet.
Ich kann mich irren, aber das Bild, das ich im Kopf habe ist, dass Bürokratie hauptsächlich durch die Kosten begrenzt wird. Erstrangig die zur Bewältigung einzusetzenden Beamten und nachrangig auch die Kosten auf Seiten der Wirtschaft. Das Level der "Gleichgewichtsbürokratie" ist dann durch das Ausmaß der gerade noch durch die Staaten tolerierten Kosten bestimmt- und nicht durch die Anzahl der Verwaltugen (Wenn das ein korrektes Modell ist, muss man eine effiziente Bürokratie fürchten :-))
Insgesamt - also auf alle 25 Mitgliedsstaaten und die jeweiligen nationalen Zulassungsabteilungen unserer Firma gerechnet - dürfte sich der Arbeitsaufwand deutlich reduziert haben. Der Zeitbedarf außerhalb der Firma (also die Zeit, die wir warten müssen, dass die Behörden arbeiten) ist ambivalent zu sehen: für Deutschland hat er sich entweder verringert oder verlängert - je nach Typ des Behördenkontakts. Allgemein scheint es aber eher kürzere Bearbeitungsdauern gegeben zu haben. Einige europäische Behörden haben da sehr eigenwillige Zeiten gehabt. Das ist natürlich immer noch kaum ein Vergleich zu z.B. Russland, wo eine kleinere Änderung des Herstellungsprozesses, die in Europa innerhalb von ca. 30 Tagen bearbeitet wäre, auch durchaus mal zwei Jahre dauern kann...
Ich habe sogar mittlerweile den Eindruck, dass innerhalb eines Konzern eine deutlich weniger leistungsfähige, dafür aber mit mehr Arbeitsaufwand verbundene und betriebene, Bürokratie aufgebaut wurde, als es unsere Zulassungsbehörden getan haben. Das mag aber täuschen, denn so ein Großunternehmen braucht natürlich ganz andere Kontrollmechanismen als ein Mittelständler mit 500 Angestellten.
Zitat von adder im Beitrag #15 Insgesamt - also auf alle 25 Mitgliedsstaaten und die jeweiligen nationalen Zulassungsabteilungen unserer Firma gerechnet - dürfte sich der Arbeitsaufwand deutlich reduziert haben.
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